Meine Meinung:
Ich kann mich den hier und auch auf Amazon herrschenden Begeisterungsstürmen leider mitnichten anschließen. Ich hoffe, trotz meines bodenlosen Ärgers über "Smaragdgrün" die Gründe für diesen nachvollziehbar darstellen zu können, denn ich bin maßlos enttäuscht.
Was habe ich mich auf "Smaragdgrün" gefreut: Nach dem umwerfenden ersten und zweiten Teil waren meine Ansprüche entsprechend hoch und nach meinen zahlreichen Spekulationen bin ich auf die Auflösung sehr gespannt gewesen.
Doch das, was mich während dem Lesen von "Smaragdgrün" fortwährend begleitet hat, hat sich nach dem Ende von diesem nur noch verstärkt und wirft auch einen Schatten auf die Vorgängerbände: ein alles dominierendes Frustrationsgefühl.
Allein in die Formulierungen haben sich zahlreiche Fehler eingeschlichen, die vermeidbar und in ihrer Häufigkeit störend gewesen sind. Um nur zwei Beispiele zu nennen: "Unsere Klassenkameradin Cynthia hatte sich mit in die Seiten gestemmten Ellenbogen..." (S. 45 - Wie bitte stemmt man denn Ellenbogen in die Seiten?) oder "Als ich die Augen aufschlug, flutete das Licht der aufgehenden Sonne in mein Zimmer, wirbelte Staubkörnchen in die Höhe..." (S. 327 - Sonnenlicht kann etwas wirbeln? Interessant.).
Genauso wenig durchdacht verläuft die ganze Geschichte. Ein mysteriöser, haarsträubender Zufall jagt den nächsten und hinterlässt einen konstruierten Einheitsbrei. Von Zeit zu Zeit bricht Kerstin Gier kurzerhand die eigens aufgestellten Regeln Zeitreisen betreffend und biegt sie so zurecht, dass manche Ereignisse in "Smaragdgrün" überhaupt erst geschehen können. Mich allerdings hat das unheimlich gestört und die Logik der Zeitreisen und der Geschichte so löcherig wie ein Einkaufsnetz werden lassen.
Ein Beispiel: Als Gideon und Gwen auf S. 346 zusammen ins Jahr 1953 reisen, springt zuerst Gwen, dann Gideon. Zurück springt allerdings zuerst Gideon und dann Gwen. Warum sollte er an seiner Aufenthaltsdauer im Vergleich zu Gwen etwas verändert haben?
Die Beziehung zwischen Gideon und Gwendolyn wird - ohne zu viel verraten zu wollen - so schrecklich kitschig und klischeehaft, dass die Seiten schon vor Schmalz trieften. Diese Entwicklung hat mir überhaupt nicht gefallen, Gwendolyns Anbetung hat mich - entschuldigt bitte den Vergleich - an Bellas Anbetung für Edward erinnert. Gwendolyn erscheint überhaupt etwas dümmlich und wäre ohne Leslie wahrscheinlich hoffnungslos verloren gewesen.
Der Punkt, der mich allerdings am meisten gestört hat, ist die Unfertigkeit von "Smaragdgrün". Als ich die letzte Seite beendet habe, konnte ich nicht fassen, dass das alles gewesen sein soll! "Smaragdgrün" lässt so viele Fragen offen, dass noch zwei Bände gefüllt werden könnten, mehr als in "Rubinrot" oder "Saphirblau". Ich bin regelrecht wütend darüber, es ist schließlich der Abschlussband der Trilogie! Normalerweise mag ich wenige unbeantwortete Dinge in Büchern, um diese in meiner Fantasie weiterspinnen zu können, aber in diesem Fall fühle ich mich irgendwo betrogen - ich kaufe ja auch keine Schuhe ohne Sohlen. Einzelne Fragen werden in ein, zwei Nebensätzen ohne Erklärungen beantwortet, die meisten, teilweise schon im ersten Teil entstandenen, wichtigen, elementaren (!) Fragen aber einfach unter den Tisch fallen gelassen. Wird der Leser so unaufmerksam eingeschätzt, dies nicht zu bemerken? Ich weiß es nicht, befürchte allerdings, dass einiges dem Zeitdruck geschuldet ist, unter dem "Smaragdgrün" wohl entstanden sein muss.
Das Ende ist schließlich auch einfach nur an den Haaren herbeigezogen, für mich unpassend, schrecklich und noch frustrierender.
Daran, dass ich "Smaragdgrün" nicht einfach irgendwo in der Erde verbuddelt habe in der Hoffnung, es sei nur ein böser Traum, liegt wohl an dem ohne Frage locker-leichten Schreibstil, dem immer noch köstlichen Humor, an Xemerius und meiner Neugier.
Fazit:
Meines Erachtens nach ist "Smaragdgrün" nach den grandiosen Vorgängerbänden mehr als nur ein bisschen enttäuschend. Denn es wirkt in seiner Gesamtheit wie eine unfertige, unlogische, fehlerhafte, kitschige, klischeehafte - kurz: frustrierende - Geschichte. So sehr es mir auch schwerfällt: Mehr als 4 von 10 Eulenpunkten kann ich beim besten Willen nicht vergeben. Schade.
Edit: Es gibt einen neuen Spoilerinhalt :-).