Beiträge von Clio

    Ich habe heute die Paprika-Tortilla gemacht. Das passte einfach perfekt. Ich kam spät (und hungrig) nach Hause, hatte keine Lust mehr einzukaufen und in der Biokiste waren noch drei Paprika und Eier, die sowieso weg mußten.


    Zubereitung:
    Ich hab mich ans Rezept gehalten. Ging schnell und war extrem einfach zuzubereiten. Ein echtes Rezept für die Alltagsküche.


    Geschmack:
    Solide. Hat gut geschmeckt, war aber auch nichts superbesonderes. Beim nächsten Mal überlege ich gewürzmäßig noch was rauszuholen. Mir waren die Paprika außerdem etwas zu viel, beim nächsten Mal würde ich eventuell nur eine nehmen und mit anderen Gemüsesorten (Pilze, Erbsen, Möhren etc) kombinieren.

    Ich habe gerade den Topinampur-Linsen-Salat verspeist. Mein erstes Rezept aus dem Buch und gleich ein Highlight. Wirklich lecker, was nicht so überraschend ist, weil ich Beluga-Linsen und Topinambur liebe.
    Aber im Detail


    Zeit- und Mengenangaben:
    Ich koche nicht besonders präzise und schon gar nicht mit Waage. Aber so ungefähr hat es schon hingenau. Von dem Birnendicksaft habe ich weniger genommen, weil ich das Gefühl hatte, dass derSalat bei 100 ml ziemlich flüssig wird.
    25 Minuten haut hin. Topinambur schälen ist eine ziemliche Fisselarbeit. Ich habe den Topinambur (unfreiwillig) etwas länger gebraten. Bei 2-3 Minuten wie im Rezept angegeben, ist er noch sehr knackig. Das ist Geschmackssache, ich esse Topinambur auch roh sehr gerne.
    Was die Gesamtmenge angeht, ist es für vier Personen eine kleine, delikate Vorspeise, mehr nicht. Mit meinem verfressenen Freund hätte es sicherlich als Hauptspeise nicht mal für uns zwei gereicht. ;)


    Zubereitung:
    Wie gesagt, Topinambur schälen ist mühselig, weshalb ich den Salat nicht unbedingt für 10 Leute machen würde. Ich habe mal gehört, es gibt auch Sorten, die man auch mit Schale essen kann. Muss ich mich mal nach erkundigen.... Der Rest ist ziemlich unkompliziert und einfach.


    Geschmack:
    Lecker, wenn man Topinambur mag. Der Geschmack ist ja eigen. Das Dressing mit dem Birnensaft ist der Knaller und werde ich sicher auch zu anderem Salat mal machen. Die Süße balanciert die Schärfe der Zwiebel gut aus. Insgesamt eine gute Kompination an Aromen.


    Photo fehlt leider, da meine Kamera gerade unterwegs ist.

    Und oft schaffen die es ein viel größeres Angebot zu haben. Mein Buchladen zumindest hat auf etwa 30 Quadratmetern mehr verschiedene Bücher als der nächste Huggendubbel mit über 100. Es türmen sich nur immer und immer wieder die Gleichen... Das der kleine Buchladen die interessanteren Bücher hat ist eh klar...

    Also, selber habe ich es noch nicht probiert. Aber in meiner Jugend habe ich einige Selbstversuche miterlebt. Das Ergebniss war etwa schlammgrün. Ich würd's nicht versuchen.... echt nicht. :grin

    Ich denke auch, dass LeSeebär hier einen entscheidenden Unetrschied nochmal klargemacht hat. Ich habe auch keine meine literaturwissenschaftlichen Hausarbeiten mit einem übersetzten Text geschrieben. Beim genauen Lesen, bei der Analyse sind die Unterschiede zwangsläufig zu groß. Aber im Ausgangstext ging es ja darum, klassische Texte erstmal kennenlernen. Das sind zwei vollkommen unterschiedliche Lesevorgänge.



