Beiträge von Dörthe Binkert

    Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Euch allen, Leserinnen und Lesern, bedanken. Dass sich die Leser eines Buches so viele Gedanken beim Lesen machen und man als Autorin sogar noch an diesen Gedankengängen teilnehmen kann, ist grossartig. Das war eine tolle Erfahrung für mich. Danke!
    Eine Fortsetzung zu diesem Roman wird es nicht geben. Es ist genauso, wie Ihr es ja auch beschreibt: das Buch schildert 9 Tage aus dem Leben verschiedenster Menschen, deren Leben - zum Teil wenigstens - eine besondere Wendung durch das Auftauchen der "Dame in Weiss" erfährt. Wie es weiter geht, steht in den Sternen, wie in unseren eigenen Leben auch.
    Die Figur der Lily ist mir selbst sehr nahe gewesen, ich freue mich, dass sie Euch auch gefallen hat! Ob sie noch einmal auftaucht, weiss ich noch nicht. Im Moment beschäftigt mich - im zweiten Roman - eine junge "Heldin", die zwar nicht im Rollstuhl sitzt, aber ein anderes Handicap überwinden muss, um zu sich selbst zu finden.
    Hoffentlich interessiert Euch ihr Schicksal ähnlich wie das der Menschen auf der "Kroonland".


    Danke für die Links, was die Kroonland betrifft, spannend auch für mich!


    Herzliche Grüsse
    Dörthe

    Ja, das ist einer der Kernsätze: Die Dinge müssen nicht so bleiben wie sie sind. Und genau so ist die Geschichte angelegt: Valentina, über die selbst wir lange nur wenig erfahren, ist, gerade weil sie wie eine weisse Leinwand die Projektionen der andern auf sich zieht, ein Katalysator für die Entwicklung der andern. Die einen ergreifen diese Gelegenheit, andere können oder wollen das nicht - wie im Leben halt ...

    Bookworm spricht von den Geheimnissen, die alle Personen mit sich tragen und die sich erst langsam erschliessen. Diese Beobachtung hat mich sehr gefreut, auch der Hinweis darauf, dass Valentina für eine Liebesgeschichte nicht einfach knall auf Fall bereit sein kann. Ja, sie muss sich erst selbst wiederfinden. Mir gefallen diese Bemerkungen deshalb so gut, weil ich meine, jeder Mensch trägt ein kleines Geheimnis mit sich herum, wir alle, man entdeckt es, wenn man behutsam miteinander umgeht, sich Zeit lässt, zuhört und Anteil nimmt. Dann ist man manchmal überrascht, wie wenig man doch von einem Menschen vorher wusste und wie falsche Vorstellungen man sich von seinem Leben gemacht hat. Aber es braucht Zeit, einen anderen Menschen vorurteillos zu begreifen, und deshalb kann auch das Erzähltempo nicht zu schnell sein. Die menschliche Entwicklung hat manchmal "Längen" und die Seele ist nciht ganz so schnell, wie man das manchmal gern hätte. Trauer kann man nicht einfach abkürzen, aber auch Einsichten lassen sich nicht einfach mit Tempo erzwingen. Deshalb gefällt mir die Diskussion um das langsame Erzähltempo sehr gut!

    Zur Schreibweise Mister und Mr - darauf kann ich gar keine schlüssige Antwort geben. Für mich hat es beim Schreiben einfach einen winzigen Unterschied gemacht, ob ich die förmliche Abkürzung gewählt habe oder das Mister sozusagen ausgekostet habe, denn ich höre und sehe das Geschriebene gleichzeitig, wenn ich schreibe. Es ist, als ob ich es mir vorlese und gleichzeitig beurteile, wie es geschrieben aussieht. Aber einen tieferen Sinn hat der Unterschied nicht!

    Zur Frage der Recherche für einen solchen Roman, der in einer vergangenen zeit angesiedelt ist. Ja, die Zeitumstände muss man natürlich beachten, sonst ist der Roman einfach nicht glaubwürdig. Die menschlichen Sehnsüchte und Hoffnungen, die Gefühle, die Menschen empfinden, sind hingegen wohl zeitlos, wenngleich sie nur im Rahmen der gesellschaftlichen Möglichkeiten einer Zeit ausgelebt werden können.
    Ich habe ein halbes Jahr nur recherchiert, bevor ich angefangen habe zu schreiben und dann, je nach Bedarf, im Einzelnen noch nachrecherchiert. Ich mache das sehr gerne, weil es die eigene Arbeit "erdet" und man selbst so viel dabei lernt. Und alles erst 100 Jahre her, habe ich manchmal gedacht.

