Beiträge von Mitsou

    Huhu, habe in letzter Zeit viel zu tun gehabt (und immer noch), deshalb konnte ich die Liste erst heute aktualisieren. Ich habe die Atwood-Bücher + Teilnehmer mal provisorisch aufgenommen. Wer letztlich 100%ig mitlesen möchte, ergibt sich dann ja bei der Threaderöffnung. So ist aber schon mal alles vorgemerkt :-)


    Wie sieht es eigentlich mit Shakespeare aus? Genug Teilnehmer sind ja mittlerweile vorhanden.

    Zitat

    Original von SiCollier
    @ Mitsou
    Bitte betrachte meine Meldungen als "in Klammern". Ich kriege das mit dem auf Kommando lesen nicht mehr hin und entscheide mich jeweils kurzfristig, ob ich mitlesen möchte. :wave


    Ich denke, das ist kein Problem, da dies hier erstmal nur Vormerkungen sind :)

    Zum Inhalt


    Die zehnjährige María Margarita lebt mit ihrem Vater und vier Brüdern in einer Siedlung, die inmitten der Atacama-Wüste im Norden Chiles liegt. Früher arbeitete ihr Vater wie alle anderen Männer des Ortes in der Salpetermine, doch seit einem Arbeitsunfall kann er seine Beine nicht mehr bewegen. Marías Mutter hat die Familie vor zwei Jahren sang- und klanglos verlassen und obwohl sie ihrem Ehemann damit das Herz gebrochen hat, hat die Familie gelernt, auch ohne sie zurecht zu kommen.


    Neben den Alltagspflichten ist das Leben in der Wüste trostlos. Einzig das kleine Kino kann Marías Herz zum Hüpfen bringen. Marilyn Monroe, John Wayne und Charlton Heston versetzen sie und ihre Brüder in helle Aufregung! Da jedoch der Eintritt für alle Familienmitglieder zu teuer ist, lässt sich Marías Vater etwas Besonderes einfallen: Jedes seiner Kinder darf einmal alleine ins Kino gehen, um den anderen nachher von dem Film zu erzählen. Derjenige, der seine Aufgabe am besten macht, darf fortan jede Woche einen Film sehen und ihn anschließend der Familie präsentieren.


    Marías Konkurrenz ist groß, doch letztlich überzeugt sie das Publikum durch ihre lebhafte Erzählweise und ein fantastisches Schauspiel. In ihrer neuen Aufgabe geht das Mädchen vollkommen auf, sodass nach und nach die halbe Siedlung der kleinen Künstlerin zuhören möchte – bis zu dem Tag, an dem ein Unglück geschieht. Danach wird alles anders…


    Der Autor und sein Buch


    Der chilenische Bestsellerautor Hernán Rivera Letelier war mir vor diesem Büchlein kein Begiff, was vielleicht auch daran liegt, dass abgesehen von „Die Filmerzählerin“ bisher nur eines seiner Bücher (Lobgesang auf eine Hure) ins Deutsche übersetzt wurde. Im Nachhinein freue ich mich sehr, dass ich durch die schöne Covergestaltung auf „Die Filmerzählerin“ aufmerksam geworden bin, denn Letelier beherrscht es, auf kleinstem Raum wunderbare Bilder im Kopf des Lesers zu erschaffen.


    Dass der Autor die Atacama-Wüste mit wenigen, aber prägnanten Worten zum Leben erwecken kann, ist wohl u.a. dem Umstand zu verdanken, dass er selbst in der Wüste aufgewachsen ist. Obwohl Letelier in seinem Buch nur wenige Beschreibungen einsetzt, kann man sowohl die Hitze als auch die Atmosphäre in der Siedlung förmlich spüren. Man sieht den Staub auf den Straßen, erblickt den flimmernden Horizont, der nahezu endlos erscheint und hört die Stimmen der Kinder, die auf den Salpeterfeldern Eidechsen jagen.


    Dazu bedarf es allerdings auch die Phantasie des Lesers, da Letelier selten ins Detail geht. Auf gerade mal Hundert Seiten erzählt er fast Marías ganzes Leben und ich hätte mir an der ein oder anderen Stelle ausschweifendere Beschreibungen gewünscht. Allerdings kommt das Buch auch ohne gut aus, denn die zehnjährige María erzählt ihr Leben so, als würde sie einen Film erzählen.


