Das Kunstseidene Mädchen [Theateraufführung]

  • DAS KUNSTSEIDENE MÄDCHEN – IRMGARD KEUN


    „Liebe an sich strengt an.“ Doris


    Aufführung des Staatstheaters Braunschweig vom 31.März 2006



    Geschichte:
    Doris, ein junges Mädchen, arbeitet in einem Büro und tippt Briefe.
    Eines Tages fühlt sie, dass etwas Großes mit ihr vorgehen soll. Sie möchte gerne „ein Glanz“ werden. Ihre Reise in die große weite Welt führt sie zunächst über eine Statistenrolle ins Theater und anschließend nach Berlin, wo sie sich nur mit einem Pelzmantel ausgerüstet durchschlägt und versucht, einen Mann zum „Glanz für ihn sein“ zu Finden.
    (Das Buch ist übrigens von 1931/32.)



    Aufführung:
    Im zunächst etwas ungemütlich anmutenden Keller des Kleinen Hauses des Staatstheaters, der mit nur 2 Stuhlreihen und einer langen Sitzbank ausgestattet sowie komplett schwarz gestrichen ist, sitzt man mitten im Geschehen. Mit knapp 40 Leuten, die in diesem Raum passen, wird man etwas an eine kleine Schulaufführung erinnert.
    Die Schauspielerin Nele Ziebart, die Doris in dem Ein- Mann- Stück spielt, ist absolut fantastisch. Ich hätte nicht erwartet, dass jemand aus dem Braunschweiger Ensemble die Doris so überzeugend darstellt, dass man wirklich so versinken und sympathisieren kann, wie in dem Buch von Irmgard Keun.
    Leider wird man recht schnell aus diesem „Versinken“ wieder herausgezerrt, weil die Inszenierung grottenschlecht ist. Teilweise mit untermalender Musik, dann aber mit Technoversionen und wirren Filmeinspielern wird die Atmosphäre so durchgerüttelt, dass selbst Nele Ziebart die kaputte Stimmung durch ihr Talent nicht sofort wieder herstellen kann. Entweder Modernisierung oder nicht, aber diese Mischung war leider ein totaler Reinfall.
    Die Bühnenfassung an sich ist nicht schlecht, sie ist natürlich gekürzt, aber meistens sonst im genauen Wortlaut belassen. Es wurde an sich nicht zu viel in die Sprache eingegriffen, aber das wäre auch wirklich unverzeihlich gewesen, denn sonst wäre Doris eben nicht Doris. Haargenaue Grammatik und gewählter Ausdruck sind eben das, was sie ausmacht.


    Mit 11 Euro Eintritt bei freier Platzwahl ist man dabei, wenn Doris ihre Geschichte erzählt.
    Aber ganz ehrlich: 5-7 Euro hätten es auch getan.
    Wer Nele Ziebart gerne einmal selbst als Doris sehen möchte: www.staatstheater-braunschweig.de

    Bücher sind nur große Briefe an Freunde. [Antoine de Saint-Exupéry]

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