Beiträge von Mitsou

    Zum Inhalt


    China im Jahr 1989: Seit Wochen belagern Studenten den Platz des himmlischen Friedens in Peking. Mit Hungerstreiks kämpfen sie für eine demokratische Reform und fordern einen offenen Dialog mit der Regierung. Am 4. Juni kommt es zur Katastrophe: Das chinesische Militär beendet den Volksaufstand gewaltsam. Auf dem Weg zum Platz stoßen die Soldaten immer wieder auf menschliche Barrieren: Panzer rollen, Gewehrsalven erklingen, Menschen werden getötet.


    Mittendrin irrt Lin Ying durch die Straßen. Die junge Dichterin flieht vor dem Chaos und möchte Schutz bei ihrem Freund Chen Yu suchen. Doch sobald sie in dessen Wohnung angekommen ist, erwartet sie der nächste Schock: Ihr Freund liegt mit einer anderen Frau im Bett.
    Lin Ying verlässt die Wohnung und kauert sich an einer Straßenecke zusammen, bis einer ihrer Kommilitonen sie findet. Er nimmt sie mit in das Wohnheim der Kunstakademie, in dem sich die beiden erstmal ein Zimmer teilen und eine unverbindliche Liaison eingehen.


    In der Akademie versammeln sich heimlich die Intellektuellen, bestehend aus Literaten und Künstlern, um ihre Trauer zu verarbeiten und die politische Situation zu diskutieren.
    Die Regierung stellt Wachposten an den Straßenecken auf, sie kontrolliert die Presse und verbietet jegliche Form von Versammlungen. Die künstlerische Freiheit wird massiv eingeschränkt, doch Lin Ying entdeckt eine neue Form der Freiheit für sich: Sie erkennt den Wert der Selbstbestimmung als Frau, löst sich von geschlechtsbedingten Abhängigkeiten und genießt die Möglichkeit zu tun, wonach ihr der Sinn steht.
    Eine Zeitlang geht alles gut, bis zu dem Tag, als Lin Ying von der Polizei verhaftet wird…


    Zur Umsetzung


    „Der chinesische Sommer“ thematisiert nicht nur das Tian’anmen-Massaker von 1989 in China, sondern vor allen Dingen auch Lin Yings persönlichen Befreiungsschlag.
    Die Autorin spielt dabei mit Rückblicken, in denen der Leser die Vergangenheit der jungen Dichterin kennen lernt. Auf diese Art wird der Wandel ihrer Einstellung sehr deutlich: In jungen Jahren gab sie sich bedingungslos der Liebe zu Männern hin und machte sich von ihrer Zuneigung abhängig. Heute erkennt sie den Unterschied zwischen Liebe und Sex und lebt ihre Wünsche offen aus, ohne sich dabei an das andere Geschlecht zu ketten.


    Lin Yings Gefühle drücken sich in Form ihrer Gedichte aus, die immer mal wieder in den Erzählfluss eingewebt werden. Und die Verarbeitung ihrer Erfahrungen spiegelt sich in nächtlichen Träumen wieder.
    Manchmal können diese Wechsel etwas verwirren, da die Übergänge fließend sind, doch im Ganzen liest sich das Buch sehr leicht und schnell. Die Sätze sind einfach gebaut und flüssig aneinander gereiht. Die Sprache ist – besonders auch in sexueller Hinsicht – klar und unverblümt, jedoch keineswegs geschmacklos.
    Anders als bei den Büchern chinesischer Autoren, die ich kenne, wirkt die Schreibweise eher westlich, sodass sich der kulturelle Unterschied zwar bemerkbar macht, jedoch nicht überpräsent ist.


    Inhaltlich muss man sich vor allen bei den Gedichten etwas Zeit zum Verstehen nehmen und es ist sicherlich sinnvoll, sich über die geschichtlichen Ereignisse im Vorfeld zu informieren. Trotzdem lassen sich die Situation und die Vorgänge dahinter weitgehend durch das Geschriebene erschließen.
    Lin Yings Wandlung liegt offen da und bettet sich stimmig in das politische Geschehen ein. Lediglich das Ende bleibt offen und ich hätte gerne noch erfahren, wie es mit Lin Ying weitergeht.


    Fazit


    Alles in allem handelt es sich bei „Der chinesische Sommer“ um einen gut zu lesenden Roman, der den Blick auf das politische Geschehen von 1989 in China richtet und ein persönliches Schicksal gelungen darin einbettet.