    Obwohl gerade jene Momente, in denen sie die Vorstellungen gibt, eher flüchtig eingefangen werden, kann man sich durch ihre Erzählweise sehr gut vorstellen, wie einnehmend ihre Darbietungen sind. Spontan und freiheraus schildert sie den Alltag in der Wüste, bringt dem Leser die wichtigsten Eigenschaften der Bewohner nahe und berührt trotz ihrer einfachen Ausdrucksweise.


    Die Magie dieses Buches liegt zwischen den Zeilen. Die schillernde Kunst und das karge Wüstenleben werden einander gegenüber gestellt. Auf der einen Seite bieten sich dem Leser die zauberhaften Momente, in denen María voller Leidenschaft in ihrem Schauspiel aufgeht. Auf der anderen Seite sorgen ärmliche Wohnverhältnisse, harte Arbeit und nackte Füße für einen bedrückenden Beigeschmack.


    Fazit


    „Die Filmerzählerin“ ist ein Buch, das auf den ersten Blick sehr kurz und einfach erscheint. Doch wenn man genauer hinsieht, entblättert sich eine Geschichte, in der soviel mehr steckt, als man zuerst dachte: Lebensfreude und Melancholie, Zusammenhalt und Schmerz sowie ein starker Kontrast zwischen Einöde und Lebendigkeit. Dieses Buch ist wie ein Zauber, der zwar in einer recht nüchternen Sprache zum Ausdruck kommt, sich jedoch mithilfe der Vorstellungskraft zu seiner vollen Schönheit entfalten kann. Empfehlenswert!

    Zitat

    Original von Isiera
    Für mich stellt es schon einen Klassiker da (logisch, sonst hätte ich es ja nicht vorgeschlagen :grin). Aber ich mache, dass auch nicht daran fest, ob der Autor noch lebt oder nicht. Bei der Regelung kann ich dann ja auch die Bücher von Johannes Mario Simmel zu Klassikern zählen. Und theoretisch könnte die Autorin jeden Tag sterben. Wird das Buch dann von einem Tag zum anderen ein Klassiker, nur wegen dem Tod, obwohl man es nur Stunden vorher noch abgelehnt hätte? Der "Fänger im Roggen" zählt ja auch nicht erst seit 2010 als Klassiker.


    (Harper Lee und Michael Farber leben übrigens auch noch.)


    Da stimme ich dir zu :-)

    Ende der 40er Jahre geht ein Aufatmen durch den Kreis der französischen Intellektuellen:
    Die Nazis sind besiegt und einer politischen Neuordnung scheinen alle Türen offen zu stehen. Während Robert Dubreuilh eine linke Bewegung unabhängig von der KP gründet, genießt Henri Perron zunächst die neugewonnene Freiheit und widmet sich dem Reisen. Nadine (Dubreuilhs Tochter) möchte etwas erleben und sucht ihr Glück in Bars und an der Seite von Männern, während ihre Mutter Anne sich fragt, ob es jemals wieder so werden kann, wie vor dem Krieg. Ein Zustand, der immer mehr zur fernen Erinnerung wird, wodurch sich der Freundeskreis in verschiedene Lager spaltet. Einzig und allein Paule, die langjährige Freundin von Henri, scheint vor dem Neuen die Augen zu verschließen und will nicht wahrhaben, dass Henri schon lange nicht mehr die Liebe für sie empfindet, die vor zehn Jahren einmal da war.
    Jeder der Protagonisten sucht sein Glück, jeder von ihnen strebt nach Veränderung, wobei sich Politik und Liebesgeschichten vermischen und letztlich nichts mehr so ist, wie es einmal war…


    ~ Die Autorin und ihr Werk ~


    Simone de Beauvoir wurde 1908 in Paris geboren und starb 1986 – ebenfalls in Paris .
    Sie studierte Literatur, Mathematik und Philosophie und lernte während ihres Studiums Jean-Paul Sartre kennen, mit dem sie eine langjährige Beziehung führte. Diese Beziehung basierte jedoch größtenteils auf geistiger Verbundenheit, weshalb zahlreiche Affären und Liebschaften ihrer Liebe zueinander nichts anhaben konnten.
    Neben der Philosophie war der Feminismus ein großes Thema im Leben der Schriftstellerin, wodurch sie sich u.a. auch politisch engagierte.


