Beiträge von pepperann

    Waisenmädchen Elaine hat - im Gegensatz zu vielen ihrer Bekannten - nur wenig magische Begabung. Und das in einer Welt, in der Magie im Vordergrund steht, in der ein großer Hexenmeister Herrscher und Gesetz ist. Ihren Stand in der Gesellschaft kann man sich ja schon denken. Häufig wird sie zum Opfer von Spott und Missachtung.


    Um über die Runden zu kommen und nicht auf ihren Vormund angewiesen zu sein, der sich ihr gegenüber sowieso schon immer abweisend verhält, hat sie einen Job in der Großen Bibliothek angenommen und muss auch dort herablassende Blicke und Arroganz ihrer Mitmenschen ertragen.


    Als sie dort eine geheimnisvolle Kiste öffnet, passiert etwas sehr merkwürdiges. Urplötzlich verfügt sie über großartige, magische Fähigkeiten. In ihrem Geist bilden sich Zaubersprüche, deren Ausmaß sicher auch große Zauberer kaum erfassen können. Doch Macht hat nicht nur seine guten Seiten ...


    Autor Christopher Nuttall hat mich von der ersten Seite an in seinen Roman hineinziehen können. Mit einer lockeren und lebhaften Sprache, freizügigen Szenen und einem Schmunzeln auf den Lippen, gelingt es ihm sofort eine Verbindung zum Leser herzustellen.


    Protagonistin Elaine hat Ecken und Kanten, was sie auf Anhieb sympathisch macht. Zudem pflegt sie eine Freundschaft mit der selbstbewussten Daria, deren spitze Zunge, sie ebenfalls zu einem Charakter macht, dem man gerne wiederbegegnen möchte.


    Das Ende ist relativ rund, endet nicht mit extremer Spannung, aber doch mit ein paar offenen Fragen, die der Autor sicher in den Folgebänden, die bisher noch nicht auf deutsch übersetzt sind, klären wird. Als kleinen Kritikpunkt sehe ich die manchmal enstehenden Löcher, in denen der Leser das Gefühl hat, etwas überlesen oder übersehen zu haben, was vom Autor aber einfach nicht ausreichend ausformuliert oder beschrieben wird. Alles in Allem hat es mir sehr viel Spaß gemacht den Roman zu lesen. Bisher bin ich mir noch nicht sicher, ob ich die Reihe weiterlesen werde. Ich habe Elaine und Daria sehr in mein Herz geschlossen und würde mich sehr auf ein weiteres Treffen mit den beiden freuen, allerdings deutet alles darauf hin, dass der Autor tiefer in die Vergangenheit der Stadt eintauchen wird und die hat einen engen Zusammenhang mit Nekromantie, einer Sache, die nicht so ganz mein Geschmack ist. Die Zukunft wird zeigen, wie ich mich entscheiden werde, bis dahin empfehle ich "Die Wissende" sehr gerne weiter.

    "Die Erfindung der Flügel" ist einer der Romane, die sich eindringlich ins Gedächtnis seiner Leser brennt. Der Kampf um Rechte und Freiheit farbiger Sklaven ist eine Teil der Historie, der mich immer wieder stark bewegt und in mir Wut, Scham und Trauer auslöst.


    "Das versuchte ich ihr zu erklären. Ich sagte:'Mein Körper mag ein Sklave sein, aber nicht mein Geist. Bei dir ist es umgekehrt.'
    Sie zwinkerte mich an, und dann kamen die Tränen wieder. Sie schillerten wie Glasperlen."


    Sue Monk Kidd vereint in ihrem Roman die autobiografische Geschichte der Schwestern Sarah und Angelina Grimké, die selbst für Amerikaner eher unbekannt sind, obwohl sie die ersten Frauen waren, die sich öffentlich für die Rechte der Sklaven ausgesprochen haben und dadurch mitverantwortlich sind, für eine ganze Welle an Rebellionen und Veränderungen. "Revoluzzerinnen", die durch den ganzen Schaum an falschen Wertvorstellungen, die in dieser Zeit herrschten und ihnen sogar von ihrer eigenen Familie vermittelt wurden, für mehr Menschenwürde gekämpft haben.


    " 'Du glaubst, es bestünde keine Sünde darin, wenn ein Sklave lesen lernt? Diese unsere Welt kennt traurige Gewissheiten und eine davon ist, dass Sklaven, die lesen können, eine Bedrohung darstellen. Sie erführen solcherart Nachrichten und Kunden, die sie auf Weisen entflammen würden, die wir nicht beherrschen könnten. Ja, es ist ungerecht ihnen diese Fähigkeit vorzuenthalten, doch dabei geht es um den Schutz höherer Güter.' "


    Verknüpft wird die Geschichte der beiden Grimké Mädchen mit einer Erzählung aus der Sicht einer Sklavin. Abwechselnd berichten Sarah und deren Kammerzofe Hetty "Handful", die man ihr zu ihrem elften Geburtstag schenkte, aus ihren Leben, die unwiderruflich miteinander verbunden sind. Pflichterfüllung, aber auch Achtung und Respekt und dynamische Formen von Freundschaft verhelfen beiden dazu ihre eigenen Horizonte zu erweitern und für das zu kämpfen, was beiden in unterschiedlichen Formen fehlt: Freiheit.


    "Ich war nicht sicher, ob es Liebe oder Schuldgefühle waren, was Miss Sarah bewegte. Ich war nicht sicher, ob es Liebe oder der Wunsch nach Sicherheit war, was mich bewegte. Sie liebte und bedauerte mich. Ich liebte und benutzte sie. Es war nie nur das eine oder das andere. An dem Tag aber waren unsere Herzen rein."


    Durch den Wechsel der Erzählperspektive spricht der Roman noch viel eindringlicher zum Leser, als er es getan hätte, wenn man nur den Blickwinkel einer Protagonistin hätte. Dass Hettys Leben als Sklavin etwas ist, was man nicht mal seinem ärgsten Feind wünscht, steht außer Frage, wie schwierig es aber auch war, diese Konventionen, die den Sklavenbesitzern eigene Arroganz und Überheblichkeit über Menschenleben, zu druchbrechen, wird in Sarahs Erzählabschnitten nur allzu deutlich.


    "Ich war erleichtert und entsetzt zugleich. Vor mir stand der geballte Trotz. Das, was Handful ausmachte."


    "Die Erfindung der Flügel" erzählt geschickt, spannend und bewegend die Geschichte eines Jahrhunderts voller Ungerechtigkeiten und verachtenden Gesetzen, die wir dank Menschen wie Sarah und Angelina Grimké zumindest teilweise hinter uns lassen konnten. Sie beweist, dass jeder einzelne in der Lage ist einen Stein ins Rollen zu bringen und dass es sich lohnt für Veränderungen zu kämpfen. Sue Monk Kidd schreibt in schöner und authentischer Sprache von der Wertigkeit eines Menschenlebens und zwei Schwestern, die die Ehre eines eigenen Romans mehr als verdient haben.

    Die Ponys Schoko und Keks sind entsetzt. Sie müssen umziehen. Vom schönen Stall, in dem sie sich bisher so wohl gefühlt haben, auf den Blümchenhof, auf dem bereits die Pferde Tony, Gräfin und Ole wohnen. Und außer ihnen noch jede Menge anderer Tiere. Ziemlich nervig - finden die beiden Ponys, aber immerhin stimmt das Essen.


    Zum Glück ist ihre Menschenfreundin Lotte auch mit umgezogen und kümmert sich auch weiterhin darum, dass die beiden Ponys ausreichenden Futter bekommen, was bei Schoko häufig zu Blähungen führt. Es ist also doch nicht so übel wie sie zunächst gedacht haben, doch irgendetwas Seltsames geschieht auf dem Hof. Unerklärbare Geräusche sind des nachts zu hören, die von nichts anderem kommen können, als einem Gespenst, oder? Um das Geheimnis zu lösen braucht man schon eine ordentliche Portion Ponymut.


    "Die Haferhorde" wird gesprochen vom Multitalent Bürger Lars Dietrich, der die Geschichte nicht nur zu einem Vergnügen für junge Hörer macht. Pfiffig und mit jeder Menge Charme versetzt er sich in jedes Tier, jede Gefühlslage und sorgt für eine lebendige und unterhaltsame Stimmung.


    "Die Haferhorde: Flausen im Kopf" stammt aus der Feder der Autorin Suza Kolb, die gekonnt Pferdeabenteuer und Lebensnahe Themen wie Trennung der Eltern, damit verbundener Umzug und neuer Freundeskreis, zu einem witzigen und spannenden Roman verknüpft.


    Jedes Kind sollte eine Pony haben oder zumindest ein (Hör-) Buch darüber, denn nichts bringt das Herz so sehr zum Lächeln wie die kleinen, frechen Vierbeiner. "Die Haferhorde" ist eine Lese- und Hörempfehlung, die ich allen großen und kleinen PferdefreundInnen ans Herz legen kann. Ich freue mich schon auf viele weitere Abenteuer mit Schoko, Keks und ihren Freunden.

