Sorry - hat wegen beruflicher Belastung doch etwas gedauert:
Auf den Inseln des letzten Lichts
In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Diese zentrale Frage zwischenmenschlichen Miteinanders zieht sich durch alle Kapitel der Neuerscheinung „Auf den Inseln des letzten Lichts“.
Die titelgebenden Eilande befinden sich irgendwo auf dem philippinischen Archipel mit seinem über 7000 tropischen Inseln, die für das irische Geschwisterpaar Megan und Tobey derbe Schicksalsschläge bereit halten. Der in Dublin lebende Tobey verliert seine ältere Schwester Megan über Jahre hinweg aus den Augen. Um mehr über ihren Verbleib zu erfahren, begibt er sich auf ihre Spuren ins ferne Asien. Monate nach seiner Schwester erreicht er eine kaum bewohnte Insel, die noch die traurigen Reste einer ehemaligen Forschungsstation beheimatet. Auf der namenlosen Insel soll es einst ein innovatives Zentrum zur Erforschung von Primaten gegeben haben, wovon jedoch nur noch eine Handvoll wissenschaftlichen Personals und vier dressierte Affen übrig geblieben sind.
Obwohl die Verhaltensforschung eingestampft wurde und sich die internationalen Wissenschaftler tagtäglich langweilen, werden bei der amerikanischen Stiftung jährlich weiterhin Projektgelder beantragt und gewährt. Der Sinn und Zweck des wenig harmonischen Zusammenlebens auf der kleinen Insel erschließt sich weder Megan noch Tobey. Während Megan als erklärte Tierliebhaberin und angehende Tierärztin den Leiter der Forschungsstation darum bittet, als Teil des Teams auf der Insel bleiben zu dürfen, stolpert Tobey zeitlich versetzt in diese sterbende Kulisse.
Die Verbindung zwischen den beiden Geschwistern basiert auf einer Reihe sehr persönlicher Briefe, die Tobey überhaupt erst den Weg in die philippinische Inselwelt gezeigt haben. Gerade diese Briefe sind es, die eine beneidenswerte Vertrautheit und liebevolle Offenheit zwischen Bruder und Schwester erkennen lassen.
„Auf den Inseln des letzten Lichts“ hat einerseits den Charakter eines tief emotionalen Familienromans, andererseits aber auch deutliche Züge eines hoch spannenden Thrillers. Über mehrere chronologische Sprünge verfolgt der Leser die Kindheit und Jugend der beiden auf einer irischen Farm, die Wandlung von Megan zur militanten Tierschützerin und der Ausbruch von Tobey als mittelmäßiger Rockmusiker. Auf der tropischen Insel schließlich haben beide unabhängig voneinander die Gelegenheit intensiv über ihr Leben zu reflektieren.
Die Insel und ihre menschlichen wie tierischen Bewohner bilden dabei eine Kulisse, die der Schweizer Autor Rolf Lappert dazu genutzt hat, um hier und da vorsichtig und unauffällig eine Reihe politisch und ökologisch motivierter Themen einzuflechten. Wieviel an eigener Reflektion der Leser bereit ist zuzulassen, kann nicht mal erahnt werden. Jedoch wird kaum ein Leser diesen Roman beenden können, ohne über die Eigenheiten gesellschaftlicher Strukturen nachzudenken. In solchen Systemen befinden wir uns nämlich immer – sei es in einem Pub in einer europäischen Hauptstadt oder in einer Küche auf einer asiatischen Insel. Wir können uns dem nicht entziehen - weder durch Kampf, noch durch Flucht.
Ein spannendes und doch tiefsinniges Buch - ich konnte es nicht mehr weg legen! Es hat mich in jedem Kapitel mindestens mit einer weiteren unerwarteten Wendung überrascht!
Das mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnete Buch von Lappert - Nach Hause schwimmen - kenne ich noch nicht, werde es mir aber definitv zulegen, da ich Lapperts Denke und Schreibe sehr gerne gefolgt bin!