    Nun, der erste Roman spielt auf dem Meer, der zweite in den Bergen. Aber es gibt tatsächlich einen gewissen Link, weil Valentina nach St. Moritz zur Kur geschickt wurde. St. Moritz war damals einer d e r Kurorte, und da ich das Engadin als Landschaft sehr liebe, will ich mich mit dieser Gegend noch einmal besonders beschäftigen. Der Maler Segantini kommt aber in "Weit übers Meer" noch nicht vor.

    Nein, für das neue Buch gibt es leider noch keinen Titel. Den wählt dann schlussendlich der Verlag, wenn ich auch Vorschläge machen kann.
    Ich würde es gern "Winterkinder" nennen, aber dieser Titel ist schon vergeben, wenn auch für ein älteres Buch.

    Das ist nicht so einfach zu sagen - nenne ich den oder die eine, tue ich einem anderen Unrecht. Aber ich liebe die Romane von Joseph Roth und ich schätze Kurt Tucholsky sehr. Und die "Wahlverwandtschaften" von Goethe sind einfach grandios.

    Auch der nächste Roman wird um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert spielen, aber in einer ganz anderen Gegend, nämlich 1896 im Engadin. Damals wurden in den Bergen die grossen, teils noch heute bestehenden Grand Hotels eröffnet. Um die Jahrhundertwende reiste dort die halbe Welt aus Paris und London, Berlin, Rom und Mailand an, um zu kuren und dort das gesellige Leben der Städte fortzusetzen. Die einheimische Bevölkerung war arm, lebte in grossem Kontrast dazu ein beschwerliches Leben. Es wird wieder eine Geschichte sein, in der verschiedene Protagonisten ihren Weg finden müssen - ein psychologischer Gesellschaftsroman also, in dem auch der Maler Giovanni Segantini eine Rolle spielen wird, der auf der Passhöhe des Maloja sein Atelier auf 2000m Höhe eingerichtet hatte ...


    Der Verlag möchte das Buch wenn möglich im nächsten Herbst bringen. Ich weiss aber noch nicht, ob ich rechtzeitig fertig werde. An "weit übers Meer" habe ich 3 Jahre gearbeitet...

    Noch ein Wort zum Namen Meyer und dass niemand "nachbohrt", warum sie sich so nennt: zu Beginn des letzten Jahrhunderts war man zum einen noch viel diskreter als heute, es wäre sehr ungehörig gewesen, nachzufragen, so etwa nach dem Motto "nun sagen Sie mal ...". Zum andern gab es damals noch keine so lückenlose Erfassung von Personen wie heute - es gab noch keine örtlichen Meldebehörden, die wenigsten Menschen hatten Ausweise wie Reisepässe oder Personalausweise. Aus diesem Grund veränderten gerade Einwanderer häufig ihre Namen oder die Einreisebeamten auf Ellis Island verstanden die Namen nicht richtig und schrieben etwas anderes auf und dann lebte man halt damit weiter.
    War also alles noch nicht so festgeschrieben wie heute (und von daher waren die Menschen auch weniger leicht zu kontrollieren, zu überwachen und aufzuspüren).
    Dörthe

    Ich habe schon als Kind lange Aufsätze geschrieben, mich dann, als Lektorin, damit begnügt, den Büchern von Autoren als Hebamme beizustehen, bis ich mit 40 angefangen habe, Sachbücher zu schreiben. die wurden immer "erzählerischer", essayistischer, bis ich mich an die Erzählung "Die Weihnachtsrose" gemacht habe. Und als ich dafür gute Kritiken bekam, habe ich mich an einen grösseren Roman gewagt.

    Hallo zunächst einmal - ich bin ganz überwältigt von den vielen Gedanken, die Ihr Euch über mein Buch macht! Das ist ein berührendes Erlebnis. Damit habe ich gar nicht gerechnet!


    Zu den Fragen: Ich bin während des Studiums nach Zürich gekommen und dann hier hängengeblieben, wie das manchmal so geht.


    Und ich habe mich schon immer für Bildhauerei interessiert und schliesslich Unterricht bei einem Bildhauer genommen - in Gruppenstunden und privat, und bin dann einige Jahre neben der Arbeit dabei geblieben, einen Tag in der Woche. Das Steinhauen ist eine ausserordentlich befriedigende Tätigkeit und ich habe es nur aufgegeben, weil ich beruflich nicht mehr die Zeit dafür fand.


    Herzliche Grüsse, Dörthe