Zum Inhalt
Der 47jährige Jonathan Schotter hat keine leichte Zeit hinter sich: Dem erfolgreichen Werbetexter wurde aufgrund seines Alters gekündigt, seine Frau Susanne tauschte ihn mit einem feurigen Argentinier aus und zu allem Überfluss musste sich der frisch Geschiedene auch noch einer Herzklappen-OP unterziehen.
Um noch mal neu anzufangen, zieht Schotter von München nach Berlin, wo er trotz oder gerade wegen seines Vermögens von nun an das Leben eines Stadtstreichers führt. Er macht ausgiebige Spaziergänge durch Berlin, tingelt von einem Café zum nächsten und fährt kreuz und quer mit der U-Bahn. Auf einer dieser Fahrten sitzt er zwei Mädchen gegenüber, von denen eine beim überhasteten Ausstieg ihren Rucksack vergisst. Darin befindet sich neben Kleinkram auch ein ibook.
Von der Neugier getrieben knackt Schotter das Passwort und schnüffelt sich Datei für Datei durch das Leben der jungen Frau. Roula Rouge heißt sie, ist 23 Jahre alt und äußerst mysteriös.
Als sich die beiden nicht ganz zufällig wiedersehen, ist Jonathan endgültig fasziniert von der toughen Friseurin und auch Roula scheint nicht abgeneigt zu sein. Zwischen den beiden entspinnt sich eine leidenschaftliche Romanze, die Schotters Leben einen neuen Sinn gibt, allerdings weiß Roula nicht, dass ausgerechnet Schotter ihr heißgeliebtes ibook gestohlen hat…
Zur Umsetzung
„Roula Rouge“ habe ich mit Vergnügen gelesen! Zwar hat der Unterhaltungsroman hier und da kleine Längen, doch im Ganzen liest sich das Geschriebene durchaus spannend:
Der wohlhabende und modebewusste Jonathan Schotter tingelt nach seinem Umzug ziellos durch Berlin. Dabei erzählt er einerseits etwas teilnahmslos von seinen Eindrücken, andererseits begegnet er bereits auf den ersten Seiten Menschen, die ziemlich skurril wirken. Diese Nebenfiguren tragen zwar nicht direkt zur Handlung bei, helfen aber, den Leser bei Laune zu halten, bis die eigentliche Geschichte ins Rollen kommt.
Ab dem Zeitpunkt, an dem Roula Rouge in Schotters Leben tritt, ändert sich seine Ziellosigkeit schlagartig. Wie besessen durchsucht er ihr ibook, folgt ihren Spuren im Netz und rätselt, was es mit der geheimnisvollen Frau auf sich hat. Dabei saugt er begierig jede Information auf, die er bekommen kann, bis die beiden sich endlich gegenüberstehen.
Roula ist – anders als Schotter – eine sehr lebhafte Person. Sie sagt, was sie denkt, ist politisch aktiv und scheint niemanden an sich ranzulassen. Immer wenn Schotter einen Schritt auf sie zugeht, geht Roula einen von ihm weg. Doch der Werbetexter lässt sich nicht beirren…
Noltes Roman beinhaltet gleich drei Geschichten auf einmal:
Auf der einen Seite gilt es, Roulas Geheimnis zu lüften. Die Dateien in ihrem Computer werfen mehr als nur ein Rätsel auf und Schotter versucht wie ein Detektiv das Puzzle zusammenzusetzen.
Auf der anderen Seite wird eine Großstadtromanze zwischen zwei scheinbar gegensätzlichen Menschen erzählt. Schotter ist im mittleren Alter, war schon mal verheiratet und braucht sich um Geld keine Gedanken zu machen. Roula hingegen ist jung, lebt in den Tag hinein und verdient ihren Unterhalt als Friseurin auf Rädern. Trotz dieser Unterschiede scheinen die beiden wie füreinander gemacht, auch wenn Roulas Geheimnis unterschwellig immer zwischen den beiden steht.
Die dritte Geschichte des Buches dreht sich um Roulas Familie. Zu DDR-Zeiten lebte sie mit ihren Eltern im Osten Deutschlands und verlor beide Elternteile, als sie noch klein war. Ihr Vater flüchtete über die Grenze und ihre Mutter wollte ohne ihn nicht mehr leben. Seitdem verfolgt Roula jede Spur, die auf den Verbleib ihres Vaters hindeutet.
Jede dieser Geschichten vermag einen zu fesseln, bis die einzelnen Stränge schließlich zusammenführen. Das Ende wirkt zwar ein bisschen zu glatt, doch ich fand es durchaus passend, weil die Figuren in meinen Augen genau diesen Ausgang der Geschichte verdient haben.
Fazit
Alles in allem hat mich „Roula Rouge“ also bestens unterhalten.
Vor dem Lesen befürchtete ich zwar, dass es sich um einen mit Klischees vollgestopften Berlinroman handelt, doch im Nachhinein war ich positiv überrascht! Die Stadt bildet zwar den Rahmen der Handlung, spielt jedoch im Grunde keine tragende Rolle. Vielmehr geht es um zwischenmenschliche Beziehungen, Geheimnisse und ein persönliches Schicksal, das mit der deutschen Geschichte zu tun hat.
Die Figuren wirken authentisch und der Schreibstil ist angenehm locker mit einem stetigen Hauch Spannung, sodass ich das Buch selten länger als einen halben Tag beiseite gelegt habe.
Wer also auf gute Unterhaltung mit einer Mischung aus Liebesgeschichte und Spannung steht, ist bei Nolte bestens aufgehoben!