    Nicht nur der Leser kehrt zurück nach Gonleore, sondern auch Denilius, der längst verschollen geglaubte oberste der Weltenwanderer. Mit sich trägt er ein Geheimnis, das den mysteriösen Jona betrifft. Jenen Jungen, der beim Angriff der Chimären das Reich rettete, indem er einen Drakoniden um Hilfe bat.


    Eben jener Angriff hat einiges verändert in Gonelore. Jona und seine Gefährten - die eigentlichen Helden der Schlacht - ziehen immer mehr Ärger auf sich. Neid und Misstrauen schlagen ihnen von den anderen Schülern entgegen, machen ihnen das Leben schwer. Dabei hat jeder einzelne sein eigenes Päckchen zu tragen. Jona, der nun zwar weiß wer er sein sollte, aber doch noch nicht genau weiß, wer er ist, und Daelfine, die seit dem Kampf blind ist, ebenso wie Gess, Berrit, Nobiane und sogar ihr Lehrer Radjaniel, der genau so ein Außenseiter ist wie seine Schüler.


    Nicht nur die Chimären, die sich scheinbar mehr und mehr durch den magischen Schleier, der Gonelore schützend umgibt, kämpfen, werden zur Gefahr. Eine geheime Verbindung, Brüder aus den eigenen Reihen, sorgen dafür, dass die Hüter von Gonelore in große Gefahr geraten.


    Mit dem ersten Band der Saga hatte ich leichte Einstiegsprobleme, die jedoch von der rasanten Handlung und dem extrem spannenden Ende wieder wett gemacht wurden. Band zwei beginnt dort, wo Band eins endet, nimmt den Leser mühelos da mit, wo er sehnsüchtig auf Jona und seine Gefährten gewartet hat, reißt ihn durch eine spannende Geschichte voller Geheimnisse und unerwarteter Wendungen und führt ihn - wie sollte es anders sein - wieder zu einem Cliffhanger. Ich weiß noch gar nicht so genau, wie ich die Spannung bis zum Sommer, bis Band drei erscheint, aushalten soll!


    An Pierre Grimberts Saga mag ich besonders, dass er fantastische Elemente mit spannenden persönlichen Schicksalen verbindet. Seine Figuren sind lebendig, facettenreich und mit viel Liebe kreiert. Das ist deutlich zu spüren und hat bei mir ein Gefühl des heimkehrens ausgelöst. Ganz besonders Jona habe ich in mein Herz geschlossen, möchte wissen, wer er wirklich ist, was in ihm steckt und was das Schicksal für ihn bereit hält.


    "Die Saga von Licht und Schatten" liefert auch im zweiten Teil "Der Ruf des Drachen" eine spannende Geschichte, die sprachlich wie inhaltlich sehr harmonisch ist. Protagonisten, die beim Leser aufgrund ihrer Ecken und Kanten und dem gewissen Charaktereigenschaften, Sympathien auslösen, runden das Ganze zu einer lesenswerten Fantasyreihe ab.

    Lesen ist so wunderbar, weil es Geschichten über große Emotionen gibt. Geschichten, die Gänsehaut auslösen. Die den Leser traurig machen, ihn aber auch glücklich zurücklassen, weil sie sagen: Es gibt Hoffnung.


    "Ich weiß nicht genau, warum Hannah das macht, aber ich glaube, manchmal wünschen wir uns einfach, man könnte uns deutlicher ansehen, wie sehr wir leiden und welchen Schmerz wir in uns verstecken."


    Laurels Schwester May ist tot. Selbstmord oder auch nicht. Es ist nicht ganz sicher, ob es Mays innerer Dämon war, der sie dazu getrieben hat, sich vom Leben zu verabschieden, ob es das war, was in ihrer Familie geschehen ist, und ihr so zugesetzt, sie innerlich zerrissen hat oder ob ihr das Schicksal zuvor gekommen ist.


    "Man kann mutig und idealistisch und schön sein, und das bewahrt einen trotzdem nicht davor, abzustürzen."


    Laurel setzt der Tod ihrer geliebten Schwester ziemlich zu. Ein Schulwechsel soll dafür sorgen, dass sie wieder Fuß fasst im Leben. Ihr eigenes Leben leben kann. An der neuen Schule bekommt sie die Aufgabe einen Brief an eine berühmte verstorbene Persönlichkeit zu schreiben. Zu Anfang wählt sie Kurt Cobain aus, der Mays Lieblingssänger war. Schnell verselbstständigt sich das Projekt, denn Laurel merkt, wie gut es tut sich einfach mal ihre Probleme von der Seele zu reden.


    " 'Man legt sich am Hang auf die Wiese und hofft, dass einen jemand aufweckt, wenn der Wolf aus den Bergen herunterkommt. Oder dass er ihn verjagt. Oder am besten gleich erschießt. Aber wenn du begreifst, dass der Wolf in dir drin lebt, dann weißt du, dass du ihm nicht entkommen kannst. Und jemand, der dich liebt - ganz egal, wie gern er dich beschützen würde -, wird niemals in der Lage sein, den Wolf zu töten, weil er ein Teil von dir ist. Er trägt dein Gesicht.' "


    Laurels Briefe sind an berühmte Persönlichkeiten adressiert, deren Todesursache nach wie vor zwischen Selbstmord und natürlichem Tod schwankt. Sie versucht zu verstehen, was die Personen dazu getrieben hat, was möglicherweise dazu führte, ihrem Leben ein Ende zu setzen, und somit auch ihrer Schwester May ein Stück näher zu kommen, ihre Gründe zu verstehen. Sehr authentisch beschreibt Autorin Ava Dellaira, die über ein Truman Capote Stipendium verfügte, Laurels Gefühlswelt. Laurel, die auf dem Weg so wie ihre Schwester zu sein, Freundinnen findet, die ebenfalls auf der Suche nach sich selbst und nach Glück sind. Ehrliche Gefühle beherrschen den Ton dieses Romans. Gefühle wie Trauer, aber auch Wut, denn Laurel fühlt sich allein gelassen, was ich sehr legitim und mutig finde.


    "Zurückholen kann ich dich jetzt nicht mehr. Aber ich kann mir selbst verzeihen, was passiert ist. Und ich kann es dir verzeihen, May. Ich liebe dich mit allem, was ich bin. Lange Zeit wollte ich nichts anderes, als so sein wie du. Aber es war wichtig für mich herauszufinden, dass ich auch jemand bin, und jetzt kann ich dich in mir tragen, kann dein Herz in mir tragen, wo immer ich auch hingehe."


    Einen Menschen zu verlieren ist schwer. Es kann so sein, dass man das Gefühl hat, dass einem ein Stück entrissen wird. Aber es gibt ein Leben nach dem Tod eines geliebten Menschen. Auch wenn nichts mehr so ist, wie es mal war, gibt es die Möglichkeit Menschen in das eigene Leben zu lassen, die einem gut tun, die einen glücklich machen. Auch wenn es oftmals ein langer Weg dorthin ist und man den Menschen, den man verloren hat, nie vergisst, gibt es einen Weg zurück ins Leben. Eindringlich, bewegend und ganz wundervoll von Debütautorin Ava Dellaira in die authentische Geschichte einer jungen Frau verpackt. Eine gefühlvolle Geschichte, die ich sehr lesenswert finde.

    Alma ist erfolgreich als Anwältin, lebt mit einem reichen Mann zusammen und hat ihr Leben im Griff. Bis sie einen Anruf von einem Polizisten aus Billings bekommt, dem Ort, in dem sie aufgewachsen ist. Ihre Schwester Vicky ist tot aufgefunden worden und ihre Nichte Brittany hat beim Anblick ihrer toten Mutter aufgehört zu sprechen. Wieder einmal hat Alma das Gefühl, dass sie diejenige ist, die als Retterin der Familie auf den Plan treten muss. Zu dem Zeitpunkt ahnt sie nicht, welche Leichen in ihrer Familie tatsächlich begraben liegen.


    "Als die Räder der Rollbahn aufsetzen, gibt das eigenartige Gefühl der Rückkehr auf heimischen Boden Alma Halt.
    Sie atmet tief aus und fragt sich, wann sie angefangen hat, die Luft anzuhalten. Es ist alles lange her. Hier sind ihre Toten begraben, eine weitere kommt bald hinzu, hier leben ihre Verwandten, ihre Geister halten Wache, und man kennt sie, sie ist zu Hause."


    "Denn wir waren Schwestern" beginnt ziemlich rasant. Der Leser bekommt einen ersten Eindruck darüber, wie kaputt Vickys Leben ist. Zwischen Drogen und Alkohol fristet sie ihr Dasein, den Blick auf ihre Sucht und nicht mehr auf ihr Kind gerichtet, dass zwischen Junkies und Abenteuersüchtigen aufwächst und lernt für sich selbst zu sorgen. Bei den anderen Familienmitgliedern bekommen Vicky und Brittany nur wenig Rückhalt. Schwarzes Schaf bleibt schwarzes Schaf und der Eindruck, dass Vicky ihre Situation selbst verschuldet hat, löst nach einiger Zeit auch kein Mitleid mehr bei ihren Mitmenschen aus. Alma ist genau das Gegenteil. Doch auch von ihr haben sich die Verwandten abgewendet. Neid führt dazu, dass man sich von ihr abgrenzt. Ihre Welt ist so viel anders, als die der zurückgebliebenen Familienmitgliedern, die in ihrem kleinen Örtchen eine ganz andere Lebensweise haben als Alma.