    Ein Bilderbuch über das Sterben und den Tod
    mit Illustrationen von Betina Gotzen-Beek


    Zum Inhalt


    Eines Tages kommt Oma zur Tür hereinspaziert. In der einen Hand trägt sie ihren großen Regenschirm, in der anderen einen Vogelkäfig. Darin befindet sich Chaja, ein gelber Kanarienvogel, von dem die Geschwister Lena und Valentin sofort begeistert sind.
    Jeden Nachmittag sitzen Oma und Chaja am Fenster und hören sich Opern an, bis zu dem Tag, an dem Chaja nicht mehr fliegen kann. Müde liegt sie auf dem Käfigboden und bereits am nächsten Tag ist der Vogel tot. Die Kinder suchen einen schönen Platz im Garten aus und begraben Chaja dort mit der ganzen Familie.
    Nach diesem gebührenden Abschied geht das Leben erstmal weiter, doch Oma ist bereits alt und wird zunehmend schwächer. Zunächst schläft sie nur länger als sonst, doch irgendwann kann sie gar nicht mehr aufstehen. Valentin und Lena kümmern sich liebevoll um ihre Oma, bis Papa eines Morgens mit Tränen in den Augen verkündet, dass Oma nicht mehr lebt…


    Zur Umsetzung


    „Ein Himmel für Oma“ beschreibt auf sehr behutsame und hoffnungsvolle Weise, wie eine Familie damit umgeht, wenn ein geliebter Mensch stirbt.
    Nach dem Tod des Vogels fragt Valentin seine Oma, ob sie auch sterben müsse und die antwortet offen und ehrlich, dass es irgendwann so sein wird.
    In dem Buch wird nichts verschwiegen und es werden auch keine Märchen erzählt. Vielmehr wird gezeigt, wie wichtig es ist, Kinder wahrheitsgemäß auf das Sterben vorzubereiten und dass die Familie in dieser schwierigen Zeit zusammenhält.


    Das Buch richtet den Blick nicht nur auf die Traurigkeit, sondern auch auf die Zeit danach, denn solange man sich an den Verstorbenen erinnert, solange lebt er auch im Herzen weiter. Verschiedene Möglichkeiten des Erinnerns führt Anna Pein, Trauerbegleiterin in einem Kinderhospiz, im Nachwort auf.


    Neben dem klaren, aber gefühlvollen Text befinden sich in dem Buch bunte Illustrationen, die sehr weich und mit Liebe zum Detail gezeichnet sind. Anders als man es vielleicht erwarten würde, wirkt die Farbwahl größtenteils warm und gemütlich, was in meinen Augen keinen Kontrast zum Erzählten darstellt, sondern vielmehr unterstreicht, wie schön es sein kann, sich an die gemeinsamen Zeiten zu erinnern und dass man eine Familie hat, die einem hilft, wenn man traurig ist.


    Text und Bild harmonieren miteinander und bilden zusammen eine wertvolle Hilfestellung bei der Vorbereitung auf einen Trauerfall und dessen kindgerechte Verarbeitung. Empfehlenswert!


    Altersempfehlung: ab 3 Jahren

    Grüne Titel haben bereits einen eigenen Beitrag (einfach dem Link folgen). Weitere Anmeldungen werden dort gerne noch aufgenommen.


    Alice im Wunderland - Lewis Carroll hier geht's lang! (01. März) ABGESCHLOSSEN
    Hamlet – Shakespeare hier geht's lang! (08. März) ABGESCHLOSSEN
    Der Graf von Monte Christo - Alexandre Dumas hier geht's lang! (15. April) LÄUFT GERADE
    Rebecca - Daphne DuMaurier hier geht's lang! (08. Mai)
    Das Glasperlenspiel – Hermann Hesse hier geht's lang! (5. Juni)
    Die drei Musketiere – Alexandre Dumas hier geht's lang! (26. Juli)
    Wie es euch gefällt – Shakespeare hier geht's lang! (27. August)



    8x Die Kameliendame - Alexandre Dumas (Nofret78, Ann O Nym, Skvisa, Liesbett, melancholy, Babyjane, Carlinda, HeikeArizona)
    8x Onkel Toms Hütte - Harriet Beecher Stowe (*stern*, Mairedh, Nordstern, beowulf, Thaddäus, Tempe, Vivian, HeikeArizona)


