Hallo Leserättin,
ja, wenn man
- keine Kinder hätte
- keinen festen Job oder auch stattdessen
- einen festen Job
- keinen so großen Garten
- nicht so viele Freunde, um die man sich kümmern muss
- kein Haustier
- nichts besseres zu tun oder
- generell nicht so ein furchtbar stressiges Leben hätte,
dann
wäre man längst Autor.
Ich sag ja, das Zeitargument. Aber ich glaube, die Sehnsucht zu schreiben haben wirklich ganz viele Leute. Das Bedürfnis, sich auszudrücken, sich mit einer Geschichte zu verwirklichen, etwas ganz Eigenes und Persönliches zu schaffen.
Und das Zeit-Argument klingt einfach logisch und ist naheliegend und rettet vieleicht auch so einige Leute vor der Entscheidung, sich wirklich an diesen Wunsch heranzutrauen. Erfordert ja auch Mut! Erfüllte Träume sind eben in gewisser Weise auch Träume, die man in der Realität dann nicht mehr träumen kann, also, ganz hart gesagt: verlorene Träume.
Die Realität sieht natürlich auch in dieser Branche oft ganz anders aus als das, was man sich vorgestellt hat - ob mit oder ohne Kinder (Haus, Garten, Stress ...).
Und, um den Bogen zum Zeitargument zu schlagen:
Es schreiben ja bekanntlich Leute mit vier Kindern (manchmal nachts, um die Brötchen zu verdienen) ebenso wie Leute mit und ohne Hauptberuf und Stress. Meiner Meinung nach geht es aber im Grunde einfach darum, den Sprung zu wagen - ob dann eine halbe Stunde pro Tag zum Tippen bleibt oder drei Stunden in der Nacht, das ist dann egal.
Ganz am Anfang haben mich solche Bemerkungen jedes Mal ziemlich aufgeregt und ich versuche das Thema, wie oben erwähnt, meistens einfach zu umgehen, indem ich erst gar keinen Anhaltspunkt liefere.
Aber wenn doch jemand weiß, was ich mache und mir unterstellt, dass das, was ich mache, nur das Ergebnis eines Zeitüberschusses ist, versuche ich mir immer zu sagen, dass ich meistens gar nicht persönlich damit gemeint bin, sondern dass mein Gegenüber einen eigenen Traum hat und (noch?) Gründe sucht, warum er ihn nicht verwirklichen will oder kann.
Manchmal kommen übrigens interessante Dinge ans Tageslicht, wenn man auf ein Statement wie: "Ja , wenn ich keinen Hund hätte ..." einfach mal nachfragt: "Gut, aber angenommen, Du hättest keinen und könntest mal vier Wochen schreiben, was für eine Geschichte würdest du denn schreiben? Und warum wäre dir genau dieses Thema wichtig?"
So lernt man Leute auch auf eine neue Art kennen.
Naja, und manchmal wünsche ich mir dann auch, ich hätte nicht gefragt, aber das ist Smalltalk-Risiko.
Liebe Grüße
Nina