Beiträge von Silbenfrau

    Dann müsste man ja alle "ähnlichen" Bücher oder mit ähnlich klingenden Titeln aufführen und dazu schreiben "nicht zu verwechseln mit" - oder?

    Hätte ich geahnt, welche Mords-Diskussionen ich mit einer lediglichen Buchvorstellung auslöse... ;-) - ich versuch's mit Galgenhumor zu ertragen...

    Liebe Wolke,


    das habe ich verstanden :-)) Ich wollte mich nur nicht aufdrängen, sondern wie Du richtig vermutetest, nur eine Buchvorstellung geben, quasi als Hinweis. Weil ich glaube, es sind (einmal ganz abgesehen von mir, dies tut nichts zur Sache) wirklich gute Autoren darin veröffentlicht. Was man ja vorher nie wissen kann, wenn man einen Beitrag für eine Anthologie abschickt. Aber ich find's spannend, auch wenn's Drittklass-Krimi's sein sollten, wie jemand anmerkte.

    Danke liebe Wolke.


    So gesehen ist es also ein Todsünde ;-) wenn Autoren eigene Werke preisen?


    Kann verstehen, dass Ihr dies in diesem Forum "besonders" regelt. Sorry, ich hatte das nicht bedacht.


    Da ich täglich viele Bücher rezensiere, habe ich aber ein unverkrampftes Verhältnis, auch zu den eigenen Werken oder denen, in denen man gelegentlich selber vertreten oder veröffentlicht ist. Denn ehrlich: Was ist daran unanständig, auf ein eigenes Werk aufmerksam zu machen, so wie jeder Beruf seine Werke anpreist?


    Wäre vielleicht ein interessantes Thema: Die vielen ungeschriebenen Gesetze und Regeln im Literaturbetrieb, ihren Sinn und dass der Buchmarkt aber etwas anderes lehrt? ;-)


    Vielleicht ein spannendes Thema.

    Liebe Batcat,


    danke für die hilfreiche Erklärung - ich wollte tatsächlich einfach nur eine Krimi-Anthologie vorstellen, hatte aber leider meine Rezension verschlampt. Daher erst der allgemeine Verlagstext. Ich war irritiert, welche Reaktionen dieses in einem Bücherforum auslöst, wo dies doch eigentlich kein ungewähnlicher Vorgang ist, oder? ;-)


    Nun hoffe ich, mit dem Einstellen meiner Rezension, die ich zwischenzeitlich wiedergefunden habe, ist alles o.k. - ganz gleich in welcher Rubrik. Bin für jede Hilfe dankbar, wenn ich da versehentlich etwas durcheinander gebracht haben sollte.


    Gute Unterhaltung und eine schöne neue Woche!

    TODSÜNDEN


    Um aus einer Sünde eine Todsünde zu machen, muss sie, laut Definition der katholischen Kirche, drei Voraussetzungen erfüllen. Die Sünde muss schwer sein. Sie muss eine schwere Übertretung der göttlichen Ordnung beinhalten, wie Diebstahl, Unkeuschheit oder Mord. Sie muss vom Sünder in seiner Schwere erkannt werden. Und … sie muss absolut freiwillig erfolgen ;-)


    30 Autoren entführen in mörderische Abgründe, mit Kurzgeschichten über Sünder und deren Dämonen Luzifer (Hochmut), Mammon (Habsucht), Leviathan (Neid), Satan (Zorn), Asmodeus (Wollust), Beelzebub (Völlerei) und Belphegor (Faulheit).


    Ihre Protagonisten erleben oder erliegen... na eben Todsünden.


    "Blutsgeheimnis" v. Karina Odenthal schildert eine tödlich endende inzestuöse Verstrickung. - "Aus Liebe und Verzweiflung" finden bei Reinhard Escher Alkoholismus und Workaholic dank Rindsgulasch ihr Ende durch Erhängen. - "Die gute Seele" von August Gödeke schildert die Geschichte der Haushälterin Vera S., die den Pastor überrascht, als er sich nach sexuellem Missbrauch eines Messdieners die Hose zuknöpft und bezahlt diese Beobachtung mit ihrem Leben. - In "Self - fulfilling prophecy?" wird für eine Krankenschwester der befürchtete Suizidversuch eines Patienten zur eigenen tödlichen Falle. - Gift und Galle leiten den mentalen Tod eines Inzesttäters in "Tod in den Katakomben" von Ulrike M. Dierkes ein.


    30 biestige bitterböse Geschichten beantworten hochnotwendige überlebensnichtige Fragen wie "Was treibt die Fleischerfrau im Swingerclub?" - "Wie kann Leibesfülle ein Leben retten?" - "Was macht der Herr Pfarrer im Freudenhaus?" Seelen retten? A tergo? - "Was tun, wenn eine Hochzeit zu platzen droht?" - "Ist das Töten einer Maus schon Mord?"


    Dem Herausgeber Robert Herbig ist mit der Zusammenstellung dieser Kurzgeschichten-Anthologie ein wahres Meisterwerk der Ausgefallenen, Bösen, Boshaften, Extrem-Gemeinen und Perfiden (Stückeschreiber) gelungen. Ein Kabarett des Grauens und des Horrors, eben ganz netter und normaler Menschen wie Sie, liebe LeserIn. AutorInnen, die die Kunst des verbalen Sezierens der Realität und wieder Zusammenfügens zu spannenden Geschichten beherrschen und natürlich nur auf dem Papier, für Nervenkitzel, Mord und Totschlag sorgen. Warnung: Nichts für schlaflose Näch(s)te!


    Heinrich Beindorf - Manfred G. Buchholz - Ulrike M. Dierkes - Max Direktor - Reinhard Escher - Christiane Franke - August Gödecke - Robert Herbig - Simone Jöst - Wolfgang Kemmer - Peter Klusen - Josef Koba - Regine Kölpin - Tatjana Kruse - Frank Lauenroth - Sabine Ludwigs - Sabine Misiorny - Karina Odenthal - Sandra Panienka - Monika Schlösser - Manfred C. Schmidt - Rosemai M. Schmidt - Christa Schmid-Lotz - Susanne Schubarsky - Gregor Schürer - Frauke Schuster - Chris J. Stone - Günter Suda



    Verlag: Lerato-Verlag
    Herausgeber: Robert Herbig
    Format: A5 -
    Paperback
    Preis: 9,95 Euro
    Seitenzahl: 200

    Udo Ulfkotte


    Der Krieg im Dunkeln - Die wahre Macht der Geheimdienste


    Immer wieder schwappen Nachrichten an die Öffentlichkeit, in denen von Geheimdiensten die Rede ist. Meistens dann, wenn eine Panne passiert, denn Geheimdienste arbeiten im Verborgenen. Teil ihrer Aufgabe ist es, ihre geheimen Erkenntnisse vor dem Zugriff anderer zu schützen.


