Beiträge von elisabethberlin

    Den Schock kann ich gut nachvollziehen. Wenn ich Lesungen habe und vor Publikum auftrete, stelle ich mein Buch erst einmal kurz inhaltlich vor, um dann mit dem Satz "Und ab jetzt bin ich ein Kerl" fortzufahren. Die meisten schmunzeln dann und ich bekomme oft zu hören, dass es nach kurzer Zeit absolut normal klingt, wenn ich als Vernau erzähle. Aber beim Lesen kann es natürlich passieren, dass man etwas braucht, bis man das erkennt. Sorry! :-)

    Das entwickelt sich oft erst beim Schreiben. Anfangs war mir Hüthchen auch sehr suspekt. Aber dann stellte ich fest, dass sie Vernaus Mutter doch näher steht als er zunächst glaubt. Das setzt sch in den folgenden Büchern fort. Oft entwickeln sich Nebenfiguren auch erst später zu wichtigen Personen. Dann gehe ich noch mal zurück und denke mir ein bisschen mehr zu ihnen aus. Das meiste ist reine Fantasie. Nur sehr selten haben meine Figuren echte, reale Vorbilder.

    Nun ... ähm .... neee, ich hatte noch keinen übergewichtigen, verheirateten Mitte-Links-Verteidiger in meinem Treppenhaus ... aber fast alle Figuren haben reale Vorbilder. Ich lerne durch meinen Beruf ja eine Menge Leute kennen, und da merkt man sich so einiges. Zum Beispiel haben irgendwann einmal alle Wichtigmacher damit begonnen, am Anfang einer Besprechung ihre Armbanduhr auszuziehen und vor sich auf den Tisch zu legen. Irgend wann einmal habe ich gehört, das hätte Helmut Kohl immer so gemacht. Für mich ist das zum Beispiel eine Geste, die in meinem eigenen Bekanntenkreis nicht vorkommt. Aber ich sehe sie auf Pressekonferenzen, Besprechungen, kurz: überall da, wo einer zeigen muss, wie kostbar seine Zeit ist. Das sind Kleinigkeiten, aber sie machen einen Charakter irgendwie deutlicher.
    In "Die siebte Stunde" taucht Jazek auf, ein Automechaniker aus Polen. Für ihn wurde ich ziemlich angegiftet: Klischee über Klischee. Ich kann nur sagen, der Jazek, den ich wirklich kenne, ist noch um einiges skurriler. Berlin-Mitte hat immer noch einige wild blühende Phantasiegewächse. Einige habe ich in meinen Büchern verewigt. Die meisten Figuren aber sind eine Mischung aus vielen, vielen Puzzleteilen, aus denen ich mir dann einen Charakter zusammensetze.

    Für Bruce Willis war eine der wichtigsten Entwicklungen in seinen "Die hard"-Filmen, dass er relativ gesittet aussieht und gegen Ende des Films so, als wäre er in die Häckselmaschine geraten. Vernau bekommt ganz schön was ab, aber ich denke, das kann er verkraften ... :-]

    Das freut mich! Es gibt übrigens im Leben eines Schriftstellers IMMER diesen Schockmoment: Man hält das fertige Buch endlich in der Hand. Man schlägt es auf und beginnt zu lesen, weil es in dieser Form noch einmal ein ganz anderes Erlebnis ist. Man freut sich wie ein Honigkuchenpferd, bis .... Nein!!!! Nicht!!! Das kann doch nicht wahr sein!!!! ... der erste Fehler auftaucht, den man selbst nach dem zwanzigsten Überarbeiten nicht gefunden hat und der selbst Lektoren, Korrektoren und Setzern durchgegangen ist. In der "7. Stunde" gibt es ihn, und in der "Letzten Instanz" auch. Bis jetzt war das immer so, und wird wohl auch so bleiben ... Gottseidank habe ich das auch bei Büchern anderer Autoren entdecken können. Ich stehe also nicht allein ...

    Oh, Leipzig! Das war eine Horrorlesung ... drei Millionen Menschen in den Messehallen, jeder konnte kommen und gehen wie er wollte, gruselig. Man fühlt sich ein bisschen wie der Gemüseraspler auf dem Wochenmarkt ...Das beste war Sabine. Danke für das schöne Foto!

