Beiträge von india1966

    Nein,. Freddies Mutter erfährt von der Schwangerschaft weit vor der Geburt. Zwar erst nach der Hochzeit, aber sie wird von Olivia als einzige Weiße aufgeklärt, dass das erste Kind, das sie erwartet, nicht von Fredie ist. Und sie reagiert ja auch in besonderer Weise - sie verdammt Olivia nicht, sondern nur die Dummheit Freddies, der Olivia nicht rechtzeitig über das englische Erbfolgerecht im Adel aufgeklärt hat und stürzt Olivia damit in die Gewissensbisse, die dazu führen, dass sie den grundlegenden Hass auf Jai entwickelt.
    Denn nach der Eklärung fühlt sich Olivia ja moralisch dazu verpflichtet, Freddie einen (möglichst männlichen) Erben zu schenken, damit der Titel in der "reinen" Linie weitergegeben werden kann. Und deswegen gibt sie Alistair ja von vornherein auf, so schwer es ihr auch fällt. Und das ist ja auch einer der Hauptgründe für ihren Hass gegen Jai, weil er sie mit seiner Flucht dazu "gezwungen" hat, diese Entscheidung zu treffen, die sie eigentlich nie treffen wollte.

    Freddie war mir von Anfang an so richtig unsympathisch, dumm, eingebildet, versoffen, verhurt, verlebt. Dann seine hoffnungslose, trottelige Verliebtheit in Olivia, seine unreflektierte Zusage an Olivia sie zu heiraten. Olivia wußte ja selbst gar nicht, was sie damit tat, das wird ihr erst in dem (viel zu spät geführten) Gespräch mit Freddies Mutter klar. Sie wollte ja nur einen Namen für ihr Kind und Freddie dann verlassen, dazu hat Freddie sein Wort gegeben und deswegen hat sie ihn geheiratet.
    Und dann muß sie von seiner Mutter erfahren, dass Freddie sich nach englischem REcht gar nicht von ihr scheiden lassen kann und dass ein Sohn von ihr automatisch als Freddies Erstgeborener anerkannt wird und seinen Titel erbt, ob er oder sie es will oder nicht.
    Und daran zerbricht etwas in Olivia, denn nun lädt sie sich auch noch die moralische Verpflichtung auf, für Freddie einen (möglichst männlichen) Erben zu schaffen. Und dann vergewaltigt Freddie sie auch noch in der Hochzeitsnacht im Suff - Schande!! ABer da wird eben so richtig die Verwerflichkeit des englischen Adels gezeigt, deren Standesdünkel und GEdankenlosigkeit. Seine Mutter ist allerdings wirklich klasse und eine durch und durch sympathisch gezeichnete Frau. Sie hält auch zu Olivia - auch als sie von dem "Mangokern" erfährt. Das hätten wohl nicht viele damals getan.
    Die Schilderung der GEburt fand ich auch heftig. Allerdings ist mir so etwas shcon öfters in Romanen aus der damaligen ZEit begegnet. Liegt es daran, dass es damals einfach schwerer war (es sind ja auch genug Frauen dabei gestorben), oder daran, dass eine einfache GEburt einfach nicht schreibenswert wäre???


    Amos ist übrigens nicht dunkelhäutig. Schon Jai hat eine helle Haut (er selbst sagt ja schon im ersten Gespräch mit Olivia "meine Haut ist weiß, allerdings nicht englischweiß") und auch Amos sieht man nicht das Mischlingskind an. Schwarze, dichte Haare allein waren nicht ausreichend. Nur sieht man genau, wer sein Vater ist, da er diese ungewöhnlichen Augen von Jai geerbt hat . Und deswegen erkennt Arvind sofort auf den ersten Blick, wessen Sohn er da in den Armen hält. Und da Olivia befürchten muß, dass auch Joshua die VErbindung sofort herstellen kann, sorgt sie dafür, dass die Augen von Amos geschlossen bleiben.