    All diese Themen (Existenzialismus, die Rolle der Frau, die Resistance und der Kommunismus) lassen sich in ihrem Roman “Die Mandarins von Paris” wiederfinden, was nicht zuletzt auch daran liegt, dass er autobiographische Züge hat.
    Die etwas reservierte Anne Dubreuilh kann man als de Beauvoirs Alter Ego verstehen. Annes Mann Robert hat Züge von Sartre.
    Die Figur Henri Perron verkörpert Albert Camus, mit dem Sartre lange Zeit befreundet war, bevor sich die beiden – ähnlich wie in dem Roman – zerstritten.
    Ebenso gibt es Parallelen zwischen der Figur Lewis Brogan (Annes Geliebter aus Amerika) und dem amerikanischen Schriftsteller Nelson Algren, mit dem de Beauvoir eine Affäre hatte. Algren passte es nicht, dass de Beauvoir ihre Liebschaft in allen Einzelheiten in dem Roman zur Schau stellte, woraufhin er sich von ihr distanzierte.


    Wie man sieht, handelt es sich bei den Mandarins also nicht bloß um erfundene Romanfiguren, sondern auch um ein Stück Zeitgeschichte, das eng mit de Beauvoirs Leben und den darin vorkommenden Persönlichkeiten verbunden ist.


    ~ Ein politischer Roman – Nein danke? ~


    Zuerst hatte ich die Befürchtung, dass ich – sozusagen eine politische Null – wahrscheinlich schon nach 100 Seiten nichts mehr verstehen würde oder das Thema viel zu trocken sein könnte. Viele Wochen stand das Buch im Regal und staubte vor sich hin, bis ich mich schließlich überwand und mit viel Zeit im Gepäck daran machte, auf die Reise in den Kreis der Intellektuellen von Paris zu gehen. Zugegeben, die ersten Seiten sind wirklich etwas trocken: Seiten voll von politisch-philosophischen Diskussionen, von denen ich nur die Hälfte verstand. Doch nach und nach mischten sich allzu vertraute Beziehungsgeflechte in das Geschehen. Es ging nicht bloß um Politik, auch wenn diese einen hohen Stellenwert in dem Buch hat, sondern auch um die Beziehungen zwischen den Protagonisten.
    Frauen, die alles für ihre Liebe aufgeben, Männer, die unabhängig sein wollen, Jugendliche, die sich in Bars betrinken und zahlreiche Affären, die niemals vulgär, aber immer mit Stil und einem Hauch Erotik beschrieben werden. Wer nun an einen historischen Groschenroman denkt, liegt weit daneben.


    “Die Mandarins von Paris” ist eine perfekte Mischung aus Anspruch und Leichtigkeit, aus Politik, Philosophie und Liebe. Durch den regelmäßigen Wechsel bekommt man immer ein wenig Zeit zum Durchatmen und selbst die politischen Passagen können für Laien interessant sein, denn auch, wenn man politisch nicht so bewandt ist, kann man die Zusammenhänge größtenteils erschließen und nachvollziehen. Allerdings sollte man ein gewisses geschichtliches Vorwissen haben, bevor man das Buch zur Hand nimmt. Es geht um das Ende des zweiten Weltkriegs, die Rolle Amerikas und der Sowjetunion, um Hiroshima usw. Namen sind dabei unwichtig, jedoch sollte man die Zusammenhänge kennen, um nicht vollkommen im Walde zu stehen. Hat man sich einmal in die Materie eingefunden, kann man gar nicht mehr aufhören zu lesen, sodass man schon mal 100 Seiten am Stück liest.
    Die einzigen Voraussetzungen: Offenheit für das Thema, historisches Interesse und Zeit. Ist alles davon vorhanden, kann man sich auf anspruchsvolle, aber niemals zu schwere Unterhaltung freuen.


    ~ Wie liest es sich? ~


    Wie bereits gesagt, kann der Einstieg etwas schwierig sein.
    Die ersten 20 Seiten empfand ich persönlich weniger als Vergnügen, allerdings lohnt es sich dran zu bleiben, denn wenn man erstmal einen Überblick über die Geschehnisse und deren zeitliche Einordnung bekommen hat, fliegen die Seiten nur so am (inneren) Auge vorbei. Die Sätze sind leicht verständlich konstruiert und man findet kaum Fremdworte, die man nicht erschließen kann. Was ich damit sagen will: Der Schreibstil ist weit weniger kompliziert, als man es von einer de Beauvoir annehmen könnte.