    Ich glaube, Joachim war nicht herzlos. Im Gegenteil, es ist ihm alles so nah gegangen, dass er nicht anders kann, als es von sich wegzuschieben. Zum Ring: Verena ist ein Muttertier. Sie würde alles für Aaron tun. Wenn er sagt, der Himmel ist grün, dann ist er grün. Genauso hält sie es mit dem Ring.

    Aaron braucht Geld! Er hat ja keins, weil er es dauernd auf den Kopf haut. Verena hingegen ist genau die Mutter, die ihrem Sohn, komme was wolle, die Stange hält. Sie würde jeden Meineid schwören, um Aaron, wieder einmal, aus der Patsche zu helfen. Aaron ist eben der einzige, der ihr einen Sinn und Halt gibt. Von ihrem Mann hat sie ja nicht viel, zudem betrügt der sie, wo immer es geht und hat auch noch ein uneheliches Kind gezeugt. Eigentlich müsste sie mir Leid tun. Aber ich habe einige Frauen wie Verena kennengelernt, und sie waren mir nie wirklich sympathisch.

    "Freiin" ist richtig, klingt aber schrecklich. Die Freifrau geht leichter über die Lippen, zudem sie ja auch gar keine mehr ist! Sie hat ja "runtergeheiratet", ist also nur noch von einfachem Adel. Dennoch bleibt sie Freifrau und trägt diesen Spitznamen auch ganz schön stolz.

    Die Kombination für den Safe ist Sigruns Geburtstag. Ich habe das im Buch nicht näher erläutert, aber da jeder in der Familie einen eigenen Safe hat und die anderen im unvorhergesehenen Fall auch mal ran müssen. Deshalb hat jeder Safe für jedes Familienmitglied den dazugehörigen Geburtstag als Kombination.
    Ich hoffe sehr, dass du in das Buch noch reinkommst und würde mich riesig freuen, wenn du nicht aufgibts. Allerdings KANN man nicht für ALLE schreiben. Das heisst, wenn es dir nicht liegt, ist das für mich zwar schmerzhaft, aber auch etwas, mit dem ich lernen muss zu leben. Trotzdem Danke, dass du dir überhaupt die Mühe machst und schon so weit gekommen bist.

    Ja, ihr habt alle recht. Das ist eine Ungenauigkeit. Ursprünglich sollte Dressler das Bld gemacht haben, und die Polizei die Frage stellen: Wer kennt diese Frau? Bild und Frage führen dann alle zusammen an Millas Bett. Leider habe ich das nicht gut genug herausgearbeitet. Ich ärgere mich selbst am meisten darüber. Sorry!

    Ich habe das Buch damals vor dem Hintergrund dieser ganzen schrecklichen Debatte um Entschädigungszahlungen geschrieben. Friedrich Christian Flick hatte sich ja geweigert, in den Stiftungsfonds einzuzahlen. Sein Argument: Er ist der Enkel, und was man mit ihm in Zürich gemacht hat (dort wurde seine Ausstellungshalle verhindert), sei ein Kesseltreiben und Sippenhaft.
    Ich habe auch nicht verstanden, warum andere, nicht so bekannte Leute diese Unterschrift verweigert haben. Ich war mit Marina Schubart vom Verein kontakte-kontakty in Kiew, die dort "vergessene" Ex-Zwangsarbeiter, meist Frauen, betreut. Und die erzählte mir, dass es immer wieder Leute gibt, die nicht unterschreiben, weil sie das absolut verdrängen, dass in ihrer Familie Zwangsarbeiter gearbeitet haben. Ihr wird tatsächlich die Tür vor der Nase zugeschlagen.
    In meinem Roman ist ja lange nicht klar, ob es Natalja noch gibt oder ob sie wirklich gestorben ist. Ich denke, so lange Sigrun sich noch an die Version halten kann, alles sei ein von Milla angelegter Betrug, ist ihre Haltung nachvollziehbar. Und: Im Wahlkampf werden ja schon Dienstwagen zu Waffen ... :-), wenn man dann erfährt, dass die eigene Familie braun bis auf die Knochen war, ist das schon heftig.