CKLKH Fischer: Große Kannibalenschau

  • Die große Kannibalenschau
    von CKLKH Fischer


    periplaneta
    ISBN 978-3940767608
    historischer Roman
    Originalausgabe 2010
    Umschlaggestaltung Marion Alexa Müller
    Taschenbuch, 240 Seiten
    € 13,00 [D]


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    Zum Autor


    Hinter dem auf dem Buchcover seltsam wirkenden Namen CKLKH Fischer verbirgt sich der Autor, Musik- und Kulturjournalist Christian Fischer. Neben seiner Tätigkeit für verschiedene Magazine wie etwa Melodie & Rhythmus oder auch Motor.de, war er Mitherausgeber der 2001 eingestellten Literaturzeitschrift Der kleine Dilettant. Doch damit nicht genug. Der Poet-2000-Stipendiat arbeitete in der Assistenz des Geschäftsführers des Maas-Verlages, lektorierte bei Heyne und Goldmann erschienene Bücher von Mark Pätzold und schrieb neben zwei Drehbüchern für Whiteport Film auch den hier vorgestellten Roman Große Kannibalenschau.


    Zum Buch


    Es ist abgesehen von Fischers Debütroman auch der 60. Roman aus dem Hause periplaneta. Gemäß der Inhaltsangabe entführt der Autor seine Leserschaft darin nach


    Zitat

    Hamburg im September 1899. In Europa ziehen Völkerschauen Millionen von Besuchern an. Sie bestaunen Eskimos, Beduinen oder Negerstämme, die im Zoo, Varieté und Zirkus zur Schau gestellt werden. Die Nachfrage nach den Wilden ist riesig. Und so sucht Agent Heinrich Hermann für die Spektakel im Tierpark Hagenbeck in den Kolonien nach den exotischsten Exemplaren. Eben zurückgekehrt von einer strapaziösen Reise nach Deutsch-Neuguinea, wo er einen Stamm Kopfjäger unter Vertrag genommen hat, genießt er die Zeit mit seiner Familie, die ihn viel zu selten sieht. Doch ihm ist nur wenig Ruhe vergönnt, denn eines Morgens, als er gerade beim Kaffee sitzt, meldet das Dienstmädchen aufgeregt: „Herr Hermann? Da ist jemand vom Tierpark. Er sagt, Sie sollen schnell mitkommen. Er sagt, es eilt. Er sagt auch, Ihre Wilden würden - streiken. Und sie hätten sich einen Anwalt genommen.“ CKLKH Fischers historischer Roman über die Zeit der Menschenzoos ist manchmal grotesk, oft auch etwas schräg und sehr kurzweilig. Tolle Unterhaltung für Wilde, Herrenmenschen und für deren Nachfahren.


    Treffender könnte sein Roman nicht beschrieben werden. Der Autor hat das Buch in drei Handlungsstränge geteilt. Der Erste umfasst eine Reise Hermanns nach Neuguinea zur Beschaffung neuer Objekte für Hagenbeck. Der Zweite sein Leben, seine Familie und die Ausstellungszeit in Hamburg. Der dritte in die beiden anderen geschickt verwobene Strang Hermanns Kampf mit sich selbst.


    Meine Meinung


    In seinem Debütroman führt der Autor den Leser in eine bizarre und skurrile Welt, die faszinierend kurzweilig unterhält und gleichsam ein Gedankenkarussell in Gang setzt, das nicht so einfach zu stoppen ist. Der Roman selbst mag zwar fiktiv sein, die der Geschichte zugrunde liegende Idee besitzt jedoch durchaus einen historischen Kontext, an den sich Fischer größtenteils hält.


    Es scheint einerseits schwer vorstellbar, was man zu lesen bekommt. Wer würde heute noch in einen Zoo gehen, um jemandem dabei zuzusehen, wie er kocht? Andererseits hat sich, auch wenn heute die sogenannten Wilden größtenteils zivilisiert sind und damit uninteressant geworden zu sein scheinen, doch ein ähnliches Phänomen bis in die heutige Zeit gerettet. Immerhin gibt es Menschen, die sich an irgendwelchen Orten zusammenpferchen lassen, um ihre Kunststückchen und verbalen Ergüsse für ihre Anhängerschaft vor laufender Kamera vorzuführen. Und noch immer finden sich weltweit seltsamerweise Zuschauer aus allen Bevölkerungsschichten, die mehr oder weniger gebannt zusehen.


    Damals jedoch waren es Menschen, die – im Gegensatz zu den Figuren in Fischer Roman oder den Teilnehmern irgendwelcher Fernsehsendungen – vermutlich nicht freiwillig gekommen sind, um Hagenbeck-Besucher (oder die anderer Zoos, Zirkusse, Varietés) zu ergötzen. Menschen, die oftmals und allenfalls als Tiere bezeichnet und stellenweise weitaus schlimmer behandelt wurden. Aus ihrem natürlichen Umfeld und ihren Familien gerissen und zur Schau gestellt. Und, falls sie das Pech hatten hier einer der zahlreich auf sie einstürmenden Krankheiten zu erliegen, weit ab der Heimat und ihren Vorfahren nicht würdig beigesetzt, sondern eventuell seziert und für die Ewigkeit konserviert zu werden. Und das alles vielleicht, nachdem sie zuvor in ihrer Heimat bereits feststellen mussten, dass die seltsamen Fremden, die übers Meer zu ihnen gekommen waren, nicht so nett waren, wie sie anfangs schienen. Sie in bestimmten Situationen zwar als so menschlich betrachteten, dass sie für Mischlingsnachwuchs mit ihnen sorgten, ansonsten jedoch als amüsante Alternative zu sonstigen Haustieren oder als billige, beliebig austauschbare, arbeitende Kreaturen sahen.


