Beiträge von Librum

Kurzbeschreibung:
Helmut Schmidt zieht mit "Außer Dienst" nicht nur eine Bilanz seines politischen Lebens, sondern beschreibt ganz nebenbei in leicht verständlicher Form und nachvollziehbarer Weise die Mechanismen der Politik.
Seinen Betrachtungen der jüngeren deutschen Geschichte und der Rolle Deutschlands in Europa, folgt sein Ausblick auf die Herausforderungen, denen Deutschland entgegengeht.
Helmut Schmidt erläutert, wie persönliche Erfahrungen sein Tun geprägt haben. Er enthüllt dem Leser seine ganz persönlichen Leitmotive, spricht von Ethik und der Verantwortung des Politikers.

Über den Autor:
Helmut Schmidt, Bundeskanzler a.D. (außer Dienst), Mitherausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" war, ist und bleibt ein Sozialdemokrat im besten Verständnis. Auf seinem politischen Weg stets seiner Verantwortung gegenüber Staat und Volk bewusst, seinem Gewissen immer verpflichtet, bleibt er bis heute DER große Denker und Visionär der Sozialdemokratie in Deutschland.

Meine Meinung:
Helmut Schmidt ist einer der wenigen Staatsmänner, die Deutschland jemals hervorgebracht hat und die dieses Prädikat als solches auch so verdient haben. Mit "Außer Dienst" beweist Helmut Schmidt, dass er geistig alles andere als a.D. ist. Frei von den Parteizwängen eines aktiven Politikers oder Amtträgers macht er seinen aktiven und nicht immer kompetenten Kollegen und all den selbstgefälligen Journalisten vor, wie man dem Bürger politische Überlegungen, politische Visionen und all die anderen Aspekte der Politik auf allerhöchstem Niveau, aber dennoch verständlich nahebringen kann. Seine analytischen Fähigkeiten, Zusammenhänge und Notwendigkeiten nicht nur zu erkennen und vorauszuahnen, sondern auch nachvollziehbar zu erläutern, sind einfach nur als brillant zu bezeichnen. Dabei erschöpft sich diese Brillanz nicht nur in einer kritischen Rückschau auf die eigene Tätigkeit, sondern liefert einen (im Lichte der bitteren Realität gar nicht einmal so neuen) Ausblick auf die Probleme kommender Tage, deren Lösung wir schon viel zu lange vor uns herschieben.
Ohne gar zu erhobenen Zeigefingers, versucht Helmut Schmidt, kraft seiner unleugbaren Politik- und Lebenserfahrung, der heute aktiven Generation an Politikern ins Gewissen zu reden und sie an ihre Verantwortung zu gemahnen. Dies tut er glaubwürdig und völlig zu Recht - mangelt es der heutigen Politik doch gar zu sehr daran und ist es dem Leser angesichts des glasklaren Blickes eines Helmut Schmidts kaum möglich, nicht an "Altersweisheit" zu denken (... selbst wenn ein Helmut Schmidt dies selber vielleicht ein Bisschen als despektierlich empfinden würde ;-)).

Fazit:
Ob man nun den Überzeugungen, Denk- und Lösungsansätzen eines Helmut Schmidt im Einzelnen immer folgen will oder nicht, "Außer Dienst" erweitert den eigenen Horizont. Es animiert die Augen zu öffnen und weit über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Helmut Schmidt zwingt mit seinen ethischen Betrachtungen den Leser, sich eigenen ethischen Betrachtungen zu stellen und zumindest vor dem eigenen Gewissen Farbe zu bekennen.
Nicht nur die ausgesprochen verständliche Art, über etwas vermeintlich so Kompliziertes und Ödes wie Politik zu schreiben, auch der ab und zu aufblitzende (und angesichts des hamburgschen feuchten Seeklimas überraschend trockene) Humor eines Helmut Schmidt, machen seine Bilanz "Außer Dienst" zu einem Lesevergnügen!

(Zumindest ein Verlag, der eine preisreduzierte Sonderausgabe im Angebot hat, bietet auch eine größere Leseprobe an. Reinlesen!)

