Beiträge von Demosthenes

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    Original von Historikus
    Ich hoffe, keine Frau ist mir jetzt böse, dass ich jetzt folgendes sage: Mich hegt oft der Gedanke, ob nicht die Emanzipation die negative Folge hat, dass einige Kinder nun letztlich absolut keine erzieherische Hand mehr
    haben.


    Der Zerfall der Familie hat nichts mit Emanzipation oder Selbstverwirklichung zu tun. Wenn du die Werbung von Vorwerk kennst, in der jene junge Frau selbstbewußt sagt, sie leite ein kleines aber erfolgreiches Familienunternehmen, dann ist es das, was ich unter Emanzipation und Selbstverwirklichung verstehe. Diese Frau erkannte eine Aufgabe und erfüllt sie nach bestem Können. In Wirklichkeit ist diese Jobmanie in den meisten Fällen nichts anderes, als purer Egoismus. Mit dem zusätzlichen Geld wird der Zweit- oder Dritturlaub im Jahr finanziert, werden Statussymbole aufgebaut.

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    Die Mutter ist schließlich die wichtigste Person für ein Kind im Leben.
    Nun sind oft beide Elternteile berufstätig, und das Kind wird zur Oma, in die Kinderstätte etc. abgeschoben.


    Genau das trifft den Knackpunkt. Das Aufwachsen ohne das Gefühl, ein wichtiger Teil der Familie zu sein.

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    Früher sind die Kinder mit den Großeltern aufgewachsen, bis Tod der Alten. Sie lernten ihre Erfahrung und Lebensweisheit kennen, ihre erste Erfahrung mit Tod, die ich sehr wichtig finde. Nun fürchtet man sich ja, Abschied von den Toten wird gemieden, die Kinder völlig abgeschottet.


    Eben, Tod und Krankheit sind Dinge, die einem ja den Spass verderben können. Das paßt nicht mehr in unsere Zeit, ist altmodisch, eben nicht mehr "in".

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    Wenn doch die Lehrerausbildung etwas wirklich praktisch pädagogisches an sich hätte ...


    Da machst du es dir ein wenig leicht. Gewiss, ich vermisse auch in vielen Fällen die Pädagogen unter den Lehrern, aber die Schule kann nun mal nicht den Ersatz für die Familie darstellen. Eltern sind nicht ersetzbar, auch wenn unsere jobgehetzten Kindererzeuger das so gerne hätten. Als Elternsprecher hatte ich das zweifelhafte Vergnügen festzustellen, daß gerade Kinder, die zu Hause wenig Zuwendung durch den Job ihrer Eltern fanden, auch in den schulischen Leistungen zu Extremen neigten. Die einen hatten schlechte Noten, flüchteten sich sogar in psychosomatische Krankheiten, die anderen versuchten sich selbst in der Leistung zu überholen, alles nur, um die Aufmerksamkeit ihrer Erzeuger auf sich zu lenken. In aller Regel vergebens. Darüber sollten wir vielleich mal nachdenken. Der Ruf nach mehr Staat, um das alles zu regeln, ist meines Erachtens der falsche Weg, der in eine katastrophale Spirale mündet.

    Mein Freund, es ist nicht so einfach auf dieses Thema eine allgemeingültige Antwort zu geben, wie ja bei den meisten deiner Themen. Ich sehe hier vor allem ein gesellschaftliches Problem, das seit Jahrzehnten ungelöst vor sich her geschoben wird.
    Unsere Gesellschaft hat sich verändert in die Richtung, daß der Familienverband, der früher durch die Integration der Alten und Jungen auch die Erziehung und Vorbereitung auf das Leben ganz selbstverständlich regelte, nicht mehr existiert. Wir sind heute so geld- und karrieregeil geworden, daß wir die Alten, von denen man noch so viel lernen könnte, in die Heime abschieben, die Jungen in die Horte oder Ganztagsschulen und die Erziehung weitgehend fremden Menschen überlassen.
    Aber weder die Horte noch die Schule sind darauf vorbereitet, im Gegenteil, sie lehnen es zum Teil ab, den Ersatz für ein intaktes Elternhaus zu spielen. Gleichzeitig werden zum Teil politisch motiviert haarsträubende, angeblich pädagogische Experimente durchgeführt, die lediglich dazu dienen, bestimmte Lerninhalte zu vermitteln, andere wieder zu vernachlässigen. Das in den alten Volksschulen übermittelte Grundwissen gibt es heute nicht mehr. Und genau diese Defizite zeigen sich leider an den Hochschulen als Endpunkt der Ausbildung.
    Soviel erst mal zur Eröffnung der Debatte. Ich erwarte jetzt jede Menge Widerspruch. :bruell

