Beiträge von Clio

    Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Klappentexte oft irre führen oder außer nichtsagende Lobpreisungen nichts über den Inhalt aussagen. Deshalb gebe ich darauf auch nicht viel. Mittlerweile kaufe ich fast nur noch Bücher, von denen ich vorher einen Begriff habe, weil sie mir empfohlen wurden oder ich Rezensionen gelesen habe. Schade nur, dass mir dabei schöne Überraschungen entgehen. Aber von der Überfülle im Buchhandel fühle ich mich eh zunehmend überfordert.

    Die Lektüre von Patrick Süßkinds Parfum war zugleich abstoßend und faszinierend. Abstoßend, weil der Protagonist Grenouille mit seiner Menschenfremdheit und Kaltblütigkeit alles andere als ein Sympathieträger ist. Seine Handlungen sind Schauder erregend, andererseits kann man sich des Mitleids mit ihm auch nicht erwehren, da er in seinem Leben von anderen Menschen nur Habsucht und Gleichgültigkeit erlebt. Manchmal Ekel erregend sind auch die Beschreibungen Süßkinds, der die dreckige, stinkende Welt der frühen Neuzeit geruchsprächtig wiedergibt.
    Damit sind wir bereits bei dem großen Phaszinosum dieses Romans: Süßkinds Sprachgewalt. Mit einer unglaublichen Genauigkeit, Gewandheit und einer fast Barock anmutenden Üppigkeit breitet Süßkind seine Welt vorm Leser aus. Selten bin ich beim Lesen so in eine Szene eingetaucht, wie in diesem Roman. Das erinnert ein wenig an Balzac oder Zola, kommt jedoch sehr viel schlanker daher. Dazu werden die Figuren mit einer feinen Ironie beschrieben, die dem Roman trotz der eher düsteren Handlung eine gewisse Heiterkeit geben.

    Voltaire, danke für den wunderbaren Tipp! Ich habe das Buch soeben ausgelesen und bin noch ganz überwältigt von der großartigen Erzählung. Mir hat der Roman vor allem sprachlich gefallen (ein Lob auch an die Übersetzung), diese Mischung aus Sprödigkeit und einer fast lyrischen Stimmung ist hinreizend.
    Westö gelingt es wunderbar die Geschichte einer Familie mit der Geschichte eines Landes zu verweben.
    Kann mich deinem Urteil nur anschließen: Ganz große Erzählkunst!!

    Bei mir ist es Die Lieben in Zeiten der Cholera von Marquez. Dieses Buch hat mich umgehauen. Alle, die es auf meine Empfehlung hin gelesen haben, fanden es entweder mittelmäßig oder richtig schlecht. Zum Teil wurde mir die Empfehlung fast übel genommen. :lache

    White Beard, man kann natürlich nicht nach dem ersten englischsprachigen Wort perfekt englisch, aber auf Dauer hilft es enorm. Auch wenn man nicht jedes Wort nachschlägt, falls ich extrem selten tue und es sich nicht beim ersten Mal aus dem Kontext entschlüsseln kann. Ich merke, dass ich plötzlich ganz viele Wörter einfach kenne, ohne dass ich sie bewusst gelernt hätte.

    Nervig ist sie auf jeden Fall, weil sie so unsensibel und "laut" ist. Aber ich mochte sie auch irgendwie, weil sie zu den wenigen Personen im Roman gehört, die wirklich gutherzig und ehrlich sind und nicht nur aus eigenen Interessen handelt.

    Zitat

    Original von WaterPixie
    Der Vater von Edward und Fanny ist tot. Die Mutter von Edward und Fanny hat alles geerbt?? Ich dachte das Erbe geht immer an den nächst männlichen Verwandten, ... müsste somi nicht Edward alles erben? Und seiner Mutter ein Nießbrauchrecht geben?
    :gruebel


    DAS habe ich auch nicht so richtig verstanden. Bin kein Experte in der englischen Rechtsgeschichte, war aber auch der Meinung, dass Frauen zu dieser Zeit nicht erben konnten, solange es nicht einen männlichen Erben gab. Das ist ja zumindest der Grundkonflikt in Stolz und Vorurteil...

    Das mit dem Alter habe ich mir auch gedacht. Das kommt ja schon im ersten Abschnitt vor, dass Fany Dashwood davon spricht, dass man die 40jährige Mrs. Dashwood womöglich noch 15 Jahre unterstützen müsse....


