Sind Autoren Stubenhocker?

  • Die Tätigkeit bringt es notgedrungen mit sich: man benötigt ein Schreibgerät und bedient dieses meist in sitzender Position. Die Wenigsten werden ihre Texte noch handschriftlich niederlegen, selbst die gute alte Schreibmaschine hat wahrscheinlich bei den Meisten ausgedient. Bleibt also der PC, am besten der Laptop, die aber beide für den Outdoor-Betrieb nicht unbedingt gut geeignet sind.
    Daraus schließe ich, dass Autoren die meiste Zeit ihres Tages am Schreibtisch vor dem Computer verbringen. Indiz hierfür ist auch die rege Frequentierung dieses Forums von Autoren-Büchereulen zu allen Tages- und Nachtzeiten. Klar, PC und Internet sind praktisch eins.
    Andere gehen irgendwann vom Arbeitsplatz nach Hause, der Autor nicht, denn er ist schon dort.


    Aus diesem Grunde frage ich mich, ob ich richtig liege mit meiner Annahme, dass Autoren ihre Zeit (abgesehen vom Schlafen, Urlaub oder Kirchenbesuch) hauptsächlich


    a) zu Hause
    b) vor dem PC und
    c) im Internet


    verbringen.


    Wird man als Autor zum Stubenhocker? Kommt man weniger raus und unter andere Leute?

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Mmm. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Autoren unsoziale Wesen seien. Das passt sicher zu dem Zeitraum, wenn Autoren schreiben. Wenn's gut läuft, versinke ich dann tatsächlich in der Welt der Geschichte, an der ich arbeite. Hab schon mal über eine Fütterungsautomatik für Autoren nachgedacht - unter der Tür kann man bestenfalls eine Pizza durchschieben, und das wird auf dauer auch langweilig.


    Ansonsten bin ich sehr gerne an der frischen Luft. Spazierengehen, Joggen, Rennradfahren liebe ich sehr. Und da sich ein Großteil der Arbeit eines Schriftstellers im Kopf abspielt, kann ich zu diesen Zeiten hervorragend über neue Geschichten nachdenken. Manchmal kommen mir auf dem Rad die besten Ideen - wenn der Kopf mal richtig freigepustet wird.
    Außerdem sitzen Leute mit einem Bürojob notgedrungen auch meistens acht Stunden am Tag vor dem PC.


    Dean

  • Seit ich sehr viel schreibe, bin ich auch nicht mehr oder weniger draußen als vorher. Eine Partymaus war ich noch nie, solche Massenveranstaltungen wie Disco, Karneval oder Konzerte mag ich sowieso nicht.
    Aber durch die Hunde war ich immer viel draußen, wenn ich reite (jetzt nicht mehr regelmäßig, aber als ich noch so wohnte, dass ich die Möglichkeit günstig und nah hatte, jeden Tag auf dem Pferd) sowieso. Da momentan leider noch hundelos ist es etwas weniger, das aber auch, weil ich bei dem Wetter keine große Lust verspüre raus zu gehen.
    Aber wenn es schön ist, gehe ich gern auch mal ganz spontan raus.


    Meine kreativsten Phasen hab ich eh morgens ganz früh, ich bin ja meist um fünf, halb sechs, spätestens um sechs schon munter.


    Und gesellig ist es auch so genug, ich hab fast jeden Tag die Nachbartochter zur Nachhilfe oder einfach so oben, oft mit einer Freundin oder mehreren.
    Besuch kommt auch öfter überraschend.


    Ich kann jederzeit gedanklich in meinen Text eintauchen, auch dann, wenn ich in einer großen Runde sitze.

  • Zitat

    Außerdem sitzen Leute mit einem Bürojob notgedrungen auch meistens acht Stunden am Tag vor dem PC.


    Die müssen das laut Arbeitsvertrag auch, es sei denn, sie haben das Glück, Home Office machen zu dürfen (dann ist es weniger leicht nachzuprüfen). Und Selbständige sitzen meist sogar noch länger vor dem PC. Aber es ist wohl doch ein Unterschied, ob man eben im Büro oder zu Hause sitzt, denn da kann man sich schwerer losreißen. Wo soll man auch sonst hingehen?


