DBC Pierre - Bunny und Blair

  • Titel: Bunny und Blair
    Originaltitel: Ludmila’s Broken English
    Autor: DBC Pierre
    Verlag: Aufbau
    Erschienen: Februar 2007
    Seitenzahl: 396
    ISBN: 3351030967
    Preis: 19.90 EUR


    Der Autor:
    DBC Pierre wurde für seinen ersten Roman "Jesus von Texas" mit dem Booker Prize, dem Whitbread First Novel Award und dem Bollinger Everyman Wodehouse Award ausgezeichnet. "Bunny und Blair" ist sein zweiter Roman. DBC Pierre lebt im County Leitrim, Irland.


    Worum geht es?
    Im Alter von 33 Jahren werden die siamesischen Zwillinge Bunny und Blair voneinander getrennt. Bunny kränkelt nach der Operation vor sich hin, während Blair seine sexuelle Freiheit genießen will. Tausende Kilometer entfernt, in der Bürgerkriegsregion am Fuße des Kaukasus, erstickt Ludmila Iwanova ihren zudringlichen Großvater. Nun soll sie sich für den Unterhalt der Familie prostituieren. Ihr Foto landet auf der Website eines dubiosen Heiratsvermittlers, und so verliebt sich Blair in Ludmila. Seinen Bruder im Schlepptau, macht er sich auf den Weg gen Osten, um die Frau seiner Träume zu treffen. Es entspinnt sich ein aberwitziges und atemberaubendes Drama, in dem sich alles um die Macht der Triebe, die Überzeugungskraft von Kalaschnikows und ein sättigendes Englisches Frühstück dreht. (Quelle: www.amazon.de)


    Meine Meinung:
    Ein wenig ratlos packe ich das Buch nach der Lektüre zur Seite. Die Frage, ob es mir gefallen hat, kann ich so auf Anhieb eigentlich nicht beantworten. Es hat mir sehr gut gefallen – aber nein, so toll war es nun auch wieder nicht.
    Einige Stellen habe ich durchaus beim Lesen genossen, andere Stellen nährten in mir die Versuchung, das Buch einfach nicht mehr weiterzulesen. Dieses Buch hat gewaltige Höhen und Tiefen, und trotz der Tiefen ist es in meinen Augen eine erzählerische Meisterleitung. DBC Pierre ist einer dieser Vollbluterzähler, von denen es leider so viele gar nicht mehr gibt. In einigen Passagen könnte man ihn durchaus in eine gemeinsame Liga mit Dave Eggers packen, obwohl gerade Eggers mehr „Pfiff“ in seinen Büchern hat. Es ist sehr schwer von diesem Buch zu- oder abzuraten; eigentlich müsste jedermann für sich herausfinden, wie sie oder er mit diesem Buch klarkommt. Es ist eine interessantes, wenn auch kontroverses Leseerlebnis.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Mit 33 Jahren werden die siamesischen Zwillinge Blair und Gordon - Bunny - Heath voneinander getrennt, sie müssen ihr kuscheliges Pflegeheim im nördlichen Schottland verlassen und finden sich plötzlich in einer muffigen Sousterrain-Wohnung im chaotischen London wieder. Blair ist der starke, der Macher, angetrieben von sexueller Begierde, und Bunny der nachdenkliche, der schwache, gierig vor allem nach Gin, seiner Sonnenbrille und seiner Ruhe. Wirklich einander nahe sind sich die beiden nur noch, wenn sie Tango tanzen, denn in solchen Momenten verschmelzen sie wieder zu dem Einen, das sie bis vor kurzem waren.


    Ludmilla lebt mit ihrer Familie in einem ärmlichen, fast menschenleeren Bergdorf in der Ukraine, das sich zwischen den Fronten eines seltamen, überaus brutalen Bürgerkriegs befindet. Als Ludmilla ihren versoffenen Großvater umbringt, weil der sie wieder einmal vergewaltigen will, ist die Existenz der kleinen Sippe bedroht. Kurzerhand schickt man Ludmilla nach Kutschinsk, der nächstgrößeren Stadt, die aber auch nur ein verfallendes Dorf ist, um dort Arbeit zu finden. Währenddessen wartet die Familie auf den wöchentlichen Brotzug, aber statt seiner erscheinen haufenweise ungebetene Gäste. Zwei von denen sind schließlich Bunny und Blair Heath.


    Pierres zweiter Roman hat mit seinem Erstling, dem ruppig-amüsanten "Jesus von Texas" nur wenig gemein. Die Sprache von "Bunny und Blair" ist überbordend, zuweilen lyrisch, die Dialoge sind von einer eigenartigen, einzigartigen Diktion, da rollen Blicke und Satzfetzen schwappen von einem zum anderen. Das liest sich vergnüglich, nur manchmal etwas schwergängig, vor allem aber entsteht dadurch eine sehr eigene Atmosphäre, die ich auf solche Art noch nie erlebt habe. Daß das Buch seine merkwürdigen Momente hat und viele Handlungen nicht wirklich nachvollziehbar sind, tut dem keinen Abbruch. Aber Vorsicht: "Bunny und Blair" ist brutal und gemein, seine Figuren leiden bis über die Schmerzgrenze hinweg, und auch für manch einen Leser mag das gelten.