    Laß mich dir mit einem kleinen Beispiel antworten, Idgie. Wenn du das Rheintal kennst zwischen Mainz und Koblenz, dann sind dir im Frühjahr auch herrlichen blühenden Obstfelder dort ein Begriff. Durch das extreme Lohngefälle zwischen unserem durch soziale Netze geplagten Land und den südlichen Mitgliedstaaten kam es dazu, daß dieser ganze Landstrich nach und nach verödet, weil die Bauern aufgeben müssen. Die Ernte des hochwertigen Obstes lohnt sich nicht mehr und der Unterhalt der Flächen verschlingt mehr, als sie einnehmen. So wird eine großartige Kulturlandschaft zum Opfer der Europäisierung. Ähnliche Anzeichen findest du heute auch in der Westpfalz. Da ist es noch nicht so schlimm, weil dort nach und nach der extensive Anbau um sich greift, aber natürlich damit auch die Anbauvielfalt zerstört. Die Liste läßt sich beliebig fortsetzen.
    Gerade für unser weit entwickeltes Land bedeutet Europa einen großen Verlust auf vielen Gebieten. Das muß man auch mal sehen. Mit Visionen allein kann das nicht kompensiert werden. Gefragt ist hier eine solide Arbeit, die sich schrittweise und überlegt an die Realisierung herantastet.

    Hallo Doc,
    das sehe ich doch ein wenig anders. Eine Währung ist ein Instrumentarium, das nur von einer Regierung gespielt werden kann, ohne daß eine Katastrophe aufzieht. Die ersten Probleme haben wir ja auch schon mit Frankreich und Deutschland.
    Solange die Bürger der beteiligten Staaten nicht jenen Reifestand erreicht haben, daß sie ihre eigene Regierung gegen eine gesamteuropäische eintauschen wollen , solange ist die Sache ein totgeborenes Kind.
    Grundlage für ein gesundes Europa sind gemeinsame gleiche Gesetze, die alle Unterschiede ausbügeln, und ein gemeinsamer gleicher Lebensstandart. Solange das nicht aufgebaut ist, werden einige Mitglieder ungerecht zu Zahlungen herangezogen, während andere sich ebenso ungerecht bedienen.
    Erst müssen die Voraussetzungen stimmen, dann kann es ein gemeinsames Europa geben. Heute ist das aber nur eine Illusion. Wie sagte Helmut Schmidt einmal: Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.

    Normalerweise lese ich nur die Tageszeitung. Seit ich aber jetzt festgestellt habe, daß die einzige Tageszeitung in unserer Stadt vom Rathaus zensiert wird, ist mir diese Lektüre auch verleidet, da ich nicht mehr weiß, inwieweit die Berichte auch stimmen.

    Ich muß da noch etwas nachschieben, denn es ist nicht meine Absicht, anderen den Spass an einem Buch zu verderben. Es handelt sich bei meinem Beitrag nur um meine ganz persönliche Meinung. Das Thema hätte durchaus zu einem spannenden Roman werden können. Aber ich stelle halt bestimmte Anforderungen an eine Geschichte und die wurden nicht erfüllt. Ihr erinnert euch bestimmt an meine Meinung zu Monitor. Da bin ich auch nicht mit dem Strom einer Meinung.

    Stéphanie de la Rochefoucauld schreibt über die letzten Jahre von Pompeji, das Leben in der Stadt und einen Kriminalfall. Vom historischen Standpunkt aus gesehen ist das Buch bestens recherchiert und in allen Punkten stimmig.
    Leider hat die Autorin den Fehler begangen, die Geschichte im Präsens zu schreiben und damit natürlich sich selbst die Sache wahnsinnig erschwert, denn sie konnte den Tempus nicht immer beibehalten. Hinzu kommen extreme Zeitbrüche und -sprünge, die in dem Tempus natürlich doppelt so stark auffallen und stören. Bei dieser Erzählweise zieht sich die Handlung stellenweise wie Kaugummi und man quält sich direkt durch einen großen Teil der Geschichte. Ähnlich wie Roberts stellt sie einen eher einfältigen Typen als Hauptperson heraus, wohingegen der Meteller bei Roberts trotz allem noch clever ist, der Maler Labius hingegen eigentlich nur himmelschreiend beschränkt.
    Kurz, nach meiner Ansicht muß man das Buch trotz des stimmigen Umfeldes nicht unbedingt lesen. Ein Vergnügen wird es mit Sicherheit nicht sein.