    Ketisa : wenn Du willst, kannst Du es von mir haben. Wie gesagt, ich fand es nicht so prickelnd, dass ich es in meinem Bücherbestand einreihen möchte - und die Hintergrundinfos hab ich jetzt ja gespeichert. Zusätzlich zu Schiffsbau und Teeanbau erfährt man außerdem noch einiges über Dudelsackmusik, das fand ich auch noch interessant, da ich auch davon ein großer Fan bin. Kannst mir ja eine pn schicken.
    Grüße, Martina

    so ein Mist --jetzt ist mit mein Pc mitten im Schreiben einfach abgestürzt!


    Und ich hatte schon so ausführlich meine Gedanken zu diesem Plot, der eine meiner Lieblingsszenen enthält, reingeschrieben.


    Ja, die Szene auf der Ganga, sie kann ich immer wieder lesen. Und diesmal habe ich ich sie auch zweimal gelesen, nach dem englischen nochmal auf Deutsch zum Genießen. Denn irgendwie kam bei der Originalversion nicht so das rechte feeling auf, weiß nicht ob mir da einfach der Vergleich fehlt oder ob meine englischkenntnisse in diesem Spezialgebiet :grin nicht ausreichend sind. Gut, dass Olivia so hartnäckig ist und Jai so furchtlos herausforderd. Dass sie Glück dabei empfindet, von ihm fast erwürgt zu werden, fand ich allerdings auch etwas übertrieben...


    Aber was Josh da vorhatte, das war ja schon wirklich eine Riesensauerei! Jai einfach einen Anschlag unterzuschieben um ihn für eine Weile auszuschalten. Was das "ins GEfängnis schicken" zu der damaligen zeit wirklich bedeutete, das konnte ich mir erst nach der Lektüre von Laila El Omaris "Englischer Erbin'" vorstellen. Wenn die Engländer schon mit den eigenen Leuten so umgesprungen sind, wie werden sie dann erst mit einem Eurasier umgegangen sein? Und noch dazu einem, der dem verantwortlichen Polizeichef und vielen bedeutenden Engländern ein Dorn im Auge war! Jai hätte wohl nicht eine Woche in so einem GEfängnis überlebt! Entweder hätte er einen Aufseher oder einen Mitgefangenen umgebracht und dann hätten sie ihn aufgehenkt!
    Von daher kann ich auch wirklich nicht verstehen, dass Olivia dann zu ihrer Verwandtschaft hält und der nicht den Rücken zukehrt.
    Und das, obwohl Jai ihr mit dem Medaillon das wertvollste übergeben hat, das es für ihn gibt und sie - zumindest laut Buchtext - diesen Wert auch erkannt hat.
    Und ihre Tante - mein Gott, wie ist die bigott. Auf der einen Seite kehrt sie die Frömmigkeit bis zum Exzess heraus und auf der anderen Seite will sie ohne mit der Wimper zu zucken Selbstmord begehen, das größte und unverzeihlichste, weil nicht beicht- und büßbare VErbrechen, das ein gläubiger Christ begehen kann.
    Oder soll es nur ein Trick sein um Olivia zu der von ihr gewollten Heirat mit Freddie zu zwingen?

    Ich hab zum Schiffsbau auch etwas interessantes gelesen, nämlich den Roman "das indische Testament". Da geht es eigentlich neben der Love-Story nur um die Entwicklung von Dampfschiffen und den TEeanbau in Indien, man erfährt auch interessantes über assamesischen Tee. Das Buch selber fand ich nicht so prickelnd, aber diese Informationen hab ich zur Ergänzung meines Lieblingsbuches als Hintergrundwissen natürlich sehr genau gelesen und gespeichert.

    Im Buch ist es definitiv immer im Oktober - am Ende der Monsumzeit. Und was ich an Erklärungen gefunden habe, beschrieb auch immer eine Festwoche im September / Oktober (da Indien einen Mondkalender hat, verschiebt sich die Festzeit jährlich um 4 - 6 Wochen).
    Allerdings wurde da zwar immer die ganze Dasserawoche beschrieben und auch dass es ein Fest zu Ehren der Göttin Durga ist, aber dieses Ritual der Versenkung, das im Buch ja eine entscheidende Schlüsselrolle spielt, wurde nur ganz oberflächlich erwähnt. Kann es vielleicht sein, dass Rebecca Ryman da zwei Festriten zusammengeschmissen hat? Trau ich ihr eigentlich nicht zu, da sie ja als Inderin und Hindu eigentlich genau Bescheid wissen müßte und sonst auch keine Lügen erzählt hat (mir sind jedenfalls keine aufgefallen... :gruebel). Aber wenn man an die GEschichte mit dem Fließend WAsser auf einem Schiff denkt - na ja.

    @bouquinneur: ich finde es total interessant, dass Du an dieser Stelle vermutest, dass Jai vielleicht seine Mutter durch das Opium verloren habe. Ich glaube, du liest deine Bücher sehr intensiv und gibst nicht Ruhe, bis Du auch alle drum-herum Infos zusammengetragen hast. Auch dass dir das mit dem Desinfektionsmittel aufgefallen ist! Da hab ich ehrlich gesagt einfach völlig darüber hinweg gelesen. Ich glaube, Frau Ryman hat oftmals - vielleicht um es den Lesern vertrauter zu machen, vielleicht auch als Vernachlässigung von "Kleinigkeiten" - Dinge mehr an die heutige Zeit angepasst. Das mit den Bädern hab ich mich auch schon gefragt, aber die gab es tatsächlich damals in Indien schon - allerdings fließendes WAsser aus WAsserhähnen konnten sich nur ganz wenige leisten. Soll vielleicht ein Sinnbild sein für Jais Reichtum und Stolz, was die Ausrüstung der Ganga anbelangt. Sie ist ja schließlich sein ganzer Stolz und das bevorzugte Neidobjekt aller Europäer.


    Die Liebesgeschichte zwischen Jai und Oliva nimmt an Fahrt auf - und wird damit auch dramatischer und stürmischer. Jai wird immer wieder von seinen Gefühlen überwältigt und kämpft dagegen an - sein Herz ist bei Olivia aber sein Kopf will dies nicht zulassen. Diesen Zustand hat er nie zuvor erlebt und das macht ihn so unberechenbar, so fassungslos, dass er sie an einem Tag mit bitteren Worten verstößt und doch nicht von ihr loskommen kann und sie immer wieder sucht.
    Besonder toll finde ich hier den Satz, den er auf dem Blumenmarkt sagt, aLs Olivia ihn nach seinem Zuhause fragt: "Zuhause ist dort, wo das Herz ist" und ihr gesteht, dass seines immer nur bei ihr ist. Was will sie mehr???


    Und doch - Jai ist tief in die indische Religion und Tradition verwurzelt, tiefer als es Olivia ahnt und als sein bisheriges LEben es vermuten lässt. Das Dassera-Fest steht bevor. Und Jai hat bisher jedes Jahr dieses Ritual zelebriert. Wie sehr, das wird aus kleinen Dingen ersichtlich: während er sonst keinen Wert auf seine Kleidung legt (es wird mehrfach betont, dass er sich eher nachlässig und ungezwungen kleidete und seine Haare jedem Versuch einer Bändigung widerstanden), kleidet er sich hier mit äußerster Sorgfalt in traditionelle indische Kleidung (das erste und einzige Mal im Buch, dass er nicht europäische Kleidung trägt), bei der alles zusammenpaßt. Auch die Haare werden gebändigt.
    Auf Olivia wirkt dies äußerst faszinierend und geheimnisvoll - gleichzeitig erfüllt es sie jedoch mit großer Unruhe, da Jai so ganz anders ist, als sie ihn bisher kennengelernt hat.
    Und es kommt, wie es kommen muß, bei dem Ritual der Versenkung meint Jai, auch er müßte das opfern, was ihm am Teuersten ist. Hier zeigt sich, wie sehr er in den Traditionen verhaftet ist.


    Klar, man könnte sagen, er macht es sich einfach und schiebt hier eine religiöse Handlung vor - aber ich glaube das nicht. ER tut es auch der innersten ÜBerzeugung, dass das Opfer sein muß und es fällt ihm keineswegs leicht. Olivia kann dies natürlich überhaupt nicht begreifen, dafür ist sie viel zu jung und weiß auch viel zu wenig von Land und Leuten.


    Ich gestehe, diese Szene hat mich mit am meisten beschäftigt. Die Hintergründe haben mich interessiert und ich habe über Lexika und Internet versucht alles herauszufinden, was ich über dieses Dassera fest erfahren konnte. Darüber bin ich dann relativ weit in die indische Mythologie geführt worden, denn verständliche Soloinformationen zu Dasserafest gab es nicht. Vor allem diese Nacht der Versenkungen, die im Buch doch eine große (immer wiederkehrende) Rolle spielt, die wurde meist nur am Rande erwähnt.
    Vielleicht findet bouquinneur da ja wieder mehr zu raus - du kennst dich so toll aus im Internet. Mir gaben eigentlich die Erläuterungen von Mohan Tajid in Nicole Vosselers "Himmel über Darjeeling" fast noch die besten Erklärungen zu Shiwa und dem Ishtar - danach habe ich manche HAndlung Jais viel besser verstanden.

    Sehr interessant, dass es den Film jetzt auf DVD bei Bertelsmann zu kaufen gibt. Durch diesen Film bin ich wieder zu dem Buch gekommen und wer mal zu meiner Rezi rüberschaltet, kann auch lesen, dass ich damals nach weiteren feed-backs vom Film gefragt habe. Auch mir ging es beim Film so: schon als ich die Vorankündigung las, fragte ich mich , ob Erol Sander Jai denn gerecht werden kann? Ich kannte ihn zwar nicht als Schauspieler (denn die Filme, in denen er bisher gespielt hat, gehören nicht in mein Repertoire), wußte aber, dass er die letzten Jahre in Bad Segeberg den Winnetou gespielt hat. Also hab ich mal wenigstens etwas Aktion und "Dämonisches" erwartet.
    Aber er konnte ja gar nicht - das Drehbuch hat eine völlig andere Figur aus Jai gemacht und die ganze GEschichte verfremdet!! Ich fühlte mich irgendwie an die Karl-May-Filme erinnert: mehr als den Titel und die Namen der Hauptfiguren hatten Buch und Film nicht gemein. Die Spielzeit war eine andere (50 Jahre später), der Ort ein anderer (Udaipur statt Kalkutta) usw. Jai wurde völlig weichgespült und aus dem dramatischen Kampf zwischen englischen Besatzern und indischer Bevölkerung wurde ein seichtes Liebsabenteuer. Einzig die Ballszene im Maharadscha-Palast bot einiges an Spannung auf, da durfte Erol Sander den Jai einmal so zeigen, wie er wohl gewesen ist. Diese Film -Version der Aufklärung gefällt mir übrigens besser als im Buch, aber das ist auch das einzige.


    Bis jetzt finde ich übrigens die Kommentare der Neuleser total interessant - auch die unterschiedliche Einschätzung von Jai und seiner Verbindung zu Olivia und ihrer Familie.
    Ich weiß manchmal gar nicht, ob ich lieber lesen oder hier schreiben soll - daher die Blockbearbeitung. Beides geht mit Rücksicht auf die Nachtruhe und den nächsten Tag schlecht.
    LG India1966

    Hilfe - es ist schon wieder passiert!!
    Kaum fange ich an dieses Buch zu lesen, nimmt mich Jai wieder gefangen und meine Gedanken schweifen in jeder Minute, da ich meinen Kopf nicht wirklich für andere Dinge brauche, zu ihm.


    In der englischen Ausgabe wird er als Olivias Opium bezeichnet - und das stimmt auch. Ich bin wohl auch süchtig. Aber zum Glück ist diese Abhängigkeit nicht so zerstörend wie die des echten Opiums.


    Da hat mich übrigens auch Olivias Einstellung gestört. Gut, man kann nicht davon ausgehen, dass die Leute damals so aufgeklärt waren über die Wirkung der Drogen wie wir heute, aber so gleichgültig hinzunehmen, dass ihr Onkel mit Opium GEschäfte macht und sich zu entrüsten, weil jemand (ein ganz gewisser Jemand) immer wieder Opiumsendungen und Lagerstätten in Brand steckt und zerstört - das ist mir doch zu blauäugig. Aber Olivia muß während des Buches ja auch entscheidend reifen.


    Jai liebt es, Olivia zu überraschen, außerdem weiß er da schon immer, wo sie sich gerade aufhält. Damit wird er Olivia unheimlich, aber sie kann sich seinem Bann bereits nicht mehr entziehen. Deswegen folgt sie ihm auch im BAsar. Die Beschreibung seines Äußeren und seiner Stimme auf Seite 99 fand ich so einprägsam, dass ich beim Lesen jedesmal ein genaues Bild vor Augen habe - wenn ich malen könnte, wüßte ich genau wie und das GEfühl habe, die tiefe, volltönende Stimme (gibt es eine angenehmere Männertonlage?! :grin) wie sie zu hören.


    Die Jagdszene in Kirtinagar ist wieder so eine Schlüsselszene. Erstmal: Arvind hat keinen 'Harem - auch wenn das damals bei indischen Fürsten durchaus noch üblich war. Aber er lebt nur mit seiner Kinjal zusammen in einer sehr harmonischen Ehe mit nur zwei Kindern. Kinjal genießt auch wesentlich mehr REchte als es für Maharanis damals üblich war - ihre Ehe ist (wohl zum besseren Verständnis) sehr europäisiert dargestellt.
    Beide sind Jais einzige Freunde, die wenigstens ein bisschen über seine Vergangenheit wissen - und sie geben es als wohlgemeinte Warnung an Olivia weiter. Aber sie wissen wohl da schon, dass es nichts nützen wird.


    In der Szene im nächtlichen Garten gibt Jai erstmals eine "Erklärung" seiner Gefühle gegenüber Olivia ab. Hier wird schon klar, dass sie für ihn mehr bedeutet als die bisherigen Frauen, die er ohne großes FEderlesen und ohne irgendwelche GEfühle einfach in sein BEtt geholt hat, wenn es sich anbot. Mit Olivia hat er dies nicht vor. Sie weckt GEfühle in ihm und das ist ihm fremd, verwirrt ihn und ängstigt ihn. Deshalb reagiert er oftmals so grob und verletzend, um dann im nächsten Moment wieder seinen ganzen Charme spielen zu lassen und sein Interesse an Olivia zu zeigen.
    Ganz toll find ich auch den Einschub mit den Leuchtpilzen. Hier verblüfft er Olivia zum einen mit seinen Kennnissen, zum anderen mit seiner Begeisterungsfähigkeit. Jai ist durchaus in der Lage Gefühle zu haben und Zuneigung / Interesse zu zeigen (für seine Tiere, für Naturphänomene), nur den Menschen gegenüber schottet er sich völlig ab - und weckt damit noch mehr Olivias Neugier, dieses GEheimnis zu ergründen.


    Zur Jagd: es gab früher unter den kriegerischen Naturvölkern ein Ritual - wenn ein Jäger um eine Frau warb, dann legte er ihr seine stolzeste Jagdbeute zu Füßen. Daran fühlte ich mich beim Lesen der Jagdszene stark erinnert. Jai ist mit seinen Einstellungen, Ehrbegriffen und Instinkten eher ein Krieger der vergangenen Zeit als ein Mann des 19. Jahrunderts. Und so legt er Olivia mit dem Tiger die stattlichste Beute zu Füßen, die es gibt. Und da er weiß, dass sie gut schießen kann, gibt er ihr - unter nachlässiger Sorglosigkeit seines eigenen Lebens - sogar die Möglichkeit zum sicheren Schuß, der dem Tiger endgültig den GAraus macht. Deutlich wird dies, als er nach der Jagd sagt, dass er diese Ehre nur selten mit jemand teile und noch nie mit einer Frau geteilt habe. Olivia ist allerdings viel zu erschöpft (wovon eigentlich???), um die Bedeutung richtig zu verstehen - ich glaube das wird ihr erst im späteren Gespräch mit Kinjal klar.


    Realistisch ist das natürlich nicht, ich weiß, was es bedeutet auf einem galoppierenden Pferd zu stehen - und auf einem durchgehenden, wild bockenden Elefanten mit einem Fuß in einer komischen Holzkiste (denn die Jagd Howdahs waren kaum mehr) und mit dem anderen Fuß auf dem Elefanten zu stehen, sich dabei nur mit einer Hand festzuhalten, das ist schon sehr unwahrscheinlich. Aber es liest sich trotzdem sehr gut und spannend, ich hab erst wieder aufgehört, als Olivia aus Kirtinagar wieder zurück war.


    bis bald

    @bouqineur: ²fiery red eyes" sind eher im übertragenen Sinne gemeint - ich hab in einem meiner Wörterbücher auch eine erläuternde Übersetzung gefunden (bezieht sich zwar auf Menschen, aber sagt das gleiche): nämlich: feurige ("wütende") Augen - vor Wut / Temperament blitzend. Und damit soll einfach der Charakter von Schaitan (heißt ja auch Teufel) ausgedrückt werden. Die ÜBersetzung von Sartorius / Ohl ist oftmals sehr wörtlich, wie ich beim LEsen der englischen Ausgabe feststellen durfte. DAher fällt es mir auch ziemlich leicht - leichter als ich gedacht habe.
    Aber Schaitan taucht doch erst in Kapital 3 auf -bei der BAsar Szene. Du bist augenscheinlich so begeistert wie ich beim ersten Lesen, da hab ich auch gar nicht gemerkt, wenn ein Kapitel zu Ende war.


    Deine herausgesuchten Informationslinks finde ich Klasse - so viel Mühe. Informierst Du uns alle noch über Kirtinagar? Ich hab nur mal errechnet, dass es etwa 40 - 50 km von Kalkutta entfernt liegen muß - das entspricht etwa der Strecke, die man damals in einer Kutsche in 4 Stunden zurücklegen konnte bei schlechten Wegen.


    ZUm "Dhobi" kann ich weiterhelfen - es ist der Wäscher, der für die Reinigung aller Kleider zuständig war. Das Dhobihaus ist demzufolge das Waschhaus, gewaschen wurde meist am Fluß mit Steinen und Kernseife. Hielten die handgenähten Kleider meist nicht sehr lange aus, weshalb sie in der feuchten Schwüle Kalkuttas dann sehr schnell schlaff herunter hingen.


    Seite 33 (szene in Joshuas Zimmer): hier wird zum ersten Mal über Jai gesprochen - versteckt nur, denn seinen Namen zu nennen ist Joschua zutiefst verhaßt. Aber da wird Olivias Neugier geweckt.


    Die Szene am Ufer, als Jai Olivia zum erstem Mal trifft, finde ich klasse - so typisch und charakterisierend. ER geheimnisvoll, dunkel, vieles wissend und noch viel mehr verbergend, sie überrascht, neugierig, und zwischen Faszination und Empörung schwankend. Er beunruhigt sie, da er so offensichtlich anders ist, als die Menschen, die sie bis jetzt in Indien kennengelernt hat. Und sie kann ihn nicht vergessen, obwohl er ihr fast nichts von sich erzählt hat.


    Toll finde ich auch die Geschichte mit den Hunden. Sie zeigen, dass Jai doch GEfühle hat, die Hunde sind wohlerzogen und hängen mit "aufrichtiger Liebe" an ihm. Das ist neben der oberflächlichen Beschreibung des äußeren Bildes von Jai (das was Olivia im Dunkeln sehen konnte) der erste Stein im Mosaik oder der "Hülle der Zwiebel", wie Arvind sich ausdrückt. ARvind gibt dann auch auf Estelles BAll Olivia weitere Informationen - anscheinend von sich aus, denn Olivia merkt erst gar nicht, wie sehr sie inzwischen auf weitere Informationen über Jai aus ist.
    Hier wird das Band sehr zart und vorsichtig immer fester gesponnen - und der Leser wird genauso wie Olivia langsam mit eingewoben. Und es beginnt ihn genauso zu fesseln und man kann das Buch kaum aus der Hand legen.
    Bis zum nächsten Kapitel

    hm - Nicole, :wave ich gestehe ich bin noch etwas unschlüssig. Düstere Geschichten sind nicht so unbedingt mein Ding - da werd ich meist trübsinniger, als ich es mir leisten kann.


    Aber erstmal ganz lieben Dank, dass Du Dir Zeit für die Rezi genommen hast. :anbet


    Cornwall - daher also die so wunderschön detaillierten Landschaftsschilderungen vom düsteren Cornwall, das man sonst ja eher als melancholisch überzuckerte Pilcher-Landschaft "kennt".


    Und Ashburns Charakter - da fällt mir doch gleich der Matthew von Leila El Omaris "Englischer Erbin" ein - war das typisch für die adligen Männer des viktorianischen Englands?

