Wolfgang Kirschner - Hölderlins Hund

  • Budenius ist Schriftsteller. Und ihm passiert das Schlimmste, was einem Autor passieren kann: ihm fällt nichts mehr ein. Ein erster Versuch, seiner Schreibblockade zu entgehen, war der hausinterne Umzug vom Erdgeschoß in den zweiten Stock. Hier, mitten in der Tübinger Altstadt, hat er vom Schreibtisch aus den direkten Blick in die Wohnung gegenüber. Die gehört Manne Knülleisen, einem kleptomanischen Ex-Alki. Und dass der jeden Morgen das "Tagblatt" vom Kiosk klaut, ist sein kleinstes Problem.
    Budenius, der genau so beschaulich lebt, wie man sich das Fachwerkstättchen Tübingen vorstellt (ein bisschen Tippen auf der Schreibmaschine, ein täglicher Besuch seiner Liebsten zum Schäferstündchen, der Schwatz mit der Zeitungsverkäuferin) glotzt mal wieder schreibblockiert aus dem Fenster. Und beobachtet, wie Manne von einem halbseidenen Halbweltgenoven windelweich geprügelt wird. Nachbarschaftshilfe gilt noch was in der Studentenstadt - aber Manne will gar keine Hilfe.
    Trotzdem begegnen sich die beiden kurze Zeit später wieder: Budenius will bei der Bank das Problem um seine gesperrte Scheckkarte klären. Manne will zeitgleich die Bank überfallen. Dumm nur, dass Manne seinen Nachbarn mit Namen anspricht. Noch dümmer, dass die Kassiererin eine abservierte Liebelei von Budenius ist. Und der ist sofort klar, dass die beiden unter einer Decke stecken müssen... (schließlich hat sie noch eine Rechnung mit dem Schreiber offen).
    Budenius und Knülleisen treten die Flucht an. Leider nicht nach vorne, sondern ab durch die Gassen von Tübingen. Und ab da stecken sie mitten drin in einer Räuberpistole, die ihresgleichen sucht.
    Mein Fazit: ein rasanter Roman, spritzig und mit viel Wortwitz erzählt. Klar, dass auch der gute alte Hölderlin zu Wort kommt. Und die Sache mit dem Hund... ist ganz anders, als man meinen mag. Wie das ganze Buch, das auf jeder neuen Seite eine neue irre Wendung bringt. Die treffendste Beschreibung liefert der Autor selbst im ersten Satz: "Eigentlich wurde es ein schöner Tag, wenn man von dem Stress, den Schmerzen, den ganzen Abartigkeiten und zwei, drei Leichen einmal absah."