    In Zeiten globaler Massenkommunikation ist es auch für NormalbürgerInnen wesentlich einfacher geworden, per e-Mail Anfragen an Öffentlichkeitsreferate zu richten und es ist erstaunlich, wie viel man bei gründlicher Internetrecherche über Geheimdienste erfährt. Doch dieses reicht höchstenfalls aus, um sich eine Vorstellung von Wesen, Wirken und der Selbstverständlichkeit der Geheimdienste zu machen. Wirklich tiefgehendere Einblicke erhält man auf diese Weise nicht.


    Zur sicheren Informationsquelle tragen oftmals unzufriedene MitarbeiterInnen aus Geheimdiensten selbst bei, die zwar zur Geheimhaltung verpflichtet sind, aber aufgrund unterschiedlicher Gründe Internitäten preisgeben. Das können ins Stocken geratene Beförderungen sein oder Frust, Enttäuschung über Kompetenzstreitigkeiten, bürokratische Abläufe und Intrigen. AussteigerInnen, die ihre Dienste nach Jahren aufopferungsvoller Tätigkeit aufgegeben haben und sich vom eigenen Land und rechtsstaatlichen Kontrollen ausgenutzt, benutzt und missbraucht fühlen. Dies kommt den LeserInnen dieses Buches zugute.


    Das übersichtlich strukturierte Buch informiert sachlich über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Geheimdienste und räumt mit einem Klischee gründlich auf: Schöne Frauen, Luxusautos, Nobelherbergen, eine Pistole unter dem gut sitzenden Designeranzug, ständig im Privatjet unterwegs, wilde Verfolgungsjagden und Motoryachten gehören nicht zum Alltag.


    Statt dessen erhalten LeserInnen Informationen über den reellen Alltag und die Tätigkeiten der Geheimdienste in Frankreich (DGSE und DST), Großbritannien (M15 und M16), Deutschland (BND), Israel (Mossad), Russland (KGB) und der Vereinigten Staaten (CIA). Auch Hintergründe aktueller und geschichtsträchtig bekannter politischer Aktionen werden erklärt.


    Es heisst, viele Bundeskanzler hätten sich lieber auf die Zeitungslektüre, als auf den BND verlassen, um dessen Ruf es aufgrund seiner Bürokratie schlecht bestellt sei. Dennoch werden seine Arbeitsergebnisse in Ost und West geschätzt und so kommt dieses Buch zum 50-jährigen Bestehen des BND im April gerade richtig, da es Einblick in seinen Aufbau, seine Arbeitsbereiche und die internen Strukturen gibt. Es beantwortet auch die Frage, wann wer wie und warum überwacht wird, auch wenn er keine Terroranschläge plant.


    Inzwischen ist Deutschland Weltmeister auf dem Gebiet des Abhörens: Wurden nach offiziellen Angaben im Jahr 2003 mit richterlicher Genehmigung 24.441 Telefongespräche abgehört, so waren es lt. einer im Münchener Merkur Juli 2005 veröffentlichten Studie im Jahre 2004 in Deutschland 42 Mio. Telefongespräche. Zahlreiche Gespräche wurden abgehört, ohne dass es den Datenschutzbeauftragten, geschweige denn den Betroffenen mitgeteilt wurde. Der BND leistet also (insgeheim) mehr, als man ihm zutraut. Ein Geheimdienstvokabular am Ende des Buches erleichtert die Lektüre.


    Udo Ulfkotte, *1960, studierte Rechtswissenschaften und Politik, bevor er jahrelang für die FAZ tätig war. Seit 2000 unterrichtet er an der Uni Lüneburg Spionage- und Terrorabwehr, sowie Security Management. Zu seinen Bestsellern gehören auch die beiden Bücher „Verschlusssache BND“ (1997) und „Der Krieg in unseren Städten“ (2003).

    Psychotraumata


    Primärärztliche Versorgung des seelisch erschütterten Patienten


    Nicht selten wird der Hausarzt mit psychischen Traumen oder den Folgen eines Traumas konfrontiert, häufig als erste Anlaufstelle konsultiert. Der Hausarzt ist meistens der erste Arzt, der Feststellungen trifft oder ins Vertrauen gezogen wird. Mag es hierzulande dabei seltener um Hunger, Krieg oder Naturkatastrophen gehen, so sind Depressionen, Mobbing, Stalking, Trauer, Trennung, Verlust oder sexuelle Gewalt im Alltag leider Erlebnisse von denen jeder Mensch im Laufe seines Berufs-oder Privatlebens mindestens einmal betroffen sein kann. Es sind häufig die weniger spektakulären Eindrücke, die wertvolle Hinweise geben. Sei es eine auffallende Tätowierung, die Frau, die sich nicht entkleiden mag, die Witwe, die jahrelang das unbenützte Bett des Verstorbenen mit Rosen schmückt.


    Wie kann und soll ein guter Hausarzt darauf reagieren? Was ist überhaupt ein Kindheitstrauma? Woran erkennt er, ob es sich um eine vorübergehende seelische Verstimmung handelt, die er behandeln und begleiten kann oder wann ein betroffener Patient unbedingt langfristige ambulante oder klinische Behandlung durch Fachärzte benötigt?


    Für viele psychische, psychosomatische und somatische Erkrankungen sollten rechtzeitig Weichen gestellt werden und auch für die Behandlung durch den Hausarzt ist es hilfreich, wenn er erkennt, inwieweit harmlos erscheinende Beschwerden psychisch bedingt sind.
    Es gibt schlimme Erlebnisse, die dank naturgegebener Selbstheilungskräfte innerhalb einer überschaubaren Zeit von einem grundsätzlich gesunden und stabilen Patienten überwunden werden und es gibt traumatische Belastungen, die sich als lebenslängliche Narben immer mal wieder melden, deren Grundverletzungen immer wieder neue Verletzungen nach sich ziehen können und die spezieller Behandlung bedürfen.


    Dann ist es unerlässlich, dass ein Hausarzt die Anzeichen kennt, eine zutreffende Diagnose stellen und entscheiden kann, was er für seine PatientInnen tun kann.
    Das Buch behandelt aber auch die Belastung für den Arzt selbst. Wie geht er mit eigenen Gefühlen um, was ist eine Re-Traumatisierung und was kann und muss er für sich selber tun, wenn er merkt, dass er an eigene psychische Grenzen stösst?