    Die Gefahr, (über-)stundenlang am Schreibtisch zu sitzen ist also erheblich größer, schätze ich.


    Gerade der Aspekt, dass man seine Arbeit gedanklich mit sich herumschleppt, ist wohl auch ein kritischer Punkt in Sachen "soziale Kontakte". Den Freunden und Bekannten, die nicht zum inner circle gehören, mit denen man seine Arbeit rauf- und runterbespricht, fällt eine gewisse Abwesenheit sicher auf. Und besonders dann, wenn ein Autor sich besonders intensiv mit seiner Arbeit beschäftigt und identifiziert, wird er sich vermutlich auch mental sehr abkapseln. Daher sind die eigenen vier Wände wohl nicht der schlechteste Platz.


    Im Unterschied zu den "normalen Büroleuten" hängen Autoren wahrscheinlich auch stärker an ihrer Tätigkeit und machen gern und freiwillig mehr, als sie sich eigentlich als Tagespensum gesetzt haben.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Klar, ich verbringe sehr viel Zeit pro Tag sitzend am PC. Hatte mir vor ein paar Jährchen extra einen Laptop angeschafft und dachte, damit könnte ich dann bei schönem Wetter auf der Terrasse schreiben. Hab ich auch gemacht - drei Mal oder so.
    Während der Arbeit zu "Gottes Weber" hab ich praktisch vor dem PC gelebt und wenn ich mal raus musste, Leute treffen, war ich nervös, wie lange das whl noch dauern würde, ich wollte nach Hause, weiterschreiben. Das ging so bis zum Exzess - und bis zum Zusammenbruch.
    Seit dem hab ich mein Leben etwas (sehr!) umgestellt. Die nächtlichen PC-Sitzungen sind verboten, ich hab einen Hund, der raus MUSS, außerdem versuche ich, die kreative Phase auf den Vormittag zu legen, so dass ich am Nachmittag und Abend ein "normales" Leben führen kann.
    Dass Autoren weniger sozial sind stimmt - für mich - nur in akuten Schreibphasen. Ansonsten finde ich mich ganz normal, was Freunde, Ausgehen usw. betrifft, so weit das mit 2 (demnächst 3) Kindern möglich ist mache ich das auch. Dazu gehören z.B. kinder- und arbeitsfreie Wochenenden mit meinem Mann, drei, viel Mal im Jahr. Allerdings arbeitet der Kopf immer, sei es, dass eine Geschichte "nebenbei" wächst, wie dean schrieb, sei es, dass man Menschen beobachtet, seziert, für neue Charaktere aufschreibt...

  • Durch den nervigen Lehrgang, den die ARGE mir ans Knie genagelt hat, muß ich schon 8 Stunden am PC sitzen. Dann zu hause die Mails erledigen.
    Wenn ich dann beim Schreiben noch zu hause sitzen müßte, würde ich wohl kaputt gehen. Am PC schreiben kann ich sowieso nicht. Ich schreibe grundsätzlich mit Hand und tippe dann nur am PC noch ab.
    Ich bin eigentlich viel unterwegs und schreibe in der Disko, im Zug, (im Sommer) am FKK-Strand, wo immer ich eben gerade bin.
    Ich denke, die alltäglichen Eindrücke im Leben gehören zum Schreiben einfach dazu

  • Also ich könnte den Beitrag von keinkomma jetzt einfach kopieren und auch für mich einsetzen - bis auf die Kinder und die Terrasse. Die habe ich nämlich nicht. Ersetzt man Terrasse durch Balkon, kommt es meiner Situation aber schon wieder ziemlich nahe. Auch das mit dem Laptop, dem Gassi-gehen und der Nervosität bei außerhäusigen Aktitivtäten ...

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Gerade der Aspekt, dass man seine Arbeit gedanklich mit sich herumschleppt, ist wohl auch ein kritischer Punkt in Sachen "soziale Kontakte". Den Freunden und Bekannten, die nicht zum inner circle gehören, mit denen man seine Arbeit rauf- und runterbespricht, fällt eine gewisse Abwesenheit sicher auf.


    Nö, bei mir fällt das niemandem auf. Ich kann mich problemlos auf ein Gespräch konzentrieren und mir trotzdem gedanklich Notizen machen. Was ich viel mache, denn gerade durch dieses genaue Beobachten kann ich Personen leichter beschreiben.