    Im Übrigen muss man auch bei den Übersetzungen stark unterscheiden. Ich kenne fast keine gute Übersetzung von Fantasy-Romane. Fast alle Genre-Literatur wird grottenschlecht übersetzt. Da kann man den Übersetzern gar nicht mal einen Vorwurf machen, deren Arbeitsbedingungen sind eine Katastrophe. Aber gerade im Bereich der Klassiker (um die es ursprünglich mal ging) ist das nicht so. Man sollte sich mit den verschiedenen Übersetzungen ruhig ein bißchen beschäftigen, mal reinlesen, auch im Feuilleton wird regelmäig über die Qualität von (Neu-)Übersetzungen geschrieben.


    Ansonsten denke ich haben wir uns in dieser Diskussion doch ziemlich angenähert. Zumindest lese ich nichts mehr davon eine Übersetzung sei ein geradezu sinnentleerter Text, der mit dem Original kaum noch fast zu tun hatte. Dass eine Lücke bleibt zwischen beiden Texten, das ist ja nicht abzustreiten.


    Allen, die sich für die Problematik interessieren, sei Walter Benjamins Aufsatz
    Die Aufgabe des Übersetzers ans Herz gelegt. Der sieht nämlich in der Übersetzung viel mehr als eine unzulängliche Übertragung des Originals in eine andere Sprache, sondern eine Art Ahnung einer vorbabylonischen Ursprache.

    Es hat mir keine Ruhe gelassen. Ich wollte dieses Thema doch nochmal aufgreifen. Da dies im Ursprungsthread nicht erwünscht war hier also einen neuen.


    Tannenbernie, ich nehme dich beim Wort mit deiner Bereitschaft weiter zu diskutieren und werfe dir den Stock wieder zu...



    Da du ja so eine schöne Auflistung geliefert hast, werde ich auch Punkt für Punkt darauf eingehen.


    1) Dieses Beispiel finde ich ehrlich gesagt absurd. Ich gehe mal ganz stark davon aus, dass kein Mitglied dieses Forums eine Inuit-Sprache beherrscht. Sollte ich also Interesse an einem Inuit-Text haben, habe ich die Wahl zwischen einem Originaltext, von dem ich NICHTS verstehe, und einer Üersetzung (falls es eine gibt...), bei der zwar die Feinheiten des Schnees in der Sprache der Inuits verloren gegangen ist, ich jedoch einen Eindruck von der Erzähltradition der Inuits bekomme, von ihrer Vorstellungen von der Welt etc pp.
    Mal davon abgesehen stehen mir im Deutschen ja mehr als ein Wort zur Verfügung um Schnee zu beschreiben. Ich kann den Schnee doch näher bestimmen: Schnee, der unter den Füssen quitscht, Schnee, der besonders geeignet ist ein Igloo zu bauen, bläulich leuchtender Schnee, dreckiger Schnee, pulveriger Schnee, grobkörniger Schnee ... was auch immer die Inuits mit ihrem spezifischen Schneebegriff meinen.


    Dazu kommt, dass wir hier bislang ja eigentlich über die europäisch/amerikanischen Klassiker reden, wo es diese massiven sprachlichen Differenzen nicht gibt, ohne sprachliche Unterschiede nivelieren zu wollen.


    2) Da gilt eigentlich alles, was ich zu Punkt 1) schon geschrieben habe auch. Im Übrigen haben wir auch im Deutschen eine ganze Reihe Worte für grün: Olivgrün, smaragdgrün, mint, laubgrün, blaugrün, moosgrün, flaschengrün, tannengrün, grassgrün, schilfgrün, türkisgrün, maigrün, dunkelgrün, blasgrün, farngrün, opalgrün, kieferngrün, minzgrün, pastellgrün. Zumal das Spektrum bei Farben ja grundsätzlich unendlich erweiterbar ist, du kannst eine Farbe ja auch einfach bananenblattgrün oder frühlingsschösslingsgrün nennen.


