Zitat
Original von Paradise Lost
Mir gefällt sehr gut wie Philipp Fugger dargestellt wird. Einerseits sieht man eine Kälte an ihm die sich darin äußert, dass er durchaus in der Lage wäre zu töten und andere gerne quält. Andererseits kann jemand der Pflanzen und seinen Garten so liebt einfach nicht durch und durch schlecht sein. Die Geschichte mit Adelaide finde ich auch sehr interessant.
Freut mich, dass Du die Darstellung von Philipp magst. Mich hat beim Schreiben interessiert, wie wird jemand zu einem Sadisten, Druck?, Zwänge?, Veranlagung? Eigentlich wäre Philipp am liebsten ein Gärtner, aber das geht ja als Erbfolger einer Familiendynastie nicht.
Adelaida ist eine meiner Lieblingsfiguren!
Zitat
Original von Paradise LostWobei ich mir bei seinen Gefühlen nicht so ganz im Klaren bin, ist es Liebe und Mitgefühl oder ist es einfach der Reiz jemanden zu "besitzen" der sich absolut nicht wehren kann, egal was er tut, der praktisch auf seine Mildtätigkeit angewiesen ist. Aber vielleicht weiß Philipp das auch selber nicht so ganz. An welcher Krankheit leidet Adelaide eigentlich? Ist das sowas wie Kinderlähmung?
Krankheiten waren ja damals wenig erforscht, ihre Krankheit mit heutigen Wissensstand könnte in der Tat Kinderlähmung bis zu einer Erbkrankheit o. ä. sein.
Zitat
Original von Paradise LostBeim Recherchieren habe ich zufällig bei Amazon entdeckt, dass es von Philipp Fugger ein Tagebuch aus diesem Zeitraum gibt (1560-1569), hast Du das für Deine Geschichte verwendet, steht da z.B. etwas zu den Geschehnissen in Venedig?
Ja, das habe ich gelesen, und auch das Buch, über die beiden Brüder Octavian und Philipp, aber dazu später mehr ...
Zitat
Original von Paradise LostWas meiner Meinung nach auch gut getroffen ist und nebenher in die Handlung einfließt ohne sich zu sehr breit zu machen, dass man nicht vergessen darf, dass Anna und auch Philipp mitten in der Pubertät stecken. Sie sind beide sehr neugierig auf das jeweils andere Geschlecht (ich breche übrigens regelmäßig in Lachtränen aus wenn ich was vom "Brezelbub" lese), wobei Anna erst mal keine andere Wahl hat als ihren Wissensdurst über Bücher zu stillen.
Die Geschwisterrivalität, also das trennende der Geschlechter kristallisiert sich hier heraus. Philipp beneidet Anna insgeheim sogar vielleicht, denn er muss plötzlich Verantwortung übernehmen. Noch dazu kann er als Erbe einer solch berühmten Familie wenig leisten, was noch bemerkenswert wäre.
Zitat
Original von Paradise Lost
Und da wären wir bei einem wichtigen Thema. Die Bücher. Oooh ja, ich habe Georg Fugger in diesem Abschnitt verflucht. Was habe ich ihn nicht alles geschimpft, von der feigen Lusche bis zum kaltherzigen gleichgültigen Bastard. Es tröstet mich etwas von Dir zu hören Rebecca, dass das alles noch eine Bewandtnis hat. Ansonsten könnte ich ihm die stille Duldung der Bücherverbrennung, das Durchgehen lassen von Canisius' feindlicher Übernahme und die Teilnahmslosigkeit beim Tod seiner Jüngsten nicht verzeihen!
Zitat
Original von Paradise LostDie Wandlung Ursulas von der überzeugten Lutheranerin zur Super-Katholikin will mir immer noch nicht so recht schmecken. Angst vorm Teufel schön und gut. Ich versteh schon, dass er in der damaligen Zeit als wirkliche Bedrohung wahrgenommen wurde. Dennoch bleibt dieser extreme Umschwung für mich nicht nachvollziehbar und somit auch etwas unglaubwürdig. Hat sie keinen evangelischen Seelenbeistand an den sie sich hätte wenden können?
Ursula war eine besessene Prostestantin, mit ihrer Schwester Sybilla, die Marx Fugger heiratete, war sie auf einem Südtiroler Adelsgut aufgewachsen und liebte Luther über alles. Vielleicht mochte Georg besonders dieses aufbrausende Temperament, als er sie kennenlernte. Aber das ist Spekulation, Quellen darüber gibt es nicht, ob es Liebe oder Arrangement war. Wahrscheinlich eher letzteres.
Ursulas Schwiegervater wollte die Schwestern ja noch bekehren. Anton Fugger verlangte auf seinem Sterbebett, dass sie Luther abschwor. Aber sie gab noch nicht nach. Da schleuste er Pater Canisius, der schon viele Bekehrungen vollbracht hatte, in die Familie.