Campus 2009, 252 Seiten

Kurzbeschreibung:
Sarah Neef beschreibt ihr Leben, beginnend mit der Geburt, bei der so einiges schief läuft und ein Kind ohne Hörvermögen zurück lässt. Es folgt der Kampf ihrer Eltern, ihr ein normales Leben zu ermöglichen. Ein Kampf gegen Vorurteile und Missgunst, den schon früh auch Sarah selbst ausfechten muss und den sie bis heute, trotz aller Erfolge, nicht gewonnen hat. Sie schildert schonungslos ihre erschütternden Erlebnisse, vor allem an der Schule, und all die Probleme, die ihr im Alltag begegnen.
Aber Sarah erzählt auch von ihrer Liebe zum Tanz, die sie so vieles ertragen lässt.
Gehörlos und Tanzen - ja, geht denn das? Es geht! Sarah zeichnet ein buntes, lebhaftes und nur noch Staunen machendes Bild wie sie zur Musik und zum Tanz kommt.
Doch Sarah Neef erzählt nicht nur einfach ihr Leben. Sie gibt einen einfühlsamen und leicht verständlichen Einblick in die Welt der Gehörlosigkeit. Sie beschreibt symptomatisch, welchen Hemmnissen Menschen mit Handicap in unseren "heilen" Welt begegnen.

Über die Autorin:
Sarah Neef verlor bei ihrer Geburt das Hörvermögen. Ihre Eltern erntschieden sich von Anfang an Sarah lautsprachlich zu erziehen. Sie besuchte eine Schule für Hörende, machte ihr Abitur und schloss erfolgreich ein Psychologiestudium ab.
Schon sehr früh begann sich Sarah Neef für Musik und Tanz zu interessieren. Sie lernte das Klavierspiel und den Baletttanz. Lange Jahre gehörte sie einer Tanzcompagnie an, trat öffentlich in Vorführungen auf und betrieb das Tanzen schon beinahe professionell.
Heute - mit 27 Jahren - sucht Sarah Neef eine Arbeit, bei der sie ihr psychologisches Studium zur Anwendung bringen und mit Menschen arbeiten kann.
Doch auch das Schreiben scheint es ihr angetan zu haben. Sie schreibt an einer Fabel, in der sie menschliche Verhaltensweisen verarbeitet. Sie soll in einigen Monaten erscheinen.

Meine Meinung:
In diesem inflationären Wust an Autobiografien so vieler Möchtegern-Prominenter, die nichts zu sagen (und oft genug noch nicht einmal selbst geschrieben) haben, stellt "Im Rhythmus der Stille" endlich mal eine erfrischende Autobiografie dar, die diese Bezeichnung auch uneingeschränkt verdient!
Sarah Neef hat gerade mal ein Alter erreicht, in dem so viele von uns noch nichts wirklich Weltbewegendes zu erzählen hätten. Doch sie hat bereits Dinge erlebt, die mehr als ein so junges Leben füllen könnten. Sie lässt den Leser hautnah an ihren Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben, ohne gleich die Exhibitionistin zu geben - Erlebnisse und Erfahrungen, die oft zutiefst schockierend sind und zeigen wie gedankenlos, missgünstig und verletzend Menschen sein können. Doch trotz ihres herzergreifenden Schicksals führt uns Sarah Neef mit ihrer unbändigen Kraft und durch nichts zu erschütternden Beharrlichkeit vor Augen, was Lebensfreude, Mut und der Glaube an die Verwirklichung der eigenen Träume bedeutet und beschämt damit all jene, die nur allzu leicht vor sehr viel geringeren Problemen und Schicksalsschlägen kapitulieren.
Sarah Neef schildert in ihrem Buch schonungslos einige der Abgründe menschlichen Umgangs. Doch neben ihrem Plädoyer für mehr Toleranz, Aufgeschlossenheit und Neugierde gegenüber Menschen, die anders sind, trägt sie mit ihrer Lebensgeschichte auch eine wundervolle Botschaft in die Welt. Eine Botschaft, die besagt: Vieles kann überwunden werden, nahezu alles ist möglich - es braucht nur etwas guten Willen und Entgegenkommen der Menschen.
Sarah Neefs Schreibstil wirkt ungemein authentisch und erfrischend. Man merkt sofort, dass sie selbst die Verfasserin ihrer Worte ist und dass kein gelernter Autor ihr die Worte nur in den Mund gelegt hat. Dennoch sind es nur wenige Passagen, die vielleicht ein ganz klein wenig holprig rüberkommen. Aber das verzeiht man nur allzu gern - das macht die Autorin und das Buch nur noch sympathischer.

Fazit:
Ein zu Herzen gehendes Buch, erschütternd und doch zugleich Mut machend.
Ein Buch, auch und GERADE für Menschen ohne Handicap.
Ein MUSS für jeden, der erfahren will, wie subtil, verletzend und schlichtweg ungerechtfertigt Diskriminierung sein kann.