Geboren 1971 - Hol dir das Gefühl zurück! - Conny Heindl

  • Conny Heindl: Geboren 1971 - Hol dir das Gefühl zurück! Das Multimedia-Buch, Gudensberg 2015, Wartberg-Verlag, ISBN 978-3831328710, Hardcover, 64 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Format: 17,2 x 1,5 x 24,6 cm, EUR 14,90.


    Neben den ureigensten Kindheitserinnerungen gibt es in jeder Generation Erfahrungen, die ganze Jahrgänge miteinander teilen: Die Spielsachen, die Musik und die Filme, die zu „unserer“ Zeit der letzte Schrei waren, sind im kollektiven Gedächtnis gespeichert. Anhand der Autos, der Wohnungseinrichtung und der Kleidung können wir die Bilder unserer Kinderzeit zeitlich einordnen. Und es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, wie viel wir doch mit Gleichaltrigen gemeinsam haben.


    Nun bin ich zwar einige Jahre älter als der hier porträtierte Jahrgang 1971, aber vieles, was die Autorin hier zusammengetragen hat, gehört auch zu meinem Erinnerungsschatz. So dramatisch unterscheidet sich eine Kindheit in den 1970er-Jahren nicht von einer in den 1960ern. Wir reden hier allerdings von einer typischen Kindheit in Westdeutschland. Wer in der DDR (oder außerhalb Deutschlands) aufgewachsen ist, hat mit Sicherheit andere Erfahrungen gemacht. Aber dieses Buch muss dann ein anderer Autor schreiben. Schließlich sind die Jugenderinnerungen nicht nur eine reine Faktensammlung, sondern haben einen sehr persönlichen und emotionalen Aspekt.


    Rückblick auf die Jahre 1971 bis 1991
    Die Jahre 1971 bis 1991 lässt Conny Heindl in diesem Band Revue passieren. Von den 71ern hatten manche bereits einen guten Start: „Wir hätten uns keinen besseren Zeitpunkt für unsere Geburt aussuchen können, denn die gesellschaftlichen und politischen Bedingungen waren optimal. (...) Viele von uns fanden bei der Geburt also schon ein gemachtes Nest vor.“ (Seite 4)


    Ostern, Weihnachten und die eigenen Geburtstage waren die ersten Highlights des jungen Lebens. (In manchen Regionen dürfte auch noch Karneval/Fasching/Fastnacht dazugekommen sein.) Erste Ausflüge und Urlaubsreisen haben sie nachhaltig beeindruckt. Wie man damals mit dem Auto unterwegs war – ohne Sicherheitsgurte und vor allem ohne Kindersitze -, das entspricht natürlich in keinster Weise heutigen Sicherheitsstandards.


    Spielend entdeckten die Kids der Siebziger die Welt – draußen, nicht am Computer. Rollschuhfahren und Skateboarden war angesagt, Gummitwist, Frisbee, Rad- und Schlittenfahren – und weit und breit war kein Helm, kein Arm- und kein Knieschützer in Sicht. Playmobil und Zauberwürfel, Monchichi- und Sarah-Kay-Puppen, Fischertechnik (mit sch geschrieben, nicht mit sh – es ist eine deutsche Firma), Märklin-Eisenbahnen, Matchbox-Autos und die Carrera-Rennbahn – das waren die begehrten Spielsachen für drinnen. Anfang der 80er-Jahre begann dann der Siegeszug der Heimcomputer.


    Fast Food, Film und Fernsehen
    Gesunde Ernährung war noch nicht so das Thema. Unter einem „Veganer“ hätte man sich damals vermutlich einen Außerirdischen vorgestellt. ;-) „Hauptsache schnell“ hieß die Devise beim Kochen, weshalb Fertigprodukte und Tiefkühlkost boomten.


    Schule und Tanzkurs, beliebte Bücher und Filme, TV-Serien und Songs aus jener Zeit lassen Erinnerungen wachwerden. „Habe ich eigentlich meine gesamte Jugend vor der Glotze verbracht?“, werden sich die Leserinnen und Leser fragen, die, wie ich, jede einzelne der aufgelisteten Fernsehserien kennen. Mir war sogar noch die korrekte Schreibweise des Puppentrick-Vierteilers „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ präsent. Und „McGyver“ schreibt sich genau so. Da ist kein u drin.


