Gertrud Hirschi dürfte nicht nur Yoga-Schülern und/oder auch –Lehrern in der Schweiz nicht ganz unbekannt sein. Sie leitet seit beinahe drei Jahrzehnten eine Yogaschule in Zürich; bietet in der Ulmer Gesundheits-Akademie interessierten Yogalehrern Weiterbildungen an und macht ihr Wissen im Bereich Yoga, Mudras oder Meditation nebenbei in Vorträgen und Kurzseminaren im In- und Ausland sowie Büchern oder dem mir hier vorliegenden Buch-Karten-Set einem breiteren Publikum zugänglich.
Egal ob jung oder alt, gesund oder gesundheitlich eingeschränkt, beweglich oder weniger beweglich: Mit Yoga kann jeder etwas für seine Gesundheit tun und – bei richtiger Anwendung – sehr schnell persönliche Fortschritte erkennen. Bevor ich mich intensiver damit befasst habe, war mir gar nicht bewusst gewesen, wie eingeschränkt ich beispielsweise in meiner Beweglichkeit bereits war. Bedauerlicherweise ließ ich mich anfangs viel zu leicht abschrecken. Das lag jedoch nicht daran, dass Yoga grundsätzlich nichts für mich war, sondern dass ich mir die falschen Kurse, Kursleiter und/oder DVDs für meine ersten Versuche aussuchte. Mittlerweile weiß ich es besser.
Der Vorteil: Man kann Yoga genau genommen fast überall machen. Mehr als eine bequeme Unterlage und entsprechende Kleidung benötigt man neben der anfänglichen Notwendigkeit den inneren Schweinehund zu überwinden, der eventuell zähnefletschend vor dem überaus bequemen Sofa sitzt und einen am Aufstehen hindert, eigentlich nicht. Okay, ein Spiegel ist in meinen Augen auch noch ganz sinnvoll für alle Übenden. Für Interessierte gibt es glücklicherweise eine Fülle an mehr oder weniger guten Angeboten. Seien es Kurse, Videos oder auch Bücher. Oder das praktischerweise gerade vor mir liegende Buch-Karten-Set YOGA ganz einfach.
Die darin enthaltenen Karten wurden schon vor knapp zwanzig Jahren vom Bauer-Verlag herausgegeben und bis zur fünften Auflage immer mal wieder überarbeitet. Auch die Idee, die Karten gemeinsam mit einem Buch herauszubringen, ist nicht ganz neu. Ursprünglich war das Begleitbuch allerdings noch eher ein Booklet. Das jetzt im Set enthaltene 112seitige Begleitbuch überraschte mich bereits beim ersten Durchblättern mit der Fülle der darin enthaltenen Informationen. Atmung, Tipps für die tägliche Praxis, ein Ausflug in die Welt der Chakras, Yantras und Mantras – all das kommt neben der eigentlichen Yoga-Thematik nicht zu kurz und wird in einen schlüssigen Zusammenhang gebracht. Man merkt deutlich die Erfahrung der Autorin, die im Übrigen auch auf Meditationen und Mudras (Fingeryoga) und eine Vital-Klopf-Technik eingeht. Wer das Buch aufmerksam liest, wird feststellen, dass Gertrud Hirschi Lebensfreude und Spaß an der Sache damit vermitteln will, was ihr für mein Empfinden auch gut gelungen ist.
Die 84 Übungskarten bieten neben den eigentlichen Grundübungen auch noch entsprechend beschriebene Varianten. Ich habe noch nicht alle Karten durchprobiert und nachgezählt. Deshalb kann ich ehrlich gesagt nicht sagen, wie viele Varianten es tatsächlich sind (laut Kartonrückseite 180, laut Einleitung S. 8 etwa 170 und laut Beschreibung der Karten an sich auf Seite 29 des Buches sogar 270 – so genau scheint das also irgendwie niemand zu wissen :grin). Doch das ist ehrlich gesagt zunächst einmal nebensächlich.
Die nach Farben gegliederten Karten (14 x gelb = Drehungen, 13 x blau = Vorbeugen, 12 x grün = Rückenbeugen, je 11 x rot = allgemeine Aufwärm- und Kraftübungen, orange = Seitenbeugen, violett = Umkehrhaltungen, 10 x weiß = Gleichgewichtsstellungen, je 1 x grau = Ruhelage, braun = Meditationshaltung) zeigen auf der Vorderseite eine Schattenrissdarstellung. Diese hebt sich schwarz (statische Grundübung) und gegebenenfalls grau (dynamische Übungsfolge/ Variation) vor dem farbigen Hintergrund ab. Darunter steht ein(e) passende(s) Affirmation/Mantra als Einstimmung auf die Übung beziehungsweise um eventuell darüber zu meditieren. Ferner findet man darauf ein sogenanntes Yantra (eigenes Symbol) für die jeweilige Farb-/Übungsgruppe. Die ebenfalls auf der Vorderseite angebrachten Zahlen von eins bis vier verdeutlichen, welche Übungen man im Stehen, im Kniestand oder der Bauchlage, im Sitzen oder in der Rückenlage absolvieren sollte.
