Lavinia – Ursula K. LeGuin

  • April 2008 erschienen.
    Verlag: Harcourt Brace & Co
    Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
    Sprache: Englisch
    Die schön gestaltete Ausgabe beinhaltet eine Karte und ein großartiges Nachwort der Autorin.


    Handlung:
    Die italienische Prinzessin Lavinia ist die Tochter von King Latinus and Queen Amata. Sie lebt in Latium an Italiens Westküste, in einer Welt, lange bevor Rom gegründet wurde. Viele Männer bewerben sich um sie. Sie soll König Turnus heiraten, der das Nachbarland regiert. Ein altes Orakel aber widerspricht und weissagt, dass sie den Trojaner Aeneas, ein fremder Prinz und Sohn der Aphrodite, heiraten wird. Lavinia will diese Vorhersage und ihr Schicksal erfüllen.
    Turnus ist von der Absage aufgebracht und es kommt zum bitteren Krieg, in dem
    Aeneas und seinen Troern, mit Hilfe der Götter die Latine besiegt und Turnus im Zweikampf tötet. Aeneas und Lavinia heiraten.
    Er baute eine Stadt, die er ihr zu Ehren Lavinium nannte.
    Sie bekommen einen Sohn, Silvius, der spätere König von Alba Longa.


    Über die Autorin:
    Ursula K. Le Guin, geboren 1929 in Kalifornien, ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Fantasy und Science Fiction. Sie schreibt auch Kinderbücher, Gedichte und Essays und wurde für ihre Romane und Erzählungen mit vielen Preisen ausgezeichnet. Unter anderen mit mehreren Hugos und Nebulas, James Tiptree Award, Pushcart Prize und sehr viele andere.
    Am bekanntesten ist sie für ihren Erdsee-Zyklus, doch manche Rezensenten meinen Lavinia wäre ihr bestes Buch.
    Weitere in Deutschland bekannte Bücher von ihr sind Die linke Hand der Dunkelheit, Planet der Habenichtse, Rocannas Welt , Das zehnte Jahr, Stadt der Illusionen und Das Wort für Welt ist Wald.


    Homepage der Autorin
    Über das Buch
    Leseprobe



    Meine Rezension:
    Diese von mir oben in der Handlung aufgeführten Passagen sind Teil von Vergils Werk Aeneas.
    Die Autorin gibt der Figur von dem römischen Dichter Vergil eine eigene Stimme, da Lavinia dort keinen Text hat.
    Sie erzählt Vergils Fassung um den Trojaner Aeneas nach, aus Lavinias Sicht und schließt dem unvollendeten Werk einen subjektive Schluss bei. Da der Roman aus Lavinias Perspektive erzählt ist, bedeutet das einen Bruch im Roman als Vergils Werk endet und Lavinia ihr Leben selbst weiter gestalten wird. Man erlebt, wie ein Charakter selbstständig wird und sogar kritisch über ihren Schöpfer: „In Wahrheit gab er mir nichts als einen Namen und ich füllte ihn mit mir selbst auf“
    Die Handlung ist ohne Kenntnisse der römischen Mythologie nicht immer einfach zu verstehen, doch mit ein wenig Unterstützung durch Internetrecherche problemlos.


    Das Buch ist vielschichtig und besitzt mit Lavinia eine gelungene Protagonistin, die die ganze Zeit im Vordergrund steht. Aeneas ist klar nur Nebenfigur.
    Es wird auch Lavinias Jugend und ihr Verhältnis zu ihren Eltern anfangs ausführlich erzählt.
    Zu ihrer Mutter, die wollte, dass sie Turnus heiratet, hat sie ein gespanntes Verhältnis, zu ihrem Vater ein liebevolles. Er lässt ihr die Freiheit zu wählen und sie zeigt ihren starken Willen.
    Lavinias Stimme, die Vergil ihr vorenthalten hat, wird in Le Guins Version kraftvoll, atmosphärisch und intensiv.


    Dieser Stil ist lyrisch und fast postmodern, da Vergil als der Poet im Buch auftritt und sich mit Lavinia unterhält. Lavinia selbst spielt im Text darauf an, dass sie auch ein vom Poet entworfener Charakter ist. Vergil spricht mit ihr über Aenaes Abenteuer mit der Königin Dido in Karthago und der Reise in das Land der Toten, sein Stoff für sein letztes Buch, das unvollendet bleibt.
    Anarchronistisch, ein grandioser Einfall. Deshalb ist dieses Buch weder Fantasy noch Science Fiction und auch nicht nur historischer Roman, sondern in erster Linie auch ein Roman mit zeitgenössischen Mitteln geschrieben. Ich bin gespannt, wie das Buch in Deutschland vermarktet wird, wenn es denn übersetzt wird. Das ist zu hoffen, denn sonst entgeht dem deutschen Buchmarkt ein brillantes Buch.

  • Danke für die Rezi. Das klingt ja ziemlich gut und interessant. Gleich auf die Wunschliste damit, allerdings die englische Originalausgabe.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich bin gespannt, wie das Buch in Deutschland vermarktet wird, wenn es denn übersetzt wird. Das ist zu hoffen, denn sonst entgeht dem deutschen Buchmarkt ein brillantes Buch.


    Das ist zu befürchten, wenn man sich anschaut, mit welche panischer Abwehr deutsche Verlage auf Angebote mit dem Thema "Antike" reagieren.


    Sicher eine Folge des Pflichtlatinums für Germanisten und Historiker ... :lache