Beiträge von Ulf Schiewe

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    Original von Lipperin
    Meine zweite bisherige Lieblingsgestalt des Buches ist neben Hamid eindeutig die Köchin. Mit der hätte ich gar zu gerne mal geplaudert.


    Sie kommt auch noch ein paarmal vor. :-)


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    Seite 359: Aimar hat, so glaube ich, den Held seines Lebens gefunden. Er dauert mich fast ein wenig, wenn ich daran denke, dass er wohl in sein Kloster zurück muss. Andererseits, wenn er wirklich mal auf Pilgerfahrt gehen würde, würde mich sein weiteres Leben ziemlich interessieren, zumal er ja den einen oder anderen nicht gerade kirchenkonformen Gedanken Jaufré mitbekommen hat.


    Auch Aimar bleibt uns noch erhalten. In meinem zweiten Projekt bekommt er sogar noch eine etwas größere Rolle. :wave


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    Seite 360: Was ist denn bloß eine „gallische Nase“? Etwas klobiger oder so?


    So eine lange, etwas dünnere Nase. :-)


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    Seite 376: Nanu, über Odo wundere ich mich jetzt eine Kleinigkeit. Müsste er als Erzbischof nicht eigentlich voll hinter der Kreuzzugsidee gestanden haben? Und es gar als Ehre aufgefasst haben, ein Mitglied seiner Familie daran teilnehmen zu sehen? Oder galt das nur als offizielle Lesart und im mehr oder weniger Geheimen durfte er darüber toben?


    Odo ist ein Politiker und kein Heiliger. Na, und selbst Papst Urban hat mit falschen Karten gespielt. Ihm ging es weniger um Jerusalem, als darum, die katholische Kirche gegenüber Byzanz in Vormachtstellung zu bringen. An die Befreiung des Heiligen Grabes haben wohl eher die Naivlinge geglaubt, Kanonenfutter nannte man die zu anderen Zeiten.


    LG
    Ulf

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    Original von Nachtgedanken


    Und Jaume fehlt auch. Ich würde dafür eher Kyriacos weglassen, "der syrische Verräter" verrät ja auch schon ziemlich viel.


    Das Lesezeichen ist ganz zuletzt, sozusagen nachträglich entstanden. Da muss ich wohl ein bisschen gepennt haben. :-(

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    Original von Herr PalomarJaufré kann sich dem Beiwohnen der Bestrafung nicht entziehen, obwohl es nicht Pflicht wäre. Doch er empfindet eine innere Verpflichtung, durch seine Anwesenheit übernimmt er die Verantwortung für sein hartes Urteil. Dass die Auspeitschszene so lang wird, ist nur durch die unterschiedlichen Männer gerechtfertigt, die die Strapazen verschieden überstehen und der Reaktion des Publikums.
    Für Jaufré war das ganze auch schlimm, er spürt Selbsthass und fängt an zu trinken.
    Er ist in dieser Zerrissenheit ein ambivalenter Charakter, daher besonders interessant.


    Eine Leserin hat bei dieser Szene bemerkt, ihr hätte Jaufré dabei mehr leid getan als die drei gepeinigten Ganoven.


    LG
    Ulf

    Hallo Nachtgedanken,


    dass die Seiten flutschen, freut mich ungemein. :wave


    - Die Seereise hat mir auch Spaß gemacht. Da ich Hobby-Hochseesegler bin und lange Jahre eine Jacht in Holland liegen hatte, musste ich einfach dieses Segelmanöver erfinden. Gut, dass es verständlich rübergekommen ist.
    - Was die Mutter betrifft, Jaufré hat lange Zeit alles, was seine Vergangenheit betrifft verdrängt. Aus unbewussten Schuldgefühlen hat er sich eingeredet, seine Mutter kümmert sich um alles, wie seit eh und jeh. Enthebt ihn ja der eigenen Verantwortung.
    - Haben wir Brun vergessen? Werde ich mir notieren. Danke.
    - Der Ring auf dem Cover ist ein anderer. Wäre ja auch zu schön gewesen, was?


    LG
    Ulf

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    Original von Lipperin
    Die Gespräche Seiten 304, 305 gefallen mir, es sind bemerkenswerte Gedanken, von denen man ja beinahe nur hoffen kann, damals habe sie auch jemand gedacht. Aber wohl keiner von den Menschen wird wohl seine Alpträume los werden.


    Wir lesen immer nur von Fakten über solche Geschehen wie den Kreuzzug. Auch die alten Chronikenb berichten wenig darüber, wie die Männer sich gefühlt haben. Ich habe versucht, mich in diese Kerle hineinzudenken. Warum sollten sie anders sein als heutige Soldaten, die traumageschädigt aus dem Irak oder Afghanistan heimkehren? Da Ritter schon im zarten Alter für den Krieg trainierten, waren sie vielleicht besser vorbereitet. Andererseits ist es noch schlimmer, das hautnahe Gemetzel einer mittelalterliche Schlacht zu durchleben, als aus der Ferne auf den Feind zu schießen. Irgendwann hat der härteste Typ wahrscheinlich die Nase voll. Auch Jaufré leidet unter Alpträumen.


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    Seite 318: „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man dem eigenen Vater gleichgültig ist.“ Ich bin gespannt, ob sich diese Worte für Jaufré zum (schlechten) Omen entwickeln. Mich erstaunt ein wenig, dass er sich so wenige Gedanken darüber macht, wie sein Sohn ihn aufnehmen wird. Vielleicht, weil er selber ohne Vater aufgewachsen ist? Weil er vielleicht glaubt oder glauben will, der Sohn habe auch ein wenig Sehnsucht oder wie immer man das nennen will, nach dem Vater?


    Er versucht, Sohn und Frau zu verdrängen. Warum, wird vielleicht später klarer.


    LG
    Ulf

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    Original von Lipperin
    Seite 191: Ist dieser „Versöhnungsgedanke“ Bertrans eigentlich belegt?
    (Ich stelle fest, mir fehlt eine Quellen- und Literaturliste. Ich stelle aber ebenfalls fest, dass mir die Art und Weise, wie (die historische) Geschichte geschickt in die Romanhandlung eingebaut ist, gefällt.)


    Nein, der Versöhnungsgedanke bei Bertran ist nicht belegt. Inspiriert dazu hat mich: a) der sehr tolerante Umgang mit den Religionen seitens der Normannen in Sizilien zur gleichen Zeit, was zu großer Blüte ihres Reiches geführt hat, b) die Tatsache, dass es in den Jahren nach dem Ersten Kreuzzug tatsächlich teilweise Annäherungen mit den Muslimen gegeben hat, und c) auch Bertran gewusst haben wird, dass sich ein Volk nicht völlig in punkto Tradition und Glaube unterdrücken lässt, wenn man die Herrschaft behalten will. Man darf nicht vergessen, dass die Truppenstärke wirklich dünn war. Ein anderes Beispiel: dass das römische Weltreich so lange bestehen konnte, beruht auf einer gewissen lokalen Autonomie, die gewollt zugelassen wurde.


    Übrigens, was eine Literaturliste betrifft, so habe ich darüber nachgedacht und schließlich davon abgesehen, da es sich um einen Roman handelt und nicht um ein Sachbuch, wo so etwas sicherlich angesagt ist. :-(


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    Seite 201: Bertran will eine harte Bestrafung, aber auch hier ist es wie überall: Die Kleinen hängt man, die Großen kommen fast ungeschoren davon, diese fühlen sich im Gegenzug trotzdem beleidigt.

    So ist es. :-(

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    Seite 205: Mir scheint, Bertran weist schon in eine andere, modernere Zeit: Er kann lesen und schreiben und weiß, was ein geschriebenes Wort wert ist und welch eine Waffe es sein kann.


    Es gab damals ja noch keinen Staat, wie wir ihn kennen. In Südfrankreich gab es große und kleine adelige Geschlechter (Familienklans), die miteinander konkurrrierten, sich verbündeten, auch mal eine Fehde vom Zaun brachen. Dazu gehörte viel Politik. Bertrans Vater war ein Machtmensch und cleverer Kriegsherr gewesen. Bertran habe ich etwas anders charakterisiert, kein Krieger, sondern eher als klugen Manager eines erfolgreichen Familienunternehmens, was diese Fürstentümer ja eigentlich waren. Dazu gehörte eben auch viel Diplomatie und Korrespondenz. Er macht einträgliche "Deals" mit den Genoesen (ist belegt), um seine Kasse zu füllen.

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    Seite 213: „... wie leicht man sich von gewissenlosen Männern hat verleiten lassen.“ Gewagt, gewagt in diesem Zusammenhang, aber Jaufré scheint mir kein Mann zu sein, der Angst davor hat, klare Worte zu sagen, zumindestens aber zu denken. Und wie leicht schlüpft ein gedachte Wort über die Lippen. Ich mag jedenfalls gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn diese seine Ansicht bekannt geworden wäre, außerhalb seines Freundeskreises, auf offizieller Ebene sozusagen.


    Natürlich. Der Mann denkt sich sein Teil.
    Obwohl, von Bohemund, Tankred und anderen war es auch damals schon bekannt, dass sie Jerusalem als religiöses Ziel wenig interessierte. Sie waren dabei, um sich Reiche zu schaffen.

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    Seite 216: „Arme Amelha.“ Der Wert eines Menschen bemisst sich nicht nur darin, was ihm angetan wurde, sondern erst recht, was er anderen antut. Amelha scheint außer für Jaufré für niemanden sonst etwas wert gewesen zu sein. Auch wenn ich mir einzureden versuche, dass Menschen der „unteren Schichten“ wirklich so wenig wert waren und man sich ihrer leicht entledigte, sei es in Gedanken, sei es in anderer Weise, wenn es die „Oberen“ in den Kram passte, sagt es für mich sehr viel aus über den Wert ebendieser.


    Amelhas Schicksal und die Zusammenhänge werden später noch etwas vertieft. Es hat Jaufré in jedem Fall nicht nur beeindruckt, sondern auch in seiner Einstellung geprägt.

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    Seite 221: Die Beschreibung dessen, was in Ma'arrat-an-Numan geschah, klingt fast unfassbar – und doch glaube ich jedes Wort.


    Dies ist tatsächlich so geschehen. Obwohl nur eine kleine Gruppe unter den Ärmsten der Armen im Kreuzfahrerheer in dieser Stadt so gewütet hat, es wurde von den Fürsten geduldet. Das hat die moslemische Welt so schockiert, dass noch Jahrhunderte später die Franken (d.h. wir im Westen) als Menschenfresser bezeichnet wurden.


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    Seite 222: „... dass wir kein Gespür mehr für das Edle im Menschen hatten?“ Der Krieg wischt die Tünche, die man Zivilisation nennt, leicht beiseite, und übrig bleibt: das Raubtier Mensch. „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“ - Worte, Hunderte Jahre später gedichtet, es wird wohl immer das Idealbild sein; und wie jedes Ideal schwer bis unmöglich zu erreichen.


    Erstaunlich ist, dass zu genau der Zeit, als der Erste Kreuzzug mit all seinen Grausamkeinten wütete, im Süden Frankreichs die Philosophie der Troubadoure entstand, die die reine Liebe als Antrieb für gute Taten feierte, ebenso wie die Enttstehung des Rittertums und seiner noblen Werte, die ja bis heute in Form von Ritterlichkeit und Begriffen wie "Höflichkeit" (höfisches Benehmen), "Gentleman" oder "Kavalier" weiterleben. Diesen Gegensatz wollte ich dieser Passage darstellen.


    LG
    Ulf

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    Original von Nachtgedanken
    Sorry, dass ich jetzt hier so voranpresche, aber ich liege ja schon ein paar Tage im Bett und kann nichts anderes tun als Lesen (und Eulen ;-) ).
    Als Jaufré seine Adela wieder in die arme schließen kann, habe ich ein paar Tränchen verdrückt. Allmählich sieht Jaufré ein, dass es Zeit wird heimzukehren. Wir erfahren wieder ein bisschen mehr über die Verhältnisse - politisch und familiär - in Tolosa. Jaufré als geheimer Agent des Grafen - ob das wirklich so ein ruhiger Job ist, wie er meint?
    Ricard nochmal so zu demütigen war nicht klug von Hamid. Hätten sie ihm nicht einfach ein Schlafmittel in den Wein geben können? Und der Graf kann doch nicht wirklich gewusst haben, dass die beiden auf einem Schiff reisen würeden, oder?


    Hast du dich erkältet? Das tut mir leid. Na wenigstens hast du gute Gesellschaft. :-]


    Adele ist Gottseidank gerettet, aber der gute Jaufré muss sich erst an den Gedanken gewöhnen, eine Tochter allein aufzuziehen.


    Du hast recht. Eine weitere Demütigung Ricards war nicht klug. Aber wenn alle immer so klug handeln würden, gäbe es keine Geschichte. :grin


    Das mit dem Schiff bin ich schon mal gefragt worden. Vielleicht hätte ich es besser erklären sollen. Für mich weiß Bertran gar nichts davon, da die Passage für Ricard vom secretarius arrangiert wurde. Da aber zurzeit nur ein segelfertiges Schiff im Hafen liegt, kommt es zu diesem Zusammentreffen.


    Ich wünsche dir gute Besserung!


    Ulf

    Ich habe dies im Internet gefunden und glaube, es handelt sich um eine Illumination aus einem Buch und stellt die Ankunft der erobernden christlichlichen Ritter dar. Die Ritter als Herren hoch zu Ross und die Moslems quasi als Bittsteller, die um Gande ersuchen. Das Handreichen ist vermutlch nicht wie bei uns als Begrüßung zu sehen, sondern erher als Ausdruck der Huldigung durch den Unterworfenen und Schutzversprechen durch den neuen Herrn. So jedenfalls interpretiere ich diese Darstellung.


    Ulf

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    Original von Herr Palomar
    Während im ersten Abschnitt noch diskutiert wurde, wie die Franken ein Dorf überfallen, plündern, vergewaltigen und morden und für Jaufré der Spruch galt: "Plündern und Brandschatzen ist Kriegsrecht", auch wenn er das nicht schätzt aber akzeptiert, ist die Perspektive jetzt gewechselt.


    Dass Noura früh stirbt, war ja ein wichtiger Teil des Plots. Ich wollte aber vermeiden, dass man Jaufré zu sehr als Opfer sieht und die Türken als die alleinigen Täter, denn so war es ja nicht. Auf beiden Seiten wurde gemordet, umfangreiche Grausamkeiten wurden viel eher noch von den Franken verübt. Deshalb habe ich die kleine Szene des Überfalls auf das Dorf am Litani vorgeschoben, um das Bild von Anfang an richtigzustellen.


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    Als Leser hält man die beschriebenen Grausamkeiten aus, obwohl sie zum Teil schockierend sind, wie beispielsweise bei der Magd Aisha, doch diese Beschreibungen sind nicht mitleidlos. Das überzeugt mehr als in vielen historischen Romanen, die vor Gealttätigkeit strotzen, fast darin waten, mit der Rechtfertigung "so war es aber!".


    Ich bevorzuge da Ulfs gewählten Stil, bei dem der Leser aber ebenfalls nicht geschont wird.


    Hierzu passt auch sehr gut der noch frische Thread: Grausamkeiten sichtbar machen oder Rücksicht auf die Leser nehmen?


    Ich schreibe gern über die wichtigen Dinge des Lebens wie da sind: Kampf, Liebe, Tod. Zeiten großer Konflikte bieten sich dazu besonders an. Daher auch das Thema des Romans. Nun gibt es Romane, da muss der Leser buchstäblich durch Blut und Gedärme waten. Das mag ich nicht. Ich empfinde das als eine unnötige, rein reißerische Zurschaustellung der Gewalt.
    Andererseits mag ich es auch nicht, Dinge zu beschönigen. Grausamkeiten gab es ja nicht nur im Mittelalter. Die Geschichte hat immer auch einen Bezug auf das Heute. Noch vor Kurzem, mitten in Europa, sind in Bosnien die schlimmsten Dinge geschehen. Sich davor die Augen zu verschließen, ist unsinnig, auch wenn wir in einer so behüteten Geographie und Epoche leben. Die Dinge können schnell kippen. Deshalb versuche ich der Epoche gerecht zu werden und Dinge realistisch zu schildern, ohne mehr zu schocken als notwendig. Neben gelegentlichen Grausamkeiten hat es immer auch die anderen Dinge gegeben wie tiefe Freundschaft, Treue, Familie, Lebensfreude. Auch das soll bei mir nicht zu kurz kommen, wie man im "Bastard" noch sehen wird.


    LG
    Ulf

    Hallo Nachtgedanken,


    du kommst ja wirklich flott voran.


    Ich habe gerade nochmal nachgeschaut, was du (auf S. 204) gemeint haben könntest. Hier fällt, glaube ich, zum ersten Mal er Name Borcelencs, und da, wie du selbst sagst, viele Namen in diesem Roman auftauchen, wollte ich den Namen Borcelencs, der hier eher beiläufig erwähnt wird, mehr Bedeutung beimessen, denn mit diesem Namen hat es so seine Bewandnis. Genauso hast du es ja auch empfunden. Es erhört die Spannung und Erwartungshaltung. Natürlich sollte man das nicht übertreiben, ist schon klar.


    Da Jaufré die Geschichte zwanzig Jahre später dem jungen Aimar erzählt, ist dies sozusagen ein kleiner Kommentar aus Jaufrés Gegenwart. Diese kleinen, gelegentlichen Bemerkungen aus der Gegenwart sollen ja weiterhin den Eindruck vermitteln, dass man dem älteren Jaufré zuhört, wie er erzählt.


    Wie du bemerkt hast, wird Jaufrés Familiengschichte fast als Parallelstrang langsam, und durch den ganzen Roman hinweg, aufgebröselt. Es wird noch einiges folgen. :-)


    LG
    Ulf

    Es freut mich, dass euch die Landschaftsbeschreibungen der Corbieras gefallen. Es ist ja nicht so einfach, Landschaften darzustellen, ohne langweilig zu werden. Ich persönlich liebe diese Landschaft. Ich bin mehrere Male dort gewesen und habe die Gegend über Tage bewandert. Die Farben sind wunderbar und vor allen Dingen, die Gerüche von Thymian und anderen Kräutern auf den sonnenwarmen Hängen sind überwältigend. :-) Später noch mehr davon.


    Nachtgedanken ... lenga romana ist okzitan und bedeutet natürlich "römische Sprache". Das mittelalterliche Okzitan, das im Roman vorkommt, ist ja aus dem regionalisierten "Küchenlatein" entstanden. Es ist eine eigenständige Sprache und eher noch dem Katalanischen verwandt als dem offiziellen Französisch. Der Begriff Okzitan ist erst im 16. Jh. entstanden. In Jaufrés Zeit empfanden dort die Menschen, dass sie einfach römisch sprachen, im Gegensatz zu keltischen oder germanischen Lauten.


    LG
    Ulf

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    Das Buch bereitet mir einiges an Mühe, weil es zu viele (schreckliche) Bilder in meinem Kopf hervor“zaubert“.


    Hallo Lipperin,


    erstmal ein herzliches Willkommen an dich und alle in der Runde. Bin gerade aus Tirol vom Skifahren zurück und bin guter Dinge, außer, dass mir alles weh tut. :cry Man ist einfach nicht genug trainiert.


    Zu deinem Kommentar (oben), der erste Teil des Romans spielt ja sozusagen im Kriegsgebiet und ist dementsprechend etwas düsterer und blutiger als der Rest.


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    Seite 13: „fliegende Rockschöße“ und eine Kutte bringe ich jetzt nicht unbedingt zusammen.


    Da hast du nicht unrecht. Rockschöße ist nicht der passende Begriff. Das ist mir erst später aufgefallen. Allerdings tue ich mich noch schwer, wie man das bei eine Kutte nennen sollte. :-(


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    Seite 20: Mit einiger Belustigung habe ich des edlen Ritters Klage gelesen. Früher war eben immer alles besser, sogar früher galt anscheinend diese Weisheit. Ob die Leute früher das wohl auch so gesehen haben?


    Schon im Alten Rom wurde über den allgemeinen Sittenverfall geklagt, und dass die Jugend nichts tauge. :-)


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    Ach ja, eine Frage zwischendurch: Ist Montalban in jener Region eigentlich ein häufiger Name? Es ist ja nun nicht so, dass ich ihn zum ersten Mal lese.


    Das ist ein häufiger Name in Südeuropa, und so auch in Katalonien, wo Jaufrés Vater herkommt.


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    Seite 45 f.: „Ein widerliches und erbärmliches Schauspiel...“ Welch interessante Gedanken sich der Ich-Erzähler doch macht, fast schon ungewohnt und modern anmutend für einen Kriegsherrn. Und immer wieder seltsam und bedrückend zu erleben, dass dieses „angestammte Kriegsrecht“ zu allen Zeiten in fast allen Epochen galt und wahrscheinlich auch immer gelten wird. Wenigstens in dem scheinen sich alle "Kulturen" einig zu sein.


    So ist es, leider! Aber, auch wenn so etwas besonders in Zeiten wie der Kreuzzug, sicher ganz "normal" war, so heißt das nicht, dass jeder davon begeistert war. Es hat zu allen Zeiten auch immer Menschen gegeben, die solches verabscheut haben und sogar dagegen gewettert haben. Auch ein Kriegsherr muss nicht unbedingt ein Rohling sein.


