Originaltitel: The Night Watch
Aus dem Englischen von Andrea Voss
Handlung laut Klappentext:
London 1947:Viv und Helen arbeiten in einer Partnervermittlungsagentur. Julia kann sich wieder dem Bücherschreiben widmen. Auch Vivs Bruder Duncan, der während des Krieges im Gefängnis saß, scheint seinen Platz im Leben zu finden. Nur Kay, die in den Bombennächten einen Krankenwagen fuhr und bewundernswerten Mut bewies, hat mit ihrer Liebe auch ihre Aufgabe verloren. Der Alltag der fünf jungen Londoner war bestimmt von der täglichen Angst ums Überleben. So ließen sie sich auf verbotene Liaisons und sexuelle Abenteuer ein. Liebe, Leidenschaft und Verrat von damals wirken fort bis in ihre Gegenwart
Zur Autorin laut Klappentext:
Sarah Waters wurde 1966 in Wales geboren. Sie promovierte in englischer Literatur. Für ihren Roman "Selinas Geister", erschienen im Aufbau Taschenbuch Verlag 2002, erhielt sie den Times Young Novelist Award. Ihr Roman "Solange Du lügst" (AtV 2005) stand wochenlang auf den britischen Bestsellerlisten und wurde mit dem Ellis Peters Award als bester historischer Kriminalroman des Jahres 2003 ausgezeichnet. "Die Frauen von London", nominiert für den Booker-Preis 2006, war ebenfalls ein großer Erfolg.
Autorin-Homepage: www.sarahwaters.com
Hier findet man ein Video, in der die Autorin über ihr Buch spricht:
http://www.meettheauthor.co.uk/bookbites/930.html
Meine Meinung:
Mit 1947 liegt ein Zeitabschnitt vor, in dem in England die Geschehnisse während des Krieges von vielen noch nicht vergessen sind. Das gilt auch für die ehemalige Sanitäterin Kay.
Vivian, Helen und die Bestsellerautorin Julia sind die weiteren Hauptfiguren des Romans.
Kay war früher mit Helen zusammen, jetzt haben Helen und Julia eine heimliche Beziehung, auch Vivian muss ihre Beziehung zu einem verheirateten Mann verheimlichen.
Der deutsche Titel ist nicht so glücklich gewählt, da mit Vivians Bruder, Duncan Pearce auch ein Mann eine wichtige Rolle spielt. Er war zusammen mit Kriegsdienstverweigerer im Gefängnis.
Die Geschichte wird in der dritten Person erzählt. Das Erzähltempo ist anfangs nicht sehr hoch, die Grundstimmung ist melancholisch. Vom Leser wird viel Disziplin abverlangt.
Trotzdem überzeugt mich Waters Art die Geschichte zu erzählen: Rückwärts.
D.h. der Roman hat drei Teile, beginnend 1947, dann 1944 und schließlich 1941.
Auch die Schilderungen der beruflichen Tätigkeiten sind durchweg sehr gelungen. Waters geht zwar auch ins Detail, aber in erster Linie wird durch die Dialoge und Stimmungen der Protagonisten die Atmosphäre transportiert z.B. in der Kerzenfabrik, in der Heiratsvermittlung oder bei den Krankenwagenfahrten während des Krieges.
Sehr beeindruckend ist auch die Intensität einiger Schockszenen, z.B. das Einsammeln von Leichenteilen während des Krieges oder eine Abtreibung mit unangenehmen Folgen.
Auch unspektakuläre Abschnitte, wie die Methoden eines Heilers der christlichen Wissenschaft oder das Leben der Kriegsdienstverweigerer und ihrer Schließer im Gefängnis sind gelungen
Am wichtigsten sind aber die kleinen individuellen Tragödien, die jeder der Beteiligten durchmacht, die für sie genauso schwer wiegen wie der großen Katastrophe des Krieges.
Der Roman ist also sehr gelungen und absolut lesenswert, aber er ist kein Pageturner und hat seine Längen.