    3) Wortwitze sind natürlich Tüftelarbeit. Wortwörtlich geht das tatsächlich eher selten. Aber gerade in den europäischen Sprachen gelingt es erstaunlich häufig Wortwitze ziemlich nah am Original zu übersetzen. Man erkennt die Verwandschaft dann doch. Ansonsten gibt es die Geheimwaffe der kompensierenden Übersetzung. Neigt ein Autor (wie Shakespeare) zu sexuellen Anspielungen, kann man die nicht immer an der entsprechenden Stelle mit übersetzen, Manchmal bietet sich jedoch an anderer Stelle ein entsprechendes Wortspiel im Deutschen an und dann setzt man es eben an dieser Stelle an. Um dem Geist eines Textes nahe zu kommen, ist es oft sinnvoller sich nicht sklavisch an die Vorlage zu halten.


    Gerade Wortwitze sind im Übrigen ein besonderes Argument für die Übersetzung, da sie dem ungeübten Leser einer Fremdsprache mit ziemlicher Sicherheit entgehen und so ein ironischer oder humorvoller Unterton dem Leser vollkommen fremd bleiben, wohingegen eine gute Übersetzung so etwas übermitteln kann.


    4) Wortwörtlich kann man solche Redwendungen sicherlich selten übersetzen. Aber es gibt doch in der Fremdsprache oft Redewendungen, die in vergleichbaren Kontexten von vergleichbaren sozialen Gruppen benutzt wird. Das ein Teil der kulturellen Konnotation dabei verloren geht. Aber auch hier wieder die Frage, hätte ein deutscher Leser, der den kulturellen Kontext wenig kennt, das überhaupt aufgeschnappt? Eher nicht...


    5) Dialekte sind extrem schwierig zu übersetzen. Keine Frage. Man hat zwei Möglichkeiten. Man nimmt einen deutschen Dialekt, was ich persönlich schwierig finde, weil eine ganze andere Bedeutung mitschwingt, ob jemand wallisisch oder sächsisch spricht. Gerade bei regionalen Dialekten kommt ein kultureller Kontext mit rein, der die Geschichte ungünstig verfärbt.Anders ist es aber zum Beispiel, wenn man Pigiun-Englisch mit Pigeon-Englisch mit Elementen aus dem Rotwelsch übersetzt. Zweitens gibt es die Möglichkeit einen Phantasie-Dialekt zu erfinden, was zum Beispiel in "Willkommen bei den Sch'tis" wirklich gut gelungen ist.


    Bei Dialekten haben wir außerdem wiederum das Problem, dass sie für einen Nicht-Muttersprachler oft extrem schwer zu verstehen sind. Also, habe ich auch hier oft die Entscheidung zwischen einer Übersetzung, wo ich zumindest etwas verstehe, und vollkommenem oder weitgehendem Unverständniss.


    Du sprichst außerdem vom kulturellen Kontext. Aber es ist doch unsinnig anzunehmen, dass sich der kulturelle Kontext automatisch bei der Lektüre eines fremdsprachigen Textes erschließt. Wenn ich kaum eine Vorstellung von der englischen Klassengesellschaft habe und nicht weiß, in welchem Maße sich Klassenunterschiede in England sprachlich manifestieren, kann ich überhaupt nichts mit dem working class English sprechenden Protagonisten anfangen. Da kann ich die Figur sehr viel besser einordnen, wenn sie in Proldeutsch daherkommt.


    7) Auch hier geht es wieder um außereuropäische Sprachen. Hilfreich ist da eine Fußnote, die die Unterschiede erklärt. Ich finde ja eh, Übersetzungen sollten viel mehr Fussnoten haben...

    Zitat

    Im Gegenteil sehe ich den Hinweis als wichtig, da es in den meisten Fällen einfacher ist, das Original zu lesen, als über Übersetzungs-Fehler und -Probleme zu stolpern, die dann im Kontext den Sinn verzerren oder jeglichen Sinns entbehren.