    Dieses Buch ist eine hilfreiche Lektüre. In einfacher verständlicher Sprache erklärt es Grundbegriffe, baut ein nachvollziehbares Fachwissen auf und erörtert Anzeichen, Begriffe, Merkmale und Umgangsweisen. Es ist ein Begleiter für ÄrztInnen und HelferInnen in unterschiedlichsten Bereichen‚ die in ihren Berufen täglich seelisch erschütterten Menschen begegnen. Ein unverzichtbares und übersichtliches Lesebuch und Nachschlagewerk.


    Dr. med. Luise Reddemann entwickelte als leitende Ärztin für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin des Ev. Johanneskrankenhauses Bielefeld ein Konzept und gibt als Mitglied im Vorstand der Deutschen Akademie für Psychotraumatologie sowie wissenschaftliche Beirätin der Lindauer Psychotherapiewochen mit diesem Fachbuch ihr Wissen weiter.

    Zitat

    Original von Alexander
    Zum Thema erscheint im März mein Buch "Heimerziehung: Lebenshilfe oder Beugehaft? Gewalt und Lust im Namen Gottes" im Pabst Science Publishers Verlag (ISBN 3-89967-285-2), in dem auch mein Sachbuch „Von der Mutter missbraucht. Frauen und die sexuelle Lust am Kind“ (ISBN 3-89967-282-8) erschienen ist. Es waren insbesondere Nonnen – nicht alle –, die, wie zahlreiche Betroffenenberichte in diesem Buch aufzeigen, im Namen Gottes Heimkinder prügelten, malträtierten, quälten, erniedrigten und entwürdigten, um ihnen Disziplin, Gehorsam, Fleiß, Sauberkeit, Unterordnung und den Glauben an ihren Gott aufzuzwingen. Die „Bräute Jesu Christi“ gehörten Schwestern-Orden an wie beispielsweise der „Ordensgemeinschaft der Armen Dienstmägde Jesu Christi“ in Dernbach, dem „Orden der Hedwigschwestern“ in Berlin und dem „Paderborner Vincentinerinnen-Orden“.


    Warum auch nicht? Es gibt bekanntlich nichts, was Frauen nicht mindestens so gut können, wie ihre männlichen Zeitgenossen und wenn es sich um Verbrechen handelt...

    Zitat:
    inzwischen hat er sich vornehmlich darauf verlegt, journalistisch gegen die RKK zu kämpfen.


    Kann sein. Ich habe mich zuvor nicht mit dem Autor befasst. So kam es mir aber nicht vor, denn bei Lektüre des Buches ist man doch sehr auf die Berichte und die Vorgänge konzentriert, dass man weniger darauf achtet, ob es sich nun um ein evangelisches oder römisch-katholisches Heim handelt. Ich denke, dass es darum auch gar nicht geht.

    Sadisten im Schwarzrock - Mord an der Seele - Misshandlung und Sadismus


    Mehr als eine halbe Million Kinder und Jugendliche teilten in den siebziger Jahren das Schicksal, in einem der über 3000 Erziehungsheime der Bundesrepublik Deutschland leben zu müssen. Ende der sechziger Jahre lösten die späteren RAF-Terroristen Ulrike Meinhof, Andreas Baader und Gudrun Ensslin eine „Heimkampagne“ aus, mit der sie die Fürsorge-Zöglinge des hessischen Jugendheims Staffelberg zur Heimrevolte aufriefen. Das „Fanal“ war der Anfang vom Ende der autoritären Heimerziehung.


    Wer in ein Heim kam, war selten Waisenkind oder kriminell, sondern nichtige Gründe konnten zur Einweisung führen. Ein gesellschaftliches Kartell aus Jugendbehörden, Gerichten, Lehrern, Nachbarn oder Kirchen bestimmten und legten fest, was gut oder böse, wer brav oder ungezogen war, ab wann ein Mädchen sexuell verwahrlost galt. Oftmals Leute, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun hatten, als hinterm eigenen Fenster die Nachbarn zu beobachten und diese ob ihres Lebenswandels zu denunzieren.
    Uneheliche Geburt galt als Schande. „Wenn du nicht brav bist, kommst du in ein Heim“ lautete die Drohbotschaft an Millionen Kinder und Jugendliche.


    Wer bis hierher geglaubt hat, nur im Osten, nur in der DDR seien Menschen erniedrigt, gedemütigt, gequält, misshandelt und ihrer Chancen beraubt worden, wird durch dieses Buch eines Besseren belehrt.


    Was seinerzeit als billige „Entsorgung“ von Störenfrieden funktionierte, kommt die Gesellschaft bis heute teuer zu stehen und die Zahl auffällig gewordener Kinder und Jugendlicher nimmt zu. Am Kern des Problems hat sich jedoch bis heute nichts geändert.


    In einer aufgeklärten Gesellschaft ohne scheinbare Tabu’s ist es den Traumatisierten bis heute kaum oder nur sehr schwer möglich, über ihre Jahre in Erziehungsanstalten zu sprechen. Sie haben bis heute keine Lobby. Niemand schaut näher hin.


    Besonders betroffen waren Kinder alleinerziehender Mütter und generell unehelich geborene Kinder.


    Jürgen Bartsch, der ebenfalls Heimkind war und in den sechziger Jahren vier Kinder ermordete, war lt. Alice Miller kein geborener Mörder, sondern seine Aggressionen die Folge von Bedrohung, tiefer Demütigung, Vernichtung der Würde, Entmachtung und Ängstigung eines kleinen Jungen in Lederhosen, der er einst gewesen war. In einem Brief an seine Adoptiveltern, die den Zehnjährigen wegen Erziehungsschwierigkeiten 1956 in ein Heim gaben, schrieb Bartsch: “Ihr hättet mich nie zu diesen Sadisten im Schwarzrock schicken dürfen...“


    Nur selten stehen Prominente zu ihrer Heimvergangenheit. Mario Adorf war ein uneheliches Kind, dazu noch von einem Italiener und kam mit drei Jahren in einen düsteren, katholischen Basaltbau und blieb vor Prügeln nicht verschont. Seine Erinnerungen, die er auch in seiner Autobiografie „Himmel und Erde“ schildert, unterscheiden sich kaum von denen anderer Heimkinder.


