Beiträge von Mrs Bean

    Aufbau Verlag
    06. März 2013 (Erscheinungsdatum)
    328 Seiten
    Gebunden mit Schutzumschlag



    Südamerikanische Erzählfreude


    1936 lebt der polnische Jude Max Kutner bereits seit mehreren Jahren in Brasilien. Es ist eine Zeit tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Umbrüche, und nach den weitreichenden Folgen der Weltwirtschaftskrise werfen nun auch die Gräueltaten der Nationalsozialisten ihre Schatten bis nach Südamerika. Vor allem aber haben die elf kurz aufeinanderfolgenden Militärputsche die Lebensumstände auf dem Kontinent geprägt. Dennoch trifft es Max unvorbereitet, als er dazu aufgefordert wird, für den antikommunistischen Polizeiapparat unter Präsident Vargas Spitzeldienste zu leisten, indem er die Briefe jüdischer Mitbürger übersetzt. Im Laufe dieser Tätigkeit verliebt er sich in eine Frau namens Hannah und entwickelt so etwas wie eine Obsession für die schöne Unbekannte. Als Hannah eines Tages leibhaftig vor ihm steht und sich nicht nur als wohlhabende Edelprostituierte entpuppt, sondern auch sonst sehr viel facettenreicher ist als gedacht…


    Ronaldo Wrobels Debütroman zeichnet den Liebes- und damit Leidensweg eines im Grunde seines Herzens einfachen und anständigen Mannes nach, dessen Gefühle sich sowohl der Realität, als auch den Moralvorstellungen eines gläubigen Juden widersetzen. Obwohl Max Kutner ahnt, dass sich sein Wunsch, das Herz der schönen, sehr umtriebigen und unabhängigen Hannah zu gewinnen, aller Wahrscheinlichkeit nicht erfüllen wird, setzt er alles daran, sich ihr unentbehrlich zu machen. So manches Mal war ich etwas genervt von Max' Hartnäckigkeit und Naivität, andererseits aber auch wieder angenehm berührt von seiner Hilfsbereitschaft und Loyalität. "Hannahs Briefe" ist für mich jedoch eines dieser Bücher, in denen dem Leser die Hauptfiguren nicht in dem Maße ans Herz wachsen, dass er sich gar nicht mehr von ihnen trennen kann. Dafür war mir Max Kutner etwas zu unscheinbar und Hannah ein wenig zu unterkühlt. Auch wenn ich ihre Handlungsweise und die der anderen Personen nicht immer nachvollziehen konnte, empfand ich dennoch Sympathie für sie.


    Die wohltuende Stimmung, die das Buch erzeugt, lässt sich vor allem damit erklären, dass der Autor einfach wunderbar erzählen kann. Seine Figuren sind trotz meines vorangehenden Einwands zum Glück nicht eindimensional. Sie schafften es beim Lesen oftmals, mich mit unerwarteten Geständnissen zu überraschen. Sogar Max hat mehr als ein Geheimnis. Auch die Handlung nimmt immer wieder andere Wendungen und spielt an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten. Längst vergangene Ereignisse und Familiengeschichten, die auf irgendeine Weise mit der Gegenwart verkettet sind, werden neu aufgerollt. Zwischen Europa und Südamerika entstand durch den damaligen jüdischen Flüchtlingsstrom ein unsichtbares Band, dass die Welt viel kleiner erscheinen ließ, als sie in Wahrheit war und ist. Die Probleme der Juden in allen Ländern und zu jeder Zeit treten in Max' Erinnerungen sehr deutlich zutage, werden aber jenseits aller Verbitterung erzählt.


    Obwohl viele der Geschehnisse im Buch etwas mit Prostitution und Frauenhandel in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg zu tun haben, geht der Autor nie ins Detail. Es gibt keine einzige richtige Bettszene. Ronaldo Wrobel beschränkt sich auf das Gefühlsleben seiner Figuren und ihre Beweggründe, alles andere wird umschrieben und angedeutet. Mir war das ganz lieb, weil die Kernaussage des Erzählten auch ohne explizite Darstellungen und Vulgärausdrücke klar hervortritt.


    Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zum Erzählstil des Autors, der in Rio de Janeiro lebt und neben seiner Arbeit als Rechtsanwalt für ein jüdisches Magazin schreibt, sagen. Südamerikanische Autoren sind in der Regel dafür bekannt, dass sie gern etwas blumig und ausschweifend erzählen, was per se kein Nachteil ist, mir aber nicht immer gefällt. Ronaldo Wrobel dagegen schreibt zwar mit großer Lust und durchaus farbig, übertreibt es dabei aber nicht. Seine Geschichte ist unterhaltsam, ungewöhnlich, überhaupt nicht kitschig und überrascht besonders im letzten Teil. In zahlreichen klugen und interessanten Wortspielen sowie Reflexionen über das Leben und was die Menschen daraus machen, blitzt immer wieder der ganz spezielle jüdische Humor mit seiner schlitzohrigen, oft makabren, Missstände geschickt entlarvenden, originellen und selbstironischen Art auf. Hier wird mit den Menschen gelacht und nicht über sie. Ein ungewöhnliches und trotz vieler trauriger und nachdenklich stimmender Momente positives Leseerlebnis, das ich gern weiterempfehlen möchte!


    8 Eulenpunkte!


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    Gerade begonnen...


    Kurzbeschreibung laut Amazon:


    Eine Liebe, in der sich Weltgeschichte spiegelt Rio de Janeiro am Vorabend des Zweiten Weltkriegs: Nach der gescheiterten Revolte von 1935 eröffnet das Vargas-Regime eine Hexenjagd auf Kommunisten. Der Schuhmacher Max Kutner, ein polnischer Jude, muss im Auftrag der Geheimpolizei auf Jiddisch verfasste Korrespondenz etlicher Exilgenossen übersetzen und nach verschlüsselten Botschaften durchsuchen. Dabei stößt er auf die Briefe einer gewissen Hannah an ihre Schwester Guita. Hals über Kopf verliebt er sich in die unbekannte Schreiberin und beginnt sie fieberhaft zu suchen – bis sie eines Tages vor ihm in seinem Schusterladen steht und er sie an ihrer Handschrift erkennt. Doch die wirkliche Hannah ist nicht die Traumfrau aus den Briefen: Sie arbeitet als Edelprostituierte – und gleichzeitig als Spionin. Mit dem wunderbaren Mikrokosmos des jüdischen Viertels um die Praça Onze lässt Ronaldo Wrobel in Hannahs Briefe einen Moment in der Geschichte Rios lebendig werden, der zugleich Weltgeschichte ist: Der jüdische Einwandererstrom aus Europa in den 1920er und 1930er Jahren, der tiefe Spuren in der brasilianischen Gesellschaft hinterlassen hat. Der hintergründige Humor, die Nostalgie und die Fabulierlust des Erzählers machen das Buch zu einem echten Lesevergnügen. "Ein Meisterwerk, klug und bewegend. Ein wunderbares Lesevergnügen!" Peregrina Cultural


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    Prestel Verlag
    Februar 2013 (Erscheinungsdatum)
    240 Seiten, 24 x 30 cm, 200 s/w Abbildungen
    Gebunden mit Schutzumschlag
    Originaltitel: Hollywood Unseen



    Werbeaufnahmen großer Hollywood-Stars


    Die ehemaligen großen Hollywood-Stars haben mich schon immer fasziniert. Deshalb freut es mich sehr, dass das Buch "Hollywood Unseen" nun auch in deutscher Sprache erschienen ist. Das enthaltene Bildmaterial stammt ausschließlich aus dem Archiv der John Kobal Foundation. Ihr Gründer John Kobal war ein leidenschaftlicher Sammler von Filmen und Schwarz-Weiß-Negativen aus Hollywood und ein überaus versierter Fachmann im Bereich der Porträtfotografie. Auch als Autor Dutzender von Büchern und Organisator von Ausstellungen zu diesem Thema machte er sich einen Namen.