    Die Erzählperspektive teilt sich in zwei Ebenen: Zum einen wird das Geschehen in der dritten Person geschildert, wobei der Leser vorwiegend den Schriftsteller Henri Perron durch seinen Alltag begleitet. Diese Passagen gehören meist zu den leichteren, allerdings nimmt die Politik hier einen größeren Stellenwert ein, da sich Perron und seine Freunde nun mal auf dem Gebiet engagieren.
    Die andere Perspektive ist die von Anne Dubreuilh, die als Ich-Erzählerin fungiert. In diesen Passagen findet man meist philosophische Ansätze, die sich hin und wieder etwas in die Länge ziehen können, aber auch zum Nachdenken anregen und dem Leser die Figur der Anne und deren Beziehungen näher bringen.
    Beide Perspektiven wechseln sich in Form von Kapiteln ab.


    Schön daran finde ich, dass man durch diese Form des Erzählens auch einen Einblick in die Auffassungen der verschiedenen Geschlechter bekommen kann. Ein Lebemann wie Henri Perron sieht die Geschehnisse wieder ganz anders als eine Frau wie Anne, die eher zurückhaltend, aber doch charmant sein kann. Und genau das ist es, was auch den Schreibstil ausmacht: Eine Mischung aus Rebellion, behutsamer Reserviertheit und einer Portion Charme.


    Ein weiterer Punkt, der mich persönlich immer wieder fasziniert, wenn ich ein Buch von de Beauvoir lese: Irgendwie schafft sie es durch ihre Wortwahl und die Darlegung der Charaktere und ihrer Beziehungen, dass in meinem Kopf auch alles ein bisschen klarer wird und ich so wieder einen Überblick über meine eigenen Beziehungen bekomme. Natürlich kann das von Leser zu Leser unterschiedlich sein, aber vielleicht liegt es daran, dass man während des Lesens automatisch über die Figuren und auch sein eigenes Leben reflektiert und dadurch die Probleme vor Augen geführt bekommt und so zu bestimmten Schlüssen gelangen kann.


    Des Weiteren fasziniert es mich, wie eine Schriftstellerin es schafft, sehr trockene Themen so gut in das Geschehen einzuordnen, dass einem selten der Kopf raucht, sondern man eher das Gefühl hat, auf anspruchsvolle Weise unterhalten zu werden. In meinen Augen ist das kein leichtes Unterfangen, aber ein Handwerk, von dem die de Beauvoir etwas versteht.


    ~ Fazit ~


    “Die Mandarins von Paris” ist sicherlich ein Roman, der auf viele im ersten Moment abschreckend wirken kann. Die Themen Politik und Philosophie scheinen ein wenig zu trocken zu sein und das Ganze auch noch auf fast 800 Seiten verteilt kann doch nur allzu theoretisch dargelegt werden. Aber dem ist nicht so. Simone de Beauvoir versteht es, die Nachkriegszeit und damit verbundenen politischen Diskussionen unterhaltsam in die Beziehungsgeschichten der Protagonisten einzubetten, wodurch man immer wieder Zeit zum Durchatmen hat und einem selten der Kopf raucht. Auch für Laien lassen sich die politischen Themen durchschauen, da sie in sich schlüssig sind, allerdings halte ich es für erforderlich, dass man gewisse geschichtliche Vorkenntnisse hat, bevor man das Buch zur Hand nimmt.
    Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen, jedoch sollte man sich darauf einstellen, dass sich der Einstieg etwas zäh gestalten kann. Hat man die ersten 20 Seiten jedoch überwunden, kann man gar nicht mehr aufhören.

    Ich mag ihren Stil sehr und kann dir besonders "Die Mandarins von Paris" ans Herz legen. Auf den ersten Blick wirkt das Buch zwar wie ein kleiner Berg und die ersten Seiten lesen sich noch etwas trocken, doch dann entwickelt sich ein Sog, dem ich nicht mehr widerstehen konnte. Eines meiner Lieblingsbücher!
    "Sie kam und blieb" hingegen fand ich nicht so überragend.
    Bezüglich einer Biographie kann ich dir "Sein wie keine andere" von Ingeborg Gleichauf empfehlen.

    "Immer wieder dieses Geschwätz über Kontaktarmut! Man muß nur wollen, dann gelingt es einem schon irgendwie, sich anderen Menschen mitzuteilen."


    In „Eine gebrochene Frau“ gibt Simone de Beauvoir drei Frauen den Raum, sich ihrem Willen gemäß mitzuteilen. Sie sind klug und empfindsam und haben ihr Leben scheinbar fest im Griff – bis zu dem Moment, in dem ein unerwartetes Ereignis alles auf den Kopf stellt.
    An diesem Punkt gerät die sorgsam gehegte Ordnung aus den Fugen: Die Beziehungen bekommen Risse, Fremd- und Selbstbild stimmen nicht mehr überein und die Kommunikation, die doch so einfach sein könnte, gerät ins Stocken. Jedes gesprochene Wort ist auf einmal so gewichtig und scheinbar doppeldeutig, dass Missverständnisse vorprogrammiert sind. In dem verzweifelten Versuch, sich aus dieser Verstrickung zu befreien, strampeln sich die Frauen immer tiefer in einen Sumpf aus emotionalem Schmerz, Frustration und Zweifeln.