    "Sie spricht die Worte aus: Nur durch die Gnade Gottes stehe ich hier. Sie hat sie sich schon viele Male vorgesprochen, als Talisman gegen Überheblichkeit und jedes Mal hat sie dabei an Vicky gedacht, ihr anderes Selbst, das eine bittere, süchtige Hemmungslosigkeit ausgelebt hat, die Kehrseite von Almas zwanghafter Arbeitsmoral und ihrer verbissener Selbstkontrolle."


    Alma und Vicky waren sich einmal sehr nah. So eng, dass sie das Gefühl hatten eins zu sein. Doch dann ist Alma weggegangen und Vicky sind Dinge geschehen, die ich hier nicht ansprechen werde, denn die muss der Leser im gut entworfenen Spannungsbogen des Romans selbst finden. Almas Reise zur Beerdigung ihrer Schwester ist nicht nur heimkehren, sondern auch sich selbst finden. Mit ihren Wurzeln konfrontiert werden und ihren eigenen Frieden mit Dingen und Personen schließen, die sie selbst in eine dunkle Ecke ihres Lebens abgestellt und dort ignoriert hat, von denen sie nun aber eingeholt wird.


    " 'Die Heimat lässt einen doch nie los, nicht wahr? Egal, wie weit man weggeht. Wenn eine Familie so weit zurückreicht wie Ihre und meine, dann ist dieses Land wie die eigene Mutter. Mein Freund Ed weiter oben an der Straße sagt, er weiß nicht, ob das ein Fluch ist oder ein Segen.' "


    Die Schreibe von Autorin Carrie La Seur ist klar und flüssig. "Denn wir waren Schwestern" ist ihr Debüt und recht gut gelungen. Der Einstige in diesen gut inszenierten Roman ist spannend und rasant, danach verliert sich die Autorin so ein kleines bisschen, was sich auf die Handlung auswirkt. Ich hab den Roman ganz gern gelesen, doch ein Kritikpunkt sind für mich die Emotionen der Protagonisten. Die sind ein bisschen flach, vielleicht abgestumpft durch die Fehde innerhalb der Familie und Erlebnisse, die zum Bruch geführt haben. Dennoch hätten Handlung und Charaktere besser auf mich wirken können, wenn Carrie La Seur etwas mehr in die Tiefe gegangen wäre.

    "Aber jetzt versuchen sie mich zu killen.
    Sie versuchen wirklich, mich kaputt zu machen.
    Und keiner merkt was.
    Denn es sieht gut aus bei uns."


    Kid ist von ihrer Mutter nicht gewollt. Das bekommt sie jeden Tag zu spüren. Der Vater ist einer Meinung mit der Mutter. Außerdem will er nur seine Ruhe, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt. Die Mutter freut sich, wenn der Vater ihr zustimmt, dass Kid unnütz', dumm und frech ist, denn dann weiß sie, dass sie weiterhin die erste Geige spielt und nicht das Kind. Kid versucht sich unauffällig zu verhalten, macht sich unsichtbar so gut es geht und weiß gar nicht, warum die Eltern sie so hassen. Ein Gefühl der Wertlosigkeit macht sich in ihr breit.


    "Ich bin glücklich, aber nur ganz vorsichtig, denn ich weiß, wenn das Glück daherweht, kommt danach sofort die Wolke. Deshalb bin ich ganz leise und atme nur flach, damit es nicht erschrickt, das Glück."


    Dann lernt sie Maxim kennen. Den Russen, wie die Eltern ihn abschätzig nennen. Sie verlieben sich, denn ihre Herzen schlagen im gleichen Takt. Sie beide mögen Gedichte und Maxim behandelt Kid, wie sie noch nie zuvor behandelt wurde. Endlich wird sie gesehen. So, wie sie wirklich ist. Als Mensch.


    "Ich bin ich, und was das ist, weiß ich eigentlich noch nicht."


    "back to blue" ist ein sehr sanftes Buch, dessen Worte jedoch hart einschlagen. "Immer auf die Deckung achten" ist einer von Kids Leitsprüchen und als Leser möchte man es am liebsten auch, denn die Ungerechtigkeit, mit der Kid behandelt wird, ist manchmal unerträglich. Früher wurde sie auch von den Eltern geschlagen, dass trauen sie sich jetzt nicht mehr. Verbale Gewalt ist aber mindestens genauso schlimm. Der oder die Betroffene merkt es meistens gar nicht, denn Eltern sollten wissen wie sie mit ihren Kindern umgehen. Sollten das Wohl ihres Kindes vor alles andere stellen und nicht Missmut, Ärger und Hass an ihm auslassen. Langsam, aber sicher geht eine Seele daran zu Grunde.


    "Alles in mir zog sich zusammen.
    Alles wurde rasend schnell hart.
    Steinherz, Steinseele, Steinhaut."


    Es ist eine sehr reale Geschichte, die von Autorin Rusalke Reh so eindringlich mit wunderschönen Worten geschrieben und vom Magellan Verlag in einem so hübschen Buch verpackt wurde. Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen, egal ob verbal oder non-verbal, ist keine Seltenheit. Häufig wird diese von den eigenen Eltern ausgeübt. So auch in Kids Fall, deren Familie nach außen ganz nett und friedlich scheint. Es gibt eine Studie, die sagt, dass ein Kind sieben (!!) Erwachsene ansprechen muss, bevor jemand reagiert und einschreitet. Kid hat Glück, denn sie trifft Menschen, denen sie sich öffnen kann und die mutig genug sind, sich für sie einzusetzen.



    "back to blue" ist eine zarte, bewegende Geschichte, die mich manchmal echt wütend gemacht hat, die aber auch wunderschön ist und Hoffnung macht. Dieses kleine Schmuckstück aus dem Magellan Verlag möchte ich euch ans Herz legen. Lest es, haltet die Augen offen und seid hilfsbereit.

    "Man stand im Mittelpunkt, von allem - dem Lob, der Aufregung, den Neidern. Hatte man keine - auch wenn nichts daran beschämend war und es Gründe gab, gute Gründe, warum ein Mann, so mutig und tapfer er auch war, noch keinen Luftsieg errungen hatte -, war man letztlich doch nur einer der losen Truppe, in deren vorderster Reihe das Triumvirat erstrahlte."


    Wie fasse ich meine grenzenlose Begeisterung über die Worte eines großartigen Schriftstellers wie James Salter, in meinen eigenen dagegen geradezu banalen Worten zusammen ohne den Zauber, die Atmosphäre, die Gefühle, die er erzeugt, zu verlieren? Damit haben Protagonist Cleve Connell und ich eins gemeinsam: die Angst zu versagen. Die Angst unsere Aufgabe nicht zu erfüllen. In meinem Falle hängen "nur" Leser davon ab, in Cleves sind es die Leben seiner Kameraden, als Anführer, als "Leader" seines Schwarms, in seine Hände gelegt.


    "Er fühlte sich elend. So konnte es nicht weitergehen. Er war noch nie geschlagen worden, und es durfte es auch jetzt einfach nicht passieren; und doch stand ihm etwas bevor, das alles zu gefährden schien, für das er in sich gekämpft hatte. Das mystische Gewebe, das die Seele des Menschen zusammenhält, er spürte, wie es zerfiel."


    "Jäger" ist ein autobiografisches Werk des 1925 in Washington D.C. geborenen Amerikaners. Er selbst hat der Air Force gedient und dort über 100 Einsätze im Korea Krieg geflogen, bis er 1957 Abscheid nahm und Schriftsteller wurde. Protagonist Cleve Connell ist dicht an Salters eigener Person angelehnt, was ihn in meinen Augen noch beachtlicher erscheinen lässt, denn auch wenn er zunächst mit dem Wunsch nach Ruhm in den Krieg zog, geht er als Ehrenmann daraus hervor.


    "Er war gekommen, um sich mit Siegen zu krönen, aber in gewisser Weise wollte er das gar nicht mehr, er wollte darüberstehen, davon unabhängig sein, es erreichen zu müssen. Und er wusste mit fast absoluter Sicherheit, dass er das nicht schaffen würde. Er war ein Gefangener des Kriegs."


    Im Roman treffen wir auf Figuren mit verschiedenen Charakterzügen, deren Namen im Verlauf der Jahre noch mal geändert wurden. Salter hat sicher seine Gründe dafür. Einen gewissen Mut muss man jedem Mann zusprechen, der sich freiwillig in die Todesgefahr eines Krieges begibt. Manch einer macht allerdings auch den Eindruck als steckten Leichtsinn, Übermut und eine gewisse Spur von Gier dahinter. Entworfen wurden alle Protagonisten mit feinen, detaillierten Linien, ohne dass Salter dafür eine große Menge Worte benötigt. Grund genug sich auf einige Charaktere einzulassen und jene zu hassen, deren eigener Ruhm noch vor dem Wohl der Kameraden steht.