    Seit den 20er Jahren bis gegen Ende der 50er Jahre war es in Hollywood üblich, dass die Filmstudios professionelle Fotografien ihrer Schauspieler in Auftrag gaben. Diese Aufnahmen dienten der Publicity und sollten zum einen aufsteigende Filmsternchen bekannt machen und zum anderen das Image bereits etablierter Stars festigen bzw. in eine bestimmte Richtung lenken. Nebenbei wurde so auch Werbung für den aktuellen Film und das Studio selbst gemacht. Man unterschied dabei drei Arten von Bildern. Zunächst gab es da die Standbilder, die am Ende jeder Filmszene gemacht wurden und dann die Porträtfotografien, die im Studio des jeweiligen Fotografen entstanden. Der vorliegende Bildband präsentiert die dritte Form von Werbeaufnahmen, auf denen die Stars in ihrem Privatleben vorgestellt wurden. Die Bilder sollten authentisch wirken, waren aber bis ins letzte Detail inszeniert. Sie dienten als Bestätigung dafür, dass die Stars privat genauso waren wie die Rollen, die sie auf der Leinwand verkörperten. Die Illusion von aktiven, stets gutgelaunten und glamourösen Menschen sollte beständig aufrechterhalten werden. So sieht man auf den optimal ausgeleuchteten Fotos meist strahlende, immer gut gekleidete und perfekt geschminkte Schauspieler. Die idealisierende Darstellung des Privat- und Familienlebens von scheinbar unerreichbaren Stars war bei den Lesern von Fan-Magazinen und Zeitungen äußerst beliebt und kurbelte die Einnahmen der großen Filmstudios wie MGM, Columbia Pictures und Paramount an.


    Auf knapp 240 Seiten gibt der Bildband "Hollywood Unseen" außergewöhnliche Einblicke in eine Zeit, als die Hollywood-Studios aufgrund von Langzeitverträgen noch Exklusivrechte auf ihre Schauspieler hatten und dadurch Einfluss auf alle Publicity-Aufnahmen nehmen sowie die Berichterstattung über die Stars in den Medien gezielt beeinflussen konnten. Im Vorwort des Buches berichtet die Schauspielerin Joan Collins, welche Erfahrungen sie in ihren ersten Jahren beim Film mit Werbeaufnahmen gemacht hat. Es folgt ein Essay von Robert Dance, der das damalige Studiosystem, die genauen Vertragsinhalte der Schauspieler und die Hintergründe für die einzelnen Werbeaufnahmen zum Thema hat. Die in der Einführung besprochenen Aufnahmen stehen als kleinformatige Bildergalerie neben dem Text und wiederholen sich später in Normalgröße im Buch.


    Bei den 200 Fotografien des Buches handelt es sich fast ausschließlich um Schwarz-Weiß-Bilder, weniger als ein halbes Dutzend sind in Farbe. Die Auswahl der Werbefotos, die für den Bildband ausgesucht wurden, folgt keinem erkennbaren Muster. Neben Stars aus den frühen Jahren des Tonfilms wie beispielsweise Norma Shearer, Marlene Dietrich und Charles Laughton tummeln sich Hollywood-Größen wie Clark Gable, Gregory Peck, Elizabeth Taylor, Cary Grant, Bette Davis, Greta Garbo und Jean Harlow. Die Komiker-Riege ist durch die Marx Brothers, Stan und Laurel, Buster Keaton und andere vertreten. Von einigen der Stars gibt es zwei oder mehr Bilder, andere wie David Niven, Shirley MacLaine und Stewart Granger haben den Weg ins Buch erst gar nicht gefunden. Man sieht die Stars beim Sport, auf Partys, zu Hause, am Set, mit Tieren oder Kindern und in weiteren Arrangements, darunter Extra-Aufnahmen für die Feiertage.


