Liebes Flunkertagebuch - Bettina Obrecht (ab 10 J.)

  • Mit s/w-Illustrationen von Barbara Scholz


    Klappentext
    Nina kann ihr Glück kaum fassen: Endlich nimmt Irina von ihr Notiz! Dank dieser klitzekleinen Lügengeschichte, die sie ihr aufgetischt hat. So langsam kann sie verstehen, warum die Erwachsenen es mit der Wahrheit oft nicht so genau nehmen.
    Doch dann bricht bei den Proben der Theater-AG beinahe ein Feuer aus. Nur Nina weiß, wer dafür verantwortlich ist. Wird sie diesmal die wahre Geschichte erzählen, auch wenn dadurch alles ziemlich kompliziert wird?


    Die Autorin
    Bettina Obrecht wurde 1964 in Lörrach geboren. Nach dem Abitur verbrachte sie ein halbes Jahr in Costa Rica. Die diplomierte Übersetzerin und Rundfunkredakteurin wurde für ihre Kurzprosa und Lyrik bereits mehrfach ausgezeichnet. Seit 1994 veröffentlichte sie über dreissig Kinder- und Jugendbücher bei verschiedenen Verlagen. Nebenher übersetzt sie weiterhin aus dem Englischen und Spanischen und verfasst Texte für Radiosendungen und Kindertheater. Mit ihrer Familie lebt sie in Mittelhessen.
    [Quellen: Gabriel-Verlag & www.bettinaobrecht.com]


    Die Illustratorin
    Barbara Scholz wurde 1969 in Herford geboren. Nach ihrer Ausbildung zur Druckvorlagenherstellerin studierte sie in Münster Grafik Design mit dem Schwerpunkt Illustration. Seit 1999 arbeitet sie als freie Illustratorin für verschiedene Verlage in einer Ateliergemeinschaft in Münster. Unter anderem schuf sie die Illustrationen für die "Kleiner Ritter Trenk"-Bücher der Autorin Kirsten Boie. Für ihr Bilderbuch „Verflixt, hier stimmt was nicht“ wurde sie mit dem Buxtehuder Kälbchen ausgezeichnet.
    [Quelle: Thienemann-Verlag]


    Meine Meinung
    Die 11jährige Nina wünscht sich sehnlichst eine Freundin, am liebsten die hübsche Irina, denn die ist immer gut gelaunt und rollt zudem das "R" so schön wie es Ninas geliebte Tagesmutter Ljoba tut. Seitdem Ninas Mutter wieder Vollzeit arbeitet, gehen Nina und ihr kleiner Bruder nicht mehr zu Ljoba, stattdessen muss Nina nun nach der Schule in den Hort, wo es ihr überhaupt nicht gefällt. Es macht ihr zu schaffen, dass sie nach dem Wechsel in die fünfte Klasse noch immer keine neuen Freunde gefunden hat, weder in ihrer Klasse noch im Hort, und ist davon überzeugt, dass es nur daran liegen kann, dass sie vollkommen langweilig und uninteressant ist. Um sich Aufmerksamkeit zu sichern, erzählt sie Irina spontan, sie bekäme nächstes Frühjahr ein Pferd von ihren Eltern geschenkt. Irina liebt Pferde, und so kann sich Nina eine Zeit lang in ihrem Interesse sonnen. Voller Eifer fantasiert sie sich "ihr" Pferd zusammen und hält alles Wichtige dazu in einem Heft - ihrem Flunkertagebuch - fest. Um Irinas Interesse an ihr nicht zu verlieren und als Lügnerin aufzufliegen, muss Nina weiterflunkern, und so erfindet sie eine Geschichte nach der anderen, alle fein säuberlich in ihrem geheimen Heft festgehalten. Doch eigentlich findet Nina Lügen richtig doof, und die letzte Lüge, die sie ihrem Flunkertagebuch anvertraut - die Wahrheit über den Brand während der Theater-Freizeit -, macht ihr wirklich schwer zu schaffen.


    Der Titel des Buches deutet eine heitere "Flunker-Geschichte" an, doch schon der Klappentext macht - zum Glück! - deutlich, das dem keineswegs so ist. Bettina Obrecht schildert Ninas Nöte sehr eindringlich, jedoch ohne zu dramatisieren (sehr wohltuend!) und entwickelt zudem eine realistische und dennoch tröstliche Auflösung.
    Besonders gut gefallen hat mir die Entwicklung des Flunkertagebuchs während der Geschichte: anfangs eher ein heiteres Sammelsurium von Ninas Flunkereien, angelegt, damit sie selbst nicht den Überblick verliert, wandelt sich das Buch langsam zu einer Art Sündenregister. Nachdem Nina so ziemlich jeden in ihrer Umgebung angelogen hat, bleibt ihr nur das Tagebuch, um wenigstens sich selbst gegenüber ehrlich zu bleiben. Leider erleichtern die Eintragungen ihr Gewissen nicht, im Gegenteil, mit jedem Eintrag wird das Heft zu einer immer größeren Last. Schließlich hält Nina es nicht mehr aus und stellt sich den Konsequenzen ihrer Flunkereien: sie beichtet ihre größte Lüge. Natürlich gibt ein glückliches Ende, aber es ist kein rosarotes Hollywood-Happy-End, bei dem sich am Ende alle tränenüberströmt-glücklich in den Armen liegen, sondern ein realistisches: Irina wird Nina ganz sicher nicht mehr zur Freundin gewinnen können, allein bleibt sie jedoch auch nicht.


    Fazit: Sehr gelungene Geschichte zum Thema "Lügen/Flunkereien", die auf den pädagogischen Holzhammer ebenso verzichtet wie auf übermäßige Dramatisierungen. Empfohlen für Mädchen ab 10 Jahren, die realistische Geschichten bevorzugen.