    6x Die göttliche Komödie - Dante Alighieri (*stern*, Clare, Glass, Thaddäus, JASS, siwa)
    6x Das verlorene Paradies - John Milton (melancholy, Zwergin, Gummibärchen, Clare, JASS, siwa)
    6x Die Pest - Albert Camus (Mitsou, Clare, Ann O Nym, *stern*, Vivian, HeikeArizona)


    5x Wem die Stunde schlägt - Ernest Hemingway (Kampfmietze, Nofret78, Ann O Nym, Glass, Babyjane)
    5x Das Phantom der Oper - Gaston Leroux (-Christine-, Lesebiene, AnjaBellaEdward, Isiera, HeikeArizona) alte Lesegruppe hier


    4x Wer die Nachtigall stört - Harper Lee (*stern*, Flieder, Liesbett, Isiera)
    4x Der Hund von Baskerville - Arthur Conan Doyle (-Christine-, Liesbett, Gummibärchen, nofret78)
    4x Die Elenden - Victor Hugo (bibliocat, Nordstern, Bouquineur, HeikeArizona)
    4x Jenseits von Eden - John Steinbeck (*stern*, Flieder, Glass, titania*)


    3x Robinson Crusoe - Daniel Dafoe (-Christine-, beowulf, Mary26_87)
    3x Endstation Sehnsucht - Tennesse Williams (bibliocat, Clare, Glass)
    3x Das Dschungelbuch - Rudyard Kipling (-Christine-, AnjaBellaEdward, Thaddäus)
    3x Das karmesinrote Blütenblatt - Michael Faber (Skvisa, bibliocat, Vivian)
    3x Huckleberry Finn - Mark Twain (Mitsou, AnjaBellaEdward, HeikeArizona)
    3x Der Spieler - Dostojewski (Mitsou, Ann O Nym, titania*)


    2x Gullivers Reisen - Jonathan Swift (bibliocat, *stern*)
    2x Malina - Ingeborg Bachmann (Mitsou, melancholy)
    2x Jugend ohne Gott - Ödön von Horváth (*stern*, Mary26_87)
    2x Der Menschenfeind - Molière (*stern*, melancholy)


    1x Pygmalion - George Bernard Shaw (bibliocat)
    1x Lelia - George Sand (Nofret78)
    1x Klein Dorrit - Charles Dickens (-Christine-)
    1x In 80 Tagen um die Welt - Jules Verne (-Christine-)
    1x Wendekreis des Krebses - Henry Miller (Liesbett)
    1x Alexis Sorbas - Nikos Kazantzakis (melancholy)
    1x Das Gemeindekind - Marie v. Ebner-Eschenbach (melancholy)
    1x Nathan der Weise – Lessing (melancholy)
    1x Frühlings Erwachen - Frank Wedekind (Mary26_87)
    1x Ben Hur - Lewis Wallace (HeikeArizona)
    1x Don Quijote - Cervantes (heikeArizona)
    1x Väter und Söhne - Iwan Turgenev (HeikeArizona)
    1x Viel Lärm um nichts - Shakespeare (Mary26_87)
    1x Der Kaufmann von Venedig - Shakespeare (Mary26_87)


    Der Mantel - Nikolaj Gogol
    Wer hat Angst vor Virgina Woolf - Edward Albee

    Gewalt ist in dem Roman eher nebensächlich. Auch blutige Szenen gibt es selten.
    Das Gruselige spielt sich eher im Kopf des Lesers ab als im Geschriebenen selbst.
    Wie ich in meiner Rezension schrieb, sind Mord und Blut keine tragenden Elemente, trotzdem kommt beides darin vor, wenn auch in geringerem Maße als die Gruseleffekte in Form von Naturbeschreibungen und der Stimmung innerhalb der Inselgemeinschaft.

    Worum geht's?


    2005 beschließt Christiane Dreher ein Jahr lang auf einem Biohof in den französischen Seealpen zu arbeiten. Sie ist Anfang 40, kündigt ihren Job im Verlag und sucht sich Untermieter für ihre Wohnung. Nach einem Blick auf die Kleinanzeigen und ein paar Telefonaten ist die Sache gebongt.