    Die Bilder haben ganz unterschiedliche Formate und sind weder chronologisch noch nach anderen Kriterien geordnet. Es steht immer dabei, wer auf dem Foto zu sehen ist, wann und wo es entstand, welches Filmstudio verantwortlich zeichnete und oft auch, wer es geschossen hat. Manchmal gibt es zusätzlich noch einen kurzen weiterführenden Text, zum jeweiligen Star beziehungsweise dem Sujet der Aufnahme.


    Das Konzept von "Hollywood Unseen – Filmstars hinter den Kulissen", Text und Bildteil größtenteils zu trennen, finde ich sehr ansprechend. Mit den Vorabinformationen im Hinterkopf bereitete es mir wirklich Spaß, im Anschluss die Fotografien ganz für sich allein wirken zu lassen und nur ab und zu mal durch einen kurzen bezugnehmenden Texteinschub eine kleine Pause vom reinen Anschauen und Genießen zu machen. Was für eine schöne Zeit, als Hollywood-Stars noch nicht in Jogginghosen und ausgeleierten T-Shirts gegen ihren Willen beim Einkaufen abgelichtet wurden! Wenn ich es richtig verstanden habe, wurden beinahe alle Fotos, den damaligen Gepflogenheiten entsprechend, bislang nur ein- oder zweimal der allgemeinen Öffentlichkeit präsentiert. Die Auswahl ist sehr spannend und abwechslungsreich, die Bildqualität hervorragend, und historische Besonderheiten wie die Tatsache, dass die weiblichen Schauspieler während des Zweiten Weltkriegs im Auftrag der Filmstudios die Moral der amerikanischen Truppen heben und den Verkauf von Kriegsanleihen ankurbeln sollten, machen dieses schöne Buch noch interessanter. Eine ganz klare Leseempfehlung meinerseits!


    10 Eulenpunkte!


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    Vielen Dank für die schöne Rezension, Karthause! :wave Mir wurde das Buch bereits wärmstens von einem Bekannten empfohlen. Ich möchte es auf jeden Fall lesen, werde aber auf die Taschenbuchausgabe warten.

    Vielleicht etwas in dieser Art?


    Kurzbeschreibung laut Amazon:


    Hongkong 1967: Während die britische Kronkolonie von Maos revolutionären Aufwieglern erschüttert wird, leben die beiden Schwestern Frankie und Kate seltsam entrückt in ihrer eigenen Welt. Sie schwimmen im Hafen, tauchen durch das jadegrüne Wasser, pirschen durch den Dschungel und lauschen den Geschichten der chinesischen Haushälterin Ah Bing. Doch ein durch die politischen Unruhen verursachtes traumatisches Erlebnis zerstört ihre unschuldsvolle Verbindung. Während Kate sich in sich selbst zurückzieht, wird Frankie immer unberechenbarer, bis es zur Katastrophe kommt. Ein betörend schöner Roman über das Ende einer Kindheit.


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    Aufbau Verlag
    Januar 2013 (Erscheinungsdatum)
    503 Seiten
    Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen



    Stimmen aus dem Exil


    Zur Zeit der Nazi-Diktatur sahen sich aus unterschiedlichen Gründen viele Künstler gezwungen, ihrer Heimat den Rücken zu kehren und in eine ungewisse Zukunft zu flüchten. Manche blieben zunächst in Europa, doch mit dem Zweiten Weltkrieg und dem länderübergreifenden Erstarken der Nationalsozialisten kam auch die Gewissheit, dass die Vertriebenen und Verfolgten noch nicht einmal in Frankreich und England sicher waren. So packten sie erneut das Wenige, was ihnen geblieben war, ein und versuchten, in weit entfernten Ländern wie Brasilien, Kolumbien, Shanghai, Palästina und vor allem Amerika ein neues Leben zu beginnen. An dieser Stelle kam Paul Kohner ins Spiel. Kohner lebte abgesehen von kurzen Unterbrechungen bereits seit 1920 in Amerika und eröffnete im Jahr 1938 eine Filmagentur in Los Angeles. Die Kohner-Agentur entwickelte sich schnell zur Anlaufstelle für deutsche und andere europäische Schriftsteller, Schauspieler, Regisseure und Komponisten. Aufgrund guter Verbindungen schaffte es der Filmagent unter anderem, den großen Filmstudios einjährige Arbeitsverträge nebst festem Gehalt für einige der Emigranten abzuringen. Dadurch war es diesen überhaupt erst möglich, in die Staaten einzureisen und dort längerfristig zu bleiben.


    Das vorliegende Buch präsentiert 25 Erzählungen von Exilautoren, die als Filmstoff für Hollywood gedacht waren und von Paul Kohner zwecks Vermittlung an die Filmstudios geschickt wurden. Sie alle stammen aus dem Nachlass von Kohners Agentur, doch keine einzige von ihnen ist je verfilmt worden. Ob eine Filmidee es auf die große Leinwand schaffte oder nicht, hing von Faktoren ab, die die Vertreter der "Alten Welt" in den meisten Fällen nicht ausreichend überblickten. Sie waren europäische Verhältnisse gewohnt und verfügten zum Teil über keinerlei Erfahrung mit dem noch jungen Medium Film und dem Erzählen in Bildern. Manche Autoren lieferten durchaus brauchbare Filmideen ab, die aber entweder zu viel Ähnlichkeit mit bereits realisierten Stoffen aufwiesen oder schon wieder aus der Mode gekommen waren. Hinzu kam, dass die deutschen Emigranten ihre Texte nun in einer fremden Sprache schreiben mussten. Die gewünschten Resultate auf Englisch zu erzielen, war sicherlich oft schwierig. Einige Autoren hatten mit anderen - hier nicht aufgeführten - Filmideen wiederum Erfolg.


    Interessanterweise unterscheiden sich die einzelnen Filmerzählungen sehr stark in ihrer Form, Länge und Thematik. Es handelt sich bei den Texten um Exposés, Filmideen und Synopsen (kurze Zusammenfassungen der Filminhalte), usw. von freien Schriftstellern, literarischen Drehbuchautoren und professionellen Filmautoren. Unter den Autoren sind viele bekannte Namen wie Heinrich Mann, Klaus Mann, Joseph Roth, Louis Trenker, Felix Langer und Fritz Kortner. Vicki Baum, die im Bereich der Unterhaltungsliteratur zahlreiche Bestseller schrieb, ist die einzige Frau in dieser illustren Runde. Neben 2-seitigen Filmideen existieren auch welche, die bis zu 58 Buchseiten (die Originale haben ein anderes Format) umfassen und recht komplex sind.


    Auch die Themen sind sehr vielfältig und reichen von den Hoffnungen des amerikanischen Kleinbürgertums auf gesellschaftlichen Aufstieg, leicht gehaltenen Liebesgeschichten, den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und symbolträchtigen Parabeln von Kleinkriminellen, die ihr Leben ändern wollen bis hin zu emotionsgeladenen Plädoyers gegen den Nationalsozialismus, Antisemitismus und die Unmenschlichkeit an sich. Das Hauptaugenmerk der Autoren lag also eindeutig auf den zeitgeschichtlichen Bezügen. Während manche Autoren in der Lage waren, die Träume und Nöte der amerikanischen Bevölkerung in ihren Erzählungen zu thematisieren, waren andere Kollegen noch zu sehr ihrer eigenen Lebensgeschichte und dem europäischen Gedankengut verhaftet. Bei den Älteren, wie Heinrich Mann, ließen verständlicherweise auch die geistige Flexibilität und die Motivation immer mehr nach.