    Na ja, dann muß ich mich wohl als uninformierten Käufer outen. Ist mir aber schon mal passiert bei Weltbild, dass ein völlig falscher Preis auf dem Artikel draufgeklebt war - da war es allerdings zu meinem Gunsten. Und erkannt hab ichs, da im Korb noch 3 x die gleiche DVD lag - und die waren einheitlich mit dem höheren Preis ausgezeichnet. An der Kasse hats keiner gemerkt, auch der Computer nicht.
    Wieder ein Argument für traditionelle Buchhandlungen, da passiert so etwas eher nicht.

    Nicole : da ich noch nicht so recht weiß, wie ihr das mit dem zitieren macht, muß ichs auf die alte "" Weise tun.
    Zitat "Aber ich hab' gesehen, dass ihr eine Leserunde zu R. Ryman macht, und vielleicht wären dort solche Diskussionen über verschiedene Indien-Romane gut aufgehoben? Oder ihr macht vielleicht nach der Ryman-Leserunde einen extra-Thread für eine solche Vergleichs-Diskussion auf? (fiel mir eben so spontan ein, keine Ahnung, ob das eine gute und umsetzbare Idee wäre :gruebel )"


    Tolle Idee, Nicole! Machst Du dann mit bei der Vergleichs-Runde? So als Bestätigung oder Widerlegung unserer Vermutungen?



    Zitat "Ja, es war wegen der verblüffend ähnlichen Grundidee. Weil ich ahnte, was passieren würde und halt auch passiert ist: dass ich hin und wieder lesen muss, ich hätte dreist abgekupfert (und das auch noch "schlecht", weil's halt doch eine andere Geschichte geworden ist...)."


    Vonwegen "schlecht" - mir ist Ian als Charakter wesentlich sympatischer als Damien! Und die ganze Geschichte ist auch viel vielschichtiger aufgebaut und deutlich besser lesbar, bei Shalimar irritieren mich immer wieder diese "Geheimdienst" - Einschübe.



    Zitat "Weil's grad so gut hierher passt, an dieser Stelle ein kleines Outing...
    Es gibt tatsächlich einen Roman, dem ich einen Gutteil Inspiration für HüD verdanke: Susanne Seitz' "Portrait einer Fremden". Die Beziehung zwischen Ashburn und Cynthia, ihrer beider Charaktere - die trafen bei mir einen Nerv, das war der Auslöser, die Geschichte um Ian und Helena entstehen zu lassen."


    Danke für den Lesehinweis, gibt es dazu hier bei den Eulen auch schon eine Besprechung? - Ich gehöre nämlich zu den Leuten, die von einer guten Rezi eher zu einem Buch animiert werden :zwinker

    Bouquineur : wow, Du bereitest dich ja toll auf die Leserunde vor! Gibst Du dann da ein paar Details preis? Ich weiß bisher auch nur, dass sie Inderin war, die unter einem Pseudonym in Amerika lebte und schrieb - aber das steht in den Büchern drin. Wäre toll, wenn man da noch mehr darüber erfahren könnte und es ist wirklich jammerschade, dass sie schon tot ist. Stellt euch mal vor, man könnte sie jetzt genauso anschreiben und sich mit ihr austauschen wie z. B. mit Nicole - das wär doch was!!

    Iris : ich will niemanden angreifen oder beleidigen, wenn ich annehme er/sie übernehme einen Satz oder eine Szene aus einem anderen Buch. Ich halte es da mit den Chinesen: die kopieren auch nur, was sie für gut halten - und sehen das dann als Auszeichnung für das Original an.


    Aber die Ähnlichkeit zwischen diesen 2 Szenen (Helena und Alec in Alecs Büro - Jai und Olivia auf der Ganga für alle die es nachsehen wollen) mit dem bewußten Satz ist da, soviel Zufälle kann es gar nicht geben und so allgemeingültig ist das auch nicht, dass ein Mann diesen Satz unbedingt zu einer Frau sagen müßte, bloß weil er sie liebt und das nicht zugeben möchte.