    Das Problem, sich nicht eindeutig mitteilen zu können, und die Position der Frau innerhalb verschiedenster Beziehungen beleuchtet de Beauvoir auf unterschiedliche Weise, indem sie eine Erzählung, einen Monolog und Tagebuchaufzeichnungen in ihrem Buch zusammenführt. Die Erziehung der Kinder spielt in allen drei Fragmenten eine besondere Rolle, ebenso die Bedeutung der Liebe und das Gefühl, betrogen worden zu sein.


    Während sich die Erzählung und die Tagebucheinträge sehr angenehm lesen, empfand ich den Monolog aufgrund fehlender Satzzeichen äußerst mühsam und wirr. Zwar passt dieses Stilmittel hervorragend zu der aufgebrachten Gemütslage der sich darin mitteilenden Frau, doch im Ganzen ist der ungebremste Schreibfluss in Kombination mit den kleingedruckten Buchstaben nicht sehr leserfreundlich.


    Rein inhaltlich konnten mich jedoch alle drei Teile überzeugen. Es ist erstaunlich wie greifbar die Emotionen werden, sodass sich auf meinem Gesicht während des Lesens ein wahres Wechselspiel der Mimik gezeigt haben muss: Zunächst vollkommen entspannt und ausgeglichen wanderten die Mundwinkel im Laufe der Handlung zögerlich nach unten, um sich dann voller Empörung zu verziehen. Die Stirn kräuselte sich, die Augenbrauen zogen sich mal sorgenvoll, mal wütend zusammen und es fehlte nicht mehr viel, bis mir auf den letzten Seiten ein aufgebrachtes „Schluss damit!“ rausgerutscht wäre. Nicht, weil mir das Erzählte nicht gefallen hat, sondern weil ich mit der Protagonistin mitgelitten habe und sie wegen ihres Verhaltens am liebsten geschüttelt hätte.


    Jene letzte Frau konnte mich am meisten für sich einnehmen, obgleich mich auch die beiden anderen dazu angeregt haben, nachzudenken.
    Wie sehen mich die anderen? Wie sehe ich mich selbst? Und wie lassen sich die beiden Bilder zusammenfügen? Was bedeutet für mich „ein glückliches Leben“? Und wie weit würde ich gehen, um dieses Glück zu finden und vor allen Dingen auch zu erhalten?


    Diese Reaktion auf de Beauvoirs Bücher kenne ich bereits und ich staune immer wieder, mit welcher Leichtigkeit sie die Gedankengänge in meinem Kopf in Bewegung setzt. Das Geschriebene liest sich angenehm locker, ohne dabei an der Oberfläche zu schwimmen und ich habe „Eine gebrochene Frau“ trotz Miniaturschrift an einem Tag weggelesen.
    Inhaltlich dreht es sich meiner Auffassung nach diesmal weniger um Politik und nur hintergründig um Philosophie. Im Vordergrund stehen große Emotionen, die so einnehmend geschildert werden, dass man bzw. frau sie förmlich mitempfinden kann. Ein Umstand, den de Beauvoir mit diesem Buch bewirken wollte:


    "Ich habe in diesem Buch drei Frauen sprechen lassen, die sich aus ausweglosen Situationen mit Worten zu befreien versuchten: Diese Geschichten haben keine Moral; Lektionen werden nicht erteilt; ich wollte etwas ganz anderes. Man lebt nur ein Leben, aber durch intensives Mit-Erleben, Nach-Erleben gelingt es einem manchmal, in die Haut eines anderen zu schlüpfen. Ich wollte meine Leser an den Erfahrungen teilnehmen lassen, die ich auf diese Weise gemacht habe. Ich fühle mich mit allen Frauen verbunden, die ihr Leben auf sich nehmen und für ein glückliches Leben kämpfen."

    Zum Inhalt


    In den 30er Jahren lernt die russische Theaterschauspielerin Vera Korn den ehemals berühmten Pianisten Alexander Lewandowski kennen und lieben. Über 20 Jahre lang haben die beiden Künstler eine Affäre voller Höhen und Tiefen, aus der letztlich ein Kind entsteht. Doch der Junge muss ohne Vater aufwachsen.