    Also da muß ich irgendwo Iris Recht geben. Das Kriterium "meistverkauft" ist wirklich mit Vorsicht zu genießen. Wenn es danach ginge, dann müßten solche Affen wie Dieter Bohlen oder Boris Becker noch den Pulitzerpreis bekommen. Und das würde die Welt wohl erst richtig auf den Kopf stellen.
    Ich kann mir zwar nicht vorstellen, daß es Menschen gibt, die sich so ein Machwerk freiwillig antun, aber die Verkaufszahlen scheinen ja das Gegenteil zu belegen. Offenbar ist die deutsche Leserschaft nicht sonderlich anspruchsvoll, man könnte fast meinen, Sonderschulniveaugeprägt.

    Hi Doc,
    also für mein Buch habe ich rund 6 Jahre recherchiert und dabei die Archive von Stockholm bis München und von der damaligen DDR bis Paris angehauen. Einzelne "Zufallsergebnisse" wie eine Erhebung des Institutes von Prof. Haubrichs an unserer Uni war natürlich ein besonderer Glücksfall, der mir gleich die wertvollsten Unterlagen bescherte. Immerhin habe ich auf diese Art um die 30.000 Blatt Archivalien ausgewertet.
    Für einen Roman hätte ich die Sache vielleicht etwas gediegener angehen können und wesentlich kürzer arbeiten können. Vor allem hätte ich mich dabei auf schon veröffentlichte Regesten stützen können. Da ich aber solchen generell nicht traue (zu Recht, wie sich zeigte), arbeitete ich lieber mit den Originalen, soweit sie noch existierten. Nur dort, wo keine mehr aufzutreiben waren, zog ich notgedrungen und sehr vorsichtig Regesten zu Rate.
    Du siehst, Recherchen sind das A und O eines guten Buches.

    Da gehen wir beide aber in unserer Beurteilung auseinander. Ich finde die Musical-Verfilmung mit Yul Brynner wesentlich besser. Seine schauspielerische Leistung ist einfach treffender. Kann aber damit zusammenhängen, daß ich eben noch etwas nostalgischer bin.

    Heute mal wieder ein etwas älteres Buch: Die Legionäre. Gemeint sind die Fremdenlegionäre, die im Dienste Frankreichs kämpften. Stalmann Olivier schildert dieses Kapitel an einem jungen SS-Soldaten, der nach dem Kriege unfreiwillig in die Legion eintritt und dort die bekannten Schauplätze in Indochina und Algier erlebt.
    Sehr realistisch beschrieben und spannend bis zum Schluß. Man kann es durchaus mit Remarques "Im Westen nichts neues" vergleichen. Die Handlung gehört meines Erachtens unter "Historische Romane", weil hier ein Stück jüngere Geschichte behandelt wird, das bisher noch viel zu kurz kam. Ich kann das Buch nur empfehlen, zumal sich der Autor recht kritisch mit den heroischen Ansichten auseinandersetzt.

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    Original von dg9tm
    Seit diesem Film, gilt Demothenes bei mir als "plüschig" (vgl. Manfred das Mammut)


    Dabei habe ich lediglich eine kleine "Schmusekugel", will sagen, daß ich nicht so unterernährt bin, wie andere. (Grummel) :bonk


    Aber im Ernst, der Film ist spitze und eine echte Unterhaltung für jedes Alter. ;)

    Vielen Dank. Dein Buch ließ die Zeit wie im Flug vergehen. So kam wenigsten keine Langeweile auf. Ich hoffe, bald wieder einen so gelungenen Roman von dir lesen zu können. Übrigens, vor fast 40 Jahren habe ich in der Nähe von Xanten an Ausgrabungen des Varus-Kastells Vetera während eines Urlaubes teilgenommen. Deshalb hat mich die Handlung auch so interessiert.

    Das Buch ist als Politthriller sehr spannend und unterhaltsam bis zur letzten Zeile. Leider überzieht Dan Brown ein wenig den Zufallsfaktor. Rein statistisch hätten die Hauptpersonen im wahren Leben null Chance gehabt, die Handlung länger als zwei Drittel des Romans zu überstehen. Der Kampf mit den Elitesoldaten ist dann schon ein Überstrapazieren der Fantasie des Lesers. Zwei blutige Laien schaffen es, eine Handvoll Spezialkiller auszuschalten - also wirklich, da mußte ich erst mal tief Luft holen. Und wenn ich dann noch den absolut unwahrscheinlichen Zufall betrachte, der ein U-Boot zu rechten Zeit an den rechten Ort bringt, dann sollte der Roman wohl besser unter dem Genre "Science fiction" laufen.

