Hadschi Halef Omar - Jörg Kastner

  • Verlag: Karl-May-Verlag
    Seiten: 440
    Besondere Anmerkung: Überarbeitete und wesentlich erweiterte Neuausgabe des Romans "Die Oase des Scheitans"


    Rückentext:
    Der Roman, auf den alle Karl-May-Fans gewartet haben, sozusagen Band 0 der Gesammelten Werke! Jörg Kastner beschreibt, was Karl May verschwiegen hat: die allererste Begegnung von Hadschi Halef Omar und Kara Ben Nemsi. Alles beginnt mit einer Forschungsexpedition in die gefährliche Wüste Hammada. Hier stößt Kara auf verräterische Fremdenlegionäre, die gefährlichen "Herren des Wassers" und auf die Spur des mysteriösen "Schwarzen Skorpions". Immer an seiner Seite: der quirlige Halef, der seinem neuen Freund treu und tapfer in zahlreiche Abenteuer folgt.
    Jörg Kastner gelingt es großartig, sich in Karl Mays Stil und Sprache einzufühlen, ohne dabei den alten "Mayster" bloß zu kopieren.


    Autor:
    (von der Homepage des Karl-May-Verlages)
    Jörg Kastner, geboren 1962 in Minden, hat sich mit Thrillern wie "Engelspapst" und historischen Werken wie "Die Farbe Blau" einen Namen als Autor spannender, genau recherchierter Romane gemacht. Mit Übersetzungen in bislang fünfzehn Sprachen feiert der in Hannover lebende Schriftsteller auch international Erfolge. Seit vielen Jahren Karl-May-Fan, ist er Mitglied der Karl-May-Gesellschaft und hat schon mehrfach über May publiziert. Näheres über Jörg Kastner findet man unter www.kastners-welten.de.



    Meine Zusammenfassung:
    Der, zu Beginn noch namenlose, Ich-Erzähler erreicht mit einem Schiff den Hafen von Algier, von wo aus er eine Reise durch den Orient zu unternehmen gedenkt, bevor die Einheimischen von europäischen Sitten und Fortschritt zu sehr verdorben werden. Als eine junge Französin beim Verlassen des Schiffes Opfer eines Räubers wird, fühlt er sich verantwortlich für sie, da es ihm nicht möglich war, ihre Geldbörse wieder zu erlangen. Er sorgt dafür, dass sie bei guten Freunden ein Obdach findet, und sie erzählt ihm ihre Geschichte: Sie ist ihrem Verlobten, einem Archäologie-Studenten, nachgereist, um ihn von einer gefährlichen Expedition abzuhalten, auf die er seinen Professor begleiten will. Doch die Expedition ist bereits aufgebrochen, auf dem Weg zu der geheimnisvollen und sagenumwobenen Oase des Scheitans. Da es sich hierbei um ein interessantes Abenteuer handelt, verspricht ihr Retter ihr, nach den Forschern zu suchen und für ihre Sicherheit zu sorgen.


    Allerdings ist diese noch nicht einmal in Algier selbst gegeben. Immer wieder gibt es Angriffe aus dem Hinterhalt, und alles deutet darauf hin, dass der gefürchtete „Schwarze Skorpion“, Kopf einer kriminellen Organisation die überall ihre Augen und Ohren hat, dahinter steckt. Welches Interesse hat er an der jungen Frau, der Expedition oder dem Abenteurer?
    Bei einem Zwischenfall in einem Stoffgeschäft, begegnet er zum allerersten Mal dem kleinen, mutigen, wendigen und kaum zum Schweigen zu bringenden Hadschi Halef Omar, der den tapferen Kämpfer aus dem Okzident kurzerhand zum Österreicher macht und ihm den fürderhin von allen verwendeten Namen „Kara Ben Nemsi“ verleiht. Halef ist zu diesem Zeitpunkt jedoch noch Diener eines tapferen und stolzen Wüstensohnes, der nicht eben freundlich auf Kara reagiert, als er erfährt, dass jener ein „Ungläubiger“ ist. Die Verabschiedung ist mehr als frostig, und es soll noch eine ganze Zeit lang dauern bis Kara sowohl den kleinen Halef als auch seinen voreingenommenen Herren wiedersieht. Zusammen mit Yussuf, dem Sohn des Stoffhändlers, bricht Kara Ben Nemsi schließlich auf in die Wüste, um sein Versprechen an die junge Mademoiselle in die Tat umzusetzen.