    An dem Tag, an dem Alexander endlich zu Vera nach Moskau ziehen will, stirbt er. Das heißt für Schurik, dass er in einem reinen Frauenhaushalt aufwächst. Vera, die von ihrer Mutter stets wie ein kleines Kind behandelt wird und sich auch gerne dieser Rolle fügt, überlässt die Erziehung größtenteils Jelisaweta. Die gibt ihr Bestes, um aus ihrem Enkel einen echten Mann zu machen, doch letztlich erliegt sie einem Herzinfarkt und Vera und ihr Sohn sind auf sich gestellt.


    Von Mitleid und Schuldgefühlen geplagt übernimmt Schurik fortan Jelisawetas Aufgaben und kümmert sich aufopfernd um Veras Wohlergehen, fast so als wäre er die Mutter und sie das Kind. Doch bei Vera allein bleibt es nicht. Immer wieder begegnet der wohlerzogene, sprachbegabte Schurik Frauen, denen er sich verpflichtet fühlt. Sie alle brauchen seinen Trost und er hat bereits in jungen Jahren gelernt, wie man eine Frau am besten trösten kann. Bereitwillig fügt er sich seinem Schicksal – bis zu dem Tag, an dem ihm ausgerechnet eine Frau die Augen öffnet…


    Zur Umsetzung


    Dieses Buch enthält eine Bandbreite an Stimmungen und Gefühlen. Während die Tragikomik das Zepter fest in der Hand hält, schleicht die russische Melancholie schwermütig durch die schmalen Gänge zwischen den Zeilen.
    Die ersten Seiten lesen sich noch etwas müßig, doch nach und nach konnte ich mich in dem Geschriebenen fallenlassen und tauchte ein in eine Welt, in der sich vordergründig alles um einen Mann dreht, im Hintergrund jedoch die Frauen eine tragende Rolle spielen.


    Schurik ist die Figur, die zahlreiche Charaktere miteinander verbindet. Neben der Kunst ist er der Mittelpunkt in Veras und Jelisawetas Leben und die Hauptaufgabe der beiden Frauen besteht darin, aus ihm einen rechtschaffenen Mann zu machen. Schurik lässt es sich gefallen, genau so wie er sich alles andere im Leben auch gefallen lässt.


    Nach dem Tod seiner Großmutter erfüllt er Vera jeden Wunsch. Er bestreitet ihren Lebensunterhalt, versucht jedes Unglück von seiner Mutter fernzuhalten und ist zu jeder Tageszeit bereit, quer durch die Stadt zu fahren, um ihr die Dinge zu besorgen, die sie braucht. Dabei stolpert er ungewollt von einer tragischen Situation in die nächste und lernt die verschiedensten Frauentypen kennen. Allerdings haben sie alle trotz ihrer Unterschiedlichkeit etwas gemeinsam: Sie erregen Schuriks Mitleid und für diesen Zustand gibt es nur ein Heilmittel: Körperliche Liebe.


    An dieser Stelle könnte man meinen, dass der junge Mann ein regelrechter Weiberheld ist, doch weit gefehlt. Während sich die Damen an seiner Zuneigung erfreuen oder gar vor Liebe verzehren, ist sich Schurik eigentlich gar nicht bewusst, was er beim anderen Geschlecht auslöst. Das empfundene Mitleid ist ihm unangenehm, doch er sieht es als seine Pflicht, eine traurige Frau angemessen zu trösten und kämpft schon bald gegen die Zeit, die viel zu knapp scheint, um jeder seiner Aufgaben gerecht zu werden.


    Während ich diesen Antihelden der Geschichte in seinem ungewöhnlichen Alltag begleite, schwanke ich zwischen Mitgefühl und Unverständnis. Viele der beschriebenen Situationen wirken wohl platziert, ohne dass ich das Gefühl habe, dass Ulitzkaja übertreibe. Im letzten Drittel des Buches beschränkt sich meine Gefühlsregung jedoch lediglich auf ein Seufzen. Es wird ein wenig zu viel. Zu viele Frauen, zu viel Mitleid, zu viele Situationen, von denen die Hälfte gereicht hätte.


