Dann auch mal meine Rezension dazu, leider konträr zur Begeisterung von LilStar - siehe auch Vorablesen.de:
Hauptmanns kleine perfekte Groschenroman-Welt
Einen Vorteil hat das 300seitige RÜCKFLUG ZU VERSCHENKEN tatsächlich: Es lässt sich in einem Rutsch durchlesen, so dass kaum Gefahr besteht, sich mehr als maximal drei bis vier Stunden über Gaby Hauptmanns superseichte Strandlektüre aufzuregen. Immerhin ...
Der Klappentext verrät es ja bereits: Clara verlässt Langzeitfreund Paul wutentbrannt, nachdem sie ihn im Bett mit einer anderen erwischt hat - leider lässt sie damit auch die Prachtvilla und das noble Leben in Kölns Schickeria zurück. Einzig und allein Tochter Katie bleibt ihr, als sie vorläufig wieder bei ihrer Mutter einzieht. Vor den Neuanfang hat der liebe Gott natürlich (zumindest im modernen Frauenroman) die Selbstfindung gesetzt, also sponsort Claras Mutter eine Woche Mallorca, und unsere Heldin findet sich bereits eine Seite weiter im rustikalen El Arenal wieder, wo sie etlichen wandelnden Klischees begegnet, Freunde kennenlernt, eine Chance zum Neuanfang bekommt und bald sowohl ihre Rache an Paul als auch den neuen "Latin Lover" Andres genießen kann ...
Natürlich gehöre ich nicht zur weiblichen Zielgruppe der Autorin, aber in der Regel kann man mir auch einen anspruchslosen Alltagsroman unterjubeln, ohne dass ich schreiend die Flucht ergreife. Bei RÜCKFLUG ZU VERSCHENKEN fiel es mir hingegen sehr schwer zu glauben, dass man heutzutage tatsächlich noch mit so einem Groschenheft-Niveau bei Piper unterkommt statt bei den bunten Heftchen am Bahnhofskiosk. Ich habe das Buch überhaupt nur zu Ende gelesen, weil ich wissen wollte, ob Gaby Hauptmann tatsächlich die Unverfrorenheit besitzt, diese Klischees nicht einmal ansatzweise zu ironisieren. Um es vorwegzunehmen: Ab ca. Seite 250 legt sie sich erst richtig ins Zeug - schlimmer geht's dann wirklich nimmer.
Alle Figuren des Buches sind Schablonen. Paul (der Ex) ist der typische Großverdiener-Kotzbrocken und natürlich ein hemmungslos eitler Pfau. Die Sachsen im Hotelzimmer nebenan sind Fans von Ballermann 6 und Jürgen Drews. Claras neue Freundinnen vom Strand entpuppen sich als gutherzige Lebenshelferinnen, während ihr neuer mallorquinischer Lover natürlich jünger ist als Clara und spanisches Feuer versprüht. Die Geschäftsleute im Buch sind bestenfalls Schlitzohren, und die im Buch auftauchenden Russen allesamt dekadente Oligarchen mit Faible für überladenen Protz statt zurückhaltende Kunst. Irgendwann registriert man die Parade an Abziehbildern nur noch mit gelassenem Schmunzeln und fragt sich, ob das Weltbild einer modernen Frau tatsächlich dem hier gedruckten Kuriositätenkabinett entspricht.
Als wären die Charaktere nicht schon genug an literarischen Ausrutschern, bedient sich Gaby Hauptmann in der kunstlos geschriebenen Geschichte sowohl der Versatzstücke früherer Romane als auch der konstruierten Realität diverser Frauenzeitschriften. Nicht nur findet die geschaßte Clara im Endeffekt auf Mallorca ihr privates UND berufliches Glück (letzteres hauptsächlich durch eine Reihe nahezu unglaublicher Zufälle - die Insel ist anscheinend kleiner als jede Dorfkneipe), sondern auch die ihr Nahestehenden profitieren von den unerhörten Ereignissen unter spanischer Sonne. UND obendrauf erlaubt ihr ein letzter Zufall auch noch eine (höchst alberne) Rache an Paul, die sogar in einem Schreibkurs für Anfänger als kreatives Disaster gegolten hätte. Überhaupt macht die Geschichte auf den letzten fünfzig Seiten mehrere wilde Bocksprünge, wirft eine unmotivierte Kriminalhandlung samt ehrbaren Gentleman-Gaunern obendrauf, lässt seine Protagonistin sämtliche moralische Prinzipien im Dienst einer eigennützigen Sache innerhalb weniger Absätze umwerfen und gebärdet sich auch allgemein so drollig, dass man das Gefühl hat, Gaby Hauptmann hätte selbst die Lust verloren, ihr vorgeblich anspruchsloses Strandlektüren-Publikum so über den Löffel zu balbieren.
Fazit: Was zuerst wie eine weitere generische ChickLit-Romanze beginnt, wandelt sich auf den letzten fünfzig Seiten zum kolossalen Plot-Ärgernis, das so selbst die vorgeblichen Ansprüche seiner Zielgruppe auf Gröbste unterschätzt und beleidigt. Steilvorlage für den nächsten SAT 1-Film der Woche - mehr aber wirklich nicht.