Wenn auch der Titel und auch das Titelbild reichlich kitschig erscheinen, so darf sich der/die Leser/in doch auf eine prachtvolle, dramatische Familiengeschichte aus dem Argentinien des 19. Jahrhunderts freuen.
April 1863: Auf einem Auswandererschiff reist die junge Anna Weinbrenner nach Argentinien. Ihre Familie und ihr Mann Kaleb sind schon vorausgefahren auf der Suche nach einem Stück Land und einem besseren Leben. Anna freundet sich an mit Julius, einem Kaufmann, und mit Victoria, einer jungen Frau aus gutem Hause, die Humberto Santos, einen argentinischen Großgrundbesitzer, geheiratet hat und nun zu ihrem Mann fahren will. Zwischen Anna und Julius entsteht eine enge Bindung, beide schätzen sich sehr, doch Anna ist verheiratet und liebt ihren Mann.
In Buenos Aires angekommen, holt Anna die Realität ein. Nichts ist so wie erhofft und erträumt: man ist betrogen worden, es gab kein Land und somit keine gesicherte Existenz. Die Familie bricht auseinander. Der Vater ist Gelegenheitsarbeiter und trinkt, die Mutter wird immer verbitterter, Schwester Lenchen versucht irgendwie Geld zu verdienen, die Brüder werden zu Kriminellen, und zu allem Überfluss ist Annas Ehemann Kaleb an Schwindsucht erkrankt.
Auch Victorias Erwartungen werden nicht erfüllt. Der charmante, geistreiche Humberto, in den sie sich verliebt hatte, ist in Wirklichkeit ein Muttersöhnchen und Schwiegermutter Ofelia eine herrschsüchtige, verbitterte Frau, die in der Schwiegertochter eine Rivalin um die Liebe ihres einzigen Kindes sieht. Allein Don Ricardo, der Schwiegervater, ist ihr zugetan. Auch nach der Geburt von Victorias und Humbertos gemeinsamer Tochter verbessert sich ihre Situation nicht, so dass sie Trost in den Armen von Pedro sucht, dem Vorarbeiter. Diese Liebe bleibt nicht folgenlos, was Victoria vor weitere Probleme stellt.
Anna kämpft inzwischen an vielen Fronten: ihr Mann ist verstorben, sie selbst hat eine Tochter zur Welt gebracht und ist die Haupternährerin der Familie. Sie beschließt, die weite und gefahrvolle Reise zur Freundin auf sich zu nehmen, um diese um finanzielle Hilfe zu bitten. Dann taucht Julius auf der Estancia der Santos auf um Geschäfte abzuschließen. Er verliebt sich neu in Anna, und da diese jetzt ungebunden ist, werden die Gefühle – wegen des Standesunterschiedes eher zögerlich – erwidert. Victoria reagiert eifersüchtig auf das junge Glück, und die Situation zwischen den Frauen eskaliert. Anna reist nach dem Streit ab, kann sich aber in Buenos Aires eine gesicherte Existenz aufbauen.
Victoria allerdings erlebt zu Hause die Hölle. Gedemütigt von ihrer Schwiegermutter und gefangen gehalten von ihrem Schwiegervater, flieht sie mit ihren beiden Kindern nach Buenos Aires zu Anna, denn diese ist die einzige Person, die sie um Hilfe bitten kann. Das können Humberto und Ofelia nicht auf sich beruhen lassen und reisen auf der Suche nach den Dreien ebenfalls nach Buenos Aires, wo es dann zu einem dramatischen Finale kommt.
Das Thema Auswanderung im 19. Jahrhundert ist Schwerpunkt vieler Romane. Dieser historische Roman ist weniger trivial als viele andere desselben Genres, was auch daran liegt, dass die historischen Fakten gut recherchiert sind und neben der Story mit interessanten Charakteren ein weiterer Schwerpunkt auf der Darstellung der damaligen Gesellschaft einschließlich der Indios liegt. Das Buch ist angenehm zu lesen und ist nicht überfrachtet mit Klischees, obwohl am Anfang sehr viele Adjektive verwendet wurden. Handfeste Hauptpersonen und die richtige Portion Liebe machen diesen Roman zu einem Lesevergnügen, gerade weil die Autorin auch moderat verpackte Gesellschaftskritik in die Erzählung einbringt.
Leider ist es mit 700 Seiten sehr umfangreich, und da doch einige Handlungsstränge ins Leere laufen, wäre hier eine moderate Kürzung vorteilhafter gewesen. Als Beispiele wären die Handlungen rund um Utz oder Corazon zu nennen. Auch hätte ich mir eine Karte gewünscht, auf der die relevanten Orte und Reiserouten eingezeichnet sind, und ein Glossar mit den spanischen und indianischen Wörtern, aber vielleicht sind diese in der Printausgabe vorhanden.