    Eigentlich besteht das Buch aus zwei Teilen, denn auf die Erzählungen folgt ein ausführlicher Kommentarteil, in dem die Herausgeber Wolfgang Jacobsen und Heike Klapdor jeden einzelnen Text analysieren und in die jeweilige Autorenbiografie sowie den zeitgeschichtlichen Kontext einordnen. Das ist sehr gut gemacht und enorm hilfreich für das Textverständnis. Die Kunden der Kohner-Agentur verfassten ihre Texte entweder in Deutsch oder Englisch. Sämtliche fremdsprachige Texte wurden von Gesine Schröder übersetzt. Mich hat überrascht, dass sich alle Erzählungen sehr flüssig lasen, was ich angesichts ihrer Entstehungszeit und den damit verbundenen Unterschieden im Sprachgebrauch nicht vermutet hätte.


    Es fällt mir nicht ganz leicht, über "In der Ferne das Glück - Geschichten für Hollywood" ein Gesamturteil abzugeben. Denn in Sammlungen befinden sich immer auch Texte, die schwächer sind als andere. In diesem Fall ist die Mischung aber gut gelungen und aufschlussreich. Das Buch vermittelt nicht nur einen interessanten Einblick in die Arbeitswelt der amerikanischen Filmindustrie während der 30er und 40er Jahre, sondern spiegelt in seinen Texten und Erläuterungen auch nachvollziehbar die Verzweiflung, Verbitterung und Hilflosigkeit wider, die viele Emigranten angesichts ihrer damaligen Lebenssituation empfanden. Zuvor hoch angesehene Künstler mussten unfreiwillig noch einmal ganz von vorne anfangen, was vielen nicht gelang. Das Buch stellt sozusagen eine Essenz des Scheiterns im Exil dar. Auch wenn die Texte ihrer Form wegen ursprünglich nicht zur Veröffentlichung gedacht waren, habe ich sie mit großem Interesse und viel Informationsgewinn gelesen und würde sie hiermit gern weiterempfehlen.

    8 Eulenpunkte!


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    Momentan fällt mir nur noch dieses Buch zum Thema ein.


    Kurzbeschreibung laut Amazon


    Maughams anspruchsvollster 'philosophischer' Roman gibt ein farbiges Porträt der zwanziger Jahre - vom Swing bis zum Börsenkrach.Ein junger Amerikaner protestiert, indem er sich entzieht; sein Trip nach Chicago über Europa nach Indien zu einer neuen Lebenshaltung wird zum Protkoll einer von Arbeit, Erfolg und Amüsement gehetzten Gesellschaft - und einer verwirklichten Alternative.


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    Leider ist der Titel "Lust und Laster" nicht mehr regulär im Handel erhältlich. Aber es gibt bei Amazon noch ein paar Marketplace-Angebote.



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    Noch etwas aus Deutschland:


    Kurzbeschreibung laut Amazon


    Düsseldorf 1926: Nach einer Weissagung verlässt Maria den Mann, den sie liebt, einen außergewöhnlich begabten Maler. Allein versucht sie sich mit ihrem Kind als Wahrsagerin in einem Wanderzirkus durchzuschlagen, doch das erweist sich als nahezu unmöglich. Mutter und Tochter werden getrennt. Erst Jahre später treffen sich die beiden Frauen in Düsseldorf wieder. Mira verachtet ihre Mutter. Sie verliebt sich in einen Kinopianisten, der sie mit einer revolutionären Gruppe bekannt macht. Doch dann taucht ein seltsamer Mann auf, ein Kunstmaler, dessen Geschichten und Ideen sie faszinieren.


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    Und noch etwas aus dem Berlin der Zwanziger Jahre. Den Roman gibt es auch als Taschenbuch, ich habe mich an dieser Stelle nur wegen der aufschlussreicheren Kurzbeschreibung für das Hardcover entschieden.