    Als der Wiesbadener Markus Homes den Versuch unternahm, seine Heimerlebnisse in einem großen Verlag zu veröffentlichen, hetzten ihm die betroffenen Dernbacher Schwestern einen Anwalt auf den Hals. Der für den Druck der ersten Auflage gewonnene katholisch orientierte Patmos-Verlag sagte die zweite Auflage ab.


    Viele Heimkinder von einst haben bis heute nicht über das Trauma ihrer Kindheit sprechen können. Ihre Erlebnisberichte enthüllen das vielleicht größte Unrecht, das jungen Menschen in der Bundesrepublik angetan wurde und das endlich als solches anerkannt werden sollte.


    Der eigentliche Skandal liegt darin, dass die Beteiligten von damals darauf bauen können, dass die Akten weitgehend vernichtet sind. Kaum ein Heim besitzt aus dieser Zeit noch Unterlagen. Einige verweigerten sowohl den Betroffenen wie auch Journalisten jeglichen Einblick, auch weil man inzwischen betagte ErzieherInnen schonen will.


    Das aber wäre unerlässlich, denn ändern kann sich nur etwas, wenn die Betroffenen aufstehen und es schaffen, ihr Schweigen zu brechen und die Beteiligten mit dem zugefügten Unrecht und dessen Auswirkungen und Folgen konfrontieren. Viele Einrichtungen sind inzwischen durch neue ersetzt oder modernisiert, die modernen ErzieherInnen können sich an diese Zeit tatsächlich nicht erinnern. Eine Diskussion und Thematisierung im präventiven und rehabili-tierenden Sinne wäre aber sehr wichtig, auch aus Solidarität mit Betroffenen der damaligen Zustände. Der Autor Peter Wensierski hat diesen Anfang gemacht. Er bietet mit seinem Buch eine wichtige Plattform, falls man diese will.


    Peter Wensierski, geboren 1954, arbeitet seit 1993 im Deutschland-Ressort des SPIEGEL. Als Dokumentarfilmer und Fernsehjournalist berichtete er zuvor über gesellschaftspolitische Themen aus Ost- und Westdeutschland. Für Mauerläufer erhielt er 1986 den Bundesfilmpreis. Zusammen mit Annette Bruhns veröffentlichte er 2004 bei DVA Gottes heimliche Kinder.

    Zum Fotoband 1000 PeaceWomen Across the Globe



    (K)ein Preis-Geld für 1000 engagierte Frauen...


    Im Januar 2005 wurden insgesamt 199 Bewerbungen um den Friedensnobelpreis angenommen. Darunter auch die der Initiative "1000 Frauen für den Friedensnobelpreis", die 1000 Frauen aus über 150 Ländern für den Friedensnobelpreis nominierte. Sie wurden – stellvertretend für Hunderttausende - ausgewählt. Frauen, die sich weltweit für mehr menschliche Sicherheit und Gerechtigkeit einsetzen, aufbauen, was durch Krieg zerstört wurde, in Konflikten mit verfeindeten Gruppen vermitteln und die Armut bekämpfen, Menschenrechte einfordern, sich gegen jeden Missbrauch von Kindern stellen. Sie schaffen alternative Einkommensmöglichkeiten, begleiten HIV-Patienten und sorgen für deren Kinder. Sie veranstalten Mahnwachen und dokumentieren die Gräuel des Krieges. 1000 Namen wurden an 40 Orten der Erde zeitgleich bekannt gegeben.


    Dann erfolgte die endgültige Bekanntgabe: Der Friedensnobelpreis ging an die Internationale Atomenergiebehörde IAEA und ihren Direktor Mohamed El Baradei.


    Dies wollte das Nobel-Komitee sehr wahrscheinlich nicht so verstanden wissen, dass die aufgebrachte Energie, die Leistung und die Wirksamkeit der Engagements von 1000 Frauen etwa nichts wert sei, aber in der Begründung hiess es: "In einer Zeit, in der die Bedrohung durch Atomwaffen wieder einmal wächst, will das norwegische Nobelkomitee die Tatsache unterstreichen, dass dieser Bedrohung durch eine möglichst breite Zusammenarbeit begegnet werden muss."


    Wäre das Preisgeld von rund 1,2 Millionen US-Dollar an die Initiative "1000 Frauen für den Friedensnobelpreis“ gegangen, wäre das Geld auf diesem Wege der Friedensbewegung selbst, nämlich Menschen, Frauen, Männern und Kindern in aller Welt zugute gekommen. Gegen jede Form von Krieg und Ungerechtigkeit.


    Ein Aufschrei und Protest ging nicht nur durch die Bundesrepublik Deutschland. Seit der ersten Verleihung des Preises 1901 hatten erst zwölf Frauen den Friedensnobelpreis erhalten.


    Eine große Chance hätte unter anderem auch darin bestanden, an Bertha von Suttner, Schriftstellerin und Pazifistin zu erinnern, die 1905 als erste Frau den von ihr angeregten Friedensnobelpreis erhielt und 1889 großen Erfolg mit ihrem Antikriegsroman „Die Waffen nieder!“ hatte. Schon ein Jahr nach Erscheinen wurde er zum zweiten Mal aufgelegt und in verschiedene Sprachen übersetzt.


    BUND, Bund für Natur- und Umweltschutz Deutschland protestierte in einer Presseerklärung gegen die Schizophrenie der IAEO (und vielleicht auch der Entscheidung des Nobel-Komitees), einer solchen Einrichtung einen Friedensnobelpreis zu verleihen, die „einerseits die militärische Nutzung der Atomkraft verhindern soll, andererseits aber als UNO-Organisation deren indirekte Weiterverbreitung durch den Ausbau der Kernkraft in zusätzlichen Ländern praktiziert“.


    137 Bürgerinitiativen, Gruppen und Verbände, sowie 251 Privatpersonen aus der ganzen Welt unterschrieben das Protestschreiben an das Nobel-Komitee. Darunter, um an dieser Stelle nur einige aufzuführen: Bündnis 90/Die Grünen, Die NaturFreunde, NABU, IPPNW – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Deutsche Friedensgesellschaft, HILFE FÜR DIE KINDER VON TSCHERNOBYL und sehr viele mehr.


    Das Buch 1000 PeaceWomen Across the Globe setzt mit Porträts der 1000 Friedensfrauen ein Denkmal gegen das Vergessen. Im Oktober wurde die Ausstellung 1000 PeaceWomen Across the Globe erstmals in Zürich gezeigt. Der Erfolg war überwältigend.


