Ich habe gestern „Das Spiel des Engels“ zu ende gelesen. Die letzten 150 Seiten habe ich förmlich verschlungen. Aber nun zu meinem Gesamteindruck – als jemand der „Der Schatten des Windes“ gelesen hat – und Bücher mag die viel Raum zum nachdenken und spekulieren geben.
Das Spiel des Engels ist wie der erste Titel von Zafon hervorragend geschrieben. Damit meine ich nicht einfach nur gut – sondern dass sich der Schreibstil des Autor enorm von denen anderer Autoren positiv abhebt. Ich denke mal er gehört eher zu den besten 5% der Autoren. (Wie gesagt – erstmal nur der Schreibstil).
Zum Buch selbst.
„Der Schatten des Windes“ fand ich geringfügig besser – da am Ende alle Puzzleteile der Geschichte meiner Meinung nach besser und übersichtlicher zusammengefügt wurden. „Das Spiel des Engels“ ist deutlich düsterer und birgt viel mehr Geheimnisse und (leider oder erfreulicherweise) mehr Raum für Spekulationen.
Während sich das Buch am Anfang noch wie ein leicht tragischer Roman über einen Autor mit diversen Problemen liest wird es ab der Mitte zunehmend mysteriöser, geheimnisvoller und fesselnder.
SPOILER:
Spätestens ab der Mitte des Buches fühlt man sich wie in die Haut des Autors versetzt in das Barcelona der damaligen Zeit und gegen Ende liest man mit einer Hektik und Geschwindigkeit als ob man selbst vom A. Corelli und Inspektor Grandes gejagt wird.
Meine Theorien:
1.Wer oder was ist A. Corelli?
Er kann kein normal lebender Mensch sein. Das wird an vielen Stellen des Buches ausgeschlossen – allein wegen seinem Alter und da ihn anscheinend niemand kennt. Ein Vampir kann er auch nicht sein – da er sich des öfteren am Tage mit David trifft. Ich hatte eine lange Zeit lang vermutet das Corelli und David ein und die selbe Person sind – vor allem am Ende des Buches wird dies noch mal durch Inspektor Grandes beinahe „bestätigt“ als er sagte: „Ich sah sie immer mit dieser Engelsbrosche“. Allerdings sprechen auch hier einige Sachen dagegen. z. B. das Ende wo er David die kleine Cristina „übergibt“ und dass er sich mit ihm einmal in diesem Restaurant traf wo er am Tisch saß.
Meine persönliche Theorie ist, dass A. Corelli entweder ein Engel oder Dämon ist. Er ist meiner Meinung nach nicht ausschließlich böse oder gut. Und ein Engel ist schließlich auch nicht das personifizierte Gute. Ich denke eher dass es ein Engel ist der mit den Menschen und in diesem Fall mit David „gespielt“ hat.
Das würde meiner Meinung nach erklären dass er nie altert. Dass er übernatürliche Macht besitzt – wie z. B. Davids Erkrankung zu heilen und David und andere Charaktere in diesem Buch komplett zu täuschen. Sein „Spiel“ besteht meiner Meinung darin, dass er Davids „gute“ Seele kaufen will – indem er ihn ein Buch schreiben lässt was komplett gegen seine Natur spricht. Also ein Buch des Bösen. Als Tausch für Davids Seele bietet er ihm unendliches Leben (--> Heilung von seiner Krankheit, und am Ende altert auch David nicht mehr).
Hier am Ende findet man meiner Meinung auch den Beleg, dass Corelli nicht das absolute Böse sein kann. Da er David das Leben schenkt. Ihm auch „seine“ Cristina zurück gibt, die er zuvor „weggenommen“ (Die Szene als Sie auf dem Eis steht, einbricht und sich das Eis wieder schließt – übrigens auch ein Beleg für die übernatürlichen Kräfte von Corelli) hatte.
2.Was hat es mit dem „Buch des Bösen“ auf sich?
Am Ende als David das Manuskript in die Bibliothek der vergessenen Büchern zurück bringt, stellt er fest, dass der ganze Raum voller Bücher ist die alle den selben Titel tragen. Dies und das Ende des Buches als Corelli die kleine Cristina im Steg zu David zurück bringt deuten fast darauf hin als ob sich die selbe Geschichte schon unzählige Male mit anderen Autoren wiederholt hat. Corelli als Engel oder Dämon hat natürlich unendlich Zeit um sein Ziel zu erreichen. Und hat dies wie man an den unzähligen Büchern sehen kann anscheinend schon tausend male versucht oder gemacht.
3.Ungereimtheiten und Unschönheiten
- Die wahnwitzige Mortalitätsrate fast aller Haupt- und Nebenakteure am Ende des Buches war schon so übertrieben, dass ich mich beim lesen darüber lustig machen musste. „Ohh schon wieder hat es jemanden dahin gerafft... naja der letzte Tote ist ja schon drei Seiten her...“
- Eine mir unklare Sache war die mit der Engelsbrosche. Es wurde im ganzen Buch nirgends erwähnt dass David diese Brosche je getragen, geschenkt bekommen oder sonst was hat. Nur am Ende sagt dies der Inspektor Grandes. Das passt so gar nicht zusammen. Ich für meinen Teil tue das damit ab, dass er David damit verunsichern/verwirren wollte. Da er ihm ja zuvor seine ganze Leidensgeschichte erzählt hat. Wenn David diese Engelsbrosche die ganze Zeit getragen hat – hätten sich Cristina, Isabella und noch alle anderen Leute – die die Briefe des Andreas Corelli gesehen haben sehr wundern müssen. Denn schließlich trug jeder Brief ein Wachssiegel mit eben dieser Engelsbrosche.
Insgesamt gehört das Buch zu den Top 5 die ich im Jahr 2008 gelesen habe.
wunderschöner Schreibstil, super spannend, sehr anregend zum Nachdenken und diskutieren.