    Das ist einfach Unsinn. So etwas passiert einem guten Übersetzer nicht. Ich denke du unterschätzt die Fähigkeit von Übersetzern ganz gewaltig. Ich weiß nicht, was für Übersetzungen du gerade im Sinn hast, aber ich kenne gerade im Bereich der Weltliteratur wenig Übersetzungen, die die Handlung grundsätzlich entstellen. Die Differenzen, die zwischen Übersetzung und Original enstehen, sind in den meisten Fällen so feiner Natur, dass sie den meisten Lesern sowieso entgehen dürften. Ich wage zu behaupten, dass dem durchschnittlichen Deutschen mit seinem Schulenglisch sehr vielmehr aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, Unkenntniss von Sprachnuancen etc entgeht, als durch die Übersetzung verloren geht.
    Mir geht es oft ähnlich wie Dieter. Mein Englisch ist sehr gut, ich lese englische Texte fast ausschließlich im Original und habe selbst schon literarische Übersetzungen angefertigt. Trotzdem merke ich, wenn ich nochmal in den deutschen Text gucke, dass mir bestimmte Dinge entgangen sind, die mir die Übersetzung eröffnet. Das ist ja auch kein Wunder. Als Übersetzer beschäftigt man sich gelegentlich eine Stunde mit einem Satz, was kaum ein Leser tun dürfte.


    Verstehe mich nicht falsch, ich will sicherlich nicht davon abraten, das Original zu lesen. Man bekommt einen Gefühl von den Text wie ihn keine Übersetzung liefern kann. Aber deinen Rat, dass es grundsätzlich leichter ist das Original zu lesen, finde ich zu elitär.

    Naja, ich bin auch ein Fan von Originalen. Aber für jemanden, der gerade in die Weltliteratur einsteigt und der sich Sorgen macht, diese sei zu anspruchsvoll für ihn, ist dieser Hinweis vielleicht doch nicht so ganz passend.


    Manchmal geht mir die Original-Fetischisierung ein bißchen auf den Keks. Zum einen wird damit die Arbeit von großartigen Übersetzern herabgewürdigt, die mit ihren Übersetzungen eigene Kunstwerke schaffen. Ich sehe das Übersetzungsproblem eigentlich eher bei der Genre-Literatur. An die Klassiker werden tendenziell eher richtig gute Leute gesetzt, die auch einigermaßen dafür bezahlt werden. Bei dem durchschnittlichen Krimi bekommt der Übersetzer kaum Zeit für die Übersetzung, weil der eine kurze Halbwertzeit hat und sich übersetzerischer Aufwand für die Verlage nicht lohnt.


    Außerdem muss ich in der Fremdsprache schon über ziemlich gute Kenntnisse verfügen, um überhaupt genug zu verstehen. Was bringt es mir einen Klassiker im Original zu lesen, wenn ich dessen sprachliche Besonderheiten gar nicht zu würdigen vermag.
    Mir wäre es auch zu eingeschränkt, nur deutsche, englische und französische Bücher zu lesen, weil ich keine anderen Sprachen kenne.
    Also, wenn ich eine Fremdsprache gut genug beherrsche, ist es sicherlich gewinnbringend, ein Buch im Original zu lesen, schließlich ist es die Sprache des Autors und selbst dem besten Übersetzer wird es nie gelingen, einen Text in seiner gesamten Komplexität in eine andere Sprache zu übertragen. Ist das nicht der Fall, nehme ich mir lieber ein bißchen mehr Zeit nach einer guten Übersetzung zu recherchieren, die gibt es nämlich von den meisten Klassikern, auch von Shakespeare.

    Die meisten Klassiker sind schwerer zu lesen als aktuelle Krimis oder ähnliches. Aber das Schöne ist, dass man immer besser wird je mehr man es versucht und dann geben sie einem eine ganz besondere Befriedigung. Durchbeißen lohnt sich also.
    Ich würde auch mit eher süffigen Werken anfangen, die Romane von Jane Austen und den Bronte-Schwestern bieten sich an.

    In Plüschgewittern ist der Debütroman des vielgefeierten Autors von Tschick Wolfgang Herrndorf. Das Setting ist nicht allzu neu. Ein junger Mann reist durch Deutschland und landet in Berlin, wo er auf Parties geht und durch die Stadt streift. Dabei begegnet er wenigen Menschen, die ihn interessieren. Die meisten sind oberflächig und der Protagonist durchschaut mit kaltem Zynismus ihre Selbstdarstellung, ihre Durchschnittlichkeit. Das hat man alles schon ein paar Mal gelesen. Aber Herrndorf beschreibt es gekonnt und mit Witz, allerdings sehr zynischem Witz.
    Ich habe mich bei der Lektüre gut unterhalten gefühlt und sicherlich einiges meiner Heimatstadt wiedererkannt. Beim Schreiben der Rezension fällt mir allerdings auf, wie wenig ich zu diesem Buch zu sagen habe. Es mag an meiner Lesart liegen, aber ich habe das Gefühl, es liegt am Buch selbst. Gut geschrieben, aber wenig originell.

    Ein Richter kurz vor der Pensionierung geht seinem Alltag nach. Er behandelt Routinefälle bei Gericht, macht Urlaub in seinem Ferienhaus an der irischen Küste, geht schwimmen, liest, isst mit seiner Frau zu Mittag. Das Ferienhaus jedoch ist von der Gewalt des Meeres bedroht, immer näher rückt die Küstenlinie, das Nachbarhaus ist bereits halb ins Meer gestürzt. Als ebenso brüchig wie das Land unter ihm erweisen sich die Gewissheiten seines Lebens. Ein Fall beschäftigt ihn mehr als gewöhnlich. Eine Schülerin klagt gegen ihre katholische Schule, die sie vom Unterricht ausschloss, nachdem sie schwanger wurde. Es stehen die Persönlichkeitsrechte des Mädchens gegen das religiöse Gewissen der Schule und es geht um nicht weniger als die Identität des modernen Irlands. Und der Richter Eamon Redmond zweifelt an seiner Entscheidung, die juristisch haltbar ist, aber ist sie auch gerecht? Auch sein privates Leben ist brüchig, das Verhältnis zu den Kindern distanziert, seine Frau erkrankt schwer.


    Nach und nach erfährt der Leser auch aus der Kindheit des Richters. Seine Mutter starb früh, der Vater erlitt einen Schlaganfall. Die Familie kümmert sich, die emotionalen Bedürfnisse des Kindes kommen jedoch zu kurz. Der Junge erfährt kaum, was mit seinem Vater geschieht, Tod und Krankheit werden dadurch noch bedrohlicher als sie sowieso für ein Kind sind. Auch sonst ist das Schweigen immer präsent, das Schweigen über den irischen Bürgerkrieg und über Verbrechen, die die Männer der Familie, Nachbarn an protestantischen Mitbürgern begehen. In diesem Roman ist das Schweigen wie ein Protagonist, der die gesammte Erzählung beherrscht.


    Lange scheint sich dieser Roman in Details zu verlieren. Minituiös beschreibt der Autor jede kleine Bewegung seiner Hauptfigur, seine Alltagsroutinen, seine Gedanken. Aber aus diesen scheinbaren Nebensächlichkeiten schält sich eine Erzählung von unglaublicher Wucht und Sprachgewalt. Colm Toibin weiß genau, was er tut. Jedes Wort sitzt, jede Geste seiner Figur ist von Bedeutsamkeit. So gelingt es ihm seine Geschichte aufzuladen ohne sie zu überladen. Hier schreibt ein ganz Großer!

    Marion Brasch
    Ab jetzt ist Ruhe
    Fischer
    ISBN: 3100044207
    gebunden 19,99 Euro


    Marion Brasch erzählt in Ab jetzt ist Ruhe die Geschichte ihrer ungewöhnlichen Familie. Beide Eltern sind jüdischer Herkunft und sind nach dem 2. Weltkrieg aus dem englischen Exil in die DDR gegangen. Der Vater als überzeugter Kommunist, um ein besseres Deutschland aufzubauen, die Mutter, die aus großbürgerlichen Wiener Verhälntissen kam, eher wiederwillig. Marion hat drei ältere Brüder, allemsamt Künstler, am bekanntesten ist wohl ihr ältester Bruder Thomas Brasch, der sich als Schriftsteller und Regisseur einen Namen machte.
    Marions Familie ist zutiefst zerissen. Da sind zum einen die Konflikte zwischen den Eltern. Der Vater ist ein dogmatischer Parteifunktionär, die Mutter hat in der kleinbürgerlich-piefigen DDR nie eine Heimat gefunden. Auch zwischen dem Vater und seinen Söhnen setzten sich diese Konflikte fort. Die Söhne rebellieren gegen den Staat ihres Vaters. Der älteste muss ins Gefängnis - er hat illegale Flugblätter verteilt - und verlässt später die DDR. Der mittlere nimmt sich das Leben und der jüngste ist Alkoholiker un lebt davon Kindermärchen zu schreiben, in denen Eltern zwischen den Zeilen eine Kritik am System erahnen können. Für die Konflikte seiner Söhne bringt der Vater keinerlei Verständnis auf, veilleicht auch weil er mit jedem Fehlverhalten seiner Söhne degradiert wird und sich für deren mangelnde Erziehung verantworten muss. Die sehr viel jüngere Marion wird bei Streits meist aus dem Zimmer geschickt. Auch später nimmt sie immer wieder die Position der Vermittlerin ein und leidet zeitlebends unter dem mangelnden Respekt ihrer Brüder.
    Marion Brasch beschränkt sich konsequent auf die Erzählperspektive ihres kindlichen bzw. jugendlichen Ichs. Sie versucht ihre damaligen Erfahrungen und Erinnerungen wiederzugeben, fügt diesen jedoch keinerlei nachträgliche Reflektionen hinzu. Besonders auffällig wird das zum Beispiel in einer Szene, in der einer ihrer Brüder ihr erzählt, ihre Mutter habe ihm gesagt, sie könne Marion nicht besonders leiden. Marion wehrt diese Aussage ab, sie sei nicht war. Dass sie diese Episode aufnimmt, zeigt wie bedeutsam sie für sie gewesen sein muss. Sie berichtet jedoch nicht, wie sie sich dabei danach gefühlt hat, wie dieses Ereignis ihr Verhältnis zu ihrer krebskranken Mutter verändert hat oder wie sie als Erwachsene damit umgegangen ist, dass ihre Mutter sie nicht besonders geliebt hat.
    Auch ihre Brüder bleiben trotz der zentralen Stellung, die sie im Leben ihren Schwester eingenommen hatten, merkwürdig blass. Dazu passt, dass die engsten Familienmitglieder namenlos bleiben. Marion Brasch hatte offensichtlich wenig Möglichkeiten ihre Brüder wirklich kennenzulernen. Es geschieht aber auch keine nachträgliche Annäherung.
    Auch ihr Verhältnis zum Staat reflektiert Brasch nicht im Nachhinein. Marion ist unpolitisch. In die Partei tritt sie ihrem Vater zuliebe ein, ist von pflichtmäßigen Parteiversammlung aber genervt. Das politische System empfindet sie in der Tat eher als nervig, als als bedrohlich oder wirklich einengend. Die mangelnden Konsummöglichkeiten scheine für sie ein größeres Problem zu sein als politische Einschränkungen. Braschs Erzählung ist sehr ehrlich, sie versucht sich nicht im nachhinein eine Widerstandsbiographie zu schneidern. Ihr Verhältnis zum Staat ist sicherlich sehr typisch für das vieler DDR-Bürger und mag sowohl das lange Bestehen der DDR als auch ihr plötzliches Ende besser zu erklären, als die Erinnerungen von Dissidenten, die meist im medialen Fokus stehen.
    Trotzdem ist die engesschränkte Perspektive, die Brasch wählt, für den Leser eher unbefriedigend, weil sie sehr an der Oberfläche bleibt, viele Fragen unbeantwortet lässt. Ich hatte das Gefühl, als würde die Autorin sich immer noch klein machen im Vergleich zu ihren intellektuelleren Brüdern. Auch sprachlich ist das Buch kein Meisterwerk, es lässt sich aber gut lesen.
    Das Buch ist dennoch lesenswert, weil es die Geschichte einer wirklich ungewöhnlichen, interessanten Familie erzählt. Und weil einige Passagen, die das Verhältnis zu den Eltern beschreiben, herausragen und ein Gefühl für diese schwer beschädigte Familie vermitteln.

    Zu erwähnen ist auch Walter Kempowskis Echolot-Projekt:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Echolot


    Wobei das gerade kein klassischer Kriegsroman ist.


    In Amerika sind Kriegsromane nach wie vor ein weit verbreitetes Genre. Da kommt hier nur ein Bruchteil von an, vor allem werden in Deutschland meiner Wahrnehmung nach ausschließlich die kriegskritischen Texte wahrgenommen. Es gibt aber nach wie vor, wenn nicht direkt verherrlichende, so zumindest heroisierende Romane (nach dem Motto, Krieg ist die Hölle, aber die tapferen Jungs retten unser Vaterland und alles, was uns heilig ist).

    Die namenlose Hauptfigur dieses Romans ist eine ältere Frau. Von der Liebe ist sie gründlich enttäuscht. In ihren Affären mit jüngeren Männern ist sie immer wieder verlassen worden. Sie hat die Menschen gründlich satt, als sie dem Mann begegnet. Auch er bleibt namenlos, ist immer nur der Mann. Er ist weder schön, noch leidenschaftlich, sondern ebenso wie die Frau der Geschichte ziemlich träge. Der Mann schläft, wie schon der Titel sagt. Aber für die Frau ist er genau der Mann, den sie braucht. Seine Selbstzufriedenheit gibt ihr Sicherheit. Und dann verschwindet er plötzlich auf einer Reise auf einer südchinesischen Insel spurlos ohne eine Nachricht zu hinterlassen und die Frau ist vollkommen verstört.
    Sybille Bergs Roman erzählt sehr klug über die Liebe, auch wenn sie dieses Wort nicht einmal benutzt. Die Liebe muss kein loderndes Feuer sein, sondern ist manchmal ganz unspektakulär oder wie die Frau es ausdrückt: "Sie war alt genug zu wissen, dass es ein großen Glück ist, jemanden zu treffen, den man so sehr mag, dass er einen nicht nervt." Diesen Satz habe ich mir dick angestrichen, denn ich finde ihn seiner Schlichtheit absolut zutreffend. Seltern hat ein Buch die Ereignisarmut einer erfüllten Beziehung so gefeiert.
    Auch die Erzählweise des Romans ist interessant, nach und nach setzt sich die Lebensgeschichte der Frau zusammen.
    Leider trägt Sybille Bergs Erzählung nicht über die Länge des Romans. Eine Erzählung wäre vielleicht angemessener gewesen. So wiederholen sich die Erkenntnisse der Protagonisten, ihr Menschenüberdruss und ihr Bedürfnis nach Ruhe immer und immer wieder, bis man ihrer ebenso überdrüssig ist wie sie den Menschen. Auch die etwas absurde Handlung auf der chinesischen Insel kann darüber nicht hinweghelfen. So fand ich die zweite Hälfte des Romans schlicht langweilig.
    Da ich Euch ja schlecht raten kann, den Roman nur halb zu lesen, kann ich keine uneingeschränkte Leseempfehlung geben. Wen jedoch die Liebe interessiert, die Frage wie und warum Beziehungen funktionieren (oder eben auch nicht), dem bieten Sybille Berg eine originelle, kluge Perspektive auf dieses Thema.

    Zitat

    Original von DraperDoyle
    Wenn ich höre, wie da in bereits veröffentlichten "Büchern" rumgepfuscht werden kann, wird mir komisch. Die Leser monieren, dass das süße kleine Hündchen sterben muss, also entkommt das liebe Tier für alle nachfolgenden Leser knapp seinen Häschern. Oder dem Autor fällt plötzlich ein, wie er eine bestimmte Situation, die ihm schon während des Schreibens Bauchschmerzen bereitet hat, besser auflösen kann und ändert das im Nachhinein mal fix. Oder eine Geschichte wird von der Realität eingeholt und dann halt entsprechend angepasst.
    Das mag auf seine Weise auch spannend sein, hat aber mit dem, was ich unter einem Buch verstehe, nichts zu tun :rolleyes


    Das der Inhalt von Papierbüchern wie in Stein gemeiselt erscheint, ist aber auch eine eher neuere Entwicklung. Bei Klassikern gibt es häufig große Unterschiede von Auflage zu Auflage. Teile fielen der Zensur zum Opfer oder Autoren arbeiten noch jahrelang an Büchern nach, die schon längst veröffentlich waren.
    Man schaue nur mal kommentierte Ausgaben diverser Autoren an.