Beiträge von pepperann

    Kalinka ist die einzige Überlebende ihrer jüdischen Familie. Alle anderen wurden von deutschen SS-Mitgliedern, die in der Ukraine stationiert sind, um dort ihre Pflichten zu erfüllen, getötet. Um ihnen zu entkommen flieht Kalinka und findet Unterschlupf im ukrainischen Naturreservat Askania-Nowa, das für den Erhalt seltener, regionaler Wildtierrassen gegründet wurde.


    „Das menschliche Herz ist ein seltsames Ding, doch das gilt auch für Pferde und ganz besonders für Wildpferde.“


    Dort leben neben Wildtieren, wie eine kleine Herde der ganz seltenen Urzeitpferderasse Przewalski, auch der Tierwärter Max und sein Windhund Taras. Seit eine Gruppe deutscher SS-Soldaten in Askania-Nowa eingezogen ist, muss er ihnen behilflich sein, sich dort zurecht zu finden. Eine Aufgabe, die er gegen seinen Willen erledigt, ihn aber davor bewahrt ebenfalls erschossen zu werden. Denn das passiert mit den Przewalskis, die nicht dem entsprechen, was der deutsche Hauptmann Grenzmann unter einem hübschen, sportlichen Pferd versteht. Ein Hengst und eine Stute können der Gewalttat entkommen, werden gerettet von Kalinka und gehen eine ganz besondere Freundschaft mit ihr ein.


    „ '[…] Das SS-Hauptquartier trifft die Entscheidungen in allen Rassenangelegenheiten. Und im Falle der Przewalski-Pferde hat Berlin mir befohlen, die Arbeit zu vollenden, die die Natur bereits begonnen hat, Max. Nämlich eine biologisch ungeeignete Rasse aus der Tierpopulation des Großdeutschen Reiches zu entfernen, um die Linie von vernünftig domestizierten Pferden wie Molnija davor zu schützen, von euren herumstreunenden Höhlenponys verunreinigt zu werden.[…]' “


    „Winterpferde“ ist ein sehr beeindruckendes, emotionales Buch, das mich sehr bewegt hat. Angesprochen vom ausdrucksstarken Cover konnte Philipp Kerr, der mir bisher nur durch seine Fantasyromane für Kinder bekannt war, mein Interesse für diese sehr besondere Geschichte, die von einer historischen Gräueltat berichtet, wecken. Meine Angst, dass der Roman zu bedrückend und düster ist und große Traurigkeit bei mir auslösen würde, war größtenteils unbegründet. Man kann die Auge nicht davor verschließen, dass in den 1940ern ganz, ganz schreckliche Dinge passiert sind, die auch von Philipp Kerr nicht verherrlicht werden, aber die Hoffnung, die Kalinka in sich trägt, der Mut gegen Tod und Ungerechtigkeit anzukämpfen, dominieren und sorgen dafür, dass die Tränen der Trauer, denen der Erleichterung und Rührung weichen.


    „ 'Ich glaube, man hat immer eine Wahl. Das ist das, was uns zu Menschen macht. Jeder, der behauptet, er hätte keine Wahl, könnte genauso gut sagen, dass er nicht besser ist als Molnija, der sein Gebiss zwischen den Zähnen trägt und einen Sattel auf dem Rücken.' “


    Philipp Kerr benutzt einen eher ruhigen Erzählton, setzt den Schwerpunkt auf fein herausgearbeitete Charaktereigenschaften, mit deren Hilfe eine sehr bildliche Darstellung von Historie, Handlung und Landschaft entsteht. Besonders die deutschen Soldaten stellen sich durch ihre Aussagen, die kontrovers und verblendet sind, auch ohne ihre Taten, in ein schlechtes Licht. Möchten besonders schlau und herrschaftlich erscheinen, wirken aber dümmlich und lösen beim Leser Wut und Missfallen aus.

    „ 'Aber diese Leute hier sind noch schlimmer. Das macht der Krieg aus den Menschen: Er verwandelt sie ihn böse Monster.' “


    Das Mädchen Kalinka begibt sich auf eine mutige Reise, die nicht komplett der Realität entspricht und einige eher märchenhafte Passagen erhält, aber so dicht an der Historie des Zweiten Weltkriegs angelehnt ist, dass sie sicher so ähnlich tatsächlich passiert sein könnte. Dass die Rasse der Przewalskis fast ausgestorben wäre und auf nur neun Stammpferde zurückgeht, ist nicht Kerrs Feder entsprungen, sondern entspricht Tatsachen. Mir gefällt wie der Autor auf die irrsinnigen Gräueltaten des Kriegs hinweist, diese einbettet in die bewegende Geschichte eines Mädchens und zweier Pferde, die ein ähnliches Schicksal und eine besondere Freundschaft teilen, und so einen sehr lesenswerten Roman entwickelt, der für mich einer der Lesehiglights der Herbst- / Winterprogramme ist.

    ACHTUNG!! „Der Thron der Finsternis“ ist der vierte Teil einer Reihe und enthält Spoiler zu vorangegangenen Bänden des Dämonenzyklus.


    Seit drei Jahren heißt es jährlich warten auf den neusten Band des Dämonenzyklus. Um die Wartezeit zu überbrücken und meine Erinnerungen etwas aufzufrischen, habe ich mir Teil drei „Die Flammen der Dämmerung“ als Hörbuch angehört. Das war auch gut so, denn so fiel mir der Einstieg in „Der Thron der Finsternis“ leicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass diejenigen, deren Leseerfahrung mit dem dritten Band schon länger zurück liegen, mehr Schwierigkeiten hatten wieder ins Geschehen hineinzukommen, denn vor allem die krasianischen Namen klingen sehr gleich und erschweren die Unterscheidung der Figuren.


    Beim Hören des Hörbuchs ist mir aber vor allem eins aufgefallen: wie gern ich die Reihe inklusive der sehr vielfältigen Figuren doch mag. Vom ersten Band an, bin ich Fan, aber jetzt ist mir nochmals bewusst geworden, wie gut die Serie doch ist und wie wohl ich mich mit Charakteren, Setting und Handlung tatsächlich fühle.


    „ ' […] Die Magie verwandelt einen Funken Wut in eine Flamme und eine Flamme in ein Dämonenfeuer. […] ' “


    Im Vorfeld ist mir aufgefallen, dass „Der Thron der Finsternis“ nicht so viele gute Kritiken bekommen hat, wie seine Vorgängerbände. Ich frage mich warum. Sicherlich gibt es hier und da kleine Längen, aber die hat es auch schon in den anderen Romanen gegeben. Dass fast 1000 Seiten nicht nur von Kampfszenen, Intrigen und Schlachten beherrscht werden, finde ich keineswegs qualitätsmindernd. Und wer bis zum Ende durchhält, wird dort mehr als reichlich belohnt.


    Im vierten Teil der Reihe stehen zwischenmenschliche Geschehen im Vordergrund, wodurch der Leser den Hintergrund bestimmter Handlungsvorgänge besser versteht und den Kontakt zu den Figuren ausbauen und vertiefen kann. Nebenfiguren gewinnen meine Aufmerksamkeit, ganz besonders, wenn es sich dabei um die Bewohner des Tals, die Holzfäller und Kräutersammlerinnen handelt. Die krasianische Kultur spricht mich ein bisschen weniger an, vielleicht auch deshalb, weil ihre Inhalte für mich nicht immer ganz nachvollziehbar sind. Ganz besonders gern verbringe ich meine Zeit mit Leesha, die eine meiner Lieblingsfiguren und in diesem Band sehr präsent ist. Arlen und Jardir – so viel kann ich verraten – bekommen in diesem Band nicht so sehr viel Aufmerksamkeit, was aber von den anderen Figuren und deren Handlungen gut aufgefangen wird.


    „ 'Die Seelendämonen wissen, wer du bist. Bei der erstbesten Gelegenheit werden sie dich angreifen.' “


    Die Dämonen sind in der Vergangenheit immer stärker geworden und stellen das in „Der Thron der Finsternis“ nochmals stark unter Beweis. Es ist an der Zeit, dass sich die Völker zusammenschließen und gemeinsam in den Kampf ziehen. Stellt sich die Frage, was passiert, wenn das Rudel seinen Anführer verliert? Werden sie kopflos? Gelingt es ihnen sich trotzdem aktiv gegen den Feind zu stellen? Oder zerfleischen sich die machthungrigen unter ihnen gegenseitig?


    Bis zum letzten Fünftel des Romans unterhält Brett den Leser mit Handlungssträngen, die sicherlich für den finalen Band von Notwendigkeit sind, die aber eher unter den Begriff nettes Geplänkel fallen, als mit extremer Spannung zu fesseln. Ich habe auch diese Abschnitte wirklich gern gelesen, habe mich aber hin und wieder gefragt, ob sie tatsächlich relevant sind. Sind sie. Denn ganz plötzlich schlägt Peter V. Brett mit unglaublicher Wucht zu und plötzlich ergeben viele zuvor erzählte Passagen einen größeren Sinn. Ich war völlig baff mit welcher Schärfe er die Spannung in die Höhe zieht und zum Teil so schockiert, dass ich in ein Gefühschaos stürzte, dass mich fast zum heulen gebracht hat. Überraschende Handlungen und Schockmomente, die ich in all meinen vorangegangenen Spekulationen nie und nimmer erwartet hätte. Ganz zum Schluss breitet sich nochmals solch eine Finsternis aus, dass ich dem fünften und vermutlich finalen Band mit Schrecken, aber auch Ungeduld entgegen blicke.


    Edit: Autorenname im Threadtitel ergänzt. LG JaneDoe

    Achtung!! Dies ist der dritte Band der Reihe „Lockwood & Co.“ Die Rezension kann Spoiler zu vorangegangenen Folgen enthalten.


    Am liebsten würde ich ein zweites Achtung aussprechen. Denn „Achtung!! Diese Serie macht süchtig!!“ Mich zumindest. Und dass so sehr, dass ich am liebsten direkt einen weiteres Abenteuer der Geisterjäger verschlingen würde und zusätzlich andere Bücher des Autors Jonathan Stroud. Aber nun heißt es leider, leider wieder warten. Für alle, die eben so begeistert von Lockwood, George und Lucy sind, denen rate ich, sich dringend auch die Hörbücher zu besorgen, denn die bereiten wirklich viel Freude und helfen beim Überbrücken. Die Geschichten der jungen Geisterjäger kann man durchaus mehrfach verschlingen.