    "In einer Staffel zu sein war wie der Abriss eines ganzen Lebens. Man war ein Kind, wenn man eintrat. Es gab endlose Möglichkeiten, und alles war neu. Nach und nach, fast unbemerkt, zogen die Tage der schmerzlichen Lehre und Freuden an einem vorbei; man erreichte das Mannesalter; und dann plötzlich war man alt, zwischen neuen Gesichtern und Beziehungen, die man nicht verstand, die stetig um einen wuchsen, bis man sich schließlich in ihrer Mitte nicht mehr willkommen fühlte; die Männer aber, die man gekannt, mit denen man gelebt hatte, waren verschwunden, und der Krieg kaum mehr als die Erinnerung an Zeiten, die man mit niemandem mehr teilen konnte."


    Ich weiß nicht, wann ich zuletzt einen Roman so sehr aufgesogen habe. Wann mich eine so hervorragend beschriebene Atmosphäre (Anmerkung: über Salters großes Können Atmosphäre zu erzeugen wird an anderer Stelle so ausführlich gesprochen, dass ich mich damit zurückhalte) so sehr eingenommen hat, dass ich das Gefühl hatte in die Handlung hinein zu schlüpfen, die Geschehnisse so sehr am eigenen Leib mitzuerleben, dass ich gelitten, den Dunst des Nebels bei morgendlichen Flügen gespürt und vor lauter Anspannung oftmals gezittert habe. Ich bin so sehr mit dem Roman verwachsen, dass es sichtbar war. Dass mein nicht lesender Freund von sich aus auf die Idee gekommen ist diese Geschichte, die nicht nur bewegt, weil sie von einem dramatischen geschichtlichen Ereignis erzählt, sondern auch ein Roman über Menschlichkeit ist, ebenfalls zu lesen. Ich bin dankbar dafür, dass mir der große Salter und sein zeitloser Klassiker empfohlen wurden!

    "Und tatsächlich gleicht Atlantia einem riesigen Meereswesen, das sich auf dem Grund des Ozeans ausgestreckt hat. Die Straßen und Wege erstrecken sich wie Tentakel ausgehend von den größeren Kupeln der Wohnviertel und Marktplätze. Natürlich ist alles eingekapselt. Wir leben unter Wasser, sind aber dennoch menschlich; wir brauchen daher sowohl Wärme als auch Luft, um uns zu schützen."


    Bay und Rio, die Zwillinge der Hohepriesterin, stehen vor der Entscheidung, ihr Leben an der Oberfläche oder weiterhin in Atlantia, der Unterwasserwelt zu verbringen. Es darf jedoch immer nur ein Kind nach oben reisen. Eins der beiden Mädchen hat schon immer davon geträumt nach oben zu gehen. Die Luft, die Erde zu spüren, den Himmel zu sehen, die unendliche Weite, die das Gefühl in einem beengten Raum eingesperrt zu sein, beenden sollen.


    Doch seit dem Tod der Mutter ist das Leben der beiden Mädchen anders. Wer hat die Hohepriesterin getötet? War es ihre eigene Schwester? Eine Sirene? Einst verehrt, nun geächtet? Oder ist es eine andere Gefahr, die den Schwestern auflauert? Geheimnisse und Mysterien umgeben sie. Eine besondere Gabe, die für Argwohn und Missgunst sorgt, einst jedoch dazu gemacht wurde, um die Bevölkerung zu bereichern.


    " 'Wir sind Menschen, nicht besser oder schlechter als ihr.' [...] 'Ihr formt uns, wir formen euch', sagte ich. 'Ich glaube, das wollten die Götter so. Sie wollen, dass wir uns verändern und voneinander lernen, und nicht, dass , dass wir uns gegenseitig zerstören.' "


    Ich bin ein großer Fan von Ally Condies "Cassia & Ky" Trilogie, deren Ende bei manchen Lesern auf Missmut gestoßen ist, mir aber dank der ruhigen fast poetischen Schreibe der Autorin sehr zusagte. Bis zum Schluss hielt ich ihr und ihren Protagonisten die Treue durch jedes Hoch und Tief, jede noch so schwere Szene. Umso mehr freute ich mich auf ihren neusten Roman.


    Eine Unterwasserwelt, zwei Schwestern, die eng miteinander verbunden sind und viele Geheimnisse. Klingt nach sehr guten Ideen, wurde - für meinen Geschmack - aber viel zu lasch umgesetzt. Ich bin ein bisschen enttäuscht. Auch die von mir zuvor gelobte Schreibe, die von der Autorin auch im neusten Roman beibehalten wurde, ist für mich in der Kombination mit den langsam voranschreitenden und etwas seltsamen Handlungen, eher langweilig als inspirierend. Schade, dass "Atlantia" und ich keine Freunde wurden. In Gesprächen mit anderen Lesern hat sich rauskristallisiert, dass diejenigen, denen "Cassia & Ky" nicht zusagten, sich in "Atlantia" gut aufgehoben fühlen. Lesen ist zum Glück Geschmackssache und für jeden Lesetyp gibt es das passende Buch.

    Unterholz ist der fünfte Alpenkrimi aus der Feder des Kabarettisten Jörg Maurer. Längst ist sein Ermittler Jennerwein zu einer festen Größe der regionalen Mord- und Totschlag Literatur geworden. Doch in noch keinem seiner vorangegangenen Fälle hatte Jennerwein es mit so einem gefährlichen Gesocks zu tun. Denn die Leiche, wegen der er diesmal ermittelt, ist eine bekannte Auftragskillerin. Wer sich traut, sich mit so einer anzulegen, der schreckt auch vor ganz anderen Taten nicht zurück. Und ehe Jennerwein sich versieht, steckt er - mit Drähten gefesselt - im Unterholz der Wolzmüller Alm.


    Ich mag Jörg Maurers Krimis unheimlich gern. Sie sind nicht nur einfach regional und witzig, sondern intelligent und sarkastisch geschrieben. Es ist ein gewisses Niveau, das Autor Jörg Maurer sein eigen nennen kann, das ihn von vielen anderen dieser Sparte unterscheidet und das er auch kontinuierlich beibehält. Nicht nur das Ermittlerteam, sondern auch der Leser wird gefordert. Acht zu geben, jeden einzelnen Charakter im Blick zu halten, denn es könnte jeder oder keiner der Verdächtige sein.


    Wiederkehrende Figuren sind das Herzstück von Maurers Alpenkrimis. Da gibt es z.B. den berüchtigten Swoboda, Gangster und Gauner alter Güte, dem Jennerwein schon länger versucht das Handwerk zu legen. Oder aber die Graseggers, Bestattereherpaar aus dem Ort, immer dann auf Zack, wenn eine Leiche gefunden wird. Wie im echten Leben auch, hat jeder sein kleines Geheimnis, hier und da eine "Leiche" im Keller, und das Lesen jedes einzelnen Alpenkrimis führt dazu, dass man diese Charaktere besonders gut kennenlernt. In "Unterholz" ist es mir sogar so ergangen, dass ich dachte:"Mensch, die schon wieder. War ja klar, dass die sich wieder einmischen / dies oder das tun." und damit irgendwie das Gefühl hatte, an den Alpenkurort zurückzukehren, in dem ich jedes Jahr Urlaub mache.


    Wer die Alpenkrimis von Jörg Maurer schon kennt, der weiß, dass man sich auf den Autor verlassen kann. Oftmals erfährt der Leser am Anfang schon ein Teil des Endes und wünscht sich nichts sehnlicher als zu wissen, wie der Verlauf der Handlung bis dahin wohl ist. Wie der Jennerwein nun schon wieder in das Schlamassel geraten ist. Es gibt Mordfälle, die mag man mehr, manche weniger, aber der Garmisch Partenkirchener schafft es immer einen guten Roman zu schreiben, der vor allem richtig unterhaltsam ist.

    "Sechs Monate ist es her, dass sie gestorben ist. Und Ove geht noch immer zweimal am Tag durchs Haus und fasst an die Heizkörper, um festzustellen, ob sie heimlich die Temperaturregler hochgedreht hat."


    Ove ist 59 Jahre alt und der korrekteste Bewohner der ganzen Straße. Er achtet darauf wer wo parkt, wer seine Hecke zu hoch wachsen lässt, wessen Hund auf unerlaubte Fläche pinkelt und sowieso und überhaupt muss alles seine Ordnung haben. Regeln sind dafür da, um befolgt zu werden. Ansonsten könnte Chaos ausbrechen. Für Ove ein undenkbarer Zustand!


    "Er muss an die zwei Meter groß sein. Ove steht jedem Menschen, der größer als 1,85 m ist, instinktiv skeptisch gegenüber. Das Blut schafft es dann nicht bis ins Gehirn, das weiß er aus Erfahrung."