Praktischerweise kann man sich anhand der Farbsortierungen und Nummerierungen immer wieder neue Übungsfolgen zusammenstellen, mit denen Lockerungen und Dehnungen des ganzen Körpers, die Durchlässigkeit der Meridiane, eine Stärkung des Rückens und bessere Gelenkbeweglichkeit ebenso wie Tiefenentspannung trainiert werden können.
Auf den Rückseiten der Karten findet man ebenfalls eine Fülle an Informationen. Hier wird die Übung an sich erklärt, die Atemfolge ebenso wie passende Ausgangspositionen/ Vorübungen und nachfolgende Ausgleichsübungen und letztlich auch die Wirkung (egal ob körperlich, geistig oder seelisch).
Kurzum gibt es also sowohl einfache Anfängerübungen als auch schwierigere für Fortgeschrittene.
Also Buch lesen, Karten aussuchen und einfach loslegen?
Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn, wer viele Informationen auf einer 7 x 5 cm großen Karte unterbringen möchte (und man findet auf den Kartenrückseiten wie bereits angedeutet einiges an Informationen), muss eine entsprechend kleine Schrift wählen. Die ist zusätzlich das eine oder andere Mal von einem grau gestalteten Variantenschattenriss unterlegt. Beides erschwert, das einfach so nach den Karten greifen und loslegen etwas. Etwas Zeit muss man also schon aufbringen.
Und auch sonst gilt: eindeutig JEIN!
Ja für jene, die Yoga nicht gerade erst neu für sich entdeckt haben und es schon geraume Zeit praktizieren. Wer nicht immer nach dem einmal gelernten Schema-F üben möchte, hat mit dem Set ein probates Mittel gegen Langeweile zur Hand.
Auch autodidaktisch veranlagte Personen, die eine gesunde Selbsteinschätzung haben, werden mit dem Set alleine bereits gut zurechtkommen, sofern sie sich eingehend mit den Übungskarten und dem Buch beschäftigen. Das allerdings erklärt sich von selbst, denn wenn man sich nicht damit beschäftigen möchte, braucht man sich das Set ja eigentlich gar nicht erst kaufen.
Trotz der Tatsache, dass alle Übungen samt Varianten mit Sicherheit zu Gesundheit, einer guten Haltung und der Stärkung und Genesung eines vielleicht nicht mehr so ganz perfekten Körpers führen, möchte ich andererseits jedoch ein klares Nein für all jene aussprechen, die absolute Neulinge sind, Yoga einfach mal spaßeshalber ausprobieren möchten oder sich eventuell auch gerne selbst überschätzen. Wer nicht mit der nötigen Einstellung an die Sache herangeht, ärgert sich hinterher möglichenfalls nicht nur über den Preis, sondern muss sich gegebenenfalls auch mit Schmerzen plagen.
Denn obwohl die Autorin in ihrer Einleitung darauf verweist, dass Yogaübungen ihre Rückenprobleme wie Butter in der Sonne dahinschmelzen ließen, verweist sie auf Seite 106 darauf, dass die Übungen auf den Karten für gesunde Menschen erstellt wurden, und führt auch sonst noch ein paar Kontraindikationen an. Dies muss man jetzt nicht hundertprozentig als Widerspruch in sich sehen, denn mit etwas Selbsteinschätzung kann man durchaus üben, üben, üben. Doch wer überprüft was und ob man überhaupt eine Übung richtig und damit laut Autorin absolut rücken- und nackengerecht durchführt?
Genau wie bei allen anderen Büchern oder DVDs niemand, das muss jeder für sich tun. Insoweit tut zumindest ein Grundkurs für Neulinge in meinen Augen not, bei dem ein Yogalehrer den interessierten aber bis dahin eben völlig unbeleckten Yogaschüler entsprechend einführt und – noch wichtiger - korrigiert.
Auch wer sich selbst im Verdacht hat, was auch immer zu verbissen zu üben, sollte die Hände von dem Set lassen. Zwar gibt es grundsätzlich Yogaübungen für jeden, doch die eine oder andere kann bei falscher Ausführung durchaus schaden oder je nach körperlichem Befinden eben kontraproduktiv wirken.
Fazit:
Schmälert das alles den guten Eindruck, den YOGA ganz einfach bei mir hinterlassen hat? Eindeutig NEIN! Erstens betrifft das meiste davon nicht das Buch-Karten-Set alleine, sondern wohnt allen Do-it-yourself-Anleitungen inne. Unabhängig davon ist Yoga nichts, was man mal einfach so nebenbei erledigen sollte. Wer sich also ausführlicher sowohl mit dem Thema an sich als auch mit dem Buch-Karten-Set beschäftigt, wird meines Erachtens seine Freude an diesem liebevoll gestalteten Set haben. Nicht nur weil angebotene Kurse vielleicht manchmal einfach nicht in die Tagesplanung passen oder der DVD-Player im entscheidenden Moment mal wieder anderweitig belegt ist. YOGA ganz einfach erleichtert zwar eindeutig die Zusammenstellung neuer Übungsfolgen. Doch die Autorin lief darüber hinaus auch mit ihrer Vital-Klopf-Technik sowie den Ausführungen zum Atmen oder ihren Meditationsvorschlägen offene Türen bei mir ein. Deshalb kann ich YOGA ganz einfach jedem empfehlen, der etwas für sich tun möchte.
Copyright © 2012, Antje Jürgens (AJ)