    Aus Deutschland sind Barbara Gladysch (Germany) Mothers for Peace, Monika Gerstendörfer (Germany) Lobby für Menschenrechte e. V., Bosiljka Schedlich (Germany) Southeast European Cultural Center Berlin, Karla Schefter (Germany) Chak-e-Wardak-Hospital Committee for the Promotion of Medical and Humanitarian Aid to Afghanistan, Monika Hauser (Germany) Medica Mondiale, Maria Christina Färber (Germany) Caritas International Spiritual Community, Karla-Maria Schälike (Germany) Children's Center Nadjeschda , Ruth Weiss (Germany), Heide Göttner-Abendroth (Germany) International Academy Hagia, Sabriye Tenberken (Germany) Braille Without Borders (BWB) Tibet Disabled Persons' Federation, Marianne Grosspietsch (Germany) Shanti Sewa Griha Shanti Leprahilfe Dortmund e.V, Seyran Ates (Germany), Lea Ackermann (Germany), Solidarity with Women in Distress (Solwodi), Solidarity with Girls in Distress (Solgidi), Missionary Sisters of Our Lady of Africa, Cathrin Schauer (Germany), Karo e.V. Judith Brand (Germany) Amica e.V. Iropé e.V. mit je einem Foto-Porträt in dem Fotobuch vertreten.



    1000 PeaceWomen Across the Globe ist als Wanderausstellung konzipiert. Sie wurde im Oktober 2005 erstmals in der Schweiz gezeigt und soll nun um die Welt gehen.


    Das Fotobuch ist ein „Who is Who der 1000 Frauen für den Frieden“ oder Nachschlagewerk für Engagierte für den Frieden oder gegen Gewalt, Kinder- und Menschenrechte. Besonders geeignet erscheint es mir auch für das Nobel-Komitee. Eine zeitlose Entscheidungshilfe.



    ©Silbenfrau


    ISBN 3-03939-039-2


    2208 Seiten
    ca. 800 Fotografien in Schwarzweiss
    Hardcover, 19 x 12,5 cm
    Preis: CHF 58.--,
    Euro 39.--, 45.-- US$, GBP 24.95
    plus Versandkostenanteil


    SCALO Verlag, Schweiz

    Anstand und gute Sitten bestimmen den Alltag des fiktiven Eifelstädtchens Schönenbach.


    Hier tritt Frank Buschhoff, katholischer Priester, seine erste Pfarrstelle an. Ihm zu Diensten wird Paula Brandt von der Kirche als Haushälterin angestellt und zieht ins Pfarrhaus mit ein. Nicht nur aufgrund seines weltlichen Musikgeschmacks wird Frank Buschhoff von den Gemeindemitgliedern schnell als "Abweichler" empfunden, sondern auch wegen kritischer Auffassungen zu Fragen wie der Ehelosigkeit katholischer Priester.


    Paula Brandt und Frank Buschhoff moegen sich. Es bleibt nicht bei gemeinsamen Fernseh-und Leseabenden, Einkaufsbummeln und Besuchen der Dorfkirmes. Die Leute reden bereits, als ein gemeinsamer Urlaub in Italien nicht ohne Folgen bleibt. Paula ist schwanger. Von dem Mann, den sie liebt, der aber katholischer Priester ist.
    Frank Buschhoff sieht die Sache einfach. Als das Gerede der Leute immer konkreter wird und die kontroversen Diskussionen in dem Eifelort immer gehaessiger und intriganter werden, tritt er in der samstäglichen Vorabendmesse vor seine Gemeinde und erklärt den GottesdienstbesucherInnen:
    "Meine Haushälterin bekommt ein Kind. Und weil dessen Vater sich zu dieser Schwangerschaft nicht bekennt, werde selbstverständlich ich versuchen, sie zu unterstützen."


    Bald darauf wird der gemeinsame Sohn Klaas geboren. Was bis dahin mit Klatsch und Tratsch abgehandelt wird, wird nun auf den Jungen übertragen, der mit zunehmendem Alter Bemerkungen und Kommentare abbekommt. Als der Religionslehrer Paul Frei den Jungen während einer öffentlichen Veranstaltung "Pfarrersöhnchen" schimpft, ist es mit der Gelassenheit und Neutralität Frank Buschhoff's vorbei. Er prangert in der sonntäglichen Predigt diese Umgangsart als "Mobbing" an und beschimpft seine Gemeinde von der Kanzel herab.


    Doch längst hat er seine Autorität als katholischer Priester, die Kontrolle und den Überblick über seine Gemeinde verloren. Einige Vertreter seiner Kirchengemeinde haben dem Bischof einen Brief mit Hinweis auf die "Vorgänge im Pfarrhaus" geschrieben und darin die Schwangerschaft bekannt gemacht. Der "offene" Brief erscheint in der Lokalzeitung. Frank Buschhoff wird zu einem Gespräch ins Generalvikariat geladen: "Wir sind befremdet ueber die Vorgänge" teilt man ihm mit, "sind Sie der Vater des Kindes?". Erst jetzt bekennt sich Frank Buschhoff zu seiner Vaterschaft, da er keinen anderen Ausweg mehr sieht. "Ja, ich bin der Vater." Es folgt der Rücktritt von allen seinen Aemtern, er behält nur wenige Aufgaben. Nun interessieren sich Fernsehen und Hoerfunk für die Geschichte. Obwohl er nur Fakten und Tatsachen in den Berichten schildert, werfen ihm seine Vorgesetzten Verdrehung und Verfaelschung vor. Ab jetzt setzt systematisches Mobbing gegen ihn ein, mit dem in der gespaltenen Bevölkerung Irritation und Verunsicherung erzeugt wird und das Vertrauen in ihn zerstört wird.


    Paul Frei, der Religionslehrer, der den Sohn Klaas öffentlich als "Pfarrersöhnchen" titulierte, haelt im Provinzkarneval eine Büttenrede, in der das Priester-Haushälterinnen-Verhältnis und die Schwangerschaft in denkbar unpassender Art und Weise angeprangert und lächerlich gemacht wird. Buhrufe, Gelächter und Pfiffe folgen. Paula Brandt und Frank Buschhoff stehen auf und verlassen die brodelnde Narrenresidenz.