    Dass der Klappentext nicht stimmt, laste ich ja auch nicht der Autorin an, ich sage lediglich "er ist irreführend". Wer für die Irreführung schuldig ist, ist mir als Leserin und Käuferin des Buches erst mal egal. Aber es war trotzdem ein guter Hinweis, dass der Autor meist gar nichts zu dem Klappentext kann - ich werde diese jetzt künftig mit mehr Vorsicht lesen und eher versuchen, mal ins Buch reinzuspickeln... :grin

    Ketisa : mich würd es mal interessieren, wer von den Leserundenteilnehmern das Buch noch nicht kennt und wer mitmacht, weil er es kennt. Hast Du da den Überblick??


    Ich freu mich jedenfalls schon total darauf und werde es mit einer gerade erhaltenen Originalausgabe auf Englisch mitlesen. Bin mal gespannt - es ist meine erste englische Lektüre seit meiner Schulzeit - und die ist schon ewig her. Das Wörterbuch liegt schon parat.
    Übrigens: der Klappentext ist viel ausführlicher als bei der deutschen Ausgabe und Olivia wird eher als das unschuldige, hilflose "Opfer" hingestellt, das Jais Leidenschaft völlig erliegt (er wird als ihr Opium bezeichnet)


    Liebe Grüße India1966

    Ich hab das Buch auch gelesen im Zug meiner Indien - Welle, da mich einfach jedes Buch interessiert, das lt. Klappentext zu dieser Zeit in Indien spielt. Obwohl ich ehrlichgesagt erst einige Tage zögerte bei einem Preis von EUR 12 für ein Taschenbuch - aber okay.
    Und da ich es unter dem Gesichtspunkt "Indien-Roman" las, hat es mich erst mal nicht so packen können. Es war mir einfach zu wenig Indien drin. Aber dann hab ich mich davon losgelöst und das Buch als solches gelesen und dann bin ich auch hier dran geblieben und habe Abend um Abend länger gelesen, als dem Tagesablauf gut tut, aber ich wollte es nicht weglegen.


    Auch hier konnte man erkennen, dass "wer Liebe verspricht" seinen Teil zu dem Entstehen beigetragen hat. Einmal mußte ich echt schmunzeln, als Alec einen Satz zu Helena sagt (die Liebe betreffend), den Jai genau so zu Olivia sagte in der gleichen Situation - mir kam sogar sofort die ganze Szene dazu in den Sinn.


    Und dann erfuhr man doch wesentliches über die englischen Gefängnisse zur damaligen Zeit - und da wurde mir erst klar, was Olivias Onkel Jai antun wollte, als er ihn mit der Sprengung der Kohlemine für "einige Jahre" ins Gefängnis schicken wollte! Das ist einem aus der heutigen Zeit mit der Nobelverpflegung und -unterkunft in unseren Gefängnissen ja gar nicht so klar.


    Alles in allem, ein durchaus lesenswertes Buch, auch wenn der Klappentext anfänglich etwas irreführend ist.


    Liebe Grüße, India1966

    Leonae : tu es - leg alle anderen Bücher weg, sage alle Verabaredungen für die nächste Woche ab und vergrabe Dich - Du wirst es nicht bereuen!


    Ich habe es schon 3 ganz unterschiedlichen Leuten erzählt / empfohlen und alle haben es gelesen und waren ebenfalls ganz begeistert.
    Einer davon war mein "väterlicher Freund", ein inzwischen pensionierter Richter, den ich seit vielen Jahren kenne und der sogar mein Trauzeuge war. Während eines langen Ausrittes hab ich ihm das ganze Buch erzählt und versucht zu erklären, warum es mich so gefesselt hat. Und als ich fertig war, sagte er mir, meine BEschreibung wäre so interessant gewesen, dass er auch Lust hätte, dieses Buch zu Lesen. Und Bernhard liest sehr viel, seine Bücherschränke machen einer Bibliothek alle Ehre.


    Er hat sich das Buch im Original kommen lassen - es ist eine Ausgabe von 1970, die er über Amazon ersteigert hat. Aus einer Leihbücherei auf Roanoke Island kam es per Schiff zu ihm. Es hat ihm sehr gut gefallen und wir werden demnächst länger darüber diskutieren. Jetzt hat er das Buch an mich weitergegeben, ich werde also die Leserunde mit einer amerikanischen Originalausgabe mitmachen. Mal sehen, wie oft ich das Wörterbuch brauche... :grin