    Kurzbeschreibung laut Amazon


    Ein Tag im Leben Berlins, das Lebensgefühl der zwanziger Jahre: Franz Hessel entführt mit seinem bekannten kleinen Roman in die Welt der Salons, Bars und Pensionszimmer, zu verarmten Adeligen, Künstlern und Neureichen und zeichnet das beeindruckende Porträt einer Stadt in wilder Armut.1924 befindet sich die Gesellschaft Berlins im wirtschaftlichen und sozialen Durcheinander, kein Geld, kein Status, nichts mehr da, nur das Gefühl, etwas Großes und Schönes erreichen zu müssen. Der Freundeskreis des verarmten jungen Mannes Wendelin aus gutem Hause besteht aus Menschen, die sich deshalb einem ironisch gefärbten Bohemeleben hingeben. Eines Tages aber flüchtet nach einer Partynacht Karola, die Frau eines älteren guten Freundes, zu ihm und will mit ihm fliehen Bevor es zur Entscheidung kommt, führt dieser Tag dann in einem wild-melancholischen Reigen durch das so graue wie schillernde Berlin jener Zeit. Das Nachwort zu dieser neuen Ausgabe von Hessels Roman stammt von dem Berliner Schriftsteller Manfred Flügge.


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    Dieser Roman ist erst vor kurzem als Taschenbuch erschienen. Gelesen habe ich ihn allerdings nicht.


    Kurzbeschreibung laut Amazon


    Paris – ein Fest fürs Leben! Chicago 1920: Hadley Richardson, eine ruhige junge Frau von achtundzwanzig Jahren, hat Liebe und Glück bereits aufgegeben, als sie auf Ernest Hemingway trifft und sofort von seinem guten Aussehen, seiner Gefühlstiefe und seiner Fähigkeit, mit Worten zu verführen, gefangengenommen wird. Nach einer turbulenten Zeit gegenseitigen Umwerbens heiraten die beiden und lassen sich in Paris nieder, wo sie Teil einer schillernden Gruppe Amerikaner werden, unter ihnen Gertrude Stein, Ezra Pound, F. Scott und Zelda Fitzgerald. Doch das Paris der goldenen Zwanziger – fiebrig, glamourös, verwegen und noch vom Ersten Weltkrieg traumatisiert – ist mit den traditionellen Vorstellungen von Familie und Treue unvereinbar. Während Hadley, inzwischen Mutter geworden, mit Eifersucht und Selbstzweifeln ringt und Ernests unermüdliche literarische Anstrengungen allmählich Früchte zu tragen beginnen, sieht sich das Paar mit einer Enttäuschung konfrontiert, die das Ende all dessen bedeuten könnte, was es in Paris gemeinsam erträumt hatte. Paula McLains internationaler Bestseller enthält ausführliche Hintergrundinformationen und einen Paris-Stadtplan. "Ein faszinierendes Spiel mit Fakten und Fiktion." Fokus "Mit viel Spannung und Einfühlungsvermögen erzählt." Westdeutsche Allgemeine Zeitung "Paula McLain porträtiert in ihrem bezaubernden Buch eine großartige Frau. Und eine romantische Liebe." Freundin


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    Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Roman zeitlich noch in dein Beuteschema passt, Jabberwocky. Vorsichtshalber liste ich ihn trotzdem mal auf...


    Kurzbeschreibung laut Amazon


    Gibbsville – ein verschlafenes Städtchen in Pennsylvania, Weihnachten 1930. Champagnergläser klirren im exklusivsten Club der Stadt: im Mittelpunkt der gehobenen Gesellschaft ein junges Paar, Julian English und seine schöne Frau Caroline. Als Autohändler hat Julian ein kleines Vermögen gemacht und sich seinen Platz im Salon erobert. Doch etwas in Julian sträubt sich gegen Dünkel und sozialen Druck, und ein banaler Ausbruch, eine einzige falsche Geste, hat unabsehbare Folgen und besiegelt sein gesellschaftliches Schicksal.


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