    Und für die Leute, die mir wichtig sind, hab ich immer Zeit. Braucht mich jemand aus der Familie oder eine Freundin, lege ich den Text sofort zur Seite.
    Genervt reagiere ich nur, wenn man mir wegen Belanglosigkeiten Zeit stiehlt.
    So kann es schon mal sein, dass ich Telefongespräche rasch abwürge.


    Was mir ein bisschen fehlt, ist direkter Kontakt zu anderen Autoren. Da ist aber das Internet ideal, zwar kann man sich da nicht gegenüber sitzen, es ist aber wunderbar, um alles zu besprechen, was noch so mit dem Schreiben zu tun hat.
    Diesen Kontakt mit Autoren brauche ich, denn Nicht-Schreiber können meist diese Leidenschaft fürs Schreiben nicht nachvollziehen und es einfach schön ist, sich austauschen zu können, ohne was erklären zu müssen.

  • @ alice


    Ja, das stimmt. Die Gefahr, nicht mehr abschalten zu können, ist sehr groß. Wenn ich mit diesem "Ich bin gerade in einer anderen Welt"-Blick durch das Haus laufe, verdreht meine Frau schon mal die Augen. Seit ich schreibe, bin ich ständig auf der Suche nach allem, was sich für eine Geschichte verwerten läßt. Und wenn ich dann endlich bei Kapitel 1 beginne, muss ich mich schon ab und zu zwingen, den Laptop auch mal auszuschalten. Schreiben birgt ein großes Suchtpotential. Im Grunde ist es ähnlich wie das Lesen eines spannenden Buches. Manchmal ertappe ich mich beim Schreiben dabei, dass die Geschichte wie ein Film vor meinem inneren Auge abläuft und ich nicht aufhören kann, bevor die Szene fertig ist, oder das Kapitel, oder das Buch. Aber anders, denke ich, können gute Romane nicht entstehen. Ich muss die Geschichte so verinnerlichen, dass für nichts anderes mehr Platz im Kopf ist und ganz in diese Welt eintauchen. Das bringt natürlich eine gewisse Gefahr von Vereinsamung mit sich. zumindest erntet man hin und wieder mißtrauische Blicke und Kopfschüttteln.

  • Das bringt mich übrigens zu einer Frage, die mit dem Thema direkt zusammenhängt.
    Schreiben braucht nun mal viel Zeit. Die meisten Autoren, so wie ich kürzlich hier im Forum las, machen das nicht als Vollzeitjob. Mir geht's genauso, ich habe einen 8-Stunden Job und klemme mich abends vor den PC.
    Wie gehen denn Eure Lebensgefährt(innen) mit dem Zeitfresser Schreiben um? Ich glaube, einem "Nichtbesessenen" Verständnis abzuringen, ist manchmal gar nicht so leicht. Vor allem, was diese geistige Abwesenheit anbelangt.

  • Zitat

    Original von Leserättin
    Was mir ein bisschen fehlt, ist direkter Kontakt zu anderen Autoren. Da ist aber das Internet ideal, zwar kann man sich da nicht gegenüber sitzen, es ist aber wunderbar, um alles zu besprechen, was noch so mit dem Schreiben zu tun hat.
    Diesen Kontakt mit Autoren brauche ich, denn Nicht-Schreiber können meist diese Leidenschaft fürs Schreiben nicht nachvollziehen und es einfach schön ist, sich austauschen zu können, ohne was erklären zu müssen.


    Mir ist der Austausch mit anderen Autoren auch ungeheuer wichtig. Meist reicht mir, schon wegen der knappen Zeit, der E-Mail-Kontakt. Aber es ist mir auch wichtig, die Kollegen ab und zu persönlich zu treffen, am besten in mittelgroßer Runde, um einmal in aller Ruhe über "das Eine" sprechen zu können.


    Was die Stubenhockerei betrifft:
    Ich habe als Tendenz rausgehört, dass sich das nicht groß verändert. Wer schon früher ein Stubenhocker war, bleibt das auch als Autor, wer schon früher gern draußen war, braucht das auch dann noch. Nur in den ganz intensiven Schreibphasen bleibt halt alles auf der Strecke, ob das Freizeit in den eigenen vier Wänden oder in der freien Natur ist.

