Moab is my Washpot (deutscher Titel: Columbus war ein Engländer) erschien 1997, im zarten vierzigsten Lebensjahr des Autors. Wenn man Stephen Fry ist, gelingt es wohl mühelos, eine amüsante, augenzwinkernde und zuweilen auch traurige Geschichte über eine erstaunliche, witzige und doch letzten Endes alltägliche Jugend zu schreiben.
Der Autor erzählt aus den ersten zwanzig Jahren seines Lebens, die sich wie eine Mischung aus Oliver Twist und Per Anhalter durch die Galaxis liest: liebevoll, durchgeknallt, normal, nachvollziehbar und ganz und gar nicht so ungewöhnlich, wie man annehmen möchte.
Auffallend ist schon von den ersten Seiten an seine Liebe zur Sprache. Mit tolldreisten Formulierungen und Spielfreude beschreibt er die Schulzeit eines englischen Knaben, durchzogen mit schlechtem Gewissen, Minderwertigkeitsgefühlen und Identitätssuche - alles das, was das Erwachsenwerden ausmacht. Man fühlt mit ihm, wenn er von der erlittenen und prägenden Schmach im Schulchor oder im Schwimmbad berichtet; wenn er vom Stolz berichtet, den er beim Schwindeln, Stehlen und Ertapptwerden empfindet; und bei seiner ersten Liebe ist es nur nebensächlich, dass es ein Junge gewesen ist - die Gefühle kennt schliesslich jeder.
Wie nebensächlich streut er seine eigenen philosophischen Gedanken und Überlegungen mit ein, die durchaus lesenswert sind. So erfährt der geneigte Leser z.B. Wissenswertes über den Fluch der Unfähigkeit, zu singen, und über das Glücksgefühl, einen elektrischen Zaun gruppendynamisch zu berühren.
Kleines Manko: Teilweise erscheint mir, dass der Autor sehr streng mit sich ins Gericht geht. Er erzählt kindliche Begebenheiten mit dem späteren Wissen eines Erwachsenen. So erscheinen kleinere Diebstähle als logische Vorbereitung auf ein wahrhaft kriminelles Potential, das zutage tritt, als er für Kreditkartenbetrug ins Gefängnis geht.
Ich habe das Buch vor Jahren in deutsch gelesen und war von der Sprache etwas überfordert. Nachdem ich nun das englische Original beendet habe, ist mir klar, dass es an der (gut gemeinten) Übersetzung lag. Darum habe ich das Buch als englische Fasung eingestellt. Wer des Englischen nicht allzu mächtig ist oder nicht ständig im Wörterbuch nachschlagen will, sollte sich die deutsche Ausgabe zulegen.
Für alle, die sich an Moab in englisch heranwagen, aber eine sicherlich lohnende Investition!
(Moab is my Washpot ist übrigens ein Zitat aus den biblischen Psalmen und bezieht sich auf das Volk der Moabiter, die als unerträgliche Plaudertaschen berüchtigt waren. *teehee*)
Zum Autor: Stephen Fry wurde 1957 geboren. Er hat in zahlreichen Fernsehproduktionen und mehreren Spielfilmen mitgewirkt. In England moderiert er zur Zeit mit grossem Erfolg die Quizshow QI (Quite Interesting). Zudem produziert er immer wieder sehenswerte Dokumentationen für das britische Fernsehen. Er lebt in London und Norfolk.
Er ist der Autor von fünf Romanen, darunter The Liar, Making History und The Hippotamus.