Beiträge von AndreasEschbach

    Zitat

    Original von beowulf
    Manchmal frage ich mich aber schon, ob ich jetzt überreagiere- den Großeinkauf im Großmarkt haben wir jetzt so organisiert, dass jede zweite Woche drei gemeinsam zum Einkaufen fahren, statts jeder für sich :grin


    Eine gute Vorübung... :grin


    Außerdem kann es zusammen ja auch viel lustiger sein, wenn man's entsprechend angeht. Einkaufsparty. Großmarktausflug.

    Zitat

    Original von Paradise Lost
    Ich seh das so wie beo. Genau der Effekt wird erzielt, allerdings ohne, dass man sich den Zusammenhang mit den Zufällen bewußt ist und unterbewußte Dinge spuken einem ja bekanntlich sogar noch länger im Kopf rum. Die bekannten Fakten werden wahrgenommen und man sieht das Buch als einen(!) denkbaren Ausgang der Dinge, aber man weiß sehr wohl, dass es genau so gut auch anders bzw. noch viel schlimmer hätte kommen können.


    :kiss


    Na, das war doch genau das, was ich erreichen wollte.


    Und klar soll das nicht auffallen. Das ist wie im Film: Wenn man sagt, "oh, tolle Spezialeffekte", dann waren es eben keine tollen Spezialeffekte. Toll sind sie dann, wenn man sie gar nicht bemerkt...

    Zitat

    Original von hörb
    Ehrlich gesagt, war ich etwas skeptisch Deinen Roman überhaupt zu kaufen, weil ich Dich nur als Autor von dem Film " Jesus Video " kannte und da bist du leider bei mir total durchgefallen.


    Tja, von den unerfreulicheren Nebenwirkungen dieses Films hatten wir es weiter oben in diesem Thread ja schon. Also, nochmal genau: Ich bin nicht der Autor des Films, ich bin der Autor des Buchs. Beides hat im Wesentlichen nur den Titel gemeinsam; wenn es mir gelänge, Dich zum Lesen (oder Hören) des Buches zu bewegen, wäre ich sicher bald rehabilitiert - und Du vermutlich um eine Lesererfahrung reicher, die Du Dein Leben lang nicht vergessen würdest. Anders als der Film ist das Buch nämlich gut!


    Zitat

    Und nun endlich zu meiner Frage: Das Hörbuch ist eine gkürzte Romanfassung, von den 600 Hörminuten ausgehend und im Verhältnis zu einem 750-Seiter heißt das nach meiner Erfahrung praktisch Halbierung. Was wurde im Wesentlichen heraus geschnitten, sind es Kürzungen bei der Beschreibung der Charaktere, wissenschaftliche Erläuterungen oder fehlen gar ganze Abschnitte?


    Es ist sogar noch krasser; denn pro Stunde kann man nur 25 Seiten lesen, d.h. die 600 Minuten sind 250 Seiten - weniger als ein Drittel, wenn man das Standardmanuskriptformat zugrundelegt.


    Was fehlt, weiß ich allerdings nicht, da bislang noch kein Exemplar des Hörbuchs bei mir angelangt ist...


    Zitat

    Wer hat darüber entschieden, was zu kürzen ist(autorisierte Hörfassung)?


    Das macht ein auf Kürzungen spezialisierter Lektor. Ich mische mich da nicht ein, denn ich könnte nichts kürzen - könnte ich es, hätte ich es ja schon beim Schreiben weggelassen.

    Zitat

    Original von Pelican
    einige Deiner Zufälle (die Wesentlichen) führen zu dem, was man so schön als Ironie des Schicksals bezeichnet, die einigen Deiner Aussagen nochmals deutlich mehr Kraft verleiht.


    "Warm"...!


    Also, ich bin mir nicht ganz schlüssig, ob ich mich da in den Wald gedacht habe und ob es so rüberkommt, wie ich mir das dachte, aber auf jeden Fall war ein Gedanke bei mir folgender: Ich beschreibe ja gewissermaßen eine "harte Landung". Würde ich nun einfach beschreiben, wie alles folgerichtig und kausal den Bach runtergeht, wäre das Endergebnis das Gefühl "schrecklich, und man kann ja eh nichts machen". Würde ich beschreiben, wie wir folgerichtig und kausal doch noch die Kurve kriegen, wäre das Gefühl "na, schlimm das, aber eigentlich brauchen wir uns keine Sorgen zu machen".


    Dadurch, daß diese Kurve in eine Art "Gerade-noch-mal-gut-gegangen"-Ende durch eine Kette hahnebüchener Zufälle genommen wird, wollte ich erreichen, daß am Schluß ein Gefühl der Beunruhigung bleibt (denn allzu fiktiv sind die faktischen Hintergründe ja leider nicht), weil man sich sagt: "Puh - hätte ja alles auch ganz anders kommen können - hing am seidenen Faden".


    :gruebel Wird, glaube ich, nicht ganz so verstanden.

    Kleine Anregung: Überlegt mal, wie sich die Geschichte "anfühlen" würde ohne all die Zufälle. Wenn sich alles ganz zwangsläufig entwickelt hätte.


    (Was, anbei bemerkt, einfach zu bewerkstelligen ist für den Autor: Man geht einfach Schritt um Schritt weiter, überlegt immer, was folgt aus dem, was gerade passiert ist? wie handelt X? wie handelt Y? und immer so weiter.)


    (Noch eine Anmerkung: Könnte ich jetzt hier nicht einfach erklären, was ich mir gedacht habe? Könnte ich. Aber es interessiert mich, wie das, was ich geschrieben habe, verstanden wird. Das ist für einen Autor die Motivation, an einer solchen Leserunde teilzunehmen.)

    :lupe


    Frage an diejenigen, die den Roman schon durch haben: Wie seht Ihr die Zufälle in dem Roman? Wie wirken sie? Hat man den Eindruck, naja, der Autor hat's halt nicht besser hingekriegt, oder hat man das Gefühl, sie könnten etwas zu bedeuten haben?


    Würde mich interessieren.


    :write

    Zitat

    Original von beowulf
    sehr differnzierte Ansichten heute wieder bei den Eulen, gar nicht alles über einen Kamm scherend...


    :blume


    Gemeint sind natürlich nur Anwälte in Romanen ... wo ja bekanntlich fast alles frei erfunden ist... hüstel...

    Zitat

    Original von Paradise Lost
    ich habe auch im Kielwasser des Filmes danach häufig Leute in den Buchläden beobachtet die "Das Jesus Video" mitnahmen mit dem Kommentar: "Das lief doch neulich im Fernsehn."


    Leider ist das nicht die einzig mögliche Reaktion. Es gibt auch viele Leute, die den Roman nicht kaufen, weil sie den Film gesehen haben und denken, sie wissen, was das für eine Geschichte ist. Und der Film dürfte mit dazu beitragen, daß alle bisherigen Versuche, englische oder amerikanische Verlage für eine Übersetzung ins Englische zu interessieren, gescheitert sind (den Film gibt's nämlich in einer englischen Fassung!).

    Meine persönliche Haltung zur Verfilmung ist naturgemäß komplex. Zunächst war es für meine schriftstellerische Laufbahn ein wichtiger Schritt, überhaupt einmal "verfilmt worden zu sein", wie es so schön heißt. Ich respektiere auch die geleistete Arbeit, finde viele Aspekte des Films sogar lobenswert - so ist die Filmmusik sehr schön geworden, auch technisch ist er hervorragend gemacht, insbesondere, wenn man sich das schmale Budget von 4,5 Millionen Euro vergegenwärtigt. Auch die Besetzung ist im großen und ganzen in Ordnung. Worüber ich nicht glücklich bin, ist das Drehbuch. Abgesehen davon, daß es weder die Geschichte noch den Geist des Buches wiedergibt, hat die Geschichte, die stattdessen erzählt wird, selbst dann, wenn man sie unabhängig von der Romanvorlage betrachtet - wenn man gar nicht wüßte, daß es überhaupt einen Roman dazu gibt - bisweilen unfaßbar große logische Löcher. Ich verstehe, daß man einen Roman nicht 1:1 in einen Film umsetzen kann. Das würde ich auch nicht einmal selber machen, wenn ich das Drehbuch zu einem meiner Romane zu schreiben hätte. Film ist ein anderes Medium; da muß man oft Figuren, Episoden usw. rauswerfen, umstellen, miteinander verschmelzen, Szenen anders aufbauen, anders erzählen und dergleichen. Doch im Drehbuch zu "Jesus Video" wurde viel rausgeworfen, um einfach durch Actionszenen aus der Klischeekiste ersetzt zu werden, wohl aus der Angst heraus, der Zuschauer könnte wegzappen, sobald er "zur Besinnung" käme. Tatsächlich machen diese Änderungen den Film natürlich schwächer, weil austauschbar. Das andere Ende wurde in manchen Filmbesprechungen sogar gelobt, was aber nur zeigt, daß die Rezensenten ziemlich unbelesen sind, denn natürlich bin ich auf die Idee, Stephen Foxx könnte sein eigenes Skelett gefunden haben, selber auch gekommen, in einem ziemlich frühen Stadium sogar, so schwer ist das ja nun wahrhaftig nicht. Aber ich habe die Idee gleich wieder verworfen, weil es nämlich in der Science Fiction Literatur schon jede Menge Geschichten gibt, in denen das der Witz ist. Man könnte ein ganzes Regalbrett damit füllen. Im Gegenteil war mir klar, egal wie der Roman ausgeht, SO darf er jedenfalls NICHT ausgehen.


    Hätte ich diesen Film verhindern können? Die ernüchternde Antwort ist: Nein. Nicht ich habe die Filmrechte an die Produktionsfirma verkauft, die den Film letztendlich zusammen mit Pro Sieben realisiert hat, sondern der Verlag, der die Hauptrechte an dem Roman "Jesus Video" hat, Schneekluth. Als ich damals den Vertrag für dieses Buch schloß, war ich ein unbekannter Autor, der froh sein mußte, sein drittes Buch unterzubringen, und es gab nur die Wahl, "alle üblichen Rechte" an den Verlag zu übertragen oder das Buch nicht veröffentlicht zu bekommen. Es wäre mir übrigens auch bei einem anderen Verlag nicht anders ergangen. Die Hardcover-Originalausgabe von "Jesus Video" verkaufte sich zudem nicht gut, so daß es verständlich ist, daß Schneekluth nicht zögerte, zuzusagen, als ein Filmproduzent eine Option auf die Filmrechte erwerben wollte, um so ein wenig Geld in die Kassen zu bekommen. Und von da an nahm alles unabänderlich seinen Lauf.


    Hätte ich mich wenigstens in den Produktionsprozeß einmischen sollen? Nun, lange Zeit habe ich nicht mitbekommen, daß da überhaupt eine Produktion in Gang war. Eine Option auf die Filmrechte, das heißt noch gar nichts. Als ich von konkreten Vorarbeiten erfuhr, war es schon zu spät. Und ich bin, offen gestanden, auch froh, es nicht versucht zu haben. Denn die Aussichten, sich als Romanautor in so einem Zusammenhang durchzusetzen, sind sehr gering bis gar nicht vorhanden - und DANN hätte ich mich wirklich geärgert! Mahnendes Beispiel ist mir in dieser Hinsicht Michael Ende, der sich in den Querelen um die Verfilmung der "Unendlichen Geschichte" buchstäblich aufgerieben hat. Deswegen habe ich bewußt die Entscheidung getroffen, mich aus Verfilmungsprojekten so weit wie möglich herauszuhalten und mich darauf zu beschränken, das Beste zu hoffen.