Ich glaube, es lag an Pater Canisius. Vielleicht hörte er Ursula zum ersten Mal richtig zu, nahm sie (scheinheilig) ernst. Sie vertraute ihm Dinge an, die nicht mal ihr Ehemann wusste. Naja, das ganze Repertoire eines Bekehrers.
Vielleicht hat Ursula irgendwann kapituliert, da alle Fugger schon aus Geschäftsgründen katholisch waren, warum noch Widerstand leisten. Da wir nur Annas Perspektive haben, und ihre Mutter nicht viel mit ihr spricht, klingt dieser Wandel vielleicht etwas grob, aber später erlebt Anna mit Canisius einen vergleichbaren Wandel, da dürfen wir dann dran teilhaben...
Zitat
Original von Paradise Lost
Was ich an dieser Stelle auch nochmal nachfragen wollte, weil ich das immer noch nicht so ganz begriffen habe: Wer in Annas Familie gehört jetzt welcher Konfession an? Am Anfang dachte ich, sie wären alle evangelisch. Dann dachte ich, nur die Eltern, dann dachte ich wieder, nur Ursula und die Kinder und jetzt war es vielleicht doch nur Ursula? Ich finde es etwas verwirrend, irgendwo sagt Georg ja glaub ich, die Kinder wären alle katholisch getauft, als Sidonia dann aber von einem zukünftigen Gatten spricht meint sie: Leider sind die nicht alle schönen und netten Männer Lutheraner, also muss ich mich auch mit dem Glauben des Feindes befassen.
Wie oben geschrieben, alle Fugger und ihre Kinder waren katholisch. Sie prägten die Münzen für den Papst und verwalteten die Ablässe. Dass die beiden Fuggerbrüder Marx und Georg diese südtiroler, evang. Schwestern heirateten, war eine Besonderheit.
Zitat
Original von Paradise Lost...
Ach ja, das mit dem Glas essen, gibt es dafür irgendwelche Vorbilder?
Ja, ich habe mich viel mit Exorzismus beschäftigt und Beschreibungen gefunden, von einer absurd hohen Zahl der Teufel, die aus Leibern gefahren sein sollen und auch von Fuggermägden (!) (nicht die Herrinnen), die Glas gegessen haben sollen.
Zitat
Original von Paradise Lost
Von den Geschwistern mag ich übrigens Sidonia momentan am liebsten. Sie ist die Einzige die aktiv versucht sich gegen den Wahn der Mutter und das Treiben von Canisius zu stemmen. Ich hoffe sehr, dass sie das nicht irgendwann bitter bereuen muss.
Zitat
Original von Paradise Lost
Das ist ja prima. Ich musste nämlich auch sofort an Herrn Nilsson denken!
Canisius ist sehr gut als Widerling angelegt. Aber als cleverer Widerling. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was dieses Rumgerede um die Feuerwerkskunst mit Georg soll. Bis zum Exorzismus von Schellebelle. Da kommt er rüber wie ein Bühnenmagier, der die Leute mit seinen Tricks dazu bringt an das Übernatürliche seiner Handlung zu glauben. Besonders klasse passte dazu ja auch, der unbeteiligte Herr aus dem Publikum, der bestätigen sollte, dass es sich wirklich um Glas handelt. Er ist ein Illusionist, aber er weiß genau welcher Mittel er sich bedienen muss, um die Menschen zu manipulieren. Ich schätze ihn als sehr sehr gefährlich ein.
Vor dem Exorzismus wird noch berichtet, dass das eventuell sogar in die Stadchronik aufgenommen wird. Ist das ein Hinweis darauf, dass das tatsächlich so war, oder dass es andere Fälle gab, wo das geschehen ist?
Alles anzeigen
Ja
Zitat
Original von Paradise Lost
An einer Stelle, als Anna überlegt ihre Erinnerungen in einem Geheimcode zu verfassen denkt sie, dass sie schon den Anfang weiß: "Ich, Anna Fuggerin, habe im letzten Jahr einen Menschen getötet."
Wie meint sie denn das? Irgendwie kann ich grad nicht nachvollziehen, wovon sie da spricht. Hab ich was überlesen? Sie hat doch auf den Mönch nicht eingestochen, sondern Isabella.
Anna glaubt, sie hätte den Mönch retten können, er hat ja noch geröchelt.
Zitat
Original von Paradise Lost
Das Buch ist wirklich vielschichtig angelegt. Man kann es nicht einfach so runterlesen habe ich festgestellt, sondern man macht sich automatisch viele Gedanken dazu. ...
Freut mich sehr
LG Rebecca