    Es gibt viele Menschen, die von so einem Schritt träumen: Einfach mal alles hinter sich lassen, ein neues Land kennen lernen und neue Erfahrungen sammeln. Andere hingegen würden sagen: Die ist doch verrückt! Eine Frau in ihrem Alter und dann gibt sie einfach alle Sicherheiten auf!
    Für Christiane war es eine der besten Entscheidungen ihres Lebens, denn nach dem einen Jahr gefällt es ihr in Frankreich so gut, dass sie nicht mehr zurück möchte.


    In dem Buch, das auf ihrem Interntblog bei brigitte.de basiert, schildert sie ihre Eindrücke. Sie beschreibt den typischen Tagesablauf auf dem Bauernhof, die Eigenheiten der Dorfbewohner und Südfranzosen im Allgemeinen sowie den Alltag mit ihrer großen Liebe Patrick.


    Zum Buch


    „Zwischen Boule und Bettenmachen“ ist leichte Unterhaltung, die einen wegen Christianes Selbstironie nicht nur einmal zum Schmunzeln bringt. Die sprachlichen Missverständnisse lassen einen grinsen und die Unterschiede zwischen der deutschen und französischen Kultur werden auf so einfache, aber ansprechende Art unter die Lupe genommen, dass es nie langweilig wird. Hier und da findet man ein paar passende Fotos, doch im Wesentlichen besteht das Buch aus kurzen Einträgen, die sich schnell mal zwischendurch, aber auch gemütlich am Stück lesen lassen.


    Christiane ist einem sofort sympathisch, weil sie so offen an Neues rangeht, gerne mal in Fettnäpfchen tritt und hin und wieder die typisch deutsche Perfektionistin ans Licht kommt. In solchen Momenten regt sie sich ordentlich über die französische Mentalität auf, verliert jedoch nie ihre innere Gelassenheit.
    Die Dorfbewohner hingegen sind ein Volk für sich. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe ruhig auf morgen scheint einer ihrer Leitsätze zu sein. Zudem sind sie äußerst gesprächig, kommen ständig auf einen Kaffee vorbei und schütteln verständnislos den Kopf, wenn Christiane mal ein paar Stunden allein sein möchte. Geselligkeit und Herzlichkeit stehen groß geschrieben.
    Gerade ersteres bedeutet für Christiane eine Umstellung, doch man merkt recht schnell, dass sie ihren Platz in der Welt gefunden hat, nicht zuletzt auch wegen Patrick, der in dem Dorf eine Auberge betreibt und bald Christianes Ehemann wird…


    „Zwischen Boule und Bettenmachen“ ist ein nettes, kleines Büchlein, das mich gut unterhalten hat. Es gehört vielleicht nicht zu den anspruchsvollsten Büchern, dafür aber zu den persönlichsten und herzlichsten Reiseführern, die ich kenne und deshalb finde ich es durchaus empfehlenswert für all jene, die von einem Neuanfang träumen und sich für andere Länder und Kulturen interessieren.


    Wer mehr von Christiane lesen möchte, sollte ihrem Blog einen Besuch abstatten. Dort schildert die Autorin von 2008 bis heute ihre Eindrücke.

    Zitat

    Original von grottenolm
    Um dieses Buch schleiche ich schon eine ganze Weile rum, aber da ich "So finster die Nacht" abgebrochen habe, würde mich interessieren, ob "Menschenhafen" im Gegensatz dazu eher mit der Atmosphäre und dem was zwischen den Zeilen passiert arbeitet (z. B. vergleichbar mit "Öland" von Theorin)?


    Also mit der Atmosphäre wird schon gearbeitet, allerdings doch anders als bei Öland. Bei Menschenhafen sorgen eher Geheimnisse, mysteriöse Vorgänge und alte Geschichten für eine unheimliche Stimmung.
    Ich finde, dass in Öland mehr mit der Natur gespielt wurde (Wind, Kälte, Dunkelheit...). Zwar gibt es auch in Menschenhafen solche Elemente, aber sie sind nebensächlicher.
    Hast du "Nebelsturm" von Theorin schon gelesen? Das könnte dir gefallen!

    Auf deutsch kommt im August ein Erzählband mit zehn Erzählungen auf über 500 Seiten auf den Markt. Eigentlich bin ich bei solchen Geschichten meistens etwas skeptisch, weshalb ich wohl erstmal ein paar Rezensionen abwarten werde.

