Ich habe jetzt nicht alles durchgelesen, aber ich wollte hier mal zwei Punkte etwas klarstellen. Im Moment wird ein bisschen was durcheinandergeworfen hier.
1. Bei Erbkrankheiten bei Kindern aus Verwandten-Ehen geht es nicht vordergründig um bekannte Erkrankungen bzw. Mutationen. Natürlich gibt es Erbkrankheiten in verschiedenen Familien und wenn sich gerade zufällig ein Paar trifft, bei dem beide Partner die Krankheit mitbringen, ist die Chance genauso da wie sonst auch - ob verwandt oder nicht verwandt. Das hatte Draper ja schon sehr gut erklärt.
Was bei inzestiösen Beziehungen aber noch eine zusätzliche Rolle spielt sind seltene Mutationen, wie sie nur in dieser einen Familie vorkommen. Da aber oft (wie von Draper erklärt) die Mutationen rezessiv - also nur auf einem der beiden Schwesternchromosomen - vorkommen, treten deren Folgen nie in Erscheinung. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass man jemanden trifft, in dessen Familie genau dieselbe einmalige Mutation auftritt, ist extrem gering.
Bei Kindern von miteinander verwandten Eltern ist die Wahrscheinlichkeit dagegen deutlich höher. Auf diese Mutationen kann man eben nicht vorher testen, da sie nicht bekannt sind und für jede Familie quasi einmalig. Man kann auch nicht so ohne weiteres vorhersagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Familie überhaupt so eine Mutation trägt. Und selbst wenn man das gesamte Genom screenen würde, wüsste man bei vielen Mutationen nicht, ob sie eine Krankheit verursachen können oder einfach nur Varianten darstellen. Daher ist schon ein erhöhtes Risiko bei inzestiösen Verbindungen vorhanden. Ob das ein Grund für ein Verbot ist, ist eine ganz andere Diskussion.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ich habe mal in einer Gruppe gearbeitet, die haben eine solche Mutation bei einer iranischen Familie gesucht, da dort untereinander (Cousinenebene) geheiratet wurde und viele Kinder stark geistig behindert waren. Sie haben auch tatsächlich ein Gen gefunden, wo ein Stückchen fehlte. Parallel hat eine andere Gruppe bei einer französischen Familie eine Mutation im selben Gen mit denselben Folgen gefunden, allerdings war es dort eine Punktmutation (eine Base vertauscht, aber nix fehlte). Auch hier war völlig unbekannt, dass es Mutationen in diesem Gen gibt, die zu geistiger Behinderung führen. Ob das bei anderen Familien der Fall ist, wird sich erst noch herausstellen.
2. Die Auswahl des biologisch passenden Partners: Das hat nix mit äußeren Merkmalen zutun. Es gibt die Theorie, dass man sich Partner mit einem möglichst anders gearteten Immunsystem aussucht, weil die Nachkommen aus dieser Verbindung ein besser gemischtes Immunsystem haben und damit eine bessere weil vielfältigere Verteidigung gegen Krankheitserreger (stark vereinfacht ausgedrückt, geht über HLA-Genotypen).
Es gibt auch Studien, die zeigen, dass sich die Personen immer genau das T-Shirt von jemandem aussuchen, dessen Immunsystem möglichst anders-geartet ist. Ein Prof von mir hat das sogar mal mit einem Kurs gemacht und es hat tatsächlcih funktioniert.
Allerdings spielen bei der Partnerwahl noch so viele andere Faktoren eine Rolle - soziale, psychologische usw - dass dieser Aspekt eher eine untergeordnete Rolle spielt (bisher).
Ich hoffe, ich konnte die Faktenlage ein bisschen aufklären, es ging hier doch recht arg durcheinander.