    Doch Frank Buschhoff ist nicht so stark, wie er zu sein vorgibt und so einfach wie er die Sache darstellt, ist sie auch für ihn selbst nicht. Er beginnt zu trinken, erst manchmal, dann immer öfter, dann regelmässig und muss sich irgendwann eingestehen: er ist Alkoholiker.
    Jetzt ist er als Alkoholkranker fuer die Kirchengemeinde natürlich nicht mehr tragbar. Nach einem Unfall infolge Alkohol wird er im Koma in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Er ist am Ende.
    Er hat seinen Beruf, Frau und Sohn verloren. Während er in der Klinik Entzug, Gesundung und Rehabilitation versucht, verlässt Paula Brandt zusammen mit ihrem Sohn das Pfarrhaus und nimmt einen Job als Rezeptionschefin in einem Hotel an. Und sie lernt einen anderen Mann kennen.


    Frank Buschhoff hat einen Traum, in dem Paula Brandt leise weinend seinem Sarg folgt. Frank Buschhoff erwacht. Er wird gesund und bekommt eine neue Pfarrstelle, die er bis zu seinem Tod leitet.


    Seine alte Pfarrstelle wird von einem katholischen Priester übernommen, der das Pfarrhaus bezieht - natuerlich mit einer Haushälterin!


    Kommentar:


    Die Zahl der Sprösslinge von katholischen Geistlichen, so schätzen Betroffeneninitiativen, geht in die Tausende. Und rund die Haelfte der fast 17 000 deutschen Gottesmänner soll sexuelle Beziehungen haben. Die Kirche zieht diese Zahlen - nicht verwunderlich - in Zweifel.


    Umfragen zufolge wären 80 bis 90 Prozent der Katholiken in Deutschland damit einverstanden, wenn ihre Priester Frau und Kinder haben dürften.
    In der Tat: Deutschland hatte nach der letzten aktuellen Statistik 10 000 Geistliche weniger. Der Kirche geht der Nachwuchs aus.


    Der Roman rührt also an ein aktuelles und eines der wichtigsten Tabuthemen innerhalb unserer Gesellschaft. Wie überleben die aus diesem Tabu geborenen Priesterkinder die Lügen der Kirchenväter und ihr Schweigegebot? Streckenweise liest sich der Roman durch die detaillierte Beschreibung kleinbürgerlicher, kleinkarierter verfilzter, verquaster und verzopfter Kirchen-und Provinzpolitik so entsetzlich, dass man beim Lesen zu ersticken droht.


    Manfred Reuter:
    Der Kirchenmann
    216 Seiten
    ISBN: 3980214877
    15 Euro
    Verlag PI, Weissenseifen

    Die 1990 geborene Mirella Roemer hat ein Buch herausgegeben. Nicht irgendeins, sondern zur UN-Kinderrechtskonvention. Sie rief Kinder aus allen Regionen der Bundesrepublik, der Schweiz und Österreich auf, Texte in unterschiedlichen Formen einzusenden. Es kamen fast hundert Beiträge zusammen, Lyrik und Geschichten aus dem Alltag von Kindern.


    Kinderfreundlichkeit. Kinderrechte. Wohlklingende Schlagworte und leere Worthülsen. Kinderrechte werden in den meisten Fällen, wenn überhaupt, von Erwachsenen aufgegriffen und verfolgt, liegen also schon allein daher in ihren Händen. In der Macht Erwachsener.
    1989 hat die UN die Rechte von Kindern in einem Dokument formuliert. 192 Staaten haben diesem Dokument zugestimmt und sich damit den Forderungen verpflichtet.


    Ganz ohne Erwachsene ging es nicht. Die Herausgeberin, Schülerin eines Gymnasiums, bat Firmen um finanzielle Unterstützung, eine Gemeinde um Räume für eine Schreibwerkstatt und einen Kinderkanal um Begleitung des Projektes.


    Bevor die Kinder mit ihren Texten zu Wort kommen, zählt die zum Erscheinungsdatum des Buches amtierende Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt die Errungenschaften der Arbeit dieses Landes. Wer es nicht besser weiss, würde glauben, Deutschland sei eine gewaltfreie Zone, ein paradiesisches Land. Sind doch immerhin Behörden, Einrichtungen und Engagierte tagein tagaus damit beschäftigt, die von der UN formulierten Kinderrechte umzusetzen. Was also will man mehr?


    Mirella Roemer bringt es in ihrer Einleitung nüchterner und wohl auch realistisch auf den Nenner: "Seht doch hin! Tut doch etwas!"


    Wer dieses tut, weiss um die Missstände, sobald es um Kinder-und Menschenrechte geht. Kann aus der Realität berichten. So wie es nämlich die Teilnehmenden, die Kinder in ihren Texten tun.


    Z.B. Caroline: "Manche Menschen sind nicht gut auf das Thema zu sprechen. Gleichberechtigung hat für sie keinen Stellenwert, nur ihre eigene Hautfarbe, Religion, Sitten und Bräuche sind die richtigen."


    Oder die Geschichte von Rebecca. Sie schildert in ihrem Text die schlechte Behandlung des türkischen Mädchens Fatima, weil dieses ein Kopftuch trägt.


    In den Texten spiegelt sich das Erlebte wider. Nämlich das Bemühen einer überforderten Gesellschaft und Politik, die mit gutgemeinten Parolen wie "Keine Gewalt an Schulen" wahrscheinlich sogar überzeugt sind, alles getan zu haben.


    Alfred Büngen, der Verleger, formuliert es treffend: "In einer Gesellschaft, in der das Ideal Schönheit und Gesundheit gilt, in der Krankheit und Tod weitgehendst ausgeblendet werden, kann es nur eingeschränkt einen "normalen" Umgang mit Menschen, zum Beispiel mit Behinderungen geben."


    Roland schildert "einen Tag, wie jeder andere", mit Schlägereien, die zum Schulalltag gehören und Sven von einem Jungen, der immer dicker wird und deswegen verhöhnt wird.


    Geschichten, von Kindern geschrieben, die von Ausgrenzung, Mobbing, Kinderhandel, Kindesmisshandlung und einem von Erwachsenen beherrschten und reglementierten Alltag berichten.


    Die Ehrlichkeit dieses gelungenen Buches liegt in der unverblümten Art und Weise, mit der Kinder die Geschehnisse beschreiben. Sie erfinden nichts, brauchen keine Phantasie, sie faseln nicht herum, nehmen keine Rücksicht auf (politische) Interessen, Personen oder Programme.


    "In einem Perlengeschäft meckerte die Verkäuferin, weil Mark mit seinem Finger in der Nase war und ihn dann an den Perlen abgewischt hat" petzt Linda.