    Grummelig und engstirnig, so kennen ihn die Leute aus der Nachbarschaft. Der ein oder andere erinnert sich aber vielleicht auch noch daran, wie Ove früher einmal gewesen ist. Vor dem Tod seiner Frau, der ihn dazu gebracht hat, sich hinter einer hohen Mauer aus schlechter Laune und Missmut zu verstecken. Erst ein trotteliger Mann, seine Frau, die nach dem Motto "Lächle und die Welt lächelt zurück" lebt und deren beiden Kinder, - eins skeptisch, eins mit der Neugier der Kindheit gesegnet-, schaffen es das hervorzulocken, was ganz tief in Ove feststeckt. Ein gutes und freundliches Herz.


    "Denn die Leute sagen, dass Ove die Welt immer nur schwarz oder weiß sehe.
    Und sie war Farbe. All seine Farbe."


    "Ein Mann namens Ove" versteckt - wie sein Protagonist - zwei Seiten: Vergangenheit und Gegenwart. In der Gegenwart ist Ove der verbitterte Alte, der unter dem Tod seiner Frau leidet. Köstlich sind seine Begegnungen mit den neuen Nachbarn, die über seine Art hinwegsehen und ihn damit manchmal zur Weißglut treiben, in erster Linie aber dafür sorgen, dass er sein Herz wieder entdeckt. In den Szenen aus der Vergangenheit erfährt der Leser wie Ove zu dem geworden ist, was er ist. Wie er seine Frau und durch sie die Schönheit der Welt kennen gelernt hat. Diese Absätze sind wunderschön und oftmals sehr berührend, eingerahmt von klugen Worten, die Autor Frederik Backman unerwartet gekonnt, schon fast poetisch einsetzt.


    "Aber hätte ihn jemals jemand gefragt, wäre seine Antwort gewesen, er habe nicht gelebt, bevor sie in sein Leben trat. Und als sie es verließ, war es wieder dasselbe."


    Manchmal reicht ein Kinderlächeln, der Eigensinn einer Katze und der unbändige Wille einer Mutter, um ein eingefrorenes Herz zu erwärmen. Wichtig ist, sich die Mühe zu machen, hinter eine Fassade zu schauen. Menschen eine Chance zu geben und sie erst einmal kennen zu lernen, bevor unbestätigte Vorurteile einen dicken Keil ins Beziehungsgefüge treiben. Frederik Backman schreibt in seinem erfolgreichen Debüt auf herzliche und erwärmende Art und Weise über Liebe und Zuneigung und wie wichtig es ist, dass man sein Herz für andere Menschen öffnet.

    "Auf Scherben tanzen. Das war ein Symbol für unsere Ehe, für mich aber noch viel mehr ein Gleichnis für unsere Liebe. Lucy hat oft zu mir gesagt, sie liebe mich so sehr, dass sie mit mir auch für immer auf Glasscherben tanzen würde."


    Ist es möglich ein über 500 Seiten starkes Buch innerhalb eines Tages förmlich zu inhalieren? Ist es möglich von einer Geschichte so gefangen genommen zu werden, dass man Seite für Seite davon verschlingt, obwohl man manchmal vor Tränen kaum aus den Augen schauen kann? Ja es ist möglich. Dann, wenn aus jeder einzelnen Pore des Romans echte und ehrliche Liebe, Wärme und Herzlichkeit strahlt und man die Menschen darin so sehr ins Herz schließt, als seien Personen, die man schon lange Zeit kennt und lieb gewonnen hat.


    "Lucy gab es nur im Gesamtpaket, das war mir wahrscheinlich schon an dem Abend klar, an dem wir uns kennenlernten. Sie gehörte zu einem Trio von Schwestern, die aufeinander aufpassten - manchmal wie scharfe Wachhunde -, und ich wusste, dass ich die mehrheitliche Zustimmung brauchen würde, wenn ich einen Platz in ihrem Leben haben wollte."


    Lucy und ihre Schwestern Lilli und Pris haben schon früh Bekanntschaft mit der Todesfee gemacht. Lucy war gerade 17, als der Vater bei einem Polizeieinsatz ums Leben kam. Später starb die Mutter an Krebs, den sie schon lange in ihren Genen trug und an ihre Töchter weitervererbt hat. Lucy hat schon einmal einen Krebsbefall überstanden, obwohl dies keiner für möglich gehalten hätte. Doch dieses Leiden ist heimtückisch und hinterlistig und man weiß nie genau ob die Krankheit gesiegt hat oder der Mensch als Sieger aus diesem schweren Kampf hervorgeht.


    "Ich liebte seine vielen Facetten, von denen er behauptete, sie seien ein Teil seiner psychischen Störung. Aber ich sah da keine Störung. Ich sah einen prachtvollen Bildteppich, der sich vor meinen Augen ausrollte."


    Mit 21 lernt sie den Komiker Michael Chandler kennen. Er ist witzig, liebenswert und interessant, Lucy ist sich ziemlich schnell sicher, dass er der Mann fürs Leben ist. Doch auch hier lauert eine böse Krankheit, denn Mickey ist manisch depressiv. Seine Manien enden oft in Psychosen, so dass er weder seine Frau erkennt, noch sonst irgendwie eine Ahnung davon hat, was um ihn herum geschieht. In Lucy findet er seinen Fels in der Brandung. Sie gibt ihm Kraft diese psychische Erkrankung zu überstehen und immer wieder ins Leben zurückzukehren. Beide Erkrankungen sind also eine gefährliche Mischung, ein explosiver Genpool, vor dem Lucy und Mickey ihre Mitmenschen, aber vor allem nachfolgende Generationen schützen möchten. Doch das Schicksal ist so unberechenbar wie ihrer beider Erkrankungen. Es führt sie in Hochs, in denen sie zu jubeln vermögen, hält aber auch immer wieder Tiefs bereit. Wie stark macht sie ihre Liebe wirklich?



    " '[...] Mickey, weißt du, was ich glaube? Jeder Mensch sollte wenigstens einer Person auf diesem Planeten so wichtig sein, dass sie für ihn zu kämpfen bereit ist. [...]' "


    Psychische Erkrankungen sind etwas, womit ich mich schon lange befasse. Berufsbedingte Neugier treibt mich immer wieder dazu auch Romane zu diesem Thema zu lesen. Ich bin mir sicher noch ein Buch gelesen zu haben, in der manische Depression so liebevoll betrachtet, so selbstverständlich ins Leben zweier Menschen eingebettet wurde, wie in "Tanz auf Glas". Es zeigt, dass es eine Krankheit ist, mit der man Leben muss, aber auch Leben kann. Dass es Menschen gibt, die von anderen so stark gehalten werden, dass sie sowohl mit psychischen Erkrankungen, als auch einer schweren Krankheit wie Krebs zurecht kommen. Ganz ohne Kitsch, sondern realitätsnah und ganz, ganz ehrlich erzählt Ka Hancock von einer unerschütterlichen Liebe, die gelernt hat auf Glas zu laufen, auf Scherben zu tanzen.

    "Die Bienen" ist ein Buch über Mut, über Hoffnung und Bestimmung, über Liebe und Verbundenheit. Themen, die jedem Leser bekannt sind, weil er sie - das eine mehr, das andere weniger - schon am eigenen Leib erfahren hat. Weil es Bedürfnisse sind, die dem menschlichen Wesen zugeschrieben werden.


    Das schlimmste was uns - und das ist tatsächlich eine menschliche Eigenschaft - passieren kann, ist uns festzufahren. Festzufahren in Handlungsabläufen, im Denken und im Betrachten der Dinge. Auch dies ist ein Thema, das von Autorin Laline Paull in ihrem Debüt eingeflochten wird. Das dieses sogar soweit überragt, dass es auf die Art der Umsetzung übergreift. Denn in Laline Paulls Roman sind nicht Menschen, sondern Bienen die Hauptdarsteller. Schon nach wenigen Seiten merken wir, dass der Unterschied zwischen uns und den Insekten gar nicht so groß ist, auch wenn es sich hier um eine fiktive Erzählung handelt.


    Flora 717 ist die Protagonistin in diesem originellen Debüt, das in poetisch feiner, aber auch sehr spannender Form verfasst wurde. Sie ist eigentlich ein bisschen zu groß, etwas zu struppig und auch sonst sticht sie eher aus ihrer Familie heraus. Sie eignet sich Fähigkeiten kann, die sie zu etwas besonderem oder auch einem Sonderling machen.


    Im Bienenstock herrscht eine sehr enge Struktur. Dieser hat sich jede einzelne Biene anzupassen. Seit Jahren, Jahrtausenden hat jede Familie ihre Aufgabe. Sperrt sich einer gegen diese von der Natur gegebenen Aufgaben, bringt er das ganze System durcheinander, dass darauf ausgerichtet ist der Königin zu dienen und sie und ihren Nachwuchs am Leben zu halten. Nur die Starken, die Perfekten dürfen überleben, alle anderen werden sofort eliminiert. Sind sie doch eine Bedrohung für das Überleben des Bienenstocks, der sowieso schon vielen Gefahren ausgesetzt ist. Zumal das System des Bienenstocks nur ein Punkt in einem viel weitläufigeren Kreislauf der Natur ist.


    Vielfältigkeit, Individualität und Persönlichkeit zählen nicht, werden unterdrückt. Wer schlau ist weiß, dass ein System erst dann wirklich gut funktioniert, wenn jeder Einzelne seine spezifischen Fähigkeiten mit einbringt, dass dadurch einzelne Wesen zu einem perfekten Ganzen zusammengefügt werden.