    Marianne finde ich ziemlich unsympathisch. Sie ist ganz schön eingenommen von ihrer Meinung und jeder, der nicht wie sie handelt und seinen Gefühlen Ausdruck verleid, fühlt gleich gar nicht... Naja, das ist halt die Arroganz der Jugend. Man kann sich schon denken, dass sie noch einen Dämpfer bekommen wird.

    Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich habe jetzt nur ganz fix mal im Katalog meiner Bibliothek geguckt und zumindest schon mal was gefunden. Die meisten beschäftigen sich zwar mit mehreren Werken. Für diejenigen, die alle Lesrunden mitmachen, dürfte das ja auch interessant sein. Deshlab gebe ich die mal hier an:



    Clark, Robert [Hrsg.] Sense and sensibility and Pride and prejudice: Jane Austen


    Glage, Liselotte Jane Austen: "Pride and prejudice"


    Moler, Kenneth L. Pride and prejudice


    Southam, Brian C. [Hrsg.] Jane Austen: Sense and sensibility, Pride and prejudice and Mansfield Park

    Ich finde den gesamten Ton von Miss Austen ziemlich ironisch, wobei sie das meistens nicht so direkt macht, sondern die Figuren sich selber um Kopf und Kragen reden. Bestes Beispiel ist das Gespräch zwischen dem Ehepaar Dashwood. Was für eine Selbstgefälligkeit und Heuchelei!!!! Aber auch Marianne redet manchmal ganz schön dummes Zeug. Eigentlich kommt nur Elinor so richtig gut weg.

    Jayne Anne Phillips
    Glassmondmann
    Originaltitel: Lark and Termite
    Berlinverlag
    gebunden 19,90 Euro
    ISBN 789-3-8270-0281-5



    Die Autorin
    Informationen über die Autorin finden sich auf ihrer sehr interessanten Homepage: http://www.jayneannephillips.com/



    Das Buch
    Amerika in den 50er Jahren: Termite und Lark leben in Verhältnissen, die man wahrscheinlich eine disfunktionale Familie nennen würde. Die Halbgeschwister, die ihre Mutter nicht kennen, wachsen bei ihrer hart arbeitenden Tante auf. Larks Vater ist unbekannt, der Vater des körperlich behinderten Termite ist im Korea-Krieg verschollen. Trotzdem ist dieser ungewöhnliche Familienroman keine deprimierende Geschichte, sondern so etwas wie eine Lobpreisung der Patchwork-Familie. Denn neben ihrer liebevollen Tante Nonnie gibt es in dem Roman eine ganze Reihe von Personen, die den Geschwistern zur Seite stehen. Ein gewisser nostalgischer Touch einer vermeidlich solidarischeren Welt ist nicht zu leugnen. Dennoch bleibt die Hauptverantwortung für den behinderten Termite bei seiner Schwester, die sich aufopferungsvoll um ihn kümmert. Der Roman wird aus der Perspektive der verschiedenen Familienmitglieder erzählt. Besonders anrührendend ist dabei die Beziehung zwischen Termite und Lark. Auch aus Termites Perspektive wird ei Teil der Handlung erzählt und diese fast lyrischen Passagen gehören zu dem Feinsten, was dieser wunderbare Roman zu bieten hat. Daneben gibt es eine zweite Handlungsebene, die die Erlebnisse Robert Leavitts - Termites Vater - in Korea schildert. Diese Abschnitte lesen sich etwas zäher, als der sehr flüssige Rest des Romans, sind aber ausgesprochen interessant, da sie einen Eindruck vom "vergessenen" Korea-Krieg und dessen Einfluss auf die amerikanische Gesellschaft geben. Dadurch ist es Jayne Anne Phillips nicht nur gelungen eine wirklich berührende Familiengeschichte zu erzählen, sondern auch Porträit der amerikanischen Gesellschaft der 50er Jahre zu liefern.
    Großartige Erzählkunst!
    9 von 10 Punkten!

    Ich würde auch nicht ständig lesen wollen, dass jemand aufs Klo geht. Nicht so sehr aus Ekel, sondern weil das als Information wirklich nicht besonders spannend ist. Es müßte dann schon im Text irgendeine andere Funktion haben als die blosse Tatsache, dass jemand aufs Klo geht. Ich denke, dass ist auch der Grund, warum es so selten erwähnt wird. Auf Klo gehen, muss jeder. Man kann damit keinen Charakter näher beschreiben und nur in den seltensten Fällen die Handlung vorantreiben.