    Meine Rezension:
    Diese Vorgeschichte zu Karl Mays Orient-Erzählungen spielt ca. im Jahr 1872 und hat mich einiges Neue über die Figuren in seinen Geschichten gelehrt. Mir war zwar bekannt, dass sowohl Old Shatterhand als auch Kara Ben Nemsi Alter Egos von Karl May waren, jedoch war mir nicht klar, dass sie auch noch ein und dieselbe Person sind. So erzählt Kara Ben Nemsi ein ums andere mal von seinem teuren Blutsbruder Winnetou, von dem er so viel gelernt hat. :wow
    Ich habe als Kind die Karl-May-Verfilmungen geliebt (und sehe sie auch heute noch ganz gerne), habe aber von seinen Büchern nur eines, „In den Schluchten des Balkan“ gelesen, und auch das ist schon lange her. Daher möge man mir verzeihen, wenn ich nicht die richtige Person bin um zu beurteilen, ob Jörg Kastner nun seinem Vorbild gerecht geworden ist oder nicht.


    Was ich allerdings ganz zweifellos sagen kann ist, dass ihm hier eine wunderbar altmodische Abenteuergeschichte im klassischen Stil gelungen ist, die mit einem Helden der alten Schule aufwarten kann. Kara Ben Nemsi zaudert und zögert nicht. Im Vertrauen auf Gott und seine Fähigkeiten trifft er seine Entscheidungen in Sekundenschnelle. Zweifel und Angst sind ihm gänzlich fremd. Er ist stets zuversichtlich, mutig, tapfer und gewandt, dabei aber ebenso tolerant gegenüber allen Andersartigen, edelmütig, von einem fast überirdischen Gerechtigkeitsempfinden beseelt und voller Liebe für alle Menschen. Es gibt keine Schattenseite an Kara Ben Nemsi. Auf deutsch: Er ist der personifizierte Gutmensch! Das mag in der heutigen Zeit voller grauschattierter Protagonisten langweilig klingen, tatsächlich ist es aber eine angenehme Abwechslung und erinnert vielleicht auch ein wenig an die sorglosen Kindheitstage, als Gut und Böse noch genau definiert und klar zu unterscheiden waren. Trotz all seiner positiven Eigenschaften habe ich Kara Ben Nemsi also in keinster Weise als nervigen Moralapostel empfunden. Trockendatteln vertilgend habe ich auf meiner Couch gesessen und gespannt seine Abenteuer verfolgt und natürlich hat der treue Halef seinen Teil dazu beigetragen, dass ich ein ums andere mal breit grinsen musste.


    Die Schilderung des fremden Landes, der Wüste, des Volkes der Berber und Beduinen war faszinierend und genau richtig dosiert. Nicht so viel, dass man anfängt Seiten zu überblättern und nicht so wenig, dass man glaubt es könnte auch im Sandkasten um die Ecke spielen. Dazu kommt der häufige Einsatz von fremdsprachlichen Begriffen. Oft werden Dialoge eingeleitet, in dem ein Satz erst einmal in der Landessprache und dahinter noch einmal in deutsch geschrieben wird. Einzelne Worte werden manchmal auch durch Fußnoten übersetzt, oder im kurzen Fremdsprachenglossar genannt.


    Der stolze Beni Hammada-Krieger Kamal hat mich von Anfang an stark an Winnetou erinnert und ich bin mir nicht ganz sicher, ob das Absicht war, oder ob Karl May anderen Figuren auch schon ähnliche Züge verliehen hat. Der stolze Krieger der zuerst auf Kara hinabsieht, seinen Irrtum aber schließlich reumütig einsehen muss und ihn danach sogar „mein Bruder“ nennt.
    Ein bisschen schade fand ich zum Schluss hin auch, dass manche der Handlungsfäden nicht aufgeklärt bzw. weitergeführt wurden. Aber womöglich ist es ja auch ein Hinweis auf etwas, dass im Originalwerk von May später einmal passieren wird.
    Auf jeden Fall hat mir diese Abenteuergeschichte Lust darauf gemacht, eben dieses endlich näher kennen zu lernen. Ich werde mir bestimmt bald „Durch die Wüste“ zulegen und sehen, wie es mit Kara und Halef weitergeht.


    Fazit: Eine wunderbar altmodische Abenteuergeschichte im klassischen Stil, die mit einem Helden der alten Schule überzeugt. Eine Reise in fremde Länder und zu fremden Kulturen vom Sofa aus. Ein Held, ein Schatz, treue Freunde und eine Liebesgeschichte. Es hat einfach Spaß gemacht! :-]
    Von mir 8 von 10 Punkten.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda