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Original von Groupie
Aber wie passt das alles zusammen? Wenn das Lektorat das Grundgerüst baut und viele Verlage am Lektorat sparen, dann frage ich mich jetzt, was das für mich als Leser für Konsequenzen hat.
solange du als Leser mit dem Produkt zufrieden bist, sollte es doch keine weiteren Konsequenzen haben.
Aber ganz deutlich: Der Lektor baut kein Gerüst. Er klopft höchstens den fertigen Vorschlag des Autors ggf ab, so wie der TÜV eine Achterbahn prüft, ehe sie auf der Kirmes in Betrieb geht. Denn manchmal erkennt man Probleme des Romankonzepts schon in der Planung (und sie dort zu beheben, ist vor allem für den Autor einfacher). So wie man Probleme einer Achterbahn durch die Anwendung einfacher physikalischer Gesetze und ihrer Auswirkungen auf den menschlichen Körper im Vorfeld erkennen kann.
Das heißt nicht, dass alle Romane vom Verlag durchkonstruiert werden und Autoren nur reine Erfüllungsgehilfen wären.
Nochmal zu den Basics: Man reicht als Autor in aller Regel eine knappe Romanzusammenfassung (Exposé) ein, mit einer Leseprobe von ca. 30 - 50 Seiten, einem Anschreiben und dem künstlerischen Lebenslauf. Auf dieser Grundlage entscheidet sich, ob der Autor direkt einen Vertrag bekommt, eine Absage, oder einen Recall erhält. Letzteres bedeutet die Anforderung des Gesamtmanuskripts oder einer verlängerten Leseprobe.
Und vor dem ok kann es auch heißen - "bauen Sie doch die Lovestory aus, und wechseln wir den Schauplatz, damit wir mehr weibliche Leserinnen zwischen 20 und 40 ansprechen können, die Mallorca lieben."
Es bleibt deine Entscheidung, ob du die Geschichte von Grönland nach Mallorca verlegen willst. Aber dann wird es halt auch seltener was mit dem Vertrag. Oder du hast Glück und der nächste Verlag/Lektor ist Grönland-Fan und gibt dir ne Chance.
Solche Kompromisse sind nicht ungewöhnlich. Graphiker und Illustratoren kennen das Problem ebenso wie alle anderen künstlerische Berufe. Kunst existiert nicht im luftleeren Raum und mancher muss davon leben und kann vielleicht nicht 15+ Jahre warten, bis er mit der Kunst etwas verdient. Kunst ist ein echt harter Job. Weil immer ein riesiger Glücksfaktor dazugehört und Können, Kontakte und Ausdauer allein eher seltener zum Erfolg führen.
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ElBe, du sagst, dass Autoren das Handwerkszeug mitbringen sollten. Aber ist das auch so? Bringt der Großteil das Handwerkszeug mit? Wenn ich mir mal angucken, was Selfpublisher teilweise auf den Markt werfen, dann gruselt es mich so sehr, das kann ich gar nicht zum Ausdruck bringen. Ich stelle mir vor, dass einige von ihnen auch vorher versucht haben, einen Verlag zu finden.
Selfpublisher sind ein eigenes Thema mit sehr sehr vielen Facetten, für das ich mich nicht qualifiziert sehe.
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Achten Verlage auf korrekte Sprache? Oder ist ihnen das völlig egal, wenn die Idee stimmt?
Hier gilt mitunter (nicht immer!!!):
Was nicht passt, wird passend gemacht. Wenn die Idee erfolgsträchtig genug ist, bringt der Verlag ein Werk auch schon mal auf ein veröffentlichungsfähiges Niveau.
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Betrachtet man sein Werk am Ende noch als sein Werk, wenn man viele Ideen der Lektoren umsetzt?
Da sei ein etwas freieres Beispiel erlaubt.
Du hast einen leckeren Eintopf gekocht. Dein Partner kommt vorbei, schnuppert. "Mh", sagt er, "könnte noch was Oregano vertragen."
Du würzt nach.
Allen schmeckt es.
War das wirklich immer noch dein selbstgekochtes Essen?