Für mich war das Buch leider eine Enttäuschung. Das Lesen der beiden anderen Rezensionen hier hat mir sehr viel mehr Spaß gemacht!
Nichts Halbes und nichts Ganzes
Ich bin mit großer Neugier an dieses Buch heran gegangen. Hauptsächlich interessierte mich, ob ein Literatur-Führer dieser Machart in der Lage ist, dem noch unentschlossenen Leser einen positiven Anstoß zu geben, sich dieses oder jenes Buch zuzulegen. Nach dem Lesen bin ich da stark im Zweifel. Ich muss dazu sagen, dass ich etliche der vorgestellten Werke bereits selbst gelesen und mir eine Meinung dazu gebildet habe.
Aber von Anfang an. Das Buch ist zunächst einmal sowohl optisch (ausschließlich farbige Abbildungen, Fadenheftung, Lesebändchen, Schutzumschlag), als auch inhaltlich ansprechend und abwechslungsreich gestaltet. Der Aufbau ist chronologisch und umfasst die zeitliche Spanne von 1307-2011. Einigen Werken ist eine ganze Seite gewidmet, die neben einer Kurzfassung des Inhaltes auch berühmte Zitate oder anderes Wissenswertes zum Besten gibt, andere werden in noch kürzerer Form vorgestellt. Teilweise unterstreichen szenische Grafiken die Angaben zur Handlung. Ich nehme an, dass sie für zusätzliche Unterhaltung sorgen sollen. Die Idee dahinter ist sicherlich auch ganz originell und witzig, das Endergebnis ist es für mich allerdings nicht. Leider haben mir weder die Figuren noch die dargestellten Szenen gefallen. Bei einigen Autoren widmet sich eine Extra-Seite den jeweiligen biografischen Details. Diesen vorangestellt finden sich oft kleine Zeichnungen der betreffenden Person, die zum großen Teil einen hohen Wiedererkennungswert besitzen und durchaus gelungen sind. Es gibt zudem regelmäßig kurze Einschübe, die eine Menge Hintergrundinformationen rund um das Thema Literatur (Beispiel: "Nom de plume – Autoren und deren Pseudonyme") liefern. Hier ist Interessantes, Skurriles, relativ Unbekanntes und Neues dabei. Auch manche Anekdoten sind amüsant und unterhaltsam. Allerdings nur bei Lesern, die über ein größeres Vorwissen verfügen.
Als problematisch empfand ich die Zielsetzung der beiden Autorinnen. Sie möchten auf lockere, unverkrampfte Art Begeisterung für Weltliteratur wecken. Insbesondere bei Lesern, die, durch dröge Schullektüre negativ vorbelastet, dieses Thema für sich schon ad acta gelegt hatten. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden. Die Frage ist nur, ob Katharina Mahrenholtz und Dawn Parisi sich für die richtige Methode entschieden haben. Ich persönlich lese für mein Leben gern (trotz schlechter Schulerfahrungen), mag es aber weniger, wenn ich Inhaltsangaben begegne, in denen schon der Schluss verraten wird. Das Argument, dass bei den meisten Klassikern das Ende allgemein bekannt sein dürfte, zählt hierbei für mich nicht. Außerdem habe ich den Eindruck gewonnen, dass das vorliegende Buch vom Lesen bestimmter Werke regelrecht abraten will. Besonders in Fällen, wo die Lektüre nach Meinung der Autorinnen etwas beschwerlich sein könnte. Unerfahrenere Leser, die sich auch mal an "schwierigere" Werke herantrauen wollen, dürften sich durch solche Äußerungen eher abgeschreckt als ermutigt fühlen. Mir ist schleierhaft, was ich mit Zitaten und anderen Informationen zu einem Buch anfangen soll, wenn das Lesen eh nicht in Frage kommt. So zu tun, als wenn ich etwas gelesen hätte, nur um eine gewisse Bildung vorzutäuschen, entspricht nicht meiner Lebenseinstellung. Ich hatte den Eindruck, die Autorinnen propagieren hier Oberflächlichkeit und möglichst einfach geschriebene Texte.
Wer allerdings in Vergessenheit Geratenes wieder auffrischen möchte, könnte das theoretisch mit diesem Buch versuchen. Mich hat allerdings der übertrieben flapsige und auf jung getrimmte Schreibstil verärgert, der im krassen Gegensatz zu den meisten Werken der Weltliteratur steht und somit auch nicht in adäquater Form Lust auf diese machen kann.
Die Auswahl der "wichtigsten" Bücher ist erwartungsgemäß sehr subjektiv gefärbt. Ein Johann Wolfgang von Goethe findet darin ebenso Platz wie Astrid Lindgren, Ken Follett und Joanne K. Rowling. Aber auch Paul Auster, Klaus Mann und Charles Dickens kommen vor. Ich hätte mir eine etwas strukturiertere Mischung gewünscht. Einige Werke eignen sich auch eher weniger als Appetitmacher, denn aus dem Alter für "Fünf Freunde" von Enid Blyton bin ich schon lange raus, und Vertreter der reinen Unterhaltungsliteratur wie Folletts "Die Säulen der Erde" müssen wohl kaum groß angepriesen werden, um von geeigneten Lesern gefunden und verschlungen zu werden.
Für mich war das Buch eher ernüchternd. Ich finde es enttäuschend, wenn "Einsteigern" in Sachen Literatur empfohlen wird, sich doch vor dem Lesen eines anspruchsvolleren Werkes lieber erst den passenden Comic oder Film anzuschaffen. Wer hat denn anschließend noch Lust, die gleiche Geschichte in einer anderen Form zu konsumieren? Ich empfand es außerdem als große Respektlosigkeit, dass die Autorinnen gleich mehrere Schriftsteller mit den Wertungen "durchgeknallt" und "irre" versehen. Auch die mehrfache Erwähnung des Fehlens jeglicher "Action" ist gerade in Bezug auf Klassiker wohl mehr als verwirrend. Ist es denn als Mangel zu empfinden, mal kein Buch mit wilden Verfolgungsjagden und ähnlichem vor sich zu haben? Sind da jetzt schon Warnungen nötig? Die positiven Punkte sind bedauerlicherweise zu bescheiden in ihrer Häufung, um wirklich ins Gewicht zu fallen. Ich fühlte mich zeitweise von den Autorinnen fast veräppelt und für blöd verkauft. Keine Empfehlung von mir, weder für Einsteiger noch für "alte Hasen"!
3-4 von 10 Eulenpunkten
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