Verlag: Kehl Verlag, 2009
302 Seiten
Kurzbeschreibung:
Ein sonderbarer Auftrag für den Privatdetektiv und ehemaligen SEK-Beamten Leonard Kimski: Eine wohlhabende Heidelbergerin engagiert ihn, um die verschollenen Mitglieder einer Mannheimer Widerstandsgruppe aus der Zeit des Dritten Reichs aufzuspüren, der ihr Mann angehört hatte.
Kimski weiß nicht, wo er mit seinen Recherchen beginnen soll, da er noch nie davon gehört hat, dass es in Mannheim eine aktive Widerstandsszene gab. Als er schließlich das erste Mitglied der Gruppe in einem Altersheim ausfindig machen kann, wird dieses kurze Zeit später unter merkwürdigen Umständen tot in seinem Bett gefunden.
Die Suche nach der Wahrheit wird lebensgefährlich, als Kimski einen Zusammenhang zwischen seinen Nachforschungen und dem mysteriösen Mord an einem jungen Historiker feststellt. Denn mit seinen Fragen hat er die Geister der Vergangenheit geweckt.
Über den Autor:
Der Autor ist auch bei uns Eulen mit seinem Namen angemeldet. Seine Homepage: www.danielmorawek.de
Daniel Morawek, Jahrgang 1981, arbeitet als freischaffender Filmmacher und Autor. Er lebt mit seiner Frau Zeljka in Mannheim
Meine Meinung:
Kimski ist im Gegensatz zum ersten Teil nicht mehr Kommissar bei der Polizei, er arbeitet jetzt als Privatdetektiv in Mannheim. Dadurch liest sich „Die Vergessenen“ gleich ganz anders als „Die Partie“.
Aber einige private Themen Kimkis sind immer noch relevant, zum Beispiel die schwierige Beziehung zum Vater oder zu der Journalistin und Historikerin Eva. Sein Vater liegt nach einem Schlaganfall im Krankenhaus. Dennoch ist er noch gut genug beisammen, um Kimski ordentlich zu kritisieren, schließlich haben sie grundlegende unterschiedliche Ansichten. Hinzu kommt ein mögliches Familiengeheimnis. War Kimskis Großvater ein Antisemit, aber heimlich auch Halbjude?
Die Dialoge haben oft einen eigenen Witz. Es ist auch einiges an Situationskomik eingebaut.
Kimski wirkt in manchen Szenen so flapsig, dass er mir unreif vorkommt. Er ist eine ungewöhnliche, ambivalente Figur. Seine Freundin Eva portraitiert ihn sogar so: „Immerhin ist der Kerl total verkorkst.“. Bei der Polizei damals konnte er sich nicht unterordnen, in seinen Privatleben kämpft er mit Beziehungsunfähigkeit. Insgesamt hat er aber als Protagnist viel Potential und trägt den Roman.
Kimskis Detektei läuft noch nicht so richtig, aber dann bekommt er einen interessanten Fall, dessen Wurzeln in der Zeit des zweiten Weltkriegs liegen. Er soll Mitglieder einer der damaligen Widerstandsgruppen finden.
Interessant, wie Kimski, der der Enkelgeneration entstammt, die Situation betrachtet, er ist nahezu ahnungslos und bemerkenswert, dass die Vergangenheitsbewältigung als Thema auch in unterhaltender Literatur jetzt manchmal tiefer gehend behandelt zu finden ist. Schon zu oft wurde die NS-Zeit nur als Kulisse und nahezu abgedroschen eingesetzt.
Bei Daniel Morawek kommen hingegen durchaus interessante Informationen zutage, wie zum Beispiel, dass Mannheim zwei KZ-Außenstellen besaß und es auch Widerstandsgruppen gab.
Der Prolog gefällt mir nicht besonders, da wie in so sehr vielen Thrillern jemand ermordet und ein Geheimnis irgendeiner Art entwendet wird. Immerhin wird diese Szene spät im Roman noch aufgeklärt.
Es überzeugen die kurzen eigenständigen Handlungsabschnitte im Mannheim der dreißiger, vierziger, fünfziger und sechziger Jahre auf Anhieb.
Der rasche Wechsel der kurzen Kapitel Gegenwart und Vergangenheit ist geschickt gemacht.
Schnell gelingt es dem Autor gute Figuren zu entwerfen, selbst wenn sie nur kurz auftreten, wie etwa die ehemalige Widerstandskämpferin Klara oder Kimskis Freund Carlo.
Der Roman erzeugt kontinuierlich immer mehr Spannung und verdichtet sich im Verlaufe der Handlung zunehmend.
Die Vergessenen ist eine Steigerung zum Vorgängerroman und der Roman gewinnt durch den Einsatz von einer zeitgenössischen und historischen Handlungsebenen, die fest miteinander verknüpft sind.