    Im dritten Teil wird es ziemlich spannend. Nicht nur ein Geist treibt sein Unwesen, sondern gleich ganze Scharen. Sie treten in so großer Menge auf, dass sie nicht von einer Agentur allein gebannt werden können. Lockwood und seine Angestellten sind wohl oder übel gezwungen mit ihren ärgsten Gegnern zusammen zu arbeiten. Ist das überhaupt möglich? Denn die Geisterjagd erfordert nicht nur Können, Geschick und sensible Fähigkeiten, sondern auch Vertrauen zu den Kollegen, denn sie sind es, die dir den Rücken frei halten.


    Jonathan Stroud steigert sich mit jedem Band der Serie. Seine Figuren reifen, es kommen neue, ebenfalls sehr gut herausgearbeitete Charaktere hinzu und auch die Aufträge werden immer verzwickter. Die Spannung wurde so oft angezogen – gefühlt immer am Ende eines Kapitels – dass ich mich manchmal wirklich zwingen musste, das Buch aus der Hand zu legen. „Lockwood & Co.“ ist einfach ein wirklich gutes Gesamtkonzept. Die Figuren sind anders, teilweise speziell, immer mit Charakterzügen, die sie unverwechselbar machen und gleichzeitig einen Wiedererkennungswert haben. Für mich war es nicht nur ein spannendes Erlebnis „Die raunende Maske“ zu lesen, sondern auch ein heimeliges Gefühl, da mir Lockwood, Lucy, George und sogar einer ihrer übersinnlichen Bekannten, sehr ans Herz gewachsen sind.

    Vor etwas über 3 Jahren erschien das eigenwillige Debüt der jungen Österreicher Autorin Cornelia Travnicek. "Chucks" lautete der Titel, der mich ebenso ansprach wie die Aussicht auf eine tiefgründige, traurige Geschichte. Bis dato hatte ich fast ausschließlich historische Romane, Fantasy und eher leichte zeitgenössische Literatur gelesen. Dass es Geschichten gibt, in denen man auch zwischen den Zeilen lesen kann, war mir neu. Statt das Neue zu erkennen und mich darauf einzulassen, verschloss ich mich dem, wandte mich vom Buch ab. Ich stempelte es ab mit den Worten "kein gutes Buch" und gab es weg.


    Heute, drei Arbeitsjahre als Sozialpädagogin mit besonderem Interesse an Verhaltens- und Entwicklungspsychologie und Berufserfahrung in pädagogischen sowie psychologischen Bereichen, später, weckt die Autorin mit ihrem neusten Roman "Junge Hunde" mein Interesse und ihr Debüt "Chucks" kommt mir wieder in den Kopf. Ich mache mir Gedanken dazu. Frage mich, ob ich es nun, mit oben genannten Lebenserfahrungen, vielleicht anders betrachten würde und ertappe mich bei dem Wunsch es noch lesen zu wollen - was mir eher selten passiert. Auf der Buchmesse bekomme ich Gelegenheit mit Autorin und Verlagsmitarbeiterin zu sprechen, beide finden die Idee eines Re-Reads gut, auch auf die Gefahr hin, dass ich das Buch erneut nicht mag. Doch wie so oft ist die Veränderung der Perspektive sinnvoll für die Betrachtung.


    "Warum sich die lange Mitte unseres Lebens immer um den unvermeidlichen Anfang und das zu vermeidende Ende dreht."


    Mae ist Einzelkind. Zumindest seit dem Tod ihres Bruders. Leukämie hat ihn dahin gerafft, nach und nach zerstört. Mae hat dabei zugesehen. Unwissend aufgrund ihres Alters und mangelnder Aufklärung durch die Eltern. Eigentlich ist sie auch kein Einzelkind, denn die Eltern haben ja schon seit Beginn der Erkrankung aufgehört sie zu beachten. Alles drehte sich nur noch um ihren kranken Bruder. Eine Mae-Welt gibt es Zuhause nicht mehr. Ein Kreislauf, der in vielen Familien auftritt, in denen eins der Kinder schwer erkrankt.


    Mae nimmt sich selbst in die Hand. Sie landet bei Tamara und deren Punk-Freunde, adoptiert diese sozusagen als ihre neue Familie. Ob sie ein guter Umgang für Mae sind, sei dahingestellt, aber sie geben ihr das, was sie schon lange vermisst: Aufmerksamkeit, Geborgenheit, Akzeptanz. Wie man richtig damit umgeht, weiß sie nicht, hat sie möglicherweise verlernt. Das bekommt auch Jakob zu spüren, mit dem sie später eine feste Beziehung eingeht.


    "Das bin ich, sind wir, im Endeffekt: nicht gern allein."


    Das Verhältnis zur leiblichen Familie ist gebrochen. Der Vater hat diese schon vor langer Zeit verlassen, die Beziehung zwischen Mutter und Mae ist kalt und leer. Lange versucht Mae dort Aufmerksamkeit zu bekommen. Doch die Mutter traut sich nicht angemessen zu reagieren. Angst und Trauer beherrschen sie nach wie vor. Zwischen ihr und ihrer Tochter gibt es keine Interaktion mehr, nur noch ein dunkles Loch. Es kommt, wie es kommen muss - Mae wird straffällig.


    Um einer Haftstrafe zu entgehen, leistet sie Sozialdienst ab. In einem Haus für Aids Kranke. Dort lernt sie Paul kennen und auf besondere Art finden die beiden zueinander. Mae muss sich nun wieder damit auseinandersetzen, dass ein Mensch, der ihr am Herzen liegt, von einer Krankheit aufgefressen wird, bis nichts mehr von ihm da ist. Man könnte sich fragen, warum sie sich das noch einmal antut? Warum sie all diese Qualen auf sich nimmt? Aber es ist ihre Art Ruhe zu finden. Ihre Möglichkeit den Sterbenden zu begleiten, Abscheid zu nehmen und bewusst die Trauer zu verarbeiten.


    " 'Was sonst? Wir haben doch nur Angst, dass es aus sein könnte, dass wir dieses und jenes nicht mehr erleben. Wir ärgern uns, dass der Spaß ein Ende hat.'
    'Und der Schmerz?'
    'Der Schmerz ist dann die Sache all jener, die noch länger hier bleiben.' "


    Ich empfinde die Grundstimmung des Romans als sehr drückend. Ich habe Mitleid mit Mae, deren Leben anders hätte verlaufen können, sollen, wenn es darin nicht so viele unausgesprochene Worte, so viele unterdrückte Taten gegeben hätte. Außerdem mag ich Paul, Jakob und Tamara, die jeder seine eigene Last zu tragen haben, zum Teil aber auch von Mae mit reingezogen werden, kann ihnen nur schlecht beim Leiden zusehen.


    Vor drei Jahren fand ich Maes Verhalten sehr seltsam und vor allem abstoßend. Sie sammelt Pauls Fußnägel in Tupperdosen ... hallo?! Heute erkenne ich die Gründe für ihr Verhalten, weiß wie es dazu kommen konnte. Welche Erfahrungen sie zu der jungen Frau gemacht haben, die sie ist. Wie sehr sie immer noch von Verlusten und Ängsten beherrscht wird und an allem festhält, was sie festhalten kann. Nicht normal, aber erklärbar.


    "Das ist, was Paul erreicht: dass ich mich erkannt fühle."


    Ich habe den Roman diesmal richtig gern gelesen. Die kurzen, prägnanten Sätze der Autorin gefallen mir. Sätze, die auf verschiedene Arten gelesen werden können - oberflächlich unterhaltend oder eben auch tiefgründig und nachdenklich. Die volle Punktzahl bekommt die Cornelia Travnicek für "Chucks" immer noch nicht. Dafür ist die Beziehung zwischen Mae und mir einfach zu kühl. Mae kann halt nicht anders, aber ich auch nicht. Außerdem brauche ich noch ein bisschen Spielraum für die anderen Romane der Autorin, denn die möchte ich nun unbedingt auch lesen.

    Noch ganz frisch sind die Emotionen zu "Fieber am Morgen", das ich vor zwei Tagen beendet habe. Gedanken dazu haben sich festgesetzt. In meinem Kopf. Und vor allem in meinem Herzen. Eine Liebesgeschichte von ernster Schönheit. Tragisch in Vorgeschichte und Verlauf, aber zum Glück - so viel darf ich verraten - mit Happy End. Wohlverdient.


    "Fieber am Morgen" ist die wahre Geschichte des Ungars Miklós Gárdos. Vater des Autors Péter Gárdos. Miklós hat das KZ überlebt, den Aufenthalt bei den Russen, konnte bis nach Schweden fliehen und bekommt nun gesagt, dass ihn eine Krankheit das Leben kosten wird. Nach allem, was er durchgemacht. Nach all diesen Augenblicken, in denen er dem Tod von der Schippe gesprungen ist, will dieser ihn nun tatsächlich für sich selbst beanspruchen. Ohne Miklós. Das lässt er sich nicht bieten. Er ist ein Kämpfer, ein Streiter. Und wenn der Tod ihn haben möchte, dann soll er nur kommen.


    " 'Weißt du was, Harry? Dann lass ich mir eben Kiemen wachsen. Er kriegt mich nicht klein.' "


    Mit ihm gehen wird er auf keinen Fall. Denn in naher Zukunft möchte er endlich heiraten. Keine Schwedin, sondern eine Ungarin. Eine Frau, die seine Sprache spricht, die - wie er auch - ungarischer Herkunft ist, eine ungarische Seele hat. In Schweden wurden 117 Frauen aufgenommen, die ebenfalls dem Nationalsozialismus entkommen konnten und aus Miklós Heimatstadt stammen. Jeder einzelnen der 117 Frauen schickt er einen Brief mit demselben Text. Einige von ihnen antworten ihm. Doch nur eine kann sein Herz berühren. Lili.


    " 'Es gibt keine andere. Entweder sie - oder ich sterbe.' "


    Péter Gárdos, preisgekrönter Theater- und Filmregisseur, hat in "Fieber am Morgen" die Liebesgeschichte seiner Eltern aufs Papier gebracht. Rekonstruiert anhand der Liebesbriefe, die sie sich ein halbes Jahr lang hin und her geschrieben haben, und an Erzählungen beider Elternteile, die lange Zeit eher vage waren. Zu tief sitzt auch nach all den Jahren der Schmerz, den die Erlebnisse des Krieges verursacht haben. Narben, die vermutlich nie ganz verheilen und bei zu starker Berührung aufreißen könnten.


    " 'Mit der Abscheu muss man vorsichtig sein. Sie kann leicht in Hass umschlagen. Gleich darauf folgt die Aggression. Dann kommt die Ideologie. Und am Ende werden sie in ihrem gesamten Leben nichts anderes mehr tun, als Fliegen zu verfolgen.' "


    All dies kann der Leser spüren. In den feinen Worten, die Péter Gárdos wählt, um die zarte Geschichte der beiden Flüchtlinge nachzuerzählen. Schnell weicht der Klang seiner Stimme der von Lili und Miklós, die sich ganz behutsam annähern. Der Kostbarkeit ihrer Liebe bewusst. Einem Lichtblick in einer Zeit, die auch nach ihrem Entkommen aus der Todesmaschinerie, noch allzu düster und bedrückend ist. Das Leben als Flüchtling ist schwierig. Sie sind Fremde in einem fremden Land. Bekommen Hilfe angeboten, aber keiner versteht sie so wirklich. Nur wer dergleichen Herkunft ist, wer ähnliches mitgemacht hat und die von Tod, Schmerz, Leid und Dunkelheit geprägten Erlebnisse am eigenen Körper erfahren hat, weiß wie Krieg und weiterleben sich anfühlen.


    "Kleines Kerlchen, noch weißt du nicht, was die Stirn
    unseres Erdteils zerfurcht,
    für dich hier im Norden war's nur ein Gestirn
    das Flugzeug am Himmel, für uns war's Furcht.
    [...] "


    "Fieber am Morgen" ist ein berührender Roman über Krieg, Liebe und Hoffnung. Die sanfte fast literarische Schreibe des Autors dringt mit einer auf den ersten Blick ungeahnten Heftigkeit unter die Haut. Grausame Erlebnisse, verpackt in die Schönheit der feinen Worte Gardós' schlagen ein und erzielen ihre Wirkung, indem sie dafür sorgen, nichts zu vergessen. Sie haben Kraft. Eine ähnliche Kraft, wie die Liebe seiner Eltern. Eine Kraft, die dazu geführt hat, dass Miklós Gardós etwas schier unglaubliches gelungen ist.

    Das Frl. Kubitschek hat der Liebe abgeschworen. Um zu beweisen, dass sie nur Lug und Trug ist, nutzt sie ihren Kassiererinnenscharfsinn und verführt mit viel List und Scharfsinn verheiratete Männer, die sie nach einer Nacht wieder fallen lässt. Ihre eigene Art ihre Vermutung, dass Liebe und Treue nur Humbug sind, zu bestätigen.


    Elise Buffke ist 94 Jahre alt. Ihr Herz ist schon lange zu Eis gefroren. Seit sie ihre große Liebe verloren hat, ist sie lediglich zum schönen Giovanni, dem jungen Kellner ihrer Stammkneipe nett. Alle anderen bekommen nur ihre verbitterte Seite zu sehen. Ganz besonders Charlotte Kubitschek. Denn mit der kann sich die "fiese Elise" immer gute Wortgefechte liefern. Und sowieso ist das junge Ding ziemlich frech und ungezogen.


    Als die beiden ungleichen Frauen Opfer der Geldgier ihres Vermieters werden, scheint die einzige Möglichkeit einer Mietkündigung zu entgehen darin zu bestehen, sich zusammenzuschließen und gemeinsam gegen den Vermieter anzukämpfen. "Einer für Alle und Alle für Einen" soll ihr Schlachtruf sein. Ob dieser umzusetzen ist, bleibt fraglich.


    "Fräulein Kubitschek pfeift auf die Liebe" ist eine humorvolle Geschichte, die mit zwei großartigen Protagonistinnen und einem rotzig, schnoddrigen Erzählton den Leser für sich gewinnen kann. Mir hat es ganz besonders Elise Buffke angetan. Sie ist nicht nur eine Frau mit einer Geschichte, die sehr anrührend ist, sondern vor allem ein Charakterweib. Sie sagt, was sie denkt und ist wahrlich nicht auf den Mund gefallen. Ihre Sprüche sind nichts, was neu erfunden wurde, bringen mich aber trotzdem zum Lachen, weil sie einfach so herrlich zu ihr passen. Als Feindin würde ich sie keinesfalls haben wollen. Als Lesebegleitung ist sie eine Wucht!


    Auf den ersten Blick scheinen die beiden Frauen sehr unterschiedlich. Im Herzen sind sie sich jedoch näher, als sie glauben. Diese Annäherung der beiden charakterlich sehr starken Frauen, hat mir große Freude bereitet und hat für mich das Thema Liebe eher in den Hintergrund gerückt, was ich keinesfalls als störend empfunden habe.


    Ein Kritikpunkt ist, dass ich stellenweise das Gefühl hatte, als wäre die Geschichte eine gekürzte Lesung. Gedankengänge, die von der Autorin sicherlich gut durchdacht sind, auf dem Papier - aus welchen Gründen weiß ich nicht - aber eher beschnitten wirken.


    Das Lesevergnügen wird dadurch nur geringfügig geschmälert, denn der Roman lebt von seinen wunderbaren, sehr charakterstarken weiblichen Hauptfiguren.

    Eva hat das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren, als man ihr mitteilt, dass ihr Mann Jackson bei einem Angelunfall ums Leben gekommen ist. Obwohl sie noch nicht lange ein Paar gewesen waren, hatten sie vor kurzem geheiratet. Eva war sich so sicher, denn ihre Liebe war etwas ganz besonderes, fühlte sich unfassbar echt an.


    "Sie ist wunderschön, sieht aber auch unglaublich traurig aus. Es ist, als hätte jemand ein Licht in ihr ausgeknipst."


    Um die Erinnerungen an Jackson frisch zu halten und ein wenig mehr an seinem vergangenen Leben teilhaben zu können, reist sie nach Tasmanien, Jacksons Heimatland. Dort möchte sie seine Familie kennenlernen und etwas über Jacksons Kindheit, sein Leben dort und ihn selbst erfahren. Was dazu führen sollte, ihrem Herzen gut zu tun, sorgt nun dafür, dass es Stück für Stück zerbricht. Denn Jacksons Leben mit ihr war ein einziges Geflecht aus Lügen.


    Autorin Lucy Clarke ist bei mir mit einem positiven Lesegefühl verankert. Ihr Debütroman "Die Landkarte der Liebe" konnte mich mit einer intensiven Geschichte begeistern. Nun hat sie einen Roman nachgelegt, der mich so sehr gefesselt hat, dass ich nur so hindurch geflogen bin.


    Protagonistin Eva ist sehr sympathisch. Sie so sehr unter dem Verlust ihres Mannes leiden zu sehen, verursacht fühlbar Schmerzen. Konfrontiert damit, dass Jackson ihr gemeinsames Leben auf Lügen aufgebaut hat, löst so viel Mitgefühl aus, dass man sie am liebsten in den Arm nehmen möchte. Das hat sie eigentlich nicht nötig, denn sie ist eine wirklich starke Protagonistin, die wertvolle Unterstützung von ihrer besten Freundin Callie bekommt und unverhofft auch von ihrem Schwager Saul.


    " 'Das Allerschlimmste ist - dass ich jetzt auch noch meine Vergangenheit verloren habe.' "


    Lucy Clarkes Umgang mit dem Leser ist gekonnt und geschickt. Häppchenweise - verursacht durch wechselnde Erzählungen aus Evas Alltag und einer Art Briefform oder Gedanken Jacksons an Eva - wirft sie dem Leser Informationen zu Jackson und seinen Lügengeschichten vor. Geheimnisse mit denen niemand, weder seine Familie, noch ein Leser je gerechnet hätte.


    Seite für Seite habe ich mich durch den Roman gefressen, um herauszufinden, was einen Mann dazu treibt, ein solches Lügengeflecht als eigene Realität, als Geschichte seines eigenen Lebens auszugeben. Und wie wird seine Frau, die ihn über alles geliebt hat, die sich sicher war, dass jeder kleinste Funken Gefühl eine große, ganz echte Liebe ist, damit um, wenn sie die Wahrheit erfährt? Obwohl es einen Erzählstrang gegeben hat, der für mich leicht vorauszusehen war, bin ich erfreut darüber wie sehr mich Lucy Clarke mit ihrem spannend durchdachten und doch sensiblen Roman, der vor der wundervollen Kulisse Tasmaniens und seinem farbenfrohen Meeresleben spielt, begeistern konnte.

    Frieder hat einen Suizidversuch hinter sich. Tabletten. Misslungen, aber weder aus Frieders Kopf verdrängt, noch aus denen seiner Freunde und seines Umfelds. Nach seinem Aufenthalt im "Schwarzen Holz" darf er wegen der Angst, die nun alle um ihn haben, in ein eigenes Haus ziehen. Das Auerhaus. Eine WG gründen mit seinen Freunden oder was immer die anderen fünf für ihn sind. Aber hilft das Frieder wirklich wieder einen Sinn in seinem Leben zu finden? Und hat man mit 18, kurz vor dem Abi / mitten in der Ausbildung / der Findungsphase des Lebens überhaupt eine Ahnung vom Sinn des Lebens und wo man ihn suchen muss?


    "Sie wurde nicht mal achtzehn. Nicht achtzehn zu werden, war scheiße. Wenn man nicht achtzehn wurde, war alles umsonst."


    Erzählt wird der Roman aus der Ich-Perspektive. Der Jugendliche, der die Erzählung übernimmt, wird nicht mit Namen genannt, scheint aber ein wirklicher Freund Frieders zu sein. Einer, den Frieders Schicksal wirklich berührt, der sich Sorgen macht und so auch sein eigenes Leben in Frage stellt. Bei den anderen vieren ist das nicht so sicher. Cäcilia möchte schon etwas erreichen. Erfolgreich sein und das Ansehen ihres Umfeldes genießen.


    "Frieder sprach jetzt immer von Freitod. Ich hatte nicht das Gefühl, dass Frieder besonders frei war, als er die Tabletten geschluckt hatte. Wenn alles auf die eine Entscheidung rauslief, wo war da die Freiheit?"


    Die anderen befinden sich sehr auf der Sinnsuche, die dieser Generation häufig zu eigen ist. Egal, in welchem Jahrzehnt wir uns befinden - auch das deutet der Autor nur an (wer sich mit Musik auskennt, errät es schnell). Das Gefühl, mit dem Frieder und die Bewohner des Auerhauses zu kämpfen haben, ist auf eben diese Generation in fast jedem Jahrzehnt transportabel. Dieses herum schwimmen zwischen Jugendlich sein, von Eltern oder Erwachsenen behütet, und selbst Erwachsen werden, Verantwortung für sich selbst übernehmen. Nicht wissen, wo man ist. Nicht wissen, wo es hingehen soll. Keinen Plan davon, was man will, aber genau wissen, was man nicht will. Spießig sein. Das Leben der Eltern nachleben. Zu dem Einheitsbrei werden, den man täglich vorgelebt bekommt. "Birth - School - Work - Death."


    Es ist die Zeit des Ausprobierens. Die Zeit in der man auch mal vom rechten Weg abkommt. Alles Mögliche erprobt. Freundschaften, Liebe, Sex, Drugs, Rock'n'Roll. Weniger auf die coole, als vielmehr auf die melancholische Weise, denn eigentlich ist es ernst. Findet man nicht den Weg, der zu einem passt, ist man möglicherweise den Rest seines Lebens unglücklich. Ein hoher Berg, den es zu überwinden gilt. Für manche zu hoch.


    "Frieder sagte: 'Ich wollte mich nicht umbringen. Ich wollte bloß nicht mehr leben. Ich glaube, das ist ein Unterschied.' "


    Bov Bjergs "Auerhaus" ist das interessante Porträt einer Generation. Von Robert Stadlober wird der Roman mit einem Song verglichen. Ein Vergleich, den ich ganz passend finde, denn der Wiedererkennungswert, das aufkommen lassen einer längst vergessenen Stimmung, diese Eigenschaften eines Songs, hat auch "Auerhaus". Und damit eröffnet es auch die Möglichkeit von verschiedenen Lesern verschieden gelesen, verschieden empfunden zu werden. Und damit eröffnet es mir die Möglichkeit zu sagen: gute Leistung, Herr Bjerg!

    Melissa ist 25 Jahre alt, ihr Leben läuft in mehr oder minder geordneten Bahnen. Eine renommierte Boulevardzeitschrift hat ihr ein Jobangebot gemacht, ihr Freund Sam einen Heiratsantrag. Für beides hat sie zunächst einmal Bedenkzeit erbeten. Als sie ein Kind war, ist ihre Mutter verstorben. Ein Ereignis, das dafür gesorgt hat, dass Melissa Leben und Glück, Zukunft und Perspektiven skeptisch gegenüber steht.


    Ihre Mutter hat ihr zum Abschied ein Buch geschrieben und das sie jetzt in ihrem 25. Lebensjahr ausgehändigt bekommt. Ein Buch, in dem sie alte Familienrezepte auflistet, in das sie Fotos eingeklebt hat und mit dem sie sich, ihr Leben und den Abschied von ihrer Familie erklärt. Eine Liebeserklärung der besonderen Art.


    Schon während ich für euch die inhaltliche Zusammenfassung von "Für alle Tage, die noch kommen" schreibe, bekomme ich wieder Gänsehaut und einen kleinen Kloß im Hals, so schön, so berührend und so voller echter Gefühle ist der Debütroman der sympathischen Autorin Teresa Driscoll.


    Im Vordergrund der Geschichte steht die Beziehung zwischen Mutter und Tochter, die zumeist einen ganz besonderen Stellenwert hat und selbst dann nicht ersetzt werden kann, wenn der Vater so großartig ist wie Max. Melissa hat seit Jahren damit zu kämpfen, dass sie ihre Mutter so früh verloren hat. Man merkt es ihr nicht an, denn sie hat einen guten Schutzwall um sich gezogen, doch innerlich brodelt es in ihr. Das von ihrer Mutter extra für sie geschriebene Buch holt viel Vergessenes wieder ans Tageslicht und bringt sie dazu den schrecklichen Verlust endlich aufzuarbeiten.


    Dass Teresa Driscoll als Verbindungsstück der beiden Frauen Rezepte gewählt hat, finde ich eine hervorragende Idee. Viele von uns kennen sicher diese Momente in denen uns ein Geruch, ein besonderer Geschmack an etwas erinnert. Und ganz bestimmt kennt jeder diese Gerichte, die nur dann richtig schmecken, wenn Mutter oder Großmutter sie zubereiten. Etwas Vertrautes wird in uns geweckt. Oftmals ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit, ein Gefühl von Sicherheit und Schutz. Ein Gefühl, das Melissa empfindet, als sie die Rezepte liest und später nachkocht, und das so wundervoll auf den Leser transportiert wird, dass auch er im Roman, in den Briefen von Eleanor ganz viel Wärme spürt.


    "Für alle Tage, die noch kommen" ist ein Roman der authentisch und gefühlvoll von Geborgenheit, Nähe und Verlust erzählt. Von einer Mutter, die für ihr Kind gekämpft, aber diesen Kampf verloren hat. Einer Tochter, die ihre Mutter zu früh verloren hat und nun auf eine besondere Art und Weise deren elterliche Liebe geschenkt bekommt. Ob die Optik des Buches ein wenig kitschig ist, darüber kann man streiten. Der Inhalt ist es definitiv nicht. Teresa Driscolls Debüt hat innen drin ganz viel zu bieten. Ganz viel Liebe und Herz.

    Die Rithmatik ist die Fähigkeit Kreidezeichnungen mit Hilfe von mathematischen Berechnungen und Magie so zu gestalten und zum Leben zu erwecken, dass sie in den Kampf gegen Menschen oder andere rithmatische Zeichnungen ziehen können. Der Rithmatist ist derjenige, der diese Zeichnungen erstellt, kontrolliert und für den Kampf rüstet.


    Joel lebt ist Schüler des Armedius Internats. Seinen Platz dort hat er durch ein Stipendium bekommen, das man ihm nach dem Tod seines Vaters, einem geschätzten Kreidehersteller, überschrieben hat. In der Rithmatik darf er nicht unterrichtet werden, da er bei der Ausbildung vorangehenden Weihe, nicht dazu erwählt wurde. Zu seiner Freude darf er seinen Sommer als Forschungsassistent des geschätzten Rithmatik Professors Fitch verbringen, von dem er sich einige Lehrstunden in Theorie und Praxis der Rithmatik erhofft. Zu seinem Leidwesen ist auch Melody, eine der reichen Schülerinnen des Internats dabei, da sie unbedingt Nachhilfe in der Rithmatik benötigt. Als ein Entführer sein Unwesen treibt und wilde Kreidlinge auf dem Internatsgelände auftauchen, finden sich Joel und Melody schnell zwischen den Ermittlungen wieder. Wer ist der Unbekannte, der eine Abneigung gegen Rithmatisten hegt? Und wie gelingt es Joel doch noch seinen großen Traum zu erfüllen?


    Kann es sein, dass Sanderson wirklich so banal ist und eine Internatsgeschichte auf den Jugendfantasymarkt schmeißt? Scheint so und doch ist es ganz anders, denn es ist ihm tatsächlich gelungen mit seiner Idee der Rithmatik etwas gänzlich neues zu erschaffen. Zumindest habe ich zuvor noch nichts vergleichbares gelesen. Nicht nur thematisch kann sich Sanderson problemlos mit anderen Fantasy-Internatgeschichten messen, auch seine Figuren sind so sympathisch, dass der Leser sie auf Anhieb mag. Nicht nur die Protagonisten Joel, Melody und Prof. Fitch bestechen durch charismatische Eigenheiten, sondern auch die Nebenfiguren leben durch viel Charme, Witz und auch Antipathien. Es entsteht eine Atmosphäre, in der man sich augenblicklich wohlfühlt und von der man sich wünscht sie noch über viele Bände hinweg, einsaugen zu dürfen.


    Meine Begeisterung hat sich Sanderson mal wieder mit seinen schriftstellerischen Fähigkeiten erwirkt. Wie kann es sein, dass ein Autor bereits so viele Bücher geschrieben hat und doch immer wieder so unterschiedliche Geschichten erzählen kann? Beginnend beim Thema über Figuren bis hin zur Atmosphäre ist er in der Lage von ruhig, sanft, tiefgründig bis hin zu mega spannend und actiongeladen alles zu erschaffen. Und das scheinbar mühelos, aber eben mit viel Herzblut.


    Obwohl "Der Rithmatist" nicht durchweg extrem actionreich ist, bewirkt er mit dem Wohlfühlfaktor und dem Interesse, dass die Geschichte beim Leser auslöst, dass man das Buch geradezu inhaliert. Ehe man sich versieht ist man schon im letzten Drittel angekommen, in dem die Spannung nochmal ordentlich in die Höhe schießt. Und das ist auch schon das Ende da. Traurig, dass es schon vorbei ist und mit einigen Appetithäppchen zur Fortsetzung muss der Leser sich gedulden bis der nächste Teil erscheint. Was hoffentlich schon sehr bald ist ("The Atzlanian" / voraussichtlicher ET für die Originalausgabe: 2016).

    Felix ist verschwunden. Vor Jahren hat er sich davon geschlichen und ist nicht wieder gekommen. Nicht mal ein Lebenszeichen hat er an Louise und Paul oder Agnes gesendet, dabei sind sie so dringend auf ihn angewiesen. Denn nur er ist derjenige, der aus dem Gefüge, in das Paul genetisch nicht hinein gehört, sich seine Angehörigkeit dazu aber verdient hat, eine Art Familie machen kann. Er ist das Bindeglied, die Schnittstelle, mit deren Hilfe sie alle ihren Platz finden. Ohne ihn sind sie schier kopflos. Irren orientierungslos umher und wissen nichts sinnvolles mit sich und ihrem Leben anzufangen.


    "In der Zeit nach Felix' Verschwinden schien es ihr, als hätten sich unsichtbare Schrauben in ihrem Körper gelockert, als sei das Rückgrat kaum mehr mit dem Becken verbunden, als hätten sich alle Gelenke gelockert, als befänden sich die Knochen nur noch in loser Verbindung miteinander."


    Während eines Aushilfsjobs in Prag lernt Felix den Künstler Ira Blixen kennen. Er sieht nicht aus wie Felix, aber da ist so viel an ihm, das Paul sicher sein lässt, dass es sich bei dem unbekannten Mann um Felix handelt. Ist der Wunsch Vater des Gedankens oder ist dieser Künstler, der sich absurder Weise für Knochen, für Struktur und Festigkeit interessiert, und weniger für den Geist des Menschens, obwohl er selbst wie einer wirkt, tatsächlich der längst verschollen geglaubte, der vermisste Freund, Bruder, Weggefährte, Retter aus allen ausweglosen Situationen?


    "Dieser Tage ist Paul sich mit Louise über kaum noch etwas einig, hierin aber stimmen sie einander zu: Felix versteckt sich in den Details."


    Mit derselben Verzweiflung mit der Paul einst zuerst Dinge, dann Felix, seine Familie, sein Leben geWOLLT hat, will er nun Klarheit, bevor er wieder zurück nach Hause reist. Er informiert Felix' Schwester Louise und kann nicht anders, als in seine Wohnung zurückzukehren. Doch Blixen folgt ihm. Dringt in sein Leben ein, setzt sich dort fest, so wie Paul es einst in Felix' Leben getan hat. Eine Umkehr des Gefüges oder reiner Zufall?


    "Im Wohnzimmer auf der Couch sitzend spürt Louise es deutlich: Etwas ist mit ihr im Raum. In den letzten Wochen hat sie es immer wieder gesehen, seine zarten Umrisse in der Luft, und manchmal streift es sie, manchmal nimmt es eine Gestalt an, dann kann sie es beinahe erkennen, beinahe sagen: Es ist ein Tier, ein Mensch, ein Geist. Aber immer zersetzt es sich in derselben Sekunde."


    Katharina Hartwell, die zurecht bereits mehrfach ausgezeichnete Jungautorin, spielt auch in ihrem zweiten Roman wieder mit Vorstellung und Realität. Kann man sich in Wunschdenken so sehr verbeissen, dass die Gedanken Wirklichkeit werden? Dass Menschen wiederkehren? Menschen, die verschwunden sind und nach vielen Jahren wieder auftauchen, ohne in der Zwischenzeit Spuren hinterlassen zu haben? Ohne, dass all die Jahre Spuren an ihnen hinterlassen haben?


    " '[...] Aber seitdem ich denken kann, seitdem ich ich bin, trage ich ein anderes Leben bei mir, wie ein Geheimnis in einer verschlossenen Truhe. [...]' "


    "Der Dieb in der Nacht" frisst sich Seite für Seite in das Leserhirn. Manipuliert, verwirrt, bedrückt ebenso wie Blixen. Lange bleibt der Leser im Unklaren, ob es sich tatsächlich um den verschollen geglaubten Felix handelt, dessen Innerstes sich umgekehrt hat oder um eine Farce seiner Figur, nur darauf aus, seinen Platz im Leben einzunehmen. Ein Spiel, das Hartwell mit ihren Lesern treibt. Spannend und aufreibend bis zum letzten Satz.

    Und wieder hat mich Adriana Popescu mit einem ihrer Romane bis zur letzten Seite begeistert. "Ein Sommer und vier Tage" ist ihr erster Ausflug ins Jugendbuch Genre, in dem sie gezeigt hat, dass sie es einfach drauf hat.


    In "Ein Sommer und vier Tage" lernen wir zwei ganz wundervolle Protagonisten kennen. Die schüchterne Paula, Einser-Schülerin, braves Kind mit Struktur und Plänen. Und Lewis, den smarten Lewis mit "W", hübsch, charmant, witzig und ein Kumpel fürs Leben. Ganz anders als der erste Eindruck vermuten lässt, ist er weder ein Weiberheld, noch ein Draufgänger, dem seine Mitmenschen egal sind. Gemeinsam sind sie das perfekte Jugendbuch-Duo. Ein Paar, dessen Herzen die selbe Melodie spielen.


    " 'Nein. Nicht für mich. Für mich ist das Musik. Jeder Herzschlag ist für irgendwen Musik. Und deiner, der ist wie ... wie ein ausverkauftes Konzert meiner Lieblingsband für mich."


    Ihre erste Begegnung ist auf der Busreise nach Amalfi. Dort findet ein Ferienlerncamp statt. Paula, will sich intensiv aufs Abitur vorbereiten, Lewis muss etwas für die Schule tun, um in diesem Jahr versetzt zu werden. Lust auf Lernen hat eigentlich keiner der Beiden. Paula, die noch nicht sehr viel herum gekommen ist, würde gerne etwas vom Land sehen. Verona, Florenz, Bologna. Die Liebe von Romeo und Julia spüren, italienisches Ambiente aufsaugen und Erfahrungen fürs weitere Leben sammeln. Manchmal hat man Glück und das Schicksal erhört die innersten Wünsche. Für Paula ist es eine Möglichkeit sich den Sommer ihres Lebens zu gönnen, als das Reiseunternehmen sie an einem Rastplatz vergisst. Lewis lässt sich diese Gelegenheit nicht entgehen sie zu begleiten, denn Paulas Lächeln, ihre Art, hat ihn vom ersten Moment an begeistert.


    "Er schmeckt nach Kiwi und Zitrone, nach Freiheit, Abenteuer und nach mehr."


    Zu "Ein Sommer und vier Tage" gibt es ganz viel zu sagen und doch reichen eigentlich wenige Worte aus: Es ist der perfekte, tollste, großartigste Sommerroman, den man sich wünschen kann!


    Adriana Popescu ist ganz großartig darin Gefühle auszulösen. Bei ihren Protagonisten und noch viel mehr bei ihren Lesern. Ich habe gelacht, geweint und ganz viel Verliebtheit gefühlt. Ich wäre am liebsten ins Buch reingekrochen und mit durch Italien gereist. Kurz hatte ich die Überlegung im Kopf, ob ich Paula dann gerne nach Hause geschickt hätte, denn es gibt keinen besseren Sommer-Abenteuer-Reisebegleiter als Lewis mit "W", aber sie ist eine so sympathische, liebenswerte und nette Protagonistin, dass ich ihr das Abenteuer, das ihr zeigt, dass sie sich dem Leben öffnen muss, dass sie in der Lage ist ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und ihre Träume zu verwirklichen, von Herzen gönne. Mein Wunsch auf Urlaub wurde geweckt und ich freue mich, dass ich noch in diesem Jahr zumindest einen der Urlaubsorte, in denen Paula und Lewis gewesen sind, selbst bereisen werde. Ich bin mir sicher, ich werde dort ganz doll an die beiden denken.


    "Die besten Träume sind die, aus denen man nicht aufwachen will. Die sich selbst dann, wenn man die Augen öffnet und die Traumwelt für die Realität verlässt, noch wirklich anfühlen. Wenn man für den Bruchteil einer Sekunde glaubt, dass es mehr als nur ein Traum ist. So wie sich die warme Berührung an meiner Wange noch immer echt anfühlt, obwohl ich die Augen schon geöffnet habe und in die Sonne blinzele."


    Jeder sollte eine Sommerliebe haben. Wer schon den Partner gefunden hat, mit dem das eigene Herz im Gleichklang schkägt, darf diese gern auf literarischem Boden ausleben. "Ein Sommer und vier Tage" ist perfekt dafür. Noch bevor der Sommer endet, solltet ihr zu diesem Buch greifen, euch wegträumen, treiben lassen und die Zeit mit Paula und Lewis, die so wundervoll und ereignisreich ist, genießen.

    Romy unternimmt zum ersten Mal eine Klettertour allein. Normalerweise wird sie von ihrer Freundin Thea begleitet. Die stellt sich gerade dem harten Kampf gegen Krebs und so ist Romy ganz allein, als sie viele Meter in die Tiefe stürzt. Wie durch ein Wunder überlebt sie den Vorfall ohne auch nur eine Verletzung davon zu tragen. Doch seitdem hat sie mysteriöse Träume. Das Gefühl einer Frau in einer ganz anderen Zeit zu begegnen, eine Frau, die scheinbar die selbe Seele in sich trägt, lässt sie nicht mehr los. Als Theas Krebsmittel, das Romy während ihrer Arbeit bei einem Pharmakonzern erforscht, versagt, reisen die beiden Frauen nach La Palma, dorthin, wo Romy ihre mysteriösen Halluzinationen hatte. Denn dort scheint es ein Wundermittel zu geben, dass nicht nur Krebs heilt, sondern viele andere Krankheiten auch. Ein Wundermittel, dass nicht nur vielen Menschen helfen, sondern auch einflussreichen Pharmakonzernen zu viel Geld verhelfen könnte. Ein gefährliches Spiel um Leben und Tod beginnt.


    " '[...] Reichtum ohne Einfluss und Macht ist tatsächlich nur eine Schwierenkomödie. Macht heißt, Dinge zu besitzen, die man für Geld nicht kaufen kann.' "


    Viele hunderte Jahre vor Romys Fund, lebt die junge Heilerin Iriomé. Die Prophezeiung einer Stammesältesten lässt sie bei deren Tod das Versprechen ablegen, Amakuna, die Möglichkeit Kranke zu heilen, mit ihrem Leben zu beschützen und dafür zu sorgen, dass es nicht in falsche Hände gerät. Doch dann wird Iriomés Volk der Guanchen angegriffen. Iriomé flieht mit dem jungen Spanier Joaquin. Doch ist seine Liebe zu ihm berechtigt? Wird er ihr helfen Amakuna zu verteidigen oder ist seine Gier so groß, dass er der falsche Gefährte für Iriomé ist?


    "Romy nickte. Eigentlich wunderte sie gar nichts mehr. Seit sie auf dieser Insel waren, hatten sie nichts mehr selbst in der Hand. Als hätte irgendjemand die Führung übernommen. Fragte sich nur, wohin der Weg ging."


    Susanne Aernecke, Tochter eines Kapitäns und Geschichtensammlerin, hat mit "Tochter des Drachenbaums" einen Roman geschrieben, der mich auf vielen Ebenen positiv überraschen konnte.


    Romy und Iriomé sind zwei strake Protagonistinnen, die den Leser sehr schnell für sich einnehmen können. Mutig und tapfer kämpfen sie für Amakuna, denn sie haben geschworen immer dafür einzustehen. Richtig gelingen kann ihnen das nur, wenn der Mann an ihrer Seite steht, der wahre Liebe für sie empfindet. Ein schwieriges Unterfangen, denn Susanne Aernecke kreiert männliche Protagonisten, die in der Lage sind Figuren wie Leser für sich zu gewinnen und so zu verwirren, dass lange Zeit unklar ist, wer es ernst meint, wer in reiner, echter Liebe zu den beiden Frauen bzw. deren Auftrag steht, und wer einfach nur gierig und Machtbesessen ist. Eine Verwirrspiel, das mir gut gefallen hat und mich zu fesseln vermochte.





    Spannung aufzubauen ist eine Eigenschaft, die der Autorin sehr gut gelingt. Trotz vieler Erklärungen hat sie immer einen straffen roten Faden und behält den Grundgedanken ihres Romans im Blick. Bevor sie sich zu sehr in Beschreibungen verliert, zieht sie immer wieder den Spannungsbogen in die Höhe. Oftmals am Ende eines Kapitels, nachdem sie dann wieder auf die andere Erzählebene wechselt, so dass der Leser einfach weiterlesen muss. Fesselnd und spannend sind sowohl der Teil, der aus Romys Perspektive erzählt wird, als auch der aus Iriomés. Ich kann mich nicht entscheiden, in welchem Zeitalter ich mich lieber aufgehalten habe.


    "Blieb ein Krieger nicht immer ein Krieger? Machte eine Frau, wenn sie verliebt war, nicht immer die gleichen Fehler?"


    Außer dem Wunsch den Roman zu verschlingen (ich habe nur zwei Tage für die über 500 Seiten benötigt), ist bei mir eine große Sehnsucht nach La Palma aufgekeimt. Eine Insel, der ich zuvor noch keine Beachtung geschenkt habe, die dank Susanne Aerneckes lebhaften und farbenprächtigen Beschreibungen ganz neu von mir betrachtet wird. Sowohl die beschriebene Flora der Insel, als auch deren Kultur klingen sehr interessant und wecken Urlaubsgefühle und den Wunsch dort Zeit und Stress zu vergessen.


    "Vielleicht hatte die Äbtissin ja recht, und es gab die wahre Liebe nur zu den Göttern, den Geistern oder Ahnen. Vielleicht waren die Menschen immer nur für eine kurze Zeit in der Lage, dieses große, umfassende Gefühl füreinander zu empfinden, und sanken dann zurück in ihr Dasein, das von Gier, Eifersucht, Geiz und anderen hässlichen Eigenschaften überschattet war."


    "Tochter des Drachenbaums" ist ein interessanter Roman, der eine gefühlvolle Liebesgeschichte gekonnt in die Historie und Kultur der Insel La Palma einbettet. Und trotz aller rosaroten Vorstellungen und dem Wunsch nach der einzig wahren Liebe, die so stark ist, dass sie scheinbar Wunder zu vollbringen vermag, ist der Roman auch unglaublich spannend Teilweise erlebe ich einen Thriller Charakter, wenn Autorin Susanne Aernecke ihre Figuren in ihrer Gier, ihrem Streben nach Macht, agieren lässt und diese dabei über Leichen gehen. Für mich ein lesenswerter Roman, der sich sowohl inhaltlich, wie auch im Setting von einer breiten Masse abzuheben vermag.

    Dies ist der vierte Teil der witzigen Ponygeschichten für große und kleine Pferdefreunde und kann unabhängig von den anderen Teilen gehört werden. Mehr Spaß macht es jedoch, wenn man die ersten drei Bände und damit auch schon Schoko, Keks und alle zwei- und vierbeinigen Bewohner und Freunde des Blümchenhofs kennt.


    Die Ponys trauen ihren Augen kaum, als sie im Gefolge des hochnäsigen Kavaliers, der im Besitz des bösen Donnerheinis ist, eine kleine Ponydame auftaucht. Ihr Reiter ist der ihnen bisher unangenehm aufgefallene Dennis. Wieder einmal macht er seinem Ruf alle Ehre und schlägt das weiße Ponymädchen, als sie nicht sofort versteht, was er von ihr will.


    Schoko ist empört. Wie kann man nur so ein Fiesling sein?! Und überhaupt, ist die Ponydame das wohl hübscheste Geschöpf, das er jemals gesehen hat. Elfa heißt das weiße Ponymädchen, das aus Island kommt und schrecklich Heimweh hat. Sein Bauch hat gar keinen Hunger mehr, seit er sie kennt und überhaupt fühlt er sich so an, als würden darin ganz viele Schmetterlinge herum fliegen. Bruno behauptet, dass es davon kommt, dass er in Elfa verliebt ist. Ob das wohl stimmt? Auf jeden Fall fühlt er sich dazu verpflichtet, Elfa aus den Klauen des Donnerheinis zu retten. Ein nicht ganz ungefährliches Unternehmen. Aber mit Abenteuer kennt Schoko sich ja schon bestens aus.


    "Die Haferhorde" ist einfach super! Witzige Geschichten der Vierbeiner vom Blümchenhof, die man einfach mögen muss. Auch im vierten Band geht es wieder turbulent her. Suza Kolb bezaubert in "Schmetterlinge im Bauch" nicht nur mit Humor und Abenteuer, sondern hat zudem eine kleine und feine Liebesgeschichte eingebaut.


    Bürger Lars Dietrich beweist wieder einmal mehr, dass er nicht nur ein ganz besonderes Sprechtalent ist, sondern auch über gewisse Fähigkeiten im Sprachen erlernen verfügt. Neben dem bayerisch von Bergpony Tony, musste er sich für das neuste Abenteuer der Ponybande auch noch einen isländischen Dialekt zulegen. Wie immer hat er seine Aufgabe mit Bravour gemeistert.


    "Die Haferhorde" zu hören ist jedes Mal ein großes Vergnügen. Mit Witz und Charme verzaubern mich Schoko, Keks und ihre Freunde vom ersten Moment an. Ich kann wirklich jedem Ponyfreund und jeder Ponyfreundin diese Geschichten ans Herz legen.

    "Jedenfalls fühle ich mich plötzlich sehr rebellisch und erschöpft. Diese ganzen Eds und Morrise und nicht-Ahabs und Mädchen mit Kaugummiblasen und kostenlosen Zigaretten, die endlosen Enttäuschungen, Entfernungen und hundert anderen Ents haben mich einfach ausgelaugt."


    Mary Iris Malone - genannt Mim - lebt bei ihrem Vater. Und ihrer Stiefmutter Kathy, die sie nicht sonderlich gut leiden kann. Sie ist Mims Meinung nach der Grund, warum sie so weit von der Mutter weggezogen sind. Als sie einen Brief von ihrer Mom findet, der auf sie mehr als mysteriös, aber eben so klingt, als benötige diese dringend Mims Hilfe. Macht sie sich auf den Weg. Entgegen Mims Erwartungen, wird es eine Reise voller Umwege, Bekanntschaften und Erkenntnis.


    "Der Fernseher lief im leeren Wohnzimmer, aber ohne Ton.
    Niemand war sauer.
    Niemand kümmerte sich um mich.
    Mein Gott, Isabel ... ich hoffe, du weißt nicht, wie sich das anfühlt."


    "Auf und davon" lässt mich etwas verwirrt zurück. Es hallt immer noch in mir nach, obwohl ich es schon seit einigen Tagen beendet habe. Es fällt mir schwer, meine Meinung in Worte zu fassen, denn dieses Buch reißt mich hin und her. Allein diese Tatsache spricht eigentlich dafür, dass es ein gutes Buch ist, aber um es als Highlight zu bezeichnen, fehlt mir das letzte Fünkchen Etwas. David Arnold sorgt auf jeden Fall dafür, dass seine Leser permanent mitdenken, grübeln und in Bewegung bleiben. Seine Geschichte wird ganz sicher für sehr viel Diskussion unter ihren Lesern sorgen.


    "' Ich hab dich gehört. Als du geschlafen hast. Unter der Brücke.'
    Na super.
    'Was habe ich sonst noch gesagt?'
    'Irgendwas mit Feuerwerk', sagt er leise. 'Und noch andere Sachen. Weiß ich nicht. Ich habe auch Feuerwerksgedanken.'"


    Mims Roadtrip ist ... skurril. Es ist keine Reise der gewöhnlichen Art, aber Mim ist auch kein gewöhnliches Mädchen. Sie ist anders, denkt anders und handelt aus dem Bauch heraus. Auch, wenn dieser ihr manchmal etwas falsches einflüstert und sie in Schwierigkeiten bringt, so wie damals, als sie in die Sonnenfinsternis geschaut hat und dadurch auf einem Auge erblindete. Mim ist für den Leser zum Teil ein Rätsel. Sie zu durchschauen fällt nicht leicht und doch möchte man sie gern auf ihrer Reise begleiten. Manchmal benötigt sie dringend einen Weggefährten, denn ihr Können sich in Schwierigkeiten zu bringen, ist ziemlich groß. Und doch muss sie ihre Erfahrungen allein sammeln, um zu der Erkenntnis zu gelangen, die am Ende des Romans wieder so sehr für die Geschichte spricht und in mir den Wunsch auslöst, Mim doch von Anfang an mehr Verständnis entgegen zu bringen.


    "Hattest du schon mal das Gefühl, etwas Wichtiges verloren zu haben, und dann entdeckt, dass du es überhaupt nicht besessen hast?"


    "Auf und davon" hat für mich ein bisschen was von Quentin Tarantino. Wir treffen auf sehr schräge Figuren, sehr fiese, aber auch besondere, liebenswerte Charaktere. Allen ist gemein, dass sie sich doch ziemlich von der breiten Masse abheben. Nicht jeder von ihnen ist leicht zu verstehen, verschanzt sich hinter einer Mauer aus schnöden Verkleidungen. Dahinter zu blicken macht die Schwierigkeit des Buches aus. Ich mag es gern, wenn ich mitdenken muss, wenn Menschen und Geschichten anders sind, als sie auf den ersten Blick scheinen, aber es ist eben nicht jedermanns Sache. Man muss bereit sein für eine Geschichte wie diese. Muss sich den Schockmomenten und verwirbelten Gedanken stellen können. Muss sich öffnen dafür, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, um ihr geduldig entgegen zu treten. Denn auch, wenn Arnold rein sprachlich, sowie mit seiner skurrilen, verschachtelten Denkweise einen Sog aufbaut, der dafür sorgt, dass der Leser das Buch verschlingen möchte, sollte man sich doch die Zeit nehmen, es nach und nach sacken zu lassen. Erst dadurch besteht die Möglichkeit so viel über Freundschaft, Familie, glücklich und unglücklich sein zu lernen wie Mim es tut, und eben nicht alles so hinzunehmen, was einem von Angst und Zweifel eingeredet wird, sondern gründlich zu hinterfragen, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich auch zu trauen, diese auszuleben.