    Klingt bitter und nach keinem Kapitel unserer Geschichte, auf das wir stolz sein können, kommt aber dank Fischers Idee, die Wilden den Spieß umdrehen zu lassen, sie als geschäftstüchtige, durchaus gewiefte Figuren und nicht als absolut hilf- und willenlose Kreaturen darzustellen, anders herüber.


    Exotische Länder und Lebewesen. Eine bei allem Mangel an Zivilisation lockende Freiheit. Eine gewisse Machtposition in der Fremde und die Chance auf Bewunderung, wenn er erfolgreich heimkehrt. All das steht seinem engen bürgerlichen, scheuklappenbehaftetem Dasein gegenüber. Mit all dem muss Fischers Protagonist fertig werden und zeigt die Tendenz, daran zu zerbrechen. Seine Erlebnisse, seine Ängste, seine Hoffnungen. Von all dem schreibt Fischer überaus lebendig und tiefgründig und schafft es gleichzeitig das Ganze dezent und unkompliziert zu gestalten. Sein humoriger Schreibstil und seine greifbaren Beschreibungen sowohl der einzelnen Handlungsschauplätze als auch der versnobten, ach so zivilisieren Bürgerschaft in Europa, respektive Hamburg, mit überaus bigotten Ansichten, machen seinen Debütroman zu einem Buch für mich, das ich mit Sicherheit nochmals lesen und gerne weiterempfehlen kann.


    Fazit


    Skurrile und kurzweilige Unterhaltung vor einer realen historischen Kulisse. Macht eindeutig Lust auf mehr.


    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)

    Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
    Mark Twain

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  • Titel: Grosse Kannibalenschau
    Autor: CKLKH Fischer
    erschienen: 2. Auflage - Juni 2012
    Seiten: 240 Seiten
    Verlag: periplaneta
    Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung:


    Text von der Verlagsseite:
    In Europa ziehen Völkerschauen Millionen von Besuchern an. Sie bestaunen Eskimos, Beduinen oder Negerstämme, die im Zoo, Varieté und Zirkus zur Schau gestellt werden. Die Nachfrage nach den Wilden ist riesig. Und so sucht Agent Heinrich Hermann für die Spektakel im Tierpark Hagenbeck in den Kolonien nach den exotischsten Exemplaren.
    Eben zurückgekehrt von einer strapaziösen Reise nach Deutsch-Neuguinea, wo er einen Stamm Kopfjäger unter Vertrag genommen hat, genießt er die Zeit mit seiner Familie, die ihn viel zu selten sieht. Doch ihm ist nur wenig Ruhe vergönnt, denn eines Morgens, als er gerade beim Kaffee sitzt, meldet das Dienstmädchen aufgeregt:
    „Herr Hermann? Da ist jemand vom Tierpark. Er sagt, Sie sollen schnell mitkommen. Er sagt, es eilt. Er sagt auch, Ihre Wilden würden – streiken. Und sie hätten sich einen Anwalt genommen.“
    CKLKH Fischers historischer Roman über die Zeit der Menschenzoos ist manchmal grotesk, oft auch etwas schräg und sehr kurzweilig. Tolle Unterhaltung für Wilde, Herrenmenschen und für deren Nachfahren.


    Über den Autor:


    Christian K.L. Fischer, geboren 1974 in Berlin, arbeitet schon immer mit Texten – als Redakteur und freier Musikjournalist für verschiedene Magazine und Online-Medien, als Drehbuchautor, Lektor, doch vor allem als Schriftsteller. Nach zwei Stipendien, der Veröffentlichung eines Romans für Erwachsene (als CKLKH Fischer) und der Nominierung für den Kurd-Laßwitz-Preis erscheint mit GIRL RELOADED das erste Jugendbuch des Autors.


    Meine Meinung:


    Lesen, amüsieren, genießen!
    Heinrich Hermann ist im Auftrag der Firma Hagenbeck in den Kolonien unterwegs, um Wilde für die Völkerschauen zu gewinnen, die ein Besuchermagnet im berühmten Hamburger Zoo darstellen. So begibt sich Hermann diesmal nach Kaiser-Wilhelms-Land, um dort ein möglichst exotisches Volk aufzustöbern.
    In einem zweiten Erzählstrang, der etwas später einsetzt, erfährt Hermann beim Familienkaffee, dass „seine Wilden“ streiken und nicht länger gewillt sind, gute Miene zur täglichen Kannibalenschau zu machen. Diese haben sich Anwälte genommen, um ihre vertraglich festgelegten Rechte durchzusetzen.
    Sehr lebendig zeichnet CKLHK Fischer ein satirisches Bild der Hamburger Bürgertums Ende des 19. Jahrhunderts. Dabei verwischen im Laufe der Geschichte die Konturen zwischen „wild“ und „zivilisiert“, wechseln sich gesellschaftskritische und ethisch bedenkliche Situationen mit herrlich skurrilen Szenen.
    Großartig gefallen hat mir der Humor, mit denen die ach so hochgelobten Sitten und Werte ordentlich in Aufruhr geraten, z.B. wenn die „Wilden“ die Zivilisierten mit ihrer ärgsten Waffe schlagen, mit wortklauberischen Anwälten. Oder wenn die ach so braven Bürger Hamburgs ordentlich in Wallung geraten angesichts der wohlgeformten fremdländischen Körper. Dieser Humor ist das Quäntchen Heroin im täglichen Tässchen Tee- eine ganz klare Leseempfehlung!

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin