Beiträge von Vulkan

    Ich habe ziemlich lange überlegt, ob ich hier etwas zu den "Flüsterern" schreibe (eine Rezension würde ich es nicht nennen), weil ich das Gefühl habe, dieses umfassende Buch nicht wirklich fassen zu können. Deswegen möchte ich noch auf eine Rezension von Jörg Baberowski, einem Historiker, der viel über den Stalinismus geforscht hat, verweisen, der einige wichtige Aspekte aufgegriffen hat, zu deren Darstellung ich mich nicht fähig fühle. Sein Buch "Der Rote Terror" ist übrigens eine relativ kurze und gut verständliche Einführung zum Thema "Stalinismus".


    Rezension

    Die Flüsterer – Leben in Stalins Russland – Orlando Figes


    Klappentext:
    Viele Darstellungen behandeln die sichtbaren Aspekte der stalinistischen Diktatur: die Verhaftungen und Prozesse, die Versklavung und das Morden in den Gulags. Kein Buch hat jedoch bislang die Auswirkungen des Regimes auf das Privat- und Familienleben der Menschen untersucht, den Stalinismus, der uns alle ergriff , wie es ein russischer Historiker einmal formuliert hat. Auf der Basis von Hunderten Interviews mit Zeitzeugen und zahllosen bislang unbekannten Dokumenten liefert nun Orlando Figes in Die Flüsterer erstmals einen unmittelbaren Einblick in die Innenwelt gewöhnlicher Sowjetbürger und zeigt an zahlreichen eindringlichen Beispielen, wie Einzelne oder Familien in einem von Misstrauen, Angst, Kompromissen und Verrat beherrschten Alltag um ihr Überleben kämpften. Für die Zeit der Revolution von 1917 bis zu Stalins Tod und darüber hinaus rekonstruiert Figes das moralische Gespinst, in dem sich die allermeisten Russen gefangen sahen: Eine einzige falsche Bewegung konnte eine Familie zerstören oder am Ende womöglich deren Rettung bedeuten. Keiner konnte sich sicher fühlen, nicht einmal die überzeugtesten Anhänger des Regimes. Wahrheit und Wahn, Schuld und Unschuld waren in diesem Unterdrückungssystem immer wieder auf fatal miteinander verquickt. Orlando Figes neues Meisterwerk in seiner erzählerischen Wucht und Aufrichtigkeit vergleichbar mit Grossmans Jahrhundertroman Leben und Schicksal ist das breit angelegte Porträt einer Gesellschaft, in der jeder nur noch flüstert entweder um sich und andere zu schützen oder um zu verraten. Ein ebenso schonungsloser wie ergreifender Bericht davon, wie schwach und wie unvorstellbar stark Menschen in einer von Paranoia geprägten totalitären Gesellschaft werden können.


    Zum Autor (Klappentext)
    Orlando Figes lehrt Geschichte am Birkbeck College in London. Über sein preisgekröntes Standardwerk „Die Tragödie eines Volkes“ schrieb der große Historiker Eric Hobsbawm, es werde „mehr zum Verständnis der russischen Revolution beitragen als irgendein anderes Buch“. Auch „Natascha Tanz. Eine Kulturgeschichte Russlands“ erhielt zahlreiche hervorragende Besprechungen.


    Meine Meinung:
    Die systematische Zerstörung des privaten Raums und familiärer Loyalität bis hin zur physischen Zerstörung ganzer Familien, die Sippenhaft bewusst einschloss, ist der Inhalt dieses mehr als tausendseitigen Buches.
    Figes Darstellung zeichnet sich dadurch aus, dass er als Grundlage für diese Untersuchung zahlreiche Zeitzeugen in ausführlichen Interviews über die Zeit des Stalinismus befragt hat, in denen sie ihre Familiengeschichten erzählen und somit die unmittelbaren Konsequenzen der stalinistischen Diktatur und des Terrors für Privatpersonen und Familien aufzeigen.
    Figes stellt dar, wie die Familie und menschliches Vertrauen systematisch zerstört wurden. Die Aneinanderreihung von Zitaten mit häufig sehr ähnlichen Motiven und Inhalten kann auf Dauer (nach einigen hundert Seiten) ermüden und teilweise auch verwirren, wenn man nicht mehr die Anfänge der fortgeführten Familiengeschichten parat hat. Diese Ausführlichkeit ist aber zum Verständnis dafür, dass es nicht um Einzelfälle, sondern um offensichtlich typische Vorgänge und Verhaltens- sowie Reaktionsweisen ging, durchaus nachvollziehbar, zumal ein Buch wie dieses nicht unbedingt von der ersten bis zur letzten Seite gelesen werden muss, um gewinnbringend zu sein. Zumindest für jene, die des Russischen mächtig sind, ist die Homepage von Orlando Figes sicher interessant, auf der Familiengeschichten und Interviews der befragten Personen zugänglich sind.
    Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch für alle, die sich für Stalinismus und seine unmittelbare Auswirkung auf das (Privat-)Leben der Menschen interessieren. Ein wenig Vorwissen über die Zeit ab der Revolution erleichtert die Einordnung bestimmter Vorgänge oder Entwicklungen, die von Figes nicht näher erläutert werden.

    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Wunderbare Rezension! :anbet


    Klaus Mann hat ja auch schon sehr früh autobiographisches veröffentlicht!
    Zum Beispiel Kind dieser Zeit von 1932, das ich sehr gut geschrieben fand.


    Hat Klaus Mann überhaupt etwas richtig Nicht-Biographisches geschrieben? :grin Ok, ich übertreibe, aber ich habe den autobiographischen Anteil an seinem Werk immer als extrem hoch angesehen. Oder kommt das nur daher, dass ich über sein Leben mehr weiß als über das anderer Schriftsteller. :gruebel Gut möglich.

    Mischmasch: Nudelsalat nach Johann Lafer (ich mag die Kochsendungen mit ihm nicht so, aber das Kochbuch hat sich zu meinem Standardkochbuch entwickelt) und Steak, zum Nachtisch Lebkuchen und Vanille-Eierliköreis. :grin

    Danke für die Rezi, Joan.
    Klaus Manns frühes und konsequentes Engagement gegen den Nationalsozialismus - auch gegen so einige Widerstände und Enttäuschungen aus der eigenen Familie - hat mich schon früh beeindruckt.
    Ich habe die Bände ja schon dazustehen - vielleicht komme ich über Weihnachten dazu, ein bisschen darin herumzulesen.

    Zitat

    Original von SweetMouse
    ... meine chefin gerade meinen urlaubsantrag für den 23.12 genehmigt hat. :anbet und ich damit ganz in ruhe die letzten vorbereitungen für weihnachten treffen kann. Kartoffelsalat machen, Kuchen für das Kaffeetrinken am ersten Weihnachtstag backen, aufräumen, sauber machen, schon mal den tannenbaum aufstellen usw. dann habe ich es am 24.12 am vormittag nicht so hektisch.


    Ich erinnere mich gerade an ein Weihnachten, wo wir am 24.12. um 13 Uhr in die Wohnung gestürmt sind - kein Kartoffelsalat, keine Kuchenplatten, kein Weihnachtsbaum war fertig... Und 2 h später standen schon die Großeltern vor der Tür. :grin Aber meine Eltern sind selbständig, da mussten sie (und wir) halt durch. Inzwischen haben wir mit der Situation etwas mehr Übung (und haben einiges an Aufwand gestrichen), so dass es selbst mit Arbeit am 24. einigermaßen stressfrei geht.

    Also ich mag auch lieber Mahlzeiten mit verschiedenen Nahrungsmitteln. Nur Kartoffeln/Käse macht mich weder satt noch glücklich...


    Wir hatten heute Reis, asiatische Gemüsepfanne und asiatisches Rindfleisch mit Cashewkernen. Zum Nachtisch selbstgemachtes Apfelmus.

    ... wir heute in den Tierpark gefahren sind, der total leer war und einen sehr entspannten Tag hatten.
    ... es heute (im Tierpark) das erste Mal geschneit hat hier.
    ... nächste Woche wohl mein Lieblingswinterwetter kommt - einigermaßen ordentliche Kälte ohne Niederschlag, hoffentlich mit Sonne.
    ... und weil in 9 Tagen der 21. Dezember ist und es dann endlich wieder die Tage länger werden.

    @ Batcat
    Bücher? *garnichtneugierigbin*


    Herzlichen Glückwunsch auch von mir und noch einen schönen Restgeburtstag - ich finde die späten Abende von Geburtstagen und Weihnachten, wenn ich mich mit neuen Büchern ins Sofa kuscheln kann ja am schönsten. Wobei Geburtstag 2 Wochen vor Weihnachten doch ziemlich ätzend ist, oder? :grin


    Edit:
    Ich trinke übrigens gerade die heiße Schokolade - sehr lecker. :-)

    ... ich heute meinen jährlichen Zahnarztbesuch hinter mich gebracht habe. (Glaubt mir, das ist jedes Jahr eine persönliche Höchstleistung von meiner Seite.)
    ... und ich von meiner Mama eine Packung Schokolade am Stiel bekommen habe. Den Stiel hält man in heiße Milch, rührt um und man hat heiße Schokolade. :-)

    Da ich eh nicht mehr zum lesen in diesem Jahr komme, kann ich auch gleich antworten: :-)
    In der Top-3-Liste stehen bei mir:
    Stefan Zweig - Brief einer Unbekannten (Dessen Stimmung und Erzählton mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist.)
    Chinua Achebe - Okonkwo oder das Alte stürzt (Eine sehr eingängige Beschreibung vom Aufeinanderprall kolonialer Verwaltung und afrikanischer Kultur und Tradition.)


    Das Buch, dass mich allerdings doch am meisten beeindruckt hat, war Imre Kertesz "Roman eines Schicksallosen". Kein Geheimtipp, aber trotzdem ohne Einschränkung empfehlenswert.