    Zum Inhalt


    Die Insel Domarö lag vor der Küste Schwedens einst tief unter dem Meer. Erst im Laufe der Jahrhunderte schob sie sich Zentimeter für Zentimeter an die Oberfläche und wurde bewohnbar. Heute gibt es dort vereinzelte Läden und die Bewohner leben u.a. vom Fischfang oder haben einen Job auf dem Festland.
    In den 1980er Jahren wohnen auch Cecilia und Anders mit ihrer sechsjährigen Tochter Maja auf der Insel. An einem schönen Wintertag machen sie zusammen einen Ausflug zum Leuchtturm. Auf dem Meer liegt eine dicke Eisschicht, sodass sie gefahrlos von einem Ufer zum anderen spazieren können. Die Luft ist klar und die Stimmung gut, doch als sich die Familie auf den Rückweg machen möchte, ist Maja verschwunden.
    Kurz zuvor fragte das Mädchen noch, was dort auf dem Eis sei, doch ihr Vater konnte nichts Ungewöhnliches sehen. Auf der Suche nach ihrer rätselhaften Entdeckung enden Majas Spuren im Nichts…
    Cecilia und Anders werden mit diesem Schicksalsschlag nicht fertig. Das Ehepaar trennt sich und Anders ertränkt seinen Kummer im Alkohol, doch die Erinnerung lässt ihn nicht los. Als gebrochener Mann kehrt er auf die Insel zurück und gibt die Suche nach Maja nicht auf, bis er schließlich eine mysteriöse Nachricht von ihr findet: Mit ihrer kindlichen Schrift hat sie eine merkwürdige Botschaft in den Küchentisch geritzt. Eine spannende Spurensuche beginnt…


    Kritik


    „Menschenhafen“ ist eine faszinierende Geschichte, die mich langsam aber stetig in ihren Bann gezogen hat!
    Bevor man mit dem Lesen beginnt, sollte man jedoch die Vorstellung, dass es sich um einen Krimi oder Thriller handelt, über Bord werfen. Es geschehen keine richtigen Verbrechen und es wird auch nicht ermittelt. Trotzdem passieren auf Domarö merkwürdige Dinge: Menschen verschwinden spurlos, die Stimmung innerhalb der Gemeinschaft wirkt bedrückt und hinter all dem scheint ein dunkles Geheimnis verborgen.
    Dadurch, dass Anders das Verschwinden seiner Tochter nicht akzeptieren kann, klammert er sich an jeden noch so kleinen Hinweis und dringt immer tiefer in Domarös Vergangenheit ein.
    Unterstützung bekommt er von seiner Großmutter Anna-Greta und ihrem Mann Simon. Die beiden sind bereits seit fünfzig Jahren ein Paar und können davon abgesehen jeder für sich auf ein bewegtes Leben zurück blicken. Außerdem gibt es eine handvoll Bewohner, die mehr wissen, als sie vorgeben.


    Jede dieser Personen hat genau wie die Insel selbst eine eigene Geschichte und ihre Lebensläufe werden Stück für Stück erzählt, bis sie schließlich ein Ganzes ergeben. Die Beschreibungen sind manchmal zwar etwas ausschweifend, Langeweile kommt jedoch nicht auf. Im Gegenteil, je weiter man in die Materie eindringt, desto fesselnder wird die Geschichte. Hat man sich erstmal zwischen all den Namen und Schicksalen zurecht gefunden, kann man dem Handlungsverlauf mühelos folgen und gerät in einen unwiderstehlichen Sog.


    Mord und Blut sind dabei keine tragenden Elemente. Vielmehr beeindrucken die gut durchdachte Konstruktion der Handlung und eine dichte Atmosphäre. Ich habe mich zwar nicht immer richtig gegruselt, doch hier und da bekam ich Gänsehaut und die interessanten Charaktere sorgen für eine rätselhafte, geheimnisvolle Stimmung.
    Lindqvist spielt nicht nur mit dem rauen Klima Schwedens und des Meers, sondern auch mit fantastischen Elementen, wie z.B. einem merkwürdigen Insekt, dass scheinbar magische Kräfte hat oder bestimmten Pflanzen, die vor dem Bösen schützen sollen.
    Trotzdem ist „Menschenhafen“ kein Fantasyroman! Es handelt sich vielmehr um eine Mischung aus Schauerroman, Familien- und Liebesgeschichte. Das Erzählte hat etwas von einer Sage oder einem Märchen, weshalb man beim Lesen nicht zu sehr an der Realität und Logik festhalten sollte.