    Dennoch hat sich „Ergebenst, euer Schurik“ für mich als kleine Perle herausgestellt. Schurik trifft nicht einfach irgendwelche Frauen, sondern ganze Schicksale, die traurig, faszinierend und in ihrer Unvollkommenheit vollkommen wirken. Schurik selbst ahnt davon freilich nichts, doch dem Leser eröffnen sich Lebensgeschichten, die einen berühren und einnehmen oder schlichtweg gut unterhalten.
    Während Schurik bis zu einem gewissen Punkt lediglich das Bindeglied zwischen den einzelnen Geschichten darstellt, zeichnet Ulitzkaja Portraits von starken Frauen jeden Alters, die sich ihrer Stärke manchmal gar nicht bewusst sind.
    Da wundert es einen nicht mehr, dass am Ende ausgerechnet eine Frau Schurik die Augen öffnet. Jene letzte Begebenheit macht das Buch rund und setzt der Tragikomik die Krone auf…


    Fazit


    Alles in allem hat „Ergebenst, euer Schurik“ durchaus kleine Schwächen, doch über diese lässt sich im Ganzen leicht hinwegsehen. Ulitzkaja führt den Leser mit einem angenehm flüssigen Schreibstil durch knapp 500 Seiten, sodass das Lesen keine Mühe kostet. Vielmehr war es mir eine Freude all die Eindrücke und Stimmungen aufzunehmen und Schurik durch die Betten Moskaus zu folgen. Die darin stattfindenden Handlungen werden im Übrigen sehr dezent beschrieben und obwohl man meinen könnte, dass Sex das Hauptthema des Romans sei, steckt hinter diesem Thema weitaus mehr als der Akt an sich. Es geht um Hingabe und Leid, unerfüllte Sehnsüchte und die Suche nach dem Glück.
    Ein erheiterndes und tragisches Buch zugleich.

    Zitat

    Original von xania
    Fuer Sachen die immer Spass machen bekommt man kein Geld. Ich glaube, Korrekturlesen wuerde mir die Freude am Lesen verderben. ( ausserdem sehe ich Fehler nur wenn sie rot angestrichen sind)


    edit Fehler :pille


    Ich glaube, du kannst das auch ohne Rotstift (siehe edit) :-]

    Dieses Buch finde ich sehr besonders, auf seine Weise faszinierend, aber auch erschreckend:


    Hester wird von ihren Eltern in einem Haus im Wald großgezogen. Sie hat noch nie einen Fuß vor die Tür setzen dürfen, sie hat noch nie mit einem anderen Kind geredet. Ihre einzige Habseligkeit ist eine illustrierte Kinderbibel, die reichen muss, um ihre kleine Welt mit Sinn zu füllen. Ihre Freunde sind Katze, Löffel, Axt und Baum, und sie alle geben ihr manchmal Ratschläge, was sie tun soll. Der Tag, an dem sie das Verbot der Eltern ignoriert und die Tür zum Hof öffnet, verändert ihr Leben. Denn die Ahnung, dass es im Leben mehr geben muss, das instinktive Wissen um Glück und Freundschaft, die sie noch nie erfahren hat, deren Existenz sie aber spürt, geben ihr die Kraft, das Leid zu ertragen. Bis der Tag gekommen ist, an dem Hester zum ersten Mal eine Entscheidung trifft...

    Zum Inhalt


    Ihr erstes Abenteuer hat Flavia gut überstanden und es scheint, als wäre alles wieder beim Alten. Die Elfjährige radelt mit Grace durch die Gegend, mischt in ihrer Freizeit verschiedenste Giftcocktails und wird nach wie vor von ihren Schwestern verspottet.


    Auf einem ihrer Ausflüge geschieht jedoch etwas Aufregendes: Der berühmte Puppenspieler Rupert Porson und seine Gehilfin Nialla sind aufgrund eines Motorschadens in Bishop’s Lacey gestrandet. So wie es aussieht, fehlt ihnen das nötige Kleingeld für die Reparatur und so ergreifen Flavia und der Vikar des Ortes die Gelegenheit beim Schopf und überreden den Puppenspieler zu einer spontanen Aufführung im Pfarrhaus.


    Ruperts Marionettenspiel ist wirklich großartig, doch noch beeindruckender findet Flavia den Fund einer Leiche, der die Aufführung abrupt beendet. Wie auch schon im ersten Teil wird ihr detektivischer Instinkt sofort geweckt und mithilfe ihres feinen Spürsinns stößt die kleine Heldin bald auf mysteriöse Zusammenhänge…


    Zum Hörbuch


    Im letzten Jahr hat mich bereits „Mord im Gurkenbeet“, Flavia de Luces erster Fall, begeistern können. Das ungewöhnliche Mädchen mit der Vorliebe für die Giftmischerei ist mir mit ihrer cleveren Art ans Herz gewachsen und abgesehen von Kleinigkeiten konnte mich Bradley vom Auftakt seiner Krimiserie vollends überzeugen. Voller Spannung erwartete ich also „Mord ist kein Kinderspiel“ und nachdem ich viel Gutes über die Hörbuchfassung gehört hatte, beschloss ich, mir den zweiten Teil von Andrea Sawatzki vorlesen zu lassen. Eine gute Entscheidung, wie ich im Nachhinein sagen kann.