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    Seite 54: „Ja, dieser Krieg wurde brutal und ohne Anstand geführt...“. Dazu fällt mir nur zweierlei ein: Jaufré denkt ziemlich realistisch, desillusioniert und, ich wiederhole mich, modern. Für mich als Leserin klingt das sehr wohltuend, dass sich jemand diese Gedanken gemacht hat. Und zweitens: Glaubte eigentlich irgend jemand irgendwann einmal, es könnte ein Krieg „mit Anstand“ geführt werden? (Die Frage ist rein rhetorisch! Weil es mich einfach immer wieder wütend macht, dieses Gerede von „wir müssen das Heilige Land befreien“ o. ä. Heutzutage klingen die Parolen etwas anders.)
    Dazu passt Seite 63 „Es war kein Kampf mehr, nur noch ein Gemetzel und Abschlachten“. Dieses Idealbild eines „sauberen“ Krieges – ich verstehe es einfach nicht, wie man daran glauben konnte/kann.


    Nun, "sauber" ist ein Krieg niemals. Aber über den "gerechten" Krieg hat man sich schon Gedanken gemacht. Der große Augustinus hat dazu Definitionen geliefert, auf die man sich häufig berufen hat, nicht nur zu Zeiten des Kreuzzugs. Später im Buch beschäftigt sich Jaufré noch mehr mit dieser Frage und stellt die Gerechtigkeit des Kreuzzugs für sich persönlich in Frage.
    Um noch einmal auf die "Modernität" der Gedanken Jaufrés zu kommen, möchte ich wiederholen, dass es auch in diesen historischen Zeiten Menschen mit unterschiedlichen Einstellungen gegeben hat. Es war nicht nur alles Barbarei, wie es gern dargestellt wird. Und was den "sauberen" Krieg betrifft, so gab es zu dieser Zeit durchaus Regeln. Der Kirchenfriede bestimmte, dass nicht an Sonn- und Festtagen gekämpft wurde, dass Mitglieder des Klerus von jeder Krieghandlung auszunehmen waren, und man sich nicht an Kirchengut vergreifen durfte. Zu dieser Zeit entstand auch das Ritterethos, nachdem Frauen und Schwache zu schützen waren, hinterlistiger Angriffe verpönt waren, dass Fehden offen angekündigt wurden, sodass der Gegner sich fairerweise vorbereiten konnte, etc. Gefangene, wenn adelig, wurden gut behandelt und gegen Lösegeld ausgetauscht. Also fast so etwas wie mittelalterliche Genfer Konventionen. Natürlich handelte es sich hier um Ideale korrekter Kriegsführung, die gern von vielen auch missachtet wurden. Und so etwas galt sicher nicht gegen Ungläubige im Heiligen Land.:-(


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    Die Absätze Seite 94 f.: Schön, solche „Kleinigkeiten“ quasi nebenher zu erfahren. Spart das Nachschlagen und ist für mein Empfinden gut in den Roman eingebaut.


    Vor Konstantinopel hatte sich ja das ganze Kreuzritterheer gesammelt. Dabei kam es mehrfach zu Plünderungen und Ausschreitungen in den Vororten. Deshalb erlaubte Kaiser Alexios nicht, dass die westlichen Ritter unbeaufsichtigt die Stadt betraten. Dies geschah nur in kleinen Gruppen und unter Begleitung von griechischen "Fremdenführern" (wenn man so will), die den lateinischen "Barbaren" die Sehenswürdigkeiten zeigten.


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    Eine Frage, die sich mir stellte: Wie schnell können Hunde eigentlich laufen? Und wie lange können sie ein schnelles Tempo durchhalten?


    Je nach Rasse unterschiedlich. Die Hunde im Buch sind große Kampfdoggen. Solche Hunde waren auch ursprünglich gezüchtet worden, um Großwild zu Tode zu hetzen.


    Liebe Grüße


    Ulf

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    Original von Herr Palomar
    Bist du auf diesen syrischen Lyriker bei der Recherche zum Roman gestoßen oder kanntest Du ihn schon vorher? Liest Du gerne Lyrik?


    Hallo Herr Palomar,


    eigentlich bin ich nicht jemand, der Lyrik liest, und habe dieses Zitat ein wenig durch Zufall gefunen. Ich wollte jedem der drei Teile ein christliches und ein moslemisches Zitat voranstellen und habe nach solchen gesucht, die in etwa der Epoche entsprechen und einigermaßen passen. Dabei bin ich auch auf Al-Ma'arri gestoßen und der hier ausgedrückte Gedanke hat mich angesprochen.


    Die beiden Zitate, der Aufruf Urbans II zum Kreuzzug und der resignierende Gedanke des Al-Ma'arri passen, finde ich, gut als Einleitung zu Teil 1, der sich mit dem Kreuzzug als Hintergrund beschäftigt.


    LG
    Ulf