Was diskutiert ihr hier so schön umeinander herum? Ihr gebt euch doch selber die Antwort. Die Geschichte um Horst, Uschi und Susi ist in einem Satz oder gar im Titel ERZÄHLT. Aber ERZÄHLT ist sie ja langweilig. Autor Hans Mustermann (wahlweise Kurt Vonnegut) will die Geschichte ja gar nicht erzählen. Der will die Geschichte ja zeigen.
Oh, stöhnt die Menge auf, ein Creative-Writing-Guru! Huch?
Nönönö, mal langsam. Die Geschichte ist in zehn Worten erzählt. Aber um ein Buch draus zu machen, wird sie gezeigt. Nämlich die Entwicklung von Horst vom Uschi-Schmachter zum Susi-Verehrer. Und eben für dieses ZEIGEN dieser Entwicklung vom Horstchen zum Horst sind dann diese ganzen anderen Elemente vonnöten - die Nebenstränge, die Charakterzeichnungen, die WARUMS. Warum ist Horstchen in Uschi verliebt? Warum ist er blind für Susi? Warum ist Uschi blöd? Nehmen wir mal an, Uschi frönt 100%ig selbstbezogener SM-Praktiken, die Horst ja, wenn er sich selbst gegenüber ehrlich ist, so überhaupt nicht mag (andere mögen sowas *goil* finden). Und um darzustellen, was Horst daran so ab- und von Uschi wegstößt, hat Autor Mustermann oder Vonnegut plötzlich fast schon die "Pflicht", die entsprechenden SM-Szenen einzubauen. Das weiß man vorher nicht, wenn es nicht im Klappentext erwähnt ist, dass es um sowas geht - und ist dann der Punkt, an dem der SM-abgeneigte Leser das Buch "in die Tonne kloppt" und sagt, es sei ja viel zu gewaltverherrlichend.
Es hat was mit Leser-Erwartungshaltung zu tun. Der Autor hat seinen Weg im Kopf, diese Geschichte zu erzählen. Manche Geschichten, die einer MIT Gewaltszenen erzählt, könnte ein anderer ganz ohne Gewalt erzählen. Gib zehn Autoren Toms Horst-Uschi-Susi-Kurzfassung, und du kriegst zehn verschiedene Bücher heraus (ein anderer verarbeitet sie vielleicht so, dass es Horst auf Dauer anwidert, dass Uschi ihm wöchentlich einen neuen Pulli strickt, wohingegen Susi lieber mit ihm aufm Sofa vorm Fernseher kuschelt, und er mag ja sowieso keine gestrickten Pullis. Man kann sich mit Stricknadeln locker gegenseitig die Augen ausstechen, aber es ist für die Schlüssigkeit einer solchen Verarbeitung nicht zwingend notwendig, also kann hier die Gewalt außen vor bleiben, und wir kommen dennoch von A nach B und können die Story nach Toms Vorgaben zusammenfassen ...)
Ich geh jetzt arbeiten ... genug getippt für heute!