    Kurzbeschreibung:
    Imre Kertesz ist etwas skandalöses gelungen: die Entmystifizierung von Auschwitz. Es gibt kein literarisches Werk, das derart konsequent, ohne zu deuten, ohne zu werten, der Perspektive eines staunenden Kindes treu bleibt. Wohl nie zuvor hat ein Autor seine Figur Schritt für Schritt bis an jene Grenze begleitet, wo das nackte Leben zur hemmungslosen, glücksüchtigen, obszönen Angelegenheit wird.Imre Kertesz, 1929 in Budapest geboren, wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und 1945 in Buchenwald befreit. Er gilt seit dem späten Erfolg seines "Roman eines Schicksallosen" als einer der großen europäischen Schriftsteller. Die jahrelange Arbeit an diesem großen Roman, der 1975 in Ungarn erschien, finanzierte er durch Musicals und Unterhaltungsstücke. Er betätigte sich als Übersetzer von Freud, Nietzsche, Hofmannsthal, Canetti, Wittgenstein u.a.
    Nach "Roman eines Schicksallosen" und "Kaddisch für ein nicht geborenes Kind" liegt mit "Fiasko", dem Mittel- und Herzstück, die "Trilogie der Schicksallosigkeit" vollständig vor

    Zitat

    Original von Minifutzi
    Ich frage mich gerade, wie die frischen weichen Gummibärchen schmecken ;)


    Gruss
    Torsten*


    Siehste, Gummi, das kommt davon, wenn man zu lange im Hühnerstall bleibt. :grin



    @ topic
    Überlegen, ob ich noch 2 Stunden weiterarbeite oder was Lustigeres mache - aber mir fällt nichts ein... :rolleyes

    Zitat

    Original von Minifutzi
    Ein wenig herumblödeln muss sein ;) Ein gesunder Sinn für Humor ist sehr wichtig. Es macht nicht nur sympathisch, sondern vermittelt aus ein positives Gefühl. :taenzchen


    Mein Humor ist nach 6 h Deckungsbeitragsrechnung nicht nur auf dem Nullpunkt, sondern im tiefsten Minusbereich. :fetch :bonk :grin Und wenn mich nicht jemand schnell von diesen letzten Einsendeaufgaben erlöst, werde ich noch verrückt. :rolleyes

    Zitat

    Original von Mondtochter
    PS: Müsste man die Anzahl Beiträge in welcher Zeitspanne dazu nehmen, wäre cih auch älter.... immerhin gfast halb so viele wie du, Vuklkan! Und du bist ein
    Jahr länger dabei als ich....


    Ich finde, ich treibe mich hier schon mehr als genug herum und noch mehr herum sabbeln muss ich nicht. Quantität ist nicht alles. :grin

    Zitat

    Original von Nachtelfe
    Linda jetzt schon aus 3 Büchern Seiten rausgerissen hat (keine angst, keine WB´s, die liegen gesondert auf dem Schrank).


    :nono Nachtelfe, die Zeit der Erziehung ist gekommen... :grin


    @ Topic
    Ich warte auf die Benotung von einigen Einsendeaufgaben - solange ich die nicht habe, will ich meine beiden letzten nicht losschicken. Ich habe aber definitiv die Nase voll und mag nicht mehr. :help

    Ideen konnten immer Menschen beeinflussen und somit einen mehr oder weniger großen Teil der Welt mitbeeinflussen. Bücher sind m. E. eine ideale Transportmöglichkeit für Ideen. Wenn aber heute Ideen anders transportiert werden, finde ich das auch nicht schlimm. Z. B. Al Gores Film "Eine unbequeme Wahrheit" hat doch durchaus das Bewusstsein vieler Menschen geschärft. Gut, Literatur ist vielleicht noch mal etwas anderes und hat subtilere und vielfältigere Einflussmöglichkeiten, aber Deine Frage bezog sich ja erst mal nur auf Bücher im Allgemeinen.
    Dass Menschen heute weniger lesen als früher wird oft behauptet - ich zweifle trotzdem daran.
    Mich haben Bücher massiv beeinflusst und geprägt und damit auch mein Leben.

    Zitat

    Original von oemchenli
    Dein Süßer sollte sich mal abnabeln. Es spielt meines Erachtens auch keine Rolle welcher Nationalität deine Schwiegermutter angehört. So wie sie sich aufführt ist das völlig daneben.


    Naja, wir stochern alle im Nebel. Ich hatte es so verstanden, dass die Mutter eigentlich weit weg wohnt (Griechenland?) und jetzt auf Deutschland-Tour ist. :grin Mag sein, dass ich das falsch verstanden habe. Und ja, ich würde solchen Müttern erlauben, "meine" Küche in Beschlag zu nehmen. Und ich hätte auch kein Problem mit einem Sohn, der das zulässt. Ich hätte ein Problem, wenn der Sohn meine Empfindlichkeiten nicht zur Kenntnis nimmt und mit mir zusammen überlegt, was unvermeidbar und was vermeidbar ist.
    Familie nervt nun mal hin und wieder, ist meines Erachtens aber auch einer der wichtigsten Fixpunkte. Und sie ist beständig - also muss man Lösungen finden, mit denen alle leben können.