    Fazit


    Wer bezüglich „Menschenhafen“ einen nervenaufreibenden oder blutrünstigen Thriller erwartet, könnte etwas verwirrt werden oder enttäuscht sein. Wer jedoch gerne geheimnisvolle Familiengeschichten und dunkle Sagen liest, wird in dem Buch fündig werden. Mich konnten der spannungsgeladene Aufbau und die düstere Stimmung durchaus gefangen nehmen und faszinieren, weshalb ich ganze fünf Sterne vergebe!

    Zum Inhalt


    Philomena Grace Ash, genannt Mena, ist ein unruhiges Baby. Mit viel Geschrei und wenig Schlaf raubt sie ihren Eltern den letzten Nerv, bis zu dem Tag, an dem Philomena zum ersten Mal am Babyschwimmen teilnimmt. Wasser ist ihr Element, wie selbstverständlich gleitet sie hindurch und fühlt sich wohl wie ein Fisch. Zum ersten Mal seit Wochen schläft sie in dieser Nacht durch.
    Einige Jahre später sorgt ein anderes Familienmitglied für schlaflose Nächte: Bron, Philomenas Schwester, ist todkrank. Während ihre Mutter noch auf Heilung hofft, hat sich das an Krebs erkrankte Mädchen längst auf den Tod eingestellt. Als die Befürchtung aller wahr wird und zudem auch noch Menas Vater Leonard, ein renommierter Feldermausforscher, tödlich verunglückt, ändert sich das Leben in der Familie schlagartig.
    Philomenas Mutter leidet unter Depressionen und verlässt das Bett nur noch, wenn es dringend notwendig ist. Roxanne, eine der Schwestern, versinkt im Drogensumpf und Dot, die Jüngste, kümmert sich aufopferungsvoll um die Mutter. Mena versucht ihrem kaputten Zuhause zu entfliehen und stürzt sich voller Leidenschaft in den Schwimmsport. Sie trainiert hart und findet dadurch nur zögerlich Freunde, kämpft sich jedoch letztlich bis zur Olympiade. Während sie im Leistungssport durchaus erfolgreich ist, scheint ihr Privatleben langsam aber stetig den Bach runter zu gehen…


    Kritik


    „Schwimmen“ ist ein besonderes Buch, das man nicht unbedingt als leichte Kost bezeichnen kann. Gerade zu Beginn fiel es mir schwer, mich in den Schreibstil einzufinden. Die Erlebnisse werden aus Philomenas Sicht geschildert. Sie beschreibt, was sie sieht und empfindet, wodurch es zu Gedankensprüngen kommt, denen der Leser nicht immer direkt folgen kann. Hat man sich jedoch erstmal daran gewöhnt und zudem genug Geduld, sich auf den Stil einzulassen, kommt man gut vorwärts und kann in Philomenas Welt eintauchen.
    Die Sprache wechselt dabei zwischen derben Ausdrücken und anspruchsvollen Reflektionen.


    Philomenas Art war mir direkt sympathisch und das, obwohl sie alles andere als ein nettes Mädchen ist. Sie pfeift auf die Ansichten ihrer Kolleginnen, nimmt ihre Trainer auf die Schippe und lässt immer wieder eine gehörige Portion Sarkasmus einfließen. Doch wenn man genauer hinschaut, spürt man hinter all dem die Angst vor weiteren, emotionalen Verletzungen und eine große Unsicherheit.
    Das Schwimmen fungiert dabei wie ein Schutzschild, hinter dem sich Philomena versteckt, denn im Wasser muss sie nichts denken und fühlen, sondern einfach nur funktionieren und schnell sein. Sie taucht im wahrsten Sinne des Wortes darin ab.


    Wer sich beim Schwimmen nicht auskennt, hat nichts zu befürchten, da sich der Inhalt im Wesentlichen mit Philomenas Gefühlslage, ihren Beobachtungen und Eindrücken befasst. Die Technik selbst spielt zwar eine Rolle und das Training bestimmt Philomenas Alltag, allerdings werden die Wettkampfsequenzen eher am Rande beschrieben. Im Wesentlichen geht es um den Umgang mit Verlusten, ums Erwachsenwerden, die erste Liebe und den Zusammenhalt innerhalb der Familie.
    Romantisch oder idealistisch geht es dabei selten zu, vielmehr liegt dem Geschriebenen eine Nüchternheit zugrunde, die viel Freiraum für eigene Interpretationen bietet. Und gerade diese Möglichkeit verleiht dem Roman seine Tiefe.


