Zitat
Original von binchen
Unterstrichen wird das im Hörbuch von der Sprecherin Ulrike Grote, die ihre Stimmenvielfalt diesmal besonders auf die jugendlichen Frauen abgestimmt hat. Sie unterstreicht die Wut, die in den Heldinnen und mir auftauchte, Trauer, Verzweiflung und Hoffnung. Beim Schnitt hätte man ein wenig mehr darauf achten sollen, dass nicht so oft ein Atemholen das Ende vor einer Pause bildet. Das war auf die Dauer etwas störend, allerdings nicht so störend dass es der Geschichte geschadet hätte. Die Kürzung des Hörbuchs ist gut gelungen, die Passagen des Buches, die fehlen werden durch die Erzählweise kompensiert.
Das mit dem Atemholen empfand ich nicht nur bei den Pausen störend, sondern sie hat auch oft während des Lesens von normalen Sätzen zu für meinen Geschmack zu sehr geatmet. Hätte die Geschichte nicht so interessant begonnen, dann hätte ich abgebrochen. Die Sprecherin hat auch eine 4,0 von mir bekommen bei der Bewertung.
Die Geschichte fand ich sehr interessant. Dass ich im folgenden mehr Punkte aufzähle die mir nicht gefallen haben liegt einfach daran das es einfacher ist zu kritisieren als zu loben. Also, sollte die Autorin mitlesen, dann hier bitte mit lesen aufhören, denn die Geschichte ist sehr interessant erzählt und ich habe sie bis zum Ende gehört, was ja ein sehr positives Zeichen ist, da ich die Sprecherin nicht gut fand. Also ein großes Lob dafür die Geschichte gefunden und geschrieben zu haben.
Sehr gut fand ich das die Hauptdarstellerinnen die unter Vorurteilen litten selber elitäre Vorurteile hatten. Also die Reaktion auf die Vorstellung das jetzt einfache Hausangestellte und normale Fabrikarbeiter Fahrrad fahren.
Die Figur der Klara fand ich am besten beschrieben. Sie hat sich der Zeit gemäß für meinen Geschmack am realistischsten verhalten. Auch heute noch bleiben Frauen viel zu lange in Beziehungen die nicht gut für sie sind. Das sie am Ende doch ein wenig „Aufbegehren“ zeigt war wohl eine Konzession an die weibliche Leserschaft.
Ein weiterer guter Punkt war die Erwähnung von „Doping“.
Sehr sympathisch war mir die Figur der Lilo. Von ihr würde ich mir eher ein Buch innerhalb der angekündigten Trilogie wünschen, als von Klara oder Isabella.
Als einen großen negativen Punkt fand ich, das Jos Weg mit Friedas Erbschaft ein bißchen zu einfach wurde. Zum einen wird sie gleich am Anfang mit Aufträgen überhäuft, obwohl sie eine Frau ist. Irgendwie kam mir das total unrealistisch vor. Da gibt es so viele Vorbehalte und da läuft alles glatt. Ab diesem Zeitpunkt war für mich ein wenig die Luft aus der Geschichte raus.
Mich hat auch der Besuch des Beamten vom Gewerbeamt gestört. Da arbeitet Jo jahrelang für Ihren Vater und weiß nichts über Steuern und Bürokratie? So wie Ihr Vater beschrieben wurde, wird der sich mehr als einmal über so etwas aufgeregt haben. Und Jo ist keine Provinzpflanze. Sie lebt in Berlin.
Ein weiterer Punkt der mir nicht so gut gefallen hat war die "Dänemark-Rundfahrt". Vielleicht ist diese im Buch ausführlicher geschildert, aber in der Hörbuchversion hat diese eher den Eindruck einer Kaffeefahrt gemacht (das ist jetzt nur mein Eindruck). Da hat irgendwie die Spannung gefehlt, wer gewinnt. Da hätte man zum Ende hin noch einmal einen großen Showdown zwischen Isabella und Jo (wahlweise auch Lilo/Susanne Lindberg) einbauen können.
Merkwürdig fand ich dann das Isabella nur 4 Wochen nach ihrem schweren Unfall schon wieder normal laufen konnte und keine Probleme mehr hatte. Kann es sein, das da schlecht gekürzt wurde? Denn das wirkte total unglaubwürdig auf mich als Hörer.
Vor allem weil dieser Unfall ja eigentlich Wasser auf die Mühlen derjenigen gewesen wäre die sich gegen Frauenradfahren engagieren. Auch das so viele Frauen während des Rennens ausstiegen war bestimmt keine gute Werbung. All zu viele Frauen scheinen ja nicht das Ziel erreicht zu haben.
Ein kleiner Punkt der mich noch gestört hat. Da radelt Adrian durch Amerika und ihm werden einfach mal so 500 Fahrräder verkauft? Wie werden die bezahlt? Im Hörbuch wird nicht deutlich woher das Geld kommt. Sein Vater hat zwar die neuen Lebenspläne seines Sohnes halbwegs akzeptiert, aber das er ihn in seinen Plänen unterstützt wird eigentlich nicht deutlich. Denn ich glaube nicht das 1895 einfach so 30 Tage netto bezahlt werden kann. Desweiteren wird der Transport sicher auch viel Geld kosten. Ich fand es einfach total unrealistisch das am Ende die für 50 Mark in Amerika eingekauften Fahrräder in Deutschland nur 110 Mark kosten sollten (mir fällt im Moment die genaue Währung nicht ein). Außerdem hat es am Ende den Anschein als ob verschiedene Marken (Damen- und Herrenfahrräder) eingekauft worden seien. Während des Hörens hatte man aber das Gefühl das nur ein einziges Modell gekauft wurde, weil es wegen der Fließbandproduktion in Amerika gar nicht anders möglich war.
Es wäre ein interessanter Punkt gewesen, wie hat Adrian die Fabrikanten überzeugt.
Ich bin auf jeden Fall gespannt was die weiteren Bücher bringen werden. Am liebsten hätte ich ein „Lilo-Buch“, denn besonders bei der Klara-Figur weiß ich nicht wie man da ein ganzes Buch füllen soll. Sie entspricht dem Frauenbild ihrer Zeit und ich kann mir nicht vorstellen wie diese Figur sich realistisch weiterentwickeln sollte. Ich befürchte da eher einen für diese Zeit unrealistischen Frauenemanzipationsroman.
Bei Isabella bin ich gespannt wie man diese Figur weiterentwickeln kann. Vor allem weil sie ja auf der einen Seite sehr mondän ist und das schöne Leben liebt. Auf der anderen Seite macht sie bei einer so „schmutzigen“ Sache wie Fahrradrennen mit. Sie will ihre Freiheit, auf der anderen Seite lässt sie sich von einem pfälzischen Radrennfahrer irgendwo einengen. Diese Widersprüche der Figur finde ich sehr interessant und können durchaus eine sehr gute Geschichte liefern.