    "Die Bienen" ist ein wirklich interessanter und einfallsreicher Roman, der mich mit einer sehr besonderen Protagonisten, die nicht aufgibt und ihre Träume im Auge behält, zu begeistern weiß. An der ein oder anderen Stelle ist mir die Geschichte etwas langatmig, im Großen und Ganzen ist "Die Bienen" eine Lektüre, der man sich - dank der faszinierenden Gedankengänge der britischen Autorin Laline Paull - nur schwer entziehen kann.

    "Es war der 9. November 1989, einer jener Tage, von denen es später hieß, sie seien in die Geschichte eingegangen. Für die ganze Welt wurde es der Tag, an dem die Berliner Mauer fiel, und danach war nichts mehr wie vorher. Für Alex blieb es der Tag, an dem sie Oliver traf, doch auch für sie war danach nichts mehr wie vorher, kein Stein auf dem anderen und keine Wand mehr intakt."


    Alexandra kann kaum glauben, was ihre Freundin Maike ihr erzählt. Die Berliner Mauer wird eingerissen. Es passiert gerade jetzt. Sie beide werden Zeuge eines großen geschichtlichen Ereignisses. So wie auch schon ihre Großmutter Zeuge großer geschichtlicher Ereignisse war. Doch während Alex in einer Zeit lebt, in der von Freiheit und Toleranz gesprochen wird, gehört Paula zu der Generation, die nicht nur den ersten, sondern auch den zweiten Weltkrieg erlebt hat. Auch damals hat man von Freiheit und eigener Meinung geträumt. Bekommen hat man aber nur Intoleranz, Hass und Armut.


    Für Alex ist dieser Mauerfall trotzdem auf eine Art bedrückend. Warum das so ist kann sie sich nicht erklären. Sie hat immer von Reisen in ferne Länder geträumt, doch diese nun zu unternehmen, den sicheren Schutz der heimischen Wohnung, in der sie und ihre Großmutter eine ganz eigene Gemeinschaft gebildet haben, zu verlassen, macht ihr Angst. Ebenso wie die Menschenmassen, die sich das Ereignis am 9. November nicht ergehen lassen wollen. Dort trifft Alex auf Oliver, der Mann, der sie scheinbar aus ihrer Lethargie, aus ihrem Nest heraus holt und ihr dabei hilft ihre Flügel auszubreiten und endlich zu fliegen. Doch keiner rechnet damit, dass sein Anblick bei Alex' Großmutter einen Herzinfarkt auslöst. Was ist in Paulas Vergangenheit geschehen, das sie so tief vergraben hat, dass nur ein Schock es wieder nach oben holen kann? Und was hat Oliver damit zu tun?


    "Wer behauptet, an die Liebe auf den ersten Blick nicht zu glauben, hat nie gewartet und war nie bereit."


    Auch bei "Als wir unsterblich waren" und mir war es Liebe auf den ersten Blick. Als ich das Cover gesehen habe, das eine nachdenkliche junge Frau vor der Kulisse Berlins Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt, war es um mich geschehen. Ich wollte unbedingt wissen, was dahinter steckt. Wollte diese Frau kennen lernen, ihr folgen in eine Zeit, in der Menschen so fürchterlichen Belastungen ausgesetzt waren.


    Ich wurde nicht enttäuscht. Es war eine harte, aber auch wundervolle Zeitreise. Meine Begleitung eine junge Frau, die stark und tapfer für ihr Land, ihre Mitmenschen, für Freiheit und Gerechtigkeit und für ihre große Liebe kämpft. Gebeutelt von Rückschlägen und Verlusten, gibt sie nicht auf, hat immer ein offenes Ohr und ein großes Herz für Andere. Sie erlebt ein Schicksal wie es wohl viele - Frauen wie Männer und Kinder - in Kriegszeiten erlebten. Schicksale, die nicht in Vergessenheit geraten sollten.


    Charlotte Roth hat mich mitgenommen in ein bildgewaltiges Deutschland im beginnenden 20. Jahrhundert. Hat eine Atmosphäre geschaffen, die mich sehr bewegt hat. Zusätzlich habe ich einen Einblick in einen anderen Bestandteil unserer Geschichte bekommen, der ziemlich anders und doch auch ähnlich ist, was Wünsche und Hoffnungen, aber auch Ängst der Menschen angeht. Die Berliner Literaturwisschenschaftlerin zeigt, dass wir - egal welcher Generation - die Geschichte unseres Landes, unseres Volkes mittragen. Dass wir doch damit zu tun haben, auch wenn wir nicht mehr direkt damit zu tun haben. Dass es für uns aber wichtig ist diese Geschichte, als unsere anzuerkennen, um nicht dieselben Fehler zu machen, die schon unsere Ahnen gemacht haben.

    Ich muss gestehen ich habe mich zunächst aufgrund des sehr ansprechenden Covers dafür entschieden "Die Schatten von London" zu lesen und war mir gar nicht so ganz sicher, ob mir der Inhalt, eine möglicherweise aufgewärmte Jack the Ripper Sache, wirklich zusagt. Der Serienkiller aus dem 19. Jahrhundert ist zwar eine sehr interessante Figur, aber gelingt es einer jungen amerikanischen (!) Autorin tatsächlich diesen Teil der englischen Historie in einen guten Roman zu verpacken ohne olle Kamellen aufzuwärmen? Ich war skeptisch ...


    Doch dann begann ich zu lesen und - yes she did it!! Maureen Johnson rockt den Paranormalen Jugendroman! Unfassbar wie sehr sie mich gefesselt hat. Atemraubend ist hier nicht nur eine Phrase. Mehr als einmal ertappte ich mich beim Luft anhalten, weil die Story einfach so spannend war. Ich habe fast meinen kompletten freien Sonntag mit lesen verbracht. Nur fast, denn das Buch war schneller durch, als der Tag.


    Rory ist Amerikanerin und zieht mit ihren Eltern nach London. Sie wird dort das altertümliche Internat Wexford besuchen. Am Tag ihrer Anreise geschieht in London ein brutaler Mord, der sehr an die Morde von Jack the Ripper erinnern. Während Rory sich an englische Gepflogenheiten gewöhnen und mit zickigen Mitschülerinnen zu kämpfen hat, werden weitere Frauen ermordet und verstümmelt. Wie auch der erste scheinbar eine Kopie der Handschrift des alten Jack. Die Polizei geht davon aus, dass der Mörder auch weiterhin seinem Vorbild nacheifern kann und versucht die Morde voraus zu berechnen. Das versetzt nicht nur ganz London in Angst und Schrecken, sondern auch das Internat Wexford, denn es liegt im Zentrum der brutalen Taten. Und ehe Rory sich versieht, ist sie mitten im Geschehen.


    Rory ist eine Protagonistin, die man vom ersten Moment an mag. Ein Mädchen, das sein Herz auf der Zunge trägt, auch mal ein Fettnäpfchen mitnimmt und ein Kumpel zum Pferde stehlen ist. Mit so einer Figur verbringt man gern seine Lesezeit. Vor allem dann, wenn die Schöpferin trotz Debütantinnen Status schon so gut schreibt. Ich mag gar nicht so gern ins Detail gehen, denn im Roman lauern so viele Überraschungen, die jeder Leser selbst entdecken sollte. "Die Schatten von London" ist ein Jugendroman, der Spaß macht, den man gerne liest und der zum Glück der Auftakt einer Reihe ist, denn auf Rory möchte ich in meinem (literarischen) Bekanntenkreis nicht mehr verzichten!

    "Sprosse war der beste Name der Welt. Sprossen bildeten Blätter heraus, die vom Wind und Sonne berührt wurden, bevor sie abfielen, vermoderten und zu Erde wurden, auf der wohlriechende Blumen wachsen konnten. [...] Zwar rief sie niemand so, aber der Name gab ihr ein gutes Gefühl."


    Sprosse lebt auf im Hühnerstall eines Bauernhofs. Es wird von ihr erwartet, dass sie jeden Tag ein Ei legt. Anerkennung bekommt sie dafür keine. Traurig beobachtet sie täglich das andere Federvieh des Hofes, das draußen herum laufen darf und die Freiheit genießen kann. Außerdem hat das andere Geflügel Nachwuchs. Auch Sprosse wünscht sich ein kleines Küken, das sie umsorgen und bemuttern kann. Ein einziges würde ihr schon genügen, doch wie soll das gehen, wenn die Bäuerin ihr jeden Tag ihre Eier wegnimmt. Das will sich Sprosse nicht länger bieten lassen und geht in Streik. Sie weiß zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass Hühnern, die keine Eier mehr legen, das Ende droht. Doch Sprosse ist eine echte Rebellin, die ihre Ziele fest im Blick hat. Koste es was es wolle. Sogar das eigene Leben.


    "Jedes Mal, wenn die Bäuerin ihr eines wegnahm, blieb Sprosse mit leerem Herzen zurück: Ihr Stolz über das gelegte Ei verwandelte sich in Traurigkeit. Jetzt, nach über einem Jahr im Hühnerstall,fühlte sie sich ausgebrannt."