  • *lach* Ich glaube, mein Mann findet es nur schwierig, wenn ich in der absoluten "Jetzt tauche ich ab, um mein Buch fertig zu bekommen"-Phase stecke. Glasige Augen, starrer Blick und einsilbige Antworten - klar, ich bin dann ja auch gerade in Rocky Beach und plane als Täter einen riesigen Coup und als Detektiv gleich noch die Auflösung ;-)
    Freue mich, dass es nicht nur mir so geht!

  • Zitat

    Wie gehen denn Eure Lebensgefährt(innen) mit dem Zeitfresser Schreiben um?


    Zitat: "Schon wieder vor dem Computer!!!! Das gibt's doch nicht!"


    Doch. Und es geht auch nicht anders. Meine Schreibmaschine habe ich ja vor (rechne, rechne) 14 Jahren eingemottet, sonst würde ich davor sitzen. Und dazu treiben mich nicht nur der Beruf, sondern auch sämtliche Hobbies hin. Vom "Textefabrizieren" bis hin zu Grafiken und Brieffreundschaften ("Strombrieferl").


    Modern Times.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Ja,natürlich sitze ich,wenn ich schreibe,vor dem PC.
    Trotzdem komme ich noch oft raus.
    Erst an der frischen Luft & unter Menschen kommen Ideen.
    Ich finde erst am Land unter Ruhe viele Ideen während dem Spazierengehen.
    :wave

  • Bei mir ist es zwiegespalten - in Schreibphasen kann schon der munter zwitschernde Vogel vor dem Fenster eine Belästigung darstellen :hau ;-)


    Ansonsten bin ich eher ein Mensch, der gerne Menschen trifft (allerdings auch nicht in Diskotheken o. ä.) und ich habe zum Ausgleich (was ich auch brauche) noch einen anderen Job, der auch viele Kontakte und Eindrücke mit sich bringt. :-)


    Schwierig wird es nur, wenn ich Ruhe fürs Schreiben brauche und das dann mit anderen Verpflichtungen kollidiert (was ja auch immer wieder vorkommt).


    Ich denke, man richtet es sich als Autor irgendwann so ein, dass man sich die Phasen der Zurückgezogenheit mit Kontaktphasen ausgleicht ... sei es durch Foren, durch Freunde, durch Unternehmungen. Bei mir ist das Motto sozusagen "Alles hat seine Zeit". :-)

    Meine neuen Histo-Romane Der Gesang des Satyrn sowie Hatschepsut. Die schwarze Löwin gibt es bei Amazon oder Beam-Ebooks - außerdem meinen Mystery Thriller Fonthill Abbey

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Wird man als Autor zum Stubenhocker? Kommt man weniger raus und unter andere Leute?


    nicht mehr oder weniger als bei anderen Berufen, wuerde ich sagen :grin.


    Mein Brotberuf spielt sich im Wesentlichen auch im Buero ab, daneben bin ich viel auf Reisen. Im Flugzeug schreibe ich. Oder in der Bahn. Oder abends im Hotel, nachdem ich vom Essen zurueck bin.
    Und nach der Arbeit oder am Wochenende sitze ich eben am Computer, waehrend mein Lebensgefaehrte sich neben mir einen Film ansieht. Das bedeutet aber nicht, dass ich deshalb weniger unternehme, kommuniziere oder eben auch raus gehe.
    Allerdings bin ich auch kein erklaerter Outdoor-Freak, deshalb unterscheidet sich mein Leben mit dem Schreiben nicht drastisch von dem vor dem Schreiben ;-).


    Ansonsten unterscheidet sich der Autorenberuf - auch oder gerade wenn er Vollzeit stattfindet, sicher kaum von all den anderen Berufen, bei denen irgendwie Idealismus involviert ist.
    In meinem Berufsfeld z.B. ist es ueblich, dass Designer und Kreative freiwillig oft bis spaet in die Nacht vor dem Rechner sitzen, egal ob nun zu Hause oder im Buero, um entweder Neues auszuprobieren, das eigene Handwerkszeug aufzupolieren oder etwas fertigzumachen, sei es, weil man am naechsten Tag eine Abgabe hat oder aus reinem Spass an der Sache.


    Liebe Gruesse,
    Andrea