    10 Kapitel widmen sich dem Recht auf Gleichheit, Recht auf Gesundheit, Recht auf Bildung und Information, Recht auf Freizeit und Erholung, Recht auf Gedanken- und Meinungsfreiheit, Recht auf gewaltfreie Erziehung, Recht auf Privatsphäre, Recht auf Schutz im Krieg und auf der Flucht, Recht auf elterliche Fürsorge, Recht auf Träume.


    Jedes genannte Kapitel wird mit einem Text Prominenter eingeleitet. Dies müsste nicht sein, wirkt aber nicht störend, weil es sich locker liest. Wie zum Beispiel Elke Heidenreich "Über Privatsphäre" oder Marietta Slomka's Betrachtung über den Luxus des Rechts auf Bildung, Meinung und Pressefreiheit. Auszüge aus Reinhard Mey's CD "Menschenjunges" und Rolf Zuckowsky's CD "Wir sind Kinder" tragen zur ernsten Unterhaltung des Themas bei.


    Die Erwachsenenbeiträge hätten nicht sein müssen. Das Buch lebt durch die Texte der Kinder. Auch ohne Beiträge Prominenter hätte es nichts von seiner erfrischenden Leichtigkeit und seiner starken Aussagekraft eingebüßt. Ganz im Gegenteil, die Beiträge der Kinder rufen bei aller Treffsicherheit Freude hervor. Nämlich Hoffnung auf eine Generation, die trotz wohlformulierter Sätze einer UN die Missstände und deren Ursachen durchschaut.

    Ein empfehlenswertes Werk, ideal im Schulunterricht, um an das Thema Kinder-und Menschenrechte heranzuführen. Soweit dies nötig ist. Eigentlich müsste es Pflichtlektüre für Erwachsene, vor allen Dingen PolitikerInnen sein. Bleibt zu hoffen, dass diese die Beiträge der Kinder auch wirklich gelesen haben oder dieses schleunigst nachholen. Zur eigenen Fort-und Herzensbildung zum Thema Kinder-und Menschenrechte.

    „Margrets Mann"


    - ein faszinierendes Romandebüt von Holde- Barbara Ulrich -



    Ein Roman über die Liebe. Um genauer zu ein, über die Liebe, ihre Lügen und ihre Gewalttätigkeit. Und genau das ist es, dieser Zusatz, der das neue Buch der Berliner Autorin Holde-Barbara Ulrich für den Leser zu einem zutiefst erregenden und bis zum Schluss fesselnden literarischen Ereignis macht. Die Spannung, die die Autorin von der ersten Seite an aufzubauen vermag, getragen von ihrer sensiblen, höchst präzisen, bildhaften Sprache lassen Trivialität, für die Romane dieses Genres im allgemeinen anfällig sind, nicht zu.



    Worum geht es? Um maßlose Zärtlichkeit, unvergleichliche Rituale, exzessive Lust, selbstquälerische Eifersucht, mörderische Gewalt - kurz und gut, um eine einzigartige, große Liebe. Klara, Protagonistin des Buches, glaubt es mehr als zehn Jahre lang. Dass Wolf, der Geliebte, verheiratet ist, nicht gerade beglückend für sie und mit der Zeit immer beklemmender. Aber irgendwann wird es vorüber sein. Er verspricht es, gelobt, schwört. Sie glaubt ihm, denn sie liebt ihn. Immer aussichtsloser, immer verzweifelter.



    Irgendwann taucht Margret auf, seine Frau. Unerwartet, bedrohlich, diese Begegnung. Ihre verschwörerische Nachricht lautet: Er hat eine neue Geliebte - drei Jahre lang schon! Sie liefert Beweise. Ein vager Bund entsteht zwischen ihr und Klara, eine Verschwisterung der Not.
    Wolf verändert sich. Kleine Anzeichen gab es seit langem. Jetzt aber, sehenden Auges, werden sie deutlicher. Sie sind hinterhältig, gewaltvoll, ja lebensgefährlich. Flucht wird nötig, psychisch und räumlich. Klara fährt auf die Krim, versucht, berstend vor Unglück, die Abnabelung. Eine kurze sexuelle Beziehung zu einem anderen Mann, der an eigenem Elend gewachsen ist, hilft ihr dabei. Zurück in Berlin, wieder Wolf: Seine Rose, sein Brief - diese klagenden, schönen Sätze. Immer noch ist er da. Den Schlusspunkt schließlich setzt Margret mit ihrer Anzeige in der Zeitung...



    Der Text vermittelt eine Art von Erschütterung, die auf etwas Bekanntes, etwas Ungeheuerliches hinweist, nämlich den Fall der jungen französischen Schauspielerin Marie Trintignant, die im Sommer 2003 von ihrem verheirateten Geliebten in einem Anfall rasender Eifersucht zu Tode geprügelt wurde. Überhaupt scheint das Buch insbesondere für Frauen einen erheblichen Wiedererkennungseffekt zu haben. Kein Wunder, wenn jede Dritte hierzulande laut Statistik eine „Dreierbeziehung" erlebt und erlitten hat. Unterschiedlich zwar, aber das Grundmuster gleicht sich. Berauschende Stunden der Lust, Heimlichkeiten und Lügen, maßlose Eifersucht, hinhalterische Versprechen und quälerischen Einsamkeit. Und am Ende schließlich - falls sie nicht vorher entkommen kann - sein beiläufiges: „Adieu - es war schön. Aber es geht leider nicht".


    Und obwohl diese unglücklichen Ausgänge vorauszusehen sind, scheinen sie den Reiz des Geheimnisvollen, Unerlaubten, Gauklerischen einer solchen Affäre nicht zu beeinträchtigen - das gilt für Frauen wie für Männer. Wobei die Frau, von Natur aus reichlicher ausgestattet mit Zuversicht, Geduld und Hingabe, oft auf eine Lebenslösung hofft. Der an Sicherheit orientierte männliche Partner hingegen ist selten bereit, das Gewohnte, Eingerichtete, Abgesicherte seiner familiären Situation für eine Geliebte aufzugeben. Die "ménage a trois" zerbricht schließlich an sich selbst.



    Das alles mag sich in der Realität einfacher, geradliniger, vielleicht auch weniger obsessiv zutragen als in dieser kunstvoll gestrickten, genauso dramatischen wie skurrilen Romangeschichte. Aber gerade dieses von der Autorin raffiniert gesponnene Geflecht aus Gewalt und Zärtlichkeit, Erpressung und Willfährigkeit, Hörigkeit und Überdruß bindet den Leser unausweichlich in die Handlung ein und lässt ihn bis zum überraschenden Ende nicht wieder los. „Margrets Mann" ist das zehnte Buch, der aus Brandenburg stammenden Autorin. Der geographische Aspekt bringt es mit sich, dass das Buch, das in den achtziger Jahren in Ostberlin spielt, zwar unaufdringlich aber unübersehbar neben dieser sehr intimen, obskuren Liebesgeschichte auch das ganz normale Leben in der DDR spiegelt.