    "Das Huhn, das vom Fliegen träumte" ist eine Fabel der koreanischen Autorin Sun-Mi Hwang, Professorin für Literatur in Seoul. Das Buch, das so zart ist wie eine frische Eierschale, die noch nicht richtig ausgehärtet ist und doch im Verlauf der Geschichte mehr und mehr dazu wird, eroberte koreanische Bestenlisten und wurde sogar als Animationsfilm verfilmt. Zu Recht, wie ich finde, denn diese kleine Geschichte über Träume, Familie und den Blick unter die Oberfläche ist etwas ganz besonderes. Ich gestehe, ich war zunächst skeptisch, ob mich die Faszination der Fabel, die mich als Kind so fesseln konnte, auch heute noch zum Lesen animiert. Spannend wie eh und je ist es, zu entdecken, was hinter den Figuren der Fabel steckt. Warum sie gewählt wurden und was sie dem Leser sagen möchten.


    " 'Sprossen sind auch die Mütter der Blumen', erklärte sie weiter. 'Sie atmen , sie widerstehen Wind und Regen, sie speichern das Sonnenlicht, und sie bringen weiße Blüten hervor. Ohne sie gäbe es keine Bäume. Sprossen sind lebenswichtig.' "


    Sprosse ist die herzigste Protagonistin, der ich seit langem begegnet bin. Mutig und unerschrocken kämpft sie dafür ihre Träume, ihre Ziele zu erreichen, wofür ganz besonders wichtig ist, dass man sie nie aus dem Blick verliert. Schon schnell merkt sie, dass es nicht so leicht ist aus den Traditionen, aus dem Gefüge konservativen Denkens auszubrechen. Äußerlichkeiten spielen eine große Rolle. Anders sein hingegen findet wenig Akzeptanz. Doch manchmal zeigt ein genauer Blick unter die Oberfläche, dass dort mehr Gemeinsamkeiten stecken, als zunächst erwartet.


    Es ist nicht immer der einfache Weg, der einen zum Ziel führt, und schon gar nicht das Schwimmen mit der breiten Masse, das zum Glück führt. Individuell sein, selbstständig denken, auch mal Hürden in Kauf nehmen, das macht stark und glücklich. All das lehrt uns eine furchtlose Henne mit großem Herzen in einer liebenswerten kleinen Geschichte, die zum Nachdenken bewegt und so zart wie eindringlich illustriert wurde. Klare Leseempfehlung!!

    Die Hüter von Gonelore sind eine Bruderschaft, die sich um den Schutz des geheimnisvolle Reiches Gonelore kümmert. Denn dieses wird von Chimären bedroht, Ungeheuer, die besonders in der Nacht versuchen die leuchtende Kuppel, die als Schutz dient, zu durchbrechen. Um die Sicherheit des Reiches zu gewährleisten, werden in regelmäßigen Abständen junge Menschen rekrutiert, die eine lange und harte Ausbildung durchlaufen, um die Bruderschaft zu erhalten.


    Einer dieser Schüler ist Jona. Gefunden in einer Höhle, bewacht von einem Drachen. Wie er dort hingekommen ist und warum er dort war, weiß er nicht mehr. Doch eine bestimmte Sehnsucht lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Er ist anders als die anderen Schüler, wird von ihnen abgegrenzt. Nur eine kleine Gruppe Außenseiter behandelt ihn nicht wie einen Verbrecher. Doch dann geschieht etwas mit dem keiner gerechnet hat ...


    Ich muss gestehen, der Einstieg in den Roman war etwas zäh. Obwohl mir sowohl Jona als auch seine gleichaltrigen Gefährten sofort ans Herz gewachsen sind, hatte ich zunächst so meine Schwierigkeiten mich im Roman zu orientieren. Das ändert sich nach ca. 100 Seiten schlagartig!

    Pierre Grimbert, der schon mit früheren Werken wie "Der Magier" oder "Die Krieger" - Reihe gezeigt hat, dass man auch in Frankreich einen Sinn für High Fantasy hat. Seine Schreibe ist locker, liest sich leicht und schnell, was bei Fantasy oftmals nicht der Fall ist. Hat man erst mal den Weg ins Reich Gonelore gefunden, das sich meiner Meinung nach mit keinem mir bekannten Reich aus der Fantasy Literatur vergleichen kann, fühlt man sich darin schnell wohl. Im späteren Verlauf der Geschichte erklärt einer der Protagonisten die Welt Gonelore noch mal eingehender, so dass man sich diese dank der sehr bildlichen Schreibe des Autors sehr gut vorstellen kann.


    Mir ist ja immer lieber eine Geschichte beginnt eher flach und steigert sich dann und nicht umgekehrt. Wer den Weg des ersten Viertels gegangen ist, der wird vom Autor mit einem steil ansteigenden Spannungsbogen belohnt. Hinterrücks fesselt er den Leser, indem er mehr und mehr Geheimnisse in die Geschichte wirft. Nicht nur die Handlung wird interessanter, sondern auch die Charaktere, die zunehmend an Tiefe gewinnen und so dargestellt sind, dass man sie nur mögen kann oder hassen muss. Festlegen sollte man sich lieber nicht, denn Grimbert hält jede Menge Überraschungen bereit.


    Jona bleibt durchweg eine Figur, von der man nicht weiß, wo der Autor sie später einordnen wird. Ist er einer der Guten oder steht er in Verbindung mit den stetig wachsenden Chimären Angriffen. Das macht ihn zu einer der besonders spannenden Figuren, wobei ich wirklich alle Charaktere interessant und überaus gelungen finde.


    Am Ende ist es dann so, dass Grimbert Action und Spannung in schwindelerregende Höhen schießt und den Leser mit einem Cliffhanger zurücklässt. Böse und gemein waren meine ersten Gedanken, aber dann ist mir aufgefallen, dass ich die anfängliche Zähigkeit des Buches ganz vergessen und die restlichen 350 Seiten in einem Weg gelesen habe. Und jetzt will ich nur noch eins: wissen wie es weitergeht!!! Zum Glück ist Band 2 "Der Ruf des Drachen" schon erschienen!

    Schon zu beginn des neuen Jahres gibt es einen Roman, der zwar im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde, der mich aber nachhaltig prägt und lange in meinem Gedächtnis und meinem Herzen verweilen wird. Ehrlich und offen, dramatisch und sehr berührend beschreibt Autorin Marlen Suyara Bodden die dramatische Unterdrückung eines Volkes, das einzig wegen seiner Hautfarbe in die Sklaverei gezwungen wurde.


    "Es war Clarissas Schwäche für alberne Zerstreuungen, denen sie nachging, ohne einen Gedanken an die Konsequenzen ihres Verhaltens zu verschwenden oder daran, welche Auswirkungen ihr Handeln auf andere Menschen hatte. Und es war die Nachsicht ihrer Eltern gegenüber ihrer Selbstsucht, die, als wir älter wurden, noch katastrophale Folgen haben würde."


    Sarah wird als Sklavin geboren. Ihre Mutter Emmeline ist schon lange im Besitz des Hausherren, der auch Sarahs Vater ist. Denn es ist sein Recht seine Sklavin nicht nur für die Hausarbeit zu benutzen. Sein Wille ist in seinem Heim Gesetz. Fast zeitgleich bringt seine Ehefrau Theodora ebenfalls ein Mädchen zur Welt. Auch, wenn die beiden Mädchen Halbschwestern sind und in jungen Jahren viel Zeit miteinander verbringen, nebeneinander aufwachsen, kristallisiert sich schon schnell heraus, dass der kleine Unterschied ihrer Hautfarbe eine riesengroße Mauer zwischen ihnen baut. Eine Mauer aus Unrecht und Unterdrückung. Eine Mauer, die mit den Jahren immer größer wird und von Sarah als solch ein Zwang empfunden wird, dass sie das schier Unmögliche plant: aus der Sklaverei zu fliehen und als freier Mensch zu leben.


    Während ich meine Worte über dieses Buch tippe, treibt es mir schon wieder Tränen in die Augen. Ein dicker Kloß steckt in meinem Hals, der ebenso schnell wächst wie besagte Mauer zwischen Sarah und Clarissa. Ein Kloß, der sich zusammensetzt aus Wut und Scham, über die Ungerechtigkeit, die lange Zeit diesen Menschen widerfahren ist. Die aufgrund ihrer Hautfarbe so ausgenutzt und demütigend, Menschen unwürdig, behandelt wurden. Misshandlungen jeglicher Art ausgesetzt, behandelt wie Vieh, gefüttert, um Arbeitskraft zu sein, unterdrückt und klein gehalten, um dem Besitzer großer Plantagen keine Arbeit zu machen. Selbstständig denken verboten. Ja sogar mit körperlicher Züchtigung belegt. Egal ob Mann, Frau oder Kind.


    " '[...] Das ist ungesetzlich, und ich bin überzeugt, Sie wissen warum es gefährlich ist, wenn auch nur ein Sklave alphabetisiert wird.'
    'Glauben Sie denn, es wäre überhaupt möglich, dass sie es lernt?'
    'Nein, aber es gibt Berichte aus dem Norden, in denen es heißt, dass einige Neger es können. Ich denke zwar, dass das nur so ein Ammenmärchen der Sklavereigegner ist, aber man kann nie vorsichtig genug sein.' "


    Erzählt wird aus den Perspektiven von Sarah und Theodora, was dem Leser die Tragweite der unerhörten Ungerechtigkeit gegenüber menschlichen Wesen noch bewusster macht. Besonders bewegt haben mich die Abschnitte der Geschichte, in denen Sarah noch jung ist, das Ausmaß der Sklaverei erkennt, aber nicht verstehen kann. Wie auch, denn an all dem was da passiert gibt es nichts zu verstehen. Traurig, aber wahr. Noch trauriger, dass die Menschen, die glauben sie seien schlauer als andere Wesen dieser Erde, scheinbar nichts dazu gelernt haben. Die Medien sind voll von Rassenhass, gegen den sich Autorin Marlen Suyara Bodden, die als Anwältin für die Legal Aid Society in New York tätig ist, stark macht. Dies macht sie auch mit diesem Buch, das ich in einem durch lesen musste und das mich so sehr berührt hat, dass ich fast durchgängig beim Lesen geweint habe. Das passiert nun wirklich nicht oft. Ich hoffe, dass dieser Roman viele Leser findet. Vor allem solche, die ihre eigene Meinung gegenüber ihren Mitmenschen überdenken müssen, aber auch solche, die sich für Andere stark machen und wissen wie wichtig es ist, dass es Autoren wie Marlen Suyara Bodden und Romane wie "Der Himmel über Alabama" gibt.

    Vorfreude ist die größte Freude und sorgt bekanntlich dafür, dass im Kopf bestimmte Erwartungen entstehen. Bei einem Buch ist es die Erwartung an Handlung, Schreibe oder Protagonisten. Ganz besonders hoch sind diese, wenn frühere Werke der Autorin zu den Lieblingsbüchern zählen.


    Genau so ist es mir mit "Die Begabte" ergangen. Trudi Canavans Reihe "Das Zeitalter der Fünf" zählt zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Ich bin nach wie vor ganz fasziniert von der Welt, die sie in der Trilogie erschaffen hat und schwelge noch jetzt in positiven Erinnerungen an Traumweber Leiard und Priesterin Auraya. Kein Wunder, dass ich es kaum erwarten konnte "Die Begabte" in Händen zu halten. Rein optisch ist das Buch auch wieder sehr ansprechend und zu seinen Vorgängern passend gestaltet, so dass es sich perfekt in mein Fantasyregal einfügt.


    Dann begann ich zu lesen. Die erste Überraschung: die Schreibe der Autorin kann mich in diesem Buch gar nicht fesseln. Sie wirkt fast banal im Vergleich zur "Zeitalter"-Reihe. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven. Zum einen aus der Sicht des jungen Archäologen Tyen, zu dem ich leider so gar keinen Draht fand, zum anderen aus der Sicht der jungen Rielle, die mir auf Anhieb sympathisch war. Ich empfand sie als wesentlich interessanter und habe die Abschnitte, die sich um sie drehen auch einfach lieber gelesen. So war das ganze Buch für mich eher ein Auf und Ab.


    Erwartungen und Vergleiche machen es einem Buch schon schwierig, bevor es überhaupt richtig begonnen hat. Ich will nicht ausschließen, dass ich selbst ein bisschen Schuld daran habe, dass "Die Begabte" und ich nicht so richtig Freund geworden sind. Ich wünsche Trudi Canavan, dass andere Leser einen besseren Zugang zur Geschichte finden und werde ihr mit dem zweiten Band sicher noch eine Chance geben.

    "Es ist nämlich so, dass ich finde, dass es keinen intensiveren Augenblick gibt als einen Abschied. Also, ich meine, so einen Abschied von einem Menschen, der alles bedeutet, und wo sich das Herz schon verklemmt, wenn man nur daran denkt, dass er vielleicht irgendwann nicht mehr da ist."


    Albert fotografiert Abschiede. In Hamburg am Bahnhof. Heimlich, denn nur nicht gestellte Fotos sind echt. Zeigen echte Gefühle, das was Menschen in Momenten des Schmerzes, der Trauer der Trennung wirklich fühlen. Oder zumindest das, was Albert hinein interpretiert. Denn schließlich ist es immer nur ein kleiner Augenblick aus einer großen Lebensgeschichte, den er mit seiner Kamera festhalten kann. Albert glaubt an die große Liebe, auch, wenn er durch die Trennung seiner Eltern erfahren musste, dass diese nicht bis ans Lebensende hält.


    Auf einer seiner Fototouren trifft er auf Kati. Eine Schönheit, zumindest auf den zweiten Blick. Auf den ersten wirkt sie eher zottelig, ein bisschen verrucht, aber auch ein bisschen verloren. Diese Wirkung hat sie nicht nur auf Albert, sondern auch auf den Leser. Wo Kati genau lebt, lässt sich nur schwer in Erfahrung bringen. Der Bahnhof ist der Ort an dem sie sich häufig aufhält. Zusammen mit einer kleinen Gruppe Jugendlicher, die entgleist sind, in deren Leben kaum etwas eine Rolle spielt, außer die Beschaffung von Drogen. Kein guter Umgang für Albert, der aus einem sehr behüteten Umfeld stammt. Aber eben auch noch nichts erlebt hat. Nicht einmal die erste Liebe.


    "Das Mädchen nähert sich ihm wie ein ängstlicher Hund, der mit eingeklemmtem Schwanz um ein bisschen Zuneigung bettelt. Geduckt und vorsichtig, als würde sie damit rechnen, jederzeit einen Tritt zu kassieren. Sie zog ihn am Ärmel und fragte irgendwas, aber der Typ wischte sie weg wie einen Krümel auf der Jacke. Sie tat mir so leid, wie sie danach dastand und ihn mit leeren Augen anschaute."


    Liebe in verschiedene Facetten ist einer der Leitgedanken dieses Jugendromans der sich auf ganz unaufgeregte Weise, ganz klar und damit sehr echt, mit einer harten Thematik auseinandersetzt. Kinder ohne Zuhause, Drogenkonsum, Leben auf der Straße, all dem begegnen die beiden Protagonisten, die einen sehr unterschiedlichen Blickwinkel darauf haben. Kati, die schon vor langer Zeit ihre Familie verloren hat, im Heim gelebt hat und jetzt auf irgendeine Art am Abgrund zu stehen scheint und Albert, der zwar Scheidungskind ist, aber all diese Dinge bisher nur mal im Fernsehen gesehen oder darüber gelesen hat. Kontroverse Sichtweisen bedingt durch eigene Erfahrungen, Erlebnisse, vom Autor Christoph Scheuring, deutlich dargestellt und harmonisch miteinander verbunden. Erfahrungen, die unberechenbar machen, die dazu führen, dass Kati und viele andere Jugendliche den Blick für Werte und Wertigkeit aus den Augen verloren haben. Was ist noch von Wert, wenn man das wertvollste schon verloren hat? Weder materielle Dinge, noch Geld können das wiederbringen. Welchen Wert hat das Leben noch? Ein sehr trister Gedanke, der viele Jugendliche im Roman so sehr beschäftigt wie im "echten" Leben eben auch. Schicksale, die so oder so ähnlich täglich geschehen. Kinder, die allein sind, denen der Wert des Lebens entfallen ist und die sich hinter Mauern aus Lügen, hinter selbst zusammen gesponnenen Schutzwällen, hinter der Flucht in den Rausch, hinter Verhaltensauffälligkeiten und Gewalt verstecken, um nicht vor ihrer eigenen Haustür kehren zu müssen. Die eine Momentaufnahme stricken ähnlich der Fotos, die Albert macht.


    " 'Liebe ist doch kein Gefühl. Das ist ... wenn der andere kotzen muss, dass du dann auch über der Schüssel hängst ... und dass du weißt, was der andere denkt, bevor er es denkt. Und dass du seine Höhle bist, wenn er Schutz braucht, und dass du ihn gegen jeden und alles verteidigst, auch wenn er im Unrecht ist.'"


    Neben all der Schwere der Thematik, hat "Echt" auch etwas Leichtes. Albert, den Jungen, der etwas naiv, wie durch eine Kamera die Welt betrachtet, noch an das Gute und die große Liebe glaubt und beweist, dass auch ein kleiner Stein eine Lawine ins Rollen bringen kann. Wir begleiten ihn auf seinen ersten Schritten ins Erwachsenleben, schauen dabei zu, wie er seine eigenen Erfahrungen macht und wie er dadurch die Möglichkeit bekommt den Lebensweg einzuschlagen, der für ihn passend sein könnte. "Echt" ist echt harter Tobak, in Kombination mit dem Kontrast echt lockere Schreibe, echt gut umgesetzt. Inhalt und Buchoutfit passen perfekt zusammen, denn der vom Magellan gewählte Buchdeckel aus Pappe ist ohne Schnörkel, ohne Zusätze so klar und unverfälscht wie die Geschichte.