    Im Ganzen hat mir Nicola Keegans Debütroman gut gefallen. Der Schreibstil erfordert zwar etwas Geduld und Muße, kann jedoch durch seinen Facettenreichtum und eine authentische Wortwahl überzeugen. Die Handlung bietet dem Leser jede Menge tragischen Humor, aber auch einen ernsten, bisweilen traurigen Blick auf Philomenas Innenleben und ihr Umfeld. Dadurch gewinnt der Roman an Tiefe, wenn auch manche Themen aufgrund ihrer allgemeinen Vielfalt etwas oberflächlicher angegangen werden.
    Ein Buch für jedermann ist „Schwimmen“ sicherlich nicht, wer sich jedoch fürs Lesen gerne etwas mehr Zeit nimmt und unter die Oberfläche schauen möchte, könnte an dem Werk Gefallen finden.

    Ich würd mich über eine Ecke mit Neuerscheinungen freuen, die nicht in aller Munde sind, sozusagen noch unentdeckte Schätze oder auch Geheimtipps abseits der Bestsellerlisten.
    Ansonsten freundliches Personal mit Ahnung, ein gut sortiertes Sortiment, übersichtlicher Aufbau, regelmäßige Aktionen oder sogar eine Treuekarte für Stammkunden (sowas wie 50 Bücher gekauft = Gutschein über 5-10 €, aber das lässt sich wahrscheinlich wirtschaftlich nicht einrichten, oder?), eine gemütliche Kinderecke, Wasserspender oder Kaffeemaschine, gemütliche Leseecke, guter = schneller Bestellservice, eine Ecke mit Buchaccessoires...

    1) Albert Camus: Der Fall
    2) Carola Stern: Isadora Duncan und Sergej Jessenin
    3) F. Scott Fitzgerald: Der große Gatsby
    4) Margriet de Moor: Ich träume also

    5) Truman Capote: Die Grasharfe
    6) Honore de Balzac: Meistererzählungen
    7) Javier Marias: Mein Herz so weiß
    8) Milan Kundera: Abschiedswalzer
    9) Carson McCullers: Das Herz ist ein einsamer Jäger
    10) Ingeborg Bachmann: Malina
    11) Antoni Libera: Madame
    12) Amos Oz: Eine Geschichte von Liebe und Finsternis


    Den Abschiedswalzer habe ich nun auch fertig. Es war kein Buch, dass mich auf den ersten Blick fesseln konnte, aber im Laufe des Lesens wurde es durchaus interessant. Es erinnerte mich ein wenig an "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" und das mochte ich sehr gerne. Da der Abschiedswalzer letztlich aber nicht an das Buch ranreicht, vergebe ich 7 Punkte.

    1) Albert Camus: Der Fall
    2) Carola Stern: Isadora Duncan und Sergej Jessenin
    3) F. Scott Fitzgerald: Der große Gatsby
    4) Margriet de Moor: Ich träume also

    5) Truman Capote: Die Grasharfe
    6) Honore de Balzac: Meistererzählungen
    7) Javier Marias: Mein Herz so weiß
    8) Milan Kundera: Abschiedswalzer <-- lese ich gerade
    9) Carson McCullers: Das Herz ist ein einsamer Jäger
    10) Ingeborg Bachmann: Malina
    11) Antoni Libera: Madame
    12) Amos Oz: Eine Geschichte von Liebe und Finsternis

    Oder dieses hier:


    Bei Jenny ist immer was los! Frisch aus dem Kinderalltag: Drei-Minuten-Geschichten zum Vorlesen
    Meistens ist Jenny schön friedlich. Aber alles kann sie schließlich nicht wissen und deshalb macht sie manchmal Dinge, die sie eigentlich nicht darf. Zum Beispiel ihre Puppen am Blinddarm operieren und ihrer Schwester die Haare schneiden. Doch schlechte Worte sagt Jenny nicht, auf keinen Fall! Und als die Mama krank ist, pflegt Jenny sie ganz lieb. Denn eigentlich ist sie doch schön friedlich, meistens jedenfalls.