Wer einen Kriminalroman sucht, der sich etwas abhebt aus dem Pulk der herkömmlichen Krimis, der sollte mal einen Blick (oder mehrere) auf Gabi Kreslehners "Das Regenmädchen" werfen. Dieser Roman besticht vor allem durch seine, für dieses Genre úngewöhnlich poetische Sprache, die man bei der Beschreibung eines Unfalls, der sich schon bald als Mord herausstellt, nun wirklich nicht erwartet.
Eine junge Frau, gekleidet in einem wunderschönen Kleid, silbern mit Pailetten und Perlenschnüren, stirbt auf der A9 Richtung Berlin, als sie orientierungslos vor ein Auto läuft. Als man ihr Blut auf einer nahegelegenen Raststätte findet, werden die Kripobeamten Franza Oberwieser und Felix Herz als Ermittler hinzugezogen. Bei der Überprüfung der Toten stoßen sie schon bald auf einige Verdächtige und Ungereimtheiten, die weit in die Vergangenheit reichen. Für den Leser steht hier eher Maries tragisches Leben und ihr soziales Umfeld im Vordergrund und nicht die knifflige Suche nach dem Mörder, dem man doch relativ schnell auf die Schliche kommen kann.
So schön Gabi Kreslehner manche Szenen beschreibt (Löwenzahndolden fliegen durch die Luft, Gesichter werden in Momenten voller Glück in Juniregen gehalten, Männerrücken schmecken nach Portugal), so hart trifft den Leser der Kontrast, den sie zwischendurch aufblitzen lässt. Die Sprache wird vulgär, derb und dieses in abstoßenden Wiederholungen. Beziehungen zwischen Mann und Frau sind, bis auf wenige Ausnahmen, zum Scheitern verurteilt und hinterlassen einen bitteren Nachgeschmack. Extrem sind vor allem Momente starker Gefühle, die so intensiv beschrieben werden, dass sie auch dem Leser an die Substanz gehen können.
Fazit: Gabi Kreslehners "Das Regenmädchen" ist ein außergewöhnlicher Kriminalroman, dessen Schreibweise bezaubern, aber anderseits auch erschrecken und abstoßen kann. Insgesamt ist es aber ein Roman, der den Nerv seiner Leser trifft und Einfluss auf deren Gefühlswelt nehmen kann, dessen Stärke aber eher durch die Erzählkunst seiner Autorin entsteht, als durch die Geschichte, die sie erzählt. Nahe geht besonders der Tod der jungen Protagonistin, deren Schicksal einfühlsam beschrieben wird. Ich hätte ihr das Glück in Berlin wirklich gewünscht.