    Vor der Lektüre wusste ich, dass Bradley besonders die Atmosphäre rund um das Anwesen Buckshaw eindrucksvoll vermitteln kann, doch was Sawatzki aus den geschriebenen Worten gemacht hat, ist wirklich einen kleinen Applaus wert. Durch ihre Betonung, den Einsatz verschiedener Stimmlagen und das passende Vorlesetempo ist es ein Vergnügen ihrem Vortrag zu lauschen. Man taucht vollends in die Geschichte ein, sieht die Landschaft vor sich und kann die Figuren mühelos auseinander halten. Flavias Gedankengänge werden dem Hörer genauso gut vermittelt wie ihre gespielte Naivität, mit der sie versucht, die Leute aus dem Ort auszuquetschen. Egal ob es sich um säuselnde Damen oder fiese Schurken handelt, Sawatzki verleiht jeder Figur eine eigene Note. Nicht selten habe ich gestaunt, wie viele verschiedene Stimmen in einer Vorleserin stecken können.
    Bezüglich der Sprecherin ist dieses Hörbuch also ein kleines Meisterstück!


    Zum Buch


    Die Geschichte selbst hat wie ihr Vorgänger ein paar Längen, die mich zwar nicht besonders gestört haben, das Tempo der Handlung jedoch drosseln. Die Ereignisse vor dem Fund der Leiche werden ausführlich beschrieben, sodass man nicht nur Rupert und Nialla kennenlernt, sondern auch neue und altbekannte Eigenarten von Flavias Familie inklusive die der Angestellten und ihrer Tante, die zu Besuch kommt. Der Ort Bishop’s Lacey wirkt durch den ersten Teil bereits vertraut und doch gibt es einige Einwohner, die im zweiten Teil detailliert vorgestellt werden.
    Wer einen spannenden Krimi erwartet, könnte sich bei den Beschreibungen ein wenig langweilen, mir jedoch hat es großen Spaß gemacht, tiefer in das Geschehen einzutauchen, denn dadurch werden die Figuren und die Umgebung, in der sie leben, greifbarer.


    Sobald die Leiche gefunden wird, gerät der Stein ins Rollen. Fans von Flavias Ermittlungen werden hier voll auf ihre Kosten kommen, denn in bekannter Manier geht die Elfjährige den Dingen auf den Grund. Sie unternimmt riskante Ausflüge, stellt clevere Nachforschungen an und – wie sollte es anders sein – hantiert geschäftig mit Chemikalien herum. Dabei geht es zwar nicht immer um Leben und Tod, dafür jedoch um rätselhafte Zusammenhänge, die mich lange Zeit auf Trab hielten. Vorhersehbar war das Ende für mich nicht, sodass es trotz des eher gemächlichen Tempos durchaus spannend war, der Handlung zu folgen. Zudem ist mir Flavias Art inklusive der kleinen Gemeinheiten einfach sympathisch.


    Fazit


    Alles in allem handelt es sich bei „Mord ist kein Kinderspiel“ um eine gelungene Fortsetzung der ungewöhnlichen Krimireihe um Flavia de Luce. Bradley lässt die Handlung zwar gemächlich anlaufen, erzeugt jedoch durch überraschende Wendungen und klassische Detektivarbeit genug Spannung, damit man am Ball bleibt.
    Zudem macht Andrea Sawatzki ihre Arbeit als Sprecherin großartig und verleiht den Figuren durch verschiedenste Stimmlagen eine ganz eigene Note.
    Wer also ein Faible für clevere Ermittlungen, unblutige Krimis und packend gesprochene Hörbücher hat, ist hier bestens aufgehoben!


    Info: Teil 3 der Serie erscheint im März 2011 auf Englisch und trägt den Titel „Red Herring without Mustard“.

    @emwa
    Es wäre hilfreich, wenn du auch den Link zu deinem Text postest, anstatt nur den zu der Abstimmungsseite, denn bevor ich meine Stimme für irgendwas gebe, möchte ich auch gerne wissen, ob es meiner Meinung nach die Stimme überhaupt verdient hat.