Wieder so ein Bestseller, dessen Inhalt sich im Klappentext gut las, der von zahlreichen amerikanischen Kritikern bejubelt wurde, und sich dann zwar tatsächlich flott weg las, ansonsten aber eine einzige Enttäuschung ist.
Man darf ja bei Krimis nicht großartig auf den Inhalt eingehen, ohne es anderen zu verderben, daher nur ein paar kurze, möglichst abstrakt gehaltene Kritikpunkte, die aber dennoch einige Spoiler enthalten könnten:
Die vermeintlich clevere Erzählkonstruktion, die zwischen zwei Charakteren und zwei zeitlichen Ebenen wechselt, entpuppt sich bald als allzu billiges Mittel, um einer zunächst sehr bedächtigen Story etwas Tempo zu verleihen. Nach etlichen Seiten, als sich dann auch erste Langeweile einstellte, wurde mir zumindest relativ schnell klar, dass der Twist, der zweifelsfrei noch kommen würde, auf dieser sehr uneleganten und wenig überzeugenden wechselseitigen Narrative beruhen würde. Als es dann so weit war, und der Twist aufgedeckt und zugleich noch mühsam über viele Seiten erklärt wurde (denn dieses Buch traut dem Leser gar nichts zu), war die Reaktion dann auch weniger "Oha", sondern eher "Endlich!".
Überhaupt habe ich mich die erste Hälfte des Buches nur über diese so unglaublich unglaubwürdige Erzählkonstruktion aufgeregt, die sich darauf verlässt, dass der Leser nicht zu kritisch an den Text herangeht. Zu wem spricht Nick, warum wechselt er munter den Addressaten? Warum haben wir hier eine Perspektive, die mit inneren Monologen arbeitet, aber "gekonnt" jedwede Gedanken weglässt, die irgendwelche späteren Aufdeckungen vorwegnehmen könnten?
Warum sind Amys Tagebucheinträge verfasst wie Romane, die zuweilen ganze Wochen mit bemerkenswertem Detail schildern, durchsetzt mit witzig/smarten Bemerkungen und immerzu erklärenden Querverweisen, die sich auch durch die spätere "Auflösung" im zweiten Teil nicht rechtfertigen lassen, so dass die Tagebucheinträge an sich so nie ein greifbares Maß an Authentizität erlangen können?
Warum kann man nie das Gefühl abschütteln, dass die zwei unterschiedlichen Charaktere eine doch sehr ähnliche Erzählstimme haben? Warum vermittelt die exemplarische Demontage des modernen amerikanischen Mannes am Beispiel von Nick einem das Gefühl als läse man hier eine Charakterisierung à la "Malen nach Zahlen"?
Am enttäuschendsten aber, abgesehen von den Mängeln in der Erzählkonstruktion, der manipulativen Anordnung zweier Narrativen, und der wenig überzeugenden Psychologisierung der Charaktere, ist die inhaltliche Entwicklung, die der Roman dann nach der ersten Auflösung nimmt: hier summieren sich geradezu unglaubliche Zufälle und Begebenheiten, und rauben dem Werk jedes Maß an Realismus und natürlicher Spannung, die im ersten Teil noch bemüht wurde. Alles ist nun möglich, und kein Charakter handelt mehr so, wie er es müsste/sollte. Jede mühsam aufgebaute Charakterisierung wird über den Haufen geworden, um nur die Spannung aufrecht zu erhalten, um nur immer noch eins drauf setzen zu können. Das wird dann mit zunehmendem Verlauf unfreiwillig komisch, und die Auflösung des Ganzen ist dann auch dementsprechend ein Witz.
Soweit das Grobe. Es gibt viele kleinere Unsauberheiten mehr, die sich aber anhäufen und das Lesevergnügen erheblich schmälern, denn es gilt ja: "Kleinvieh macht auch Mist". Und diesen Mist dann wiederum im Detail ausführen zu wollen, ist zu aufwendig, diese Kurzkritik an sich war schon anstrengend genug.
3/10 Punkten