    Es ist jedoch nun einmal so, daß Romanautoren nie viel Einfluß auf die Art und Weise haben, wie ihre Stoffe verfilmt werden. Das geht ja auch anderen, weit berühmteren Autoren so - man denke an Stephen King -, also hat es auch keinen Zweck, sich darüber aufzuregen. Ich würde auch weiteren Verfilmungen grundsätzlich zustimmen: neues Spiel, neues Glück. Wobei es auf der anderen Seite auch die Gefahr gibt, daß ein guter Film das Buch in Vergessenheit geraten lassen kann (wer liest heutzutage noch James Bond-Romane?); in dieser Hinsicht sehe ich momentan zumindest keine Gefahr. - Ich merke in der ganzen Diskussion auch, daß es für mich keineswegs ein Ziel ist, die Vorlage für einen großen Film zu liefern; für mich ist der Roman das Eigentliche und eine Verfilmung höchstens Beiwerk. Die negativste Erscheinung im Zusammenhang mit der Verfilmung des "Jesus Video" ist in meinen Augen, daß manche Leute glauben werden, sie wüßten, nur weil sie den Film gesehen haben, worum es in dem Buch geht, so daß sie es verpassen, es zu lesen.

    Der Autor liest mit, sieht aber keinen Grund, erklärend einzugreifen. Hätte er erklären wollen, hätte er es im Buch getan.


    Nachdem selbiges abgeschlossen war, hat mir übrigens ein amerikanischer Collegeprofessor erzählt, in den USA gäbe man als männlicher Lehrkörper grundsätzlich keinem Schüler mehr die Hand - weiblichen Schülern nicht, damit kein Verdacht aufkommen kann, und männlichen Schülern auch nicht aus Gründen der Gleichberechtigung. Auch achte man darauf, niemals mit einer Schülerin alleine zu sein.


    Gleichzeitig verdiente die amerikanische Pornoindustrie im letzten Jahr mehr Geld als ganz Hollywood, sämtliche Blockbuster inklusive!


    P.S.: Seltsam, oder? :rolleyes

    Das Allerabsurdeste in dem Zusammenhang ist, daß der Autor anschließend eine Lesereise mit dem Buch macht. Mal eben nach Wien jettet, um ca. 30 Zuhörern aus einem Buch vorzulesen, in dem es darum geht, daß genau das demnächst nicht mehr gehen könnte.


    :cry


    Und alle sind begeistert...

    Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Wie gehst Du beim Schreiben grundsätzlich vor? Plottest Du Kapitel für Kapitel, wenn ja, wie weit gehst Du dabei ins Detail? Skizzierst Du die komplette Handlung vor und schreibst Dich dann an dieser Skizze entlang?


    Ich beginne mit einem groben Plan fürs ganze Buch, einem etwas feineren Plan für die nächsten 2-3 Kapitel und einer ganz detaillierten Skizze für die nächste Szene. Und diese Art "Horizont" schiebe ich immer vor mir her - also, es ist zu jedem Zeitpunkt GENAU klar, wie die nächste Szene aussieht, ZIEMLICH GENAU, wie die nächsten 2-3 Kapitel laufen, und IN GROBEN ZÜGEN, wie das Buch insgesamt wird.


    Zitat


    Wenn man so viel recherchiert trägt man ja unweigerlich jede Menge Informationen zusammen, die für die Handlung keine Bedeutung haben, aber trotzdem einem selbst sehr wichtig erscheinen (unabhängig vom Roman). Versuchst Du solche Recherche-Ergebnisse dann doch irgendwie einfliessen zu lassen oder fliegt das dann gnadenlos raus?


    Ich versuche sehr gnadenlos zu sein und alles wegzulassen, was nichts zur Handlung oder zum Kolorit beiträgt. In "Ausgebrannt" habe ich ca. 95% des recherchierten Materials weggelassen.

    Zitat

    Original von beowulf
    Na ja, wie soll man da auch drauf kommen, das der Autor nach München fährt??Ist ja von seinem Geburtort um die nächste Ecke, so mit ICE und so, aber von seiném Wohnort eine echte Recherchereise..


    Genau. Steuerlich absetzbar. :chen

    Zitat

    Original von Paradise Lost
    Zu der Dauer von Marks Aufenthalt hätte ich allerdings noch eine Frage:
    Auf S. 59 heisst es: "Von den sechs Monaten, die er hatte, waren fünfeinhalb schon vorbei."


    Schreibfehler. Gemeint hatte ich: "Von den sechs Monaten, die er hatte, waren nur noch fünfeinhalb übrig."


    Wird ab der 3. Auflage korrigiert sein.


    Dumm, aber bei so dicken Büchern passiert sowas trotz intensivsten Lektorats immer mal wieder.