Ich habe auch mal in mein Regal geguckt, und - siehe da - ich habe es schon und offensichtlich auch schon gelesen (es lagen persönliche Sachen drinne). Hatte ich ganz vergessen.
Beiträge von Clio
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Ich finde es auch nicht erstaunlich, dass man sich über sowas ärgert. Mich würde es auch enorm traurig machen, wenn die Menschen in meinem Unwelt so denken würden. Schließlich ist es ein extrem wichtiger Teil von mir, und ich denke, fast niemand ist so selbstbewusst, dass einen das gar nicht kratzt. Zum Glück kenne ich das aus meinem Umwelt überhaupt nicht...
Wenn man schon so einer bescheuerten Kategorie wie spießig verwendet will, finde ich nicht lesen ganz sicher spießiger als lesen. Und ich denke, dass das im gesellschaftlichen Konsenz auch eher so gesehen wird, lesen gilt gemeinhin ja doch immer noch als wichtige kulturelle Kompetenz. Ich würde mir also an deiner Stelle sagen, dass die Leute echt keine Ahnung haben.
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Bei mir ist es ähnlich wie bei JaneDoe. Ich würde gerne mitmachen, wenn die Leserunde nicht erst im April oder so stattfindet.
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England Anfang der 80er Jahre: Alan Hollinghursts Roman The Line of Beauty erzählt die Geschichte des ästhetisch veranlagten Nick Guest. In Oxford befreundet er sich mit Toby Fedden, der aus einer reichen Familie kommt und dessen Vater ein bedeutender, konservativer Politiker ist. Anfangs übergangsweise zieht Nick bei den Feddens ein, aus den geplanten Wochen werden mehrere Jahre, in denen er fast zu einem Teil der Familie wird. Er übernimmt Verantwortung für Catherine, die psychisch kranke Tocher der Feddens, und fühlt sich als guter Geist des Hauses. Auch seine Homosexualität wird von der eher konservativen Familie akzeptiert. Es ist weniger Macht oder Bekanntheit, die Nick anzieht, als die Schönheit, mit dem die englische Oberschicht sich umgibt. Landhäuser, kostbare Gemälde, teure Instrumente, gutes Essen und Wein und mehr und mehr auch Drogen ziehen Nick an.
Auf wunderbare Weise fängt Alan Hollinghurst die Atmosphäre einer sozialen Schicht und die Stimmung einer Epoche ein. Da ist zum einen die Glitzerwelt der Feddens, die sich vor allem durch die Oberflächlichkeit der Gespräche selbst enblösst. Der Autor hat ein genaues Ohr für die Sprache der Oberschicht und beschreibt Situationen mit einer Präzision, die viel Freude macht. Der Roman spielt auch in der homosexuellen Szene Londons, über die Aids einen immer dunkleren Schatten wirft. Die Figuren, die Hollinghurst entwirft - obwohl nicht unbedingt sympathisch - sind so lebensecht, dass ihre Handlungen mich so sehr aufgewühlt haben, wie das schon lange bei keinem Buch mehr geschehen ist.
Sprachlich besteht der Roman aus einem dichten Gewebe von intertextuellen Anspielungen und Leitmotiven, die jedem Satz einen doppelten Boden geben. Nicht zufällig wird ständig Henry James erwähnt. In den genauen Situationsbeschreibungen ändelt es durchaus den Werken des "Meisters". Aber auch die Welt, die beschrieben wird, hat etwas zutieftst viktorianisches, wie Nick schmerzhaft erleben muss.
Sehr empfehlenswert. -
Ich bin auch dabei!
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Der Autor
Leon de Winter, geboren 1954 in 's-Hertogenbosch ist Sohn niederländischer Juden, lebt in Holland und den USA. 2002 erhielt er den WELT-Literaturpreis.Klappentext
Als der vierjährige Bennie spurlos verschwindet, denkt sein Vater, Bram Mannheim, erst an einen Unfall, dann an ein Verbrechen. Dass das Verschwinden des Jungen mit Weltpolitik zu tun haben könnte, entdeckt er erst viele Jahre später. Und er tut alles, um seinen Sohn wiederzubekommen.Meine Meinung
Israel 2024: Der Staat ist mittlerweile auf die Fläche von Groß-Tel-Aviv zusammengeschmolzen. Alle jungen Menschen haben das Land verlassen, zurückgeblieben sind fast nur die Alten, ein paar die aufgrund von Vorbestrafungen kein Visum in einem anderen Land erhalten, und fanatische Zionisten. Halten kann sich der Kleinstaat inmitten seiner Feinde nur durch seine überlegene Technologien, zu denen auch die Möglichkeit gehört,anhand von DNA-Analysen an den Grenzposten zu erkennen, ob es sich bei Einreisenden um Juden oder Araber handelt. Auch sonst hat sich die Welt ziemlich verändert, Polen gehört zu den reichsten Ländern Europas und Russland unter dem Diktator Putin ist das mächtigste Land der Welt.
Das ist der Hintergrund von Leon de Winters Politthriller Das Recht auf Rückkehr. Held des Romans ist Bram Mannheim, ein israelischer Historiker. 2004 wurde Brams Sohn Bennie entführt. Jahrelang ist er davon ausgegangen, dass er von einem Pädophilen ermordert wurde. Doch plötzlich finden sich Hinweise, dass sein Sohn möglicherweise noch am Leben ist und sein Verschwinden einen ganz anderen Hintergrund hat.
Leon de Winters Roman ist solide geschrieben und hinreichend spannend. Brams Leiden, nachdem sein Sohn verschwunden ist, wird viel Raum gegeben. Das mag man als unnötige Längen empfinden, mir hat diese psychologische Komponente gefallen. Problematisch finde ich allerdings die politische Haltung des Romans. Natürlich darf man die Meinungen der Protagonisten nicht einfach mit denen Autors gleichsetzen. In diesem Fall hat man jedoch sehr stark das Gefühl, dass eine Hardliner-Position im Nahost-Konflikt vertreten wird. Bram und andere wichtige Protagonisten des Romans sind ehemalige "Tauben", die jedoch aufgrund ihrer Erfahrungen im Nahen Osten gegenüber den Arabern unbeugsam geworden sind. Muslime tauchen im Roman eigentlich nur als nach jüdischen Blut lüsternde Fanatiker auf. Daher ist auch der einzige Lösungsweg aller Personen im Roman: vernichtet sie, bevor sie uns vernichten. So eine undifferenzierte Darstellung ist nicht nur politisch problematisch, sondern nagt auch an den literarischen Qualitäten des Romanes. Schade! -
Ich fand Die Flüsterer ebenfalls sehr gut. Ich denke, um den Stalinismus zu verstehen, ist dieses Buch unerlässlich, weil es tatsächlich in der Lage ist, die psychologischen Prozesse zu erklären, die dieses Terrorsystem zulassen konnten. Darüber hinaus ist es - für das Werk eines Historikers, die eher für ihre trockene Schreibe bekannt sind- wirklich gut und lesbar geschrieben. Zum Teil ließt es sich fast wie ein Roman. Kann ich unbedingt empfehlen.
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Ich mochte Lady Susan irgendwie auch. Naja, ohne ihre Boshaftigkeit hätte definitiv das Salz in der Suppe gefehlt. Ihre Lästerreien haben mir eigentlich am besten gefallen.
Naja, aber insgesamt fand ich den Roman nicht so dolle. Man merkt schon sehr, dass es ein Frühwerk ist. Die Charaktere sind doch sehr steif und unecht. Das, was die späteren Austen-Romane auszeichnet, die feine Beobachtungsgabe und präzise Darstellung fehlt hier noch weitgehend. -
Definiv Der Junge im gestreiften Pyjama von John Boyne. Schlecht recherchiert und unerträglich sentimental!!!
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Ich weiß nicht, ob Bekanntheit allein so ausschlaggebend ist. Ich weiß nicht, wie viele Leute Twilight lesen und sich sagen, so wie Bella möchte ich meine Beziehung auch leben und es dann auch tun. Dazu gab es schon mal eine Diskussion hier. Ich vermute, Bücher müssen schon ein größeres Veränderungspotential haben, zumindest um eine Gesellschaft messbar zu verändern. Und dazu müssen sie vielleicht nicht einmal allzu viel gelesen haben. Ein solches Beispiel wären die Schriften Rousseaus. Das ist wirklich keine Massenlektüre. Aber ich würde mal behaupten, dass es wenig Bücher gibt, die unser aller Leben so maßgeblich beeinflußt haben, wie Rousseaus. Den meisten ist das nur nicht mal bewusst, weil die Ideen, die von ihm stammen, gar nicht mehr als seine wahrgenommen werden.
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Danke für die Aufklärung. Bin in der Hinsicht immer noch ziemlich ungebildet.
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LeseMaus, das war kein Witz. Ich habe dich einfach nicht verstanden.
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Beowulf, der ist immer spannender.
Was den Einfluß solcher Bestseller auf den Tourismus angeht, hast du schon recht. Da würde mir noch Bruce Chatwin In Patagonia einfallen, zwar kein Bestseller, aber sicher ein Buch, dass dem Patagonien-Tourismus ganz gut getan hat.
Ob solche Bestseller jedoch wirklich das Denken von Menschen beeinflußt, weiß ich nicht. Bezogen auf Dan Brown hoffe ich es zumindest nicht, das wäre schon eine sehr krude Weltsicht.... -
Was heißt den IMO???
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Das Radio gab es in den 20er Jahren im Übrigen noch nicht flächendeckend. Wenige Menschen hatten ein Radio. Es war die Politik der Nationalsozialisten "Volksempfänger" flächendeckend zu verbreiten, damit sie ihre Propaganda besser ans Volk bringen konnten.
Ich weiß nicht, auf was für einen Grundlage du zu deiner eindeutigen Meinung kommst. Natürlich war Mein Kampf nicht das einzige Medium, vielleicht nicht mal das wichtigste, aber ihm jede Bedeutung abzusprechen halte ich für falsch. -
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Original von LeseMann
Viele hatten das Buch zwar zu Hause stehen, aber die meisten haben es nicht mal gelesen.Das ist hoch umstritten. Neuere Untersuchungen gehen davon aus, dass es viel merh gelesen wurde, als man lange angenommen hat. Das Mein Kampf nicht gelesen wurde, ist eine Ausrede. So kann man ja weiterhin schön behaupten, man habe von nichts gewusst.
Mein Kampf war sehr wohl einflussreich, vermutlich vor der Machtübernahme stärker als davor. Zu einer Zeit, als die Möglichkeiten der Informationsvermittlung sehr viel eingeschränkter waren als heute, hat es durchaus zur Verbreitung und Popularisierung der nationalsozialistischen Ideen beigetragen.Aber um zum eigentlichen Thema zu kommen. Ich glaube, dass Bücher Menschen verändert und daher verändert Bücher auch Gesellschaften. Selbstverständlich nicht auf so plakative Weise, dass plötzlich alle die Ärmel hochkrempeln und gemeinsam die Ungerechtigkeit in der Welt bekämpfen, weil sie ein Buch gelesen haben.
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Original von Oryx
Primär geht es um das Gefühl der Einheimischen, dass die ausländische Bevölkerung mit muslimischen Glauben sich nicht an die originäre Lebensweise der Schweiz anpasst und zudem noch ihre Lebensweise offen oder gar herausragend zur Schau stellen möchte.Diese Forderungen, dass Muslime sich an unsere Regeln anzupassen sollen, ist hier ja schon oft geäußert worden. Ich habe mich dabei jedes Mal gefragt, was das denn heißt. An geltendes Recht sollte sich jeder halten, das ist wohl selbstverständlich. Wobei es auch da Grenzfälle wie rote Ampeln gibt. Aber darum allein scheint es ja nicht zu gehen. Was sind denn diese Regeln? Ich glaube, es gibt in unseren pluralistischen Gesellschaften darüber überhaupt keine Einigung.
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Nein, natürlich nicht. Brideshead revisited ist natürlich von Evelyn Waugh. Wie ich jetzt darauf komme.
Ich werde es mal ganz schnell ändern...
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Nachdem der Schriftsteller Sommerset Maugham immer wieder von Lesern gefragt wurde, welche Bücher er empfehlen würde, entschied er sich, eine Reihe von Artikeln zu schreiben, in denen er Bücher vorstellt, die es lohnt zu lesen. Dabei soll es einerseits um die Klassiker gehen, die Bücher, die man kennen und gelesen haben sollte, andererseits ist es ihm, nach eigener Aussage, wichtig, das diese Bücher lesbar sind und auch einem eher unerfahrenen Leser Freude bereiten. Herausgekommen sind drei Artikel über die englische, französische und amerikanische Literatur