    Solche Leute kann man nur als krank bezeichnen. Eigentlich wäre hier das zuständige Jugendamt gefordert, aber nach meinen Erfahrungen mit den Ämtern in ähnlichen Fällen habe ich so meine Zweifel, daß hier irgendetwas sinnvolles unternommen wird. Unsere zum Teil absurde Rechtsprechung und die Trägheit der Jugendämter sind an solchen Exzessen nicht unschuldig. Man sollte aber auf jeden Fall gegen diese Unmenschen vorgehen. Hoffentlich zeigen wenigstens die Nachbarn ihren Unwillen über diesen angeblichen "Scherz".

    Hallo Freunde,
    danke für die Genesungswünsche. Wie ihr seht, bin ich wieder an Deck. So einen alten Einzelkämpfer legt nichts flach, auch keine OP. Da ich direkt nach der OP wieder auf die Füsse grabbelte und fleissig trainierte, damit ich heute wieder nach Hause konnte, wars mit dem vielen Lesen nun doch nicht so doll. Immerhin hat mir Tribun gut gefallen. Die Varuskatastrophe und das Verhalten des "ersten Bürgers" Oktavian, Verzeihung: Augustus, ist in der Tat auch heute nicht so einfach zu verstehen. Ich finde, Iris Kammerer hat hier eine gute Lösung gefunden und sich etwas mehr um das direkte Umfeld der Hauptpersonen gekümmert, als um die große Politik jener Zeit. Auf jeden Fall ist das Buch spannend und hilft, den Schmerz zu überwinden. Ansonsten kann ich nur sagen: auf ein Neues!

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    Original von Fdlmich
    dies ist richtig, aber selbst wenn es nur eine ist, können ich, du oder irgendein anderer genau in diesem Moment an dieser Stelle sein.


    Siehst du Micha, genau das bezweifle ich. Menschen, die satt sind und eine Zukunft haben, werden auch von Fundamentalisten nicht so einfach zu Selbstmordattentätern. Gewiss, wir haben in den USA schon einige Fälle von Kollektivsuizit bei Sekten gehabt, doch das sind wirklich Ausnahmefälle.
    Um nochmal auf China zurückzukommen: In den letzten Jahren hat sich dort einiges geändert und das hier gezeigte Klischeebild stimmt so nicht mehr. Überall auf zeigt sich ein langsam beginnender Wohlstand. Sicher, noch in den Anfängen, aber immerhin. Auch privates Unternehmertum wird zugelassen und teilweise sogar gefördert. Die Veränderungen sind schleichend, aber sie sind da. Man muß auch bedenken, daß es eine Wahnsinnsaufgabe ist, so ein riesiges Volk zu versorgen. Die unkontrollierte Vermehrung kann dort nur mit diktatorischen Maßnahmen verhindert werden, wenigsten solange, bis die Menschen durch andere Interessen auf Nachwuchs verzichten. Siehe bei uns.

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    Original von Fdlmich
    Wer soll umdenken, wir als Menschen, die Regierungen und was ist mit dem Umdenken unter den Fundamentalisten.


    Die Industrienationen müssen mal umdenken. Derzeit läuft ja wieder alles in Richtung frühe Industrialisierung. Auf diese Art wird natürlich dem Fundamentalismus auch bei uns der Boden bereitet.
    So weit man politisch eingreifen kann, sollte das geschehen, aber flankierend ist es unerläßlich auch in diesen armen Ländern zu investieren, um die Lebensqualität anzuheben. Wachsender Wohlstand fördert wachsendes Wissen und minimiert Aberglaube resp. Fanatismus. Eine relativ simple Formel.

    So einfach kannst du das nicht formulieren. Wenn ich daran denke, welchen Fortschritt China gemacht hat und das genau auf diesem Weg, dann hege ich die Hoffnung, daß es auch anderswo funktioniert.
    Natürlich ist es schon schwieriger, weil die Ansätze schon vor Jahren hätten gelegt werden müssen. Aber dazu ist es nötig, auch bei uns erst mal einen Umdenkungsprozess in die Wege zu leiten. Und das wird sehr schwer sein.