    H.-B. Ulrichs erster Band „Schmerzgrenze" (Dietz 1990) über Frauenschicksale in der DDR erregte Aufsehen und machte ihr Mut, in diesem Metier weiter zu arbeiten. So waren es hauptsächlich literarisch ambitionierte Porträts und Reportagen, die sie als freischaffende Autorin für große Zeitungen und Magazine schrieb. Sie brachten ihr neben anderen Auszeichnungen den renommierten Egon-Erwin-Kisch-Preis. Die vielschichtige Biographie ihrer Tochter „Zuhause ist kein Ort" (Ullstein 2000) wies dann eindeutig den Weg zu ihrem ersten Roman, der mit „Margrets Mann" nun vorliegt. Der ORLANDA-Verlag, bekannt insbesondere durch sein auf Frauenprobleme spezialisiertes Sachbuchprogramm, hat den sehr schön ausgestatteten Band herausgebracht. Unter Herausgeberschaft und Lektorat von Ingeborg Mues eröffnet er die neue Belletristik-Reihe des Verlages: DIE EDITION. Der Auftakt ist auf alle Fälle vielverheißend. ©

    Madrigal für einen Mörder


    26 originelle Krimigeschichten beweisen, dass Krimis grundsätzlich nicht damit beginnen müssen, dass ein Kommissar an den Tatort gerufen wird.


    Roald Dahl ist tot. Der schwarze Krimi-Humor lebt!



    Wer seit dem Tod von Roald Dahl den Meister und die Kunst des schwarzen Humors vermisst und sich literarisch verwaist fühlte, kann sich freuen. Man könnte meinen, 26 deutsch-sprachige AutorInnen wären beim Meister in die Lehre gegangen und hätten mit humorvoll mörderischen Krimigeschichten seine Nachfolge angetreten. Ihre Geschichten stellen alles bisher Formulierte in ihrer Lachsalven provozierenden Direktheit in den Schatten.



    Nicht, dass sie etwa besonders brutal oder pervers wären. Nein, im Gegenteil, sie kommen so normal daher, dass sie exzentrisch wie eine Milieustudie der besseren Gesellschaft anmuten. Jede/-r LeserIn wird sich wiedererkennen, sei es als Opfer oder TäterIn. Nämlich dessen, was sich hierzulande als „kultiviert“ zu tarnen versteht.



    Zum Beispiel: “Du bist mir eigentlich zu dick – aber Deine Pizza ist fantastisch!“ Das eigentlich Boshafte, nicht Böse, gipfelt darin, dass wir uns an das Entsetzliche, nämlich die verbale Grenzüberschreitung, einen gewissen rauhen Umgangston und Übergriffe so gewöhnt haben, oder uns aber nie daran gewöhnen werden, dass die Giftpfeile, die täglich abgegeben, abgefangen oder weitergeben werden, entweder schon gar nicht mehr bemerkt werden, oder wir uns unsere Betroffenheit nicht anmerken lassen. Wer sinnt nicht auf Rache, muss aber jahrelang warten, bis er es endlich lieben Verwandten oder anderen Feinden heimzahlen kann?



    In 26 Krimigeschichten vom Feinsten, made in Germany, auf deutschem Boden handelnd, wird diese vornehm mörderische Kultur, die wie eine Subkultur etabliert ist und schleichend um sich gegriffen hat, aufgegriffen, detailliert abgehandelt und konsequent zu Ende gedacht.



    Zitat: „Aus Liebe. Ich habe es aus Liebe getan. Wissen Sie, dreißig Jahre Ehe...Rechnen Sie im Schnitt einen Theaterbesuch und einmal Kino im Monat, so kommen Sie auf vierundzwanzig derartige Abende pro Jahr...Also ich wollte, dass die Sache ein für alle Male ein Ende hat.“ Zitat Ende.


    Die AutorInnen sind sehr wahrscheinlich n i c h t beim Meister des schwarzen Humors in die Lehre gegangen, sondern haben ganz einfach den Alltag aufgegriffen. Dabei, und hierin liegt die Spritzigkeit des Buches, geht es eben nicht um konstruierte Mordfälle oder Mordmotive krankhafter Typen, sondern um das alltäglich Primitive, das Plumpe, Taktlose, das uns alle umgibt. Es ist das Unfassbare, bis das Mass voll ist und das Fass überläuft.



    Bei dieser Lektüre werden jede/-m, der einen halbwegs normalen Alltag hat, ähnliche Erlebnisse einfallen, die durch die Distanz des Nachhineins, der rückblickenden Betrachtung etwas herzhaft Komisches, Satirisches und Witziges bergen. Das, was man nicht erfinden kann, was wie Hass und Liebe nebeneinander liegt oder eben wie Situationskomik neben Grausamkeit.



    Kompliment an den Herausgeber Andreas Schröter, der mit der Auswahl und Zusammenstellung kriminologisches, literarisches und auch soziales Einfühlungsvermögen bewies. Ein hoffentlich nicht einmaliges gelungenes unterhaltsames Werk, das sich eine Fortsetzung wünscht.


    Kompliment auch an die darin veröffentlichten AutorInnen:
    Ellen Balsewitsch-Oldach, Mischa Burrows, Elli Dammermann, Wolfgang M. Epple, Birgit Erwin, Christiane Geldmacher, Iris Grädler, Andreas Gruber, Franz Henz, Franziska Kelly, Holger Kutschmann, Monique Lhoir, Sabine Ludwigs, Eva Markert, Ulf Meierkord, Annemarie Nikolaus, Stefan Preuss, Saza Schröder, Susanne Schubarsky, Christi-ne Spindler, Kai Splittgerber, Jutta Strzalka, Rainer Wedler, Patricia Vohwinkel, Barbara Willich und Maria Zocchetti.


    Andreas Schröter (Hrsg.)
    Madrigal für einen Mörder
    ISBN 3-9808278-4-4, 196 S.
    Schreiblust-Verlag, 9,90 €


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    Ich gehöre keiner Konfession an, finde es aber besser, wenn junge Menschen sich für Gott oder den Papst interessieren, als für Satanismus und den Teufel.