    Videokassetten kamen in den 1980er-Jahren auf den Markt. Man konnte endlich seine Lieblingsfilme und –serien aufzeichnen und mit der Videokamera ohne großen Aufwand eigene Filme drehen. Mit dem Privatfernsehen wurde ab 1984 das Programm vielfältiger. Oder einfältiger, wie man’s nimmt.


    Die Liste der musikalischen Top-Hits von 1971 -1991 beschert dem Zeitgenossen nicht nur ein paar Ohrwürmer, sondern beschwört auch Erinnerungen an Kassettenrecorder, Mix Tapes und Bandsalat herauf. Und: George McCrae heißt der Typ, der „Rock me Baby“ gesungen hat. Das Stück haben wir im Schullandheim rauf und runter gehört. Ach ja, und die neue deutsche Welle! Was waren da für schräge Vögel unterwegs! Reinhören kann man hier, auf der Website zum Buch: http://www.71.unserjahrgang.de/#musik


    Zeitreise in die Jugend mit Buch und Internet
    Umweltschutz, Waldsterben, Frieden schaffen ohne Waffen, „Atomkraft nein danke“, Tschernobyl ... das waren die Themen der 1980er. Und dann kam die Volljährigkeit der Leserinnen und Leser, der Mauerfall und die Wiedervereinigung ...


    Auf 64 farbigen Seiten geht’s in schnellem Lauf durch 20 Jahre Kindheits- und Jugenderinnerungen. An manches hat man schon viele Jahre nicht mehr gedacht. Gummitwist! Die ollen Wählscheibentelefone, die sogar abschließbar waren! Die Tanzstunde!



    Auch Themen, für die die Kinder des Jahrgangs noch zu jung waren, um etwas davon mitzukriegen, werden in dem Band angesprochen: Radikalenerlass, die Verhaftung der RAF-Spitze, der Olympia-Anschlag (1972), Ölkrise (1973), Watergate-Affäre, Fußball-WM (1974), der Vietnamkrieg (1975), die Geiselbefreiung von Mogadischu (1977) und vieles andere mehr. Zusätzlich zu den informativen Textboxen gibt es dazu jeweils QR-Codes, die man mit dem Smartphone oder Tablet-PC und einer geeigneten App einscannen kann. Sie führen zu kurzen Filmausschnitten, die Wissenswertes über Politik, Sport und die Gesellschaft von damals präsentieren.


    Auf der Internetseite www.71.unserjahrgang.de findet man neben zeitgenössischen Filmen zahlreiche Fotos, kurze Musikclips mit Hits jener Zeit, Fotos, Prominenten-Kurzporträts, Schlagzeilen und mehr. So kann man mit Buch und Internet eine multimediale Erinnerungsreise in die eigene Vergangenheit unternehmen. GEBOREN 1971 ist nettes Geburtstagsgeschenk für liebe Menschen dieses Jahrgangs. Wenn man in einer späteren Auflage die paar kleinen Namenspatzer noch korrigiert, werden selbst Erbsenzählerinnen und Erbsenzähler ihre Freude daran haben. ;-)



    Die Autorin
    Conny Heindl ist Jahrgang 1971 und stammt aus Augsburg. Sie studierte Französische Literaturwissenschaft und Germanistik. Nach Abschluss ihres Studiums arbeitete sie über zehn Jahre in der Verlagsbranche und wechselte 2012 in eine Literaturagentur, für die sie als Agentin im Bereich Belletristik sowie Kinder- und Jugendbuch zuständig ist. Sie ist Autorin diverser Publikationen und arbeitet mit ihrer eigenen Agentur ImagoMedien im Bereich Pressearbeit und Producing. Außerdem liegt ihr das Thema Umweltschutz sehr am Herzen. Zehn Jahre war Conny Heindl ehrenamtlich für Greenpeace tätig. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in der Nähe ihrer Geburtsstadt.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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