    Gabe und Lea sind ineinander verliebt. Das sieht JEDER!! Ihre Freunde, ihre Dozentin, sogar die Mitarbeiter von Starbucks. Nur Gabe und Lea, die bemerken es nicht. Nicht so richtig zumindest. Jeder für sich weiß, dass er den oder die andere mag, aber ob das bei ihrem Gegenüber auch so ist, darüber sind sie sich absolut nicht sicher.


    Sie möchten so gern aufeinander zu gehen und sich kennen lernen. Aber wie? Und was ist, wenn sie einen Korb bekommen? Gabe ist zudem sehr schüchtern, trägt ein Päckchen mit sich herum, über das er nur ungern spricht. Amor allein schafft es wohl nicht den beiden zu ihrem Liebesglück zu verhelfen. Glücklicherweise hat er jede Menge wohlwollende Helfer an seiner Seite.


    "Er verschränkt die Finger und schaut das Mädchen nicht an. Er schaut sie so offensichtlich nicht an, dass mir klar ist, dass es ihn große Mühe kostet. Als würde sie, wenn er sie doch anschaut, sehen, wie sehr er sie mag."


    Sandy Hall hat in ihrem Debüt "Klar ist es Liebe" eine recht interessante Idee umgesetzt. Die Geschichte wird nicht nur aus der Perspektive eines oder beider Protagonisten erzählt. Ganze 14 Erzähler nutzt sie, um den Leser zu unterhalten. Dafür nutzt sie nicht nur Gabes und Leas engsten Freundeskreis. Die chemischen Reaktionen der beiden, sind sogar für ein weitläufiges Umfeld sichtbar. Slebst die Bank im Park (die ist mir dann auch einen Hauch too much) und das Eichhörnchen, das sich so gern von Lea füttern lässt, bemerken, dass zwischen den beiden eine ganz besondere Sympathie besteht.


    Ganz fein und leicht nähern sie sich einander an, so gefühlvoll, dass man nicht anders kann als sie zu mögen. Sie dabei aus mehreren Perspektiven zu beobachten, finde ich ganz witzig und von der Autorin lässig umgesetzt. Ich mag, dass die Autorin sich nicht nur Mühe mit ihren Protagonisten gegeben hat, sondern Nebenfiguren entworfen hat, die eigene Bücher füllen könnten.


    Hier und da fehlt es mir ein wenig an Spannung. Ich habe mich zwar keine Minute gelangweilt, aber so ein richtiger Sog ist auch nicht entstanden. Der Roman ist wie sein Cover rosarot, fluffig leichte Unterhaltung. Einzig einen Nachmittag hat es gebraucht, um Gabe und Lea bei ihrem Paarungstanz beizustehen, der bei mir für eine nette Lesezeit gesorgt hat.

    Die vier Kinder der Mellows, - Holly, Michael, Claudia, Dashiell -, haben einen recht guten familiären Verbund. Man versteht sich mal mit dem einen besser, mal mit der anderen. In schlechten Zeiten hält man zusammen und so ist es für Michael nur allzu klar, dass er seinen unfassbaren Fund, den von den Eltern herausgebrachten Sexratgeber, der sich so lange schon im Haushalt zwischen all den anderen Büchern - neben einem Öko Diätratgeber - versteckt hält, mit seinen Geschwistern teilt. Die Kinder unterschiedlichen Alters von 8 - 16 Jahren, reagieren mit einer Mischung aus erschrockener Abneigung und Faszination. Als wäre der Name der Eltern als Verfasser dieses Werks, das von Erfahrungen und Berichten lebt, nicht genug der Scham, sind diese unverkennbar - wenn auch als Zeichnungen dargestellt - das Paar, das die verschiedenen Stellungen darstellt, inklusive einer von ihnen selbst erdachten Position, die als das Non-Plus-Ultra beschrieben wird. Ein Fund der das Leben der scheinbar Kinder für immer verändert und erst verarbeitet wird, als es zu einer Neuauflage des Romans kommen soll.


    "Tatsächlich war , wenn man es genau betrachtete, das Geräusch der endenden Kindheit eine fürchterliche Sache. Wenn du einer der übernatürlich begabten Menschen warst, die es hören konnten, wusstest du, dass es dem Zerschellen von Glas ähnelte, dem Aufschlag eines Körpers auf den Boden, wobei du mit einer fürsorglichen Mutter oder einem fürsorglichen Vater gerechnet hättest, der den Sturz auffing, jedoch feststellen musstest, dass es nur das harte, heiße Trottoir des Lebens war, das da wartete."


    Meg Wolitzer kreiert auf sarkastisch, tragisch komische Weise das Porträt einer Familie, die sich aufgrund des Sexratgebers von anderen Entwicklungen familiärer Bande zu unterscheiden scheint, jedoch sehr flexibel auf diverse Familien umlegen lässt. Meg Wolitzer erzählt von vier Menschen, ihren Eltern, und den Lebenswegen den diese Familienmitglieder einzeln und im Kontext zu den anderen eingehen. Der Leser bekommt einen kurzen Einblick in die Kindheitssituation und trifft die Protagonisten dann im Erwachsenenalter wieder. Der Blick liegt dabei auf Charakterzügen, menschlichen Eigenschaften, die jedem einzelnen zu eigen sind. Manche davon schon immer. Tief in ihnen schlummernd, erst zutage getreten, nachdem sie den Sexratgeber der Eltern gefunden haben. Einige veränderten sich zeitgleich mit dem Fund des Ratgebers, der auf die Mellow Kinder zunächst eine verstörende Wirkung zeigte.


    "Holly fror ständig, wie es so viele fünfzehnjährige Mädchen tun. Es war ganz so, als würde die weibliche Haut mit dem Heraufziehen der Pubertät dünner und machte die Mädchen für jeden irrlichternden Gedanken, jede Angst und jedes Verlangen empfänglich, so dass sie sich mit zusätzlichen Schichten bedecken mussten."


    Kann man wirklich dieses Buch, das einen so offenen Blick auf die Eltern zeigt, einen Blick, den Kinder eigentlich nicht erleben, für alle weiteren positiven wie negativen Abzweigungen im Lebensweg verantwortlich machen? Oder hat es die bereits brodelnden Vulkane, die nun für Kluften zwischen einzelnen Beteiligten des Familienkonstrukts sorgen, einfach nur verstärkt, aber eben nicht hervorgerufen? Vielleicht hätten die Mellow'schen Nachkommen gemeinsam, miteinander mit dem Erlebten zurecht kommen können, doch auch ihr Umfeld wusste vom Erfolg von Peter und Roz Mellow und ihrem erfüllten Liebesleben, so dass sie während ihrer Kindheit oftmals auf Verständnis und Mitleid trafen, was eine ungestörte Verarbeitung unmöglich machte und auf gewisse Art manipulativ auf sie einwirkte.


    "Es war, als erwachten die Mellows als Familie in dieser ersten Schneenacht des Winters in New York noch einmal zum Leben, wie ein alter, aufziehbarer Clown, der über Jahrzehnte reglos dagestanden hatte und in dem sich plötzlich ohne jeden Grund etwas verschob, worauf sich die Mechanik noch einmal in Gang setzte und der Clown die Becken wie in einem kutzen Fieber unerklärlicher Aktivitäten gegeneinanderschlug."


    Meg Wolitzer hat interessante Charaktere entworfen. Personen, deren Entwicklungen vom Leser nachempfunden werden können, weil sie realistisch sind und auf Erfahrungen, Erlebnissen und genetisch vorgegebenen Charaktereigenschaften aufgebaut sind. So ist es nur allzu verständlich, dass die Botschaft, die Peter und Roz Mellow über Liebe in die Welt tragen wollten, die sich aber nicht in einen Ratgeber pressen lässt, von jedem ihrer Kinder anders aufgefasst und weitergeführt wird. Jeder Mensch ist anders und jeder verarbeitet Erlebnisse anders. Wer der Kinder sich wie entwickelt hat, ist sehr spannend und soll von mir hier auch nicht weiter ausgeführt werden, denn genau darin liegt der Reiz für den Leser.
    Ein tragikomischer Familienroman, der mich sprachlich wie inhaltlich überzeugen konnte.

    "Nachts" ist ein Debüt, das im Schutz der Dunkelheit spielt, sich selbst aber keineswegs darin verstecken muss. Ins passende Licht gerückt, da gehört dieser Roman, der voll greifbarer Ehrlichkeit steckt, hin. Allein die Sprache der noch recht jungen Autorin Mercedes Lauenstein ist so fein und klar, dass ich sie einfach gerne lese. Ganz gleich in welcher Form zum Ausdruck gebracht.


    Ruhig und leise, tiefgründig, aber auch ein bisschen luftig ist der Erzählton des Debüts, das - wie der Titel schon sagt - in der Nacht spielt und dem Leser eine Protagonistin vorsetzt, von der er im ganzen Buch nichts weiter erfahren wird, als dass sie in der Nacht durch die Straßen zieht und an den Wohnungstüren klingelt, an denen sie zuvor beleuchtete Fenster entdeckt hat. Sie selbst zieht den Tag zum schlafen vor und die Nacht zur Kontaktaufnahme.


    "Für einen Moment kippt meine Wahrnehmung der Nacht. Die Nacht ist plötzlich kein Ende mehr, kein toter Punkt, sondern etwas Neues. Nichts Dunkles, sondern etwas Helles."


    Warum? Für die junge Frau, die Nachtschwärmerin, die Geschichtensammlerin, die Menschenerkunderin, ist es wie eine Sucht. Es liegt ein gewisser Reiz darin, an fremden Türen zu klingeln. Menschen zu treffen, von denen wir nichts wissen. Ein Reiz, der sich auf den Leser überträgt, der eine Spannung aufbaut, die dazu anhält in fast voyeuristischer Vorfreude die nächste Tür zu öffnen, das Schicksal derjenigen kennen zu lernen, die anders als der Großteil der Bevölkerung die Nacht nicht zum schlafen nutzt. Nutzen kann? Welche Gründe gibt es für die Schlaflosigkeit?


    Manch einer versteckt sich in der Ruhe der Nacht. Dem Schutz, den die Dunkelheit bieten kann. Manch einer ängstigt sich vor ihr. Vor dem, was passiert, wenn wir nicht wach sind. Nachts empfinden wir Gefühle anders. Stärker, tiefer, haben zugleich aber die Möglichkeit sie auszublenden. In der Dunkelheit zurückzulassen. Kommunikation ist leichter, wenn man dem anderen nicht in voller Helligkeit ausgeliefert ist. Die Wahrheit kommt einfacher von den Lippen. Sie zu verändern verläuft ebenso mühelos.


    "Er wünschte zwar, seine Tage hätten eine klarere Struktur. Er wünschte, er würde öfter vormittags wach sein. Aber eigentlich mag er diese Momente allein am Fenster, wenn alles außenherum dunkel ist. Das stille, gemächliche Rauchen in die leere, kühle Nachtluft, das Schweifenlassen des Blicks und das Sich-erhaben-Fühlen. Über all die Menschen, die vom Schlaf ausgeschaltet sind."


    Oftmals sind es Menschen die allein leben. Soziale Vereinsamung - ein sich immer mehr ausbreitender Trend? Der Protagonistin scheint dies in irgendeiner Form zu erfahren. Sie klinkt sich ein in die Geschichten anderer Menschen, sucht nach Schicksalen, nach Lebenswegen, an denen sie teilhaben kann. Es scheint, als seien ihre Streifzüge durch die Nacht die Befriedigung ihrer eigenen einsamen Gedanken. Ihre Besuche sind ein Geben und Nehmen zugleich. Manch einer ist froh, lässt sie gern in seine Wohnung, sein Leben. Es tut gut Trauer, Wut, Frust von der Seele zu reden oder einfach nur die Nacht mit jemandem zu teilen.


    Aus ihrem eigenen Leben erfahren wir nichts. Ihre Geschichte hat sie so häufig verändert, dass sie nicht mehr weiß, welcher Teil der Wahrheit entspricht. Für sie bedeutet die Nacht Anonymität. Unabhängigkeit von Gefühlen und Emotionen. Dafür geht sie ein Risiko ein. Schließlich weiß sie nie, wer oder was sie hinter der nächsten Tür erwartet. Die meisten sind harmlos. Menschen, die genug mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen haben, um anderen welche zu bescheren. Mir scheint, als seien viele von ihnen müde. Erschöpft im Geiste. Zu viel erlebt, zu viel gewollt.


    "Nachts, sagt er, fällt ihm das leichter, weil nachts alles weniger ernst ist, weil sich nachts sogar die braven Menschen mit ihren geregelten Tagsüberjobs in ungehemmten Träumen verlieren und nachts deshalb alles Raum hat, was am Tag keinen hat."


    Die Autorin sagt von sich selbst, dass sie ja "nur über Alltagskram" schreibt. Und genau das ist es, was den Roman lesenswert macht. Geschichten, die einfach echt sein könnten. Ich hab all diesen, in wundervolle. leichte Sprache verpackten Alltagskram richtig gern gelesen und kann für "Nachts" nur meine Empfehlung aussprechen.

    "Folgendes habe ich begriffen: Wenn jemand, den man kennt, verschwindet, dann darf man keine voreiligen Schlüsse ziehen. Man sollte Fragen stellen und immer weitersuchen, bis man Gewissheit hat. Man darf den Verschwundenen nicht abschreiben, bis man alle Möglichkeiten ausgelotet hat. Und vor allem darf man die Hoffnung nie aufgeben, sondern muss sie immer im Herzen behalten."


    Meg hat sich gerade an ihr neues Leben in Neuseeland gewöhnt, als die erschütternde Nachricht sie erreicht. Ihr bester Freund, Oscar Dunleavy, ist verschwunden. Einfach so. Wie vom Erdboden verschluckt. Eine Leiche hat man nicht gefunden, aber man ist sich sicher: Oscar ist tot! Meg denkt, dass das einfach nicht wahr sein kann. Sie fühlt es. Sie weiß es. Sie gibt die Hoffnung nicht auf, kehrt zurück in ihre Heimatstadt und muss feststellen, dass sie Oscar in letzter Zeit leider keine allzu gute Freundin gewesen ist.


    "Wenn man vor etwas so große Angst hat, dass man fast erstarrt, und wenn man andererseits positive und freundliche Gefühle haben soll, dann verstummt man. Man möchte mit keinem mehr reden. Am liebsten würde man alle anschreien, sie sollen verschwinden und einen in Ruhe lassen."


    "Das Apfelkuchenwunder oder Die Logik des Verschwindens" ist für mich schon rein optisch eins der schönsten Bücher der Herbstneuerscheinungen. Es verspricht mir eine Wohlfühlgeschichte von besonderer Manier. Der Inhalt dieses kleinen Romans über Freundschaft, erste Liebe, darüber, dass Anders sein etwas großartiges ist, und Hoffnung, kann mit seinem schönen Schutzumschlag mühelos mithalten.


    "Ich versuche mal wieder, die Sache mit dem Apfelkuchen zu erklären. Manche Leute spüren in den Knochen, wenn das Wetter umschlägt. Andere merken, wo unterirdische Wasseradern verlaufen. Ich kann Dinge in der Luft riechen. Quälende Dinge voller Sehnsucht. Diese Gerüche sind für mich ein Zeichen dafür, dass es Zeit ist zu backen."


    Sarah Moore Fitzgeralds Schreibe ist voller Wärme und Herzlichkeit. Mit viel Liebe erzählt sie die Geschichte einer sehr engen Freundschaft aus der sich nach und nach eine zarte Liebe entwickelt. Missverständnisse und die Versuche einer neidischen Intrigantin, ihre eigene Wahrnehmung einer Niederlage wieder wett zu machen, sorgen dafür, dass ein Keil zwischen Meg und Oscar entsteht. Dabei sind sie von Kindesbeinen an Freunde. Oscar ist sowieso bei allen beliebt. Wirklich bei allen. Obwohl er selbst es nicht einfach hat, schon einiges mitmachen musste und immer noch muss, ist er immer fröhlich und gut gelaunt. Er hat für jeden ein offenes Ohr und wird deshalb auch von jedem gemocht. Und wenn es jemandem mal nicht so gut geht, dann backt Oscar ihm einen Apfelkuchen. Und der ist wirklich magisch.


    "Ich gab mir große Mühe, mich und meine Stimme zu beherrschen, als ich sagte: 'Hoffnung ist nie destruktiv. Hoffnung ist das, was uns am Leben erhält.' Ich meinte das ganz ernst. Man muss hoffen, so wie man atmen und Wasser trinken muss."


    Für mich hat "Das Apfelkuchenwunder oder Die Logik des Verschwindens" etwas märchenhaftes. Ein kleiner Hauch Magie und der Glaube an das Gute sind es, die mir dieses Gefühl vermitteln. Alles könnte so schön sein. Oscar und Meg könnten so leicht ihr Glück finden, auch wenn Meg vorüber gehend in Neuseeland lebt und Oscar daheim in Irland bleibt. Denn einer echte Freundschaft können auch so viele Kilometer nichts anhaben. Doch droht ihnen Gefahr, gewoben aus Neid und Missgunst, aus dem Willen der schönste und beliebteste Mensch zu sein. Ganz wie im Märchen ist das Böse nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Doch wie Oscar bereits gesagt hat, darf man die Hoffnung nie aufgeben. Wenn man ganz fest dran glaubt und der Hoffnung vertraut, dann wendet sich vielleicht doch noch alles zum Guten.

    Tim Krohn, in der Schweiz lebender deutscher Autor, wurde bereits vielfach für seine Werke ausgezeichnet. Zuletzt nahm er mit seinem Roman "Aus dem Leben einer Matratze bester Machart", der eine Art Kurzgeschichtensammlung ist, in denen die Matratze als Bindeglied verschiedener historischer Stationen und familiären Situationen benutzt wird, am Wettlesen des Ingeborg-Bachmann-Preises in Klagenfurt teil.


    "Nachts in Vals" ist eine Sammlung aus Erzählungen, die Tim Krohn im Rahmen von Zimmerlesungen im "Hotel Therme" in Vals anbot. Das Hotel dient hier als Mittelpunkt der Geschichten, als Dreh - und Angelpunkt für persönliche Entfaltung, Wendepunkte im Leben eines jeden Gastes.


    "Gleich war alle Erinnerung wieder da, die Sternchenwiese mit den tausend Stühlchen, auf denen die Sterne saßen, deren jedes die Aufgabe hatte, ein Menschenkind sein Leben lang zu schützen und ihm Glück zu schenken. [...] Vor allem aber die Kette winziger Sternenkinder, die noch kein Menschenkind beschützen durften und die doch schon heimlich zur Erde hinabschielten weil - wer weiß? - vielleicht gerade ein Kind geboren wurde, das eben doch ganz dringend einen Glücksstern brauchte."


    Die Nacht hat viele Facetten. Sie bringt Erkenntnis und Ernüchterung, ist aber in gleichem Maße in der Lage zu verschleiern und zu verzaubern. Nachts sieht alles anderes aus. Nachts verändert sich der Blickwinkel. Die Nacht kann verängstigen. Die Dunkelheit der Nacht bietet Schutz, um mutig genug zu sein, sich als wer anders zu fühlen. Stärker, schöner, Liebenswerter. All das mag die Nacht mit dem zu tun, der sich auf sie einlässt. Der sich nicht vor ihr verschließt.


    "Er schämte sich nun für seine Angeberei, und vergeblich suchte er nach einer Sache, auf die er hätte stolz sein können. Dennoch fühlte er sich erbärmlich oder lächerlich neben ihr, er fühlte sich wie frisch geschlüpft, klein und nackt und etwas ungebärdig, und mochte sich so gut leiden."


    Die Nacht als magisch zu empfinden, das löst Tim Krohn mit seinen Geschichten bei mir aus. Gleichwohl seine Schreibe sehr klar und unverschnörkelt ist. Es ist die Nähe zur Realität - manch ein Gast wird sich in den Geschichten ebenso wieder gefunden haben, wie der ein oder andere Leser - die Tim Krohns Erzählungen so leicht zugänglich machen und ihnen dennoch etwas ungewöhnliches anhaften. Ich denke, fast jeder hat in seinem Leben schon einmal eine ganz besondere Nacht erlebt ...


    Die Nacht in Kombination mit dem Ambiente der Leichtigkeit eines Urlaubstages im Hotel, sorgen dafür, dass die Gedanken leichter fliegen. Das neue Gefühle aufkeimen und alte überdacht werden. Tim Krohn fängt diese Gedankengänge geschickt ein, verdichtet sie zu einer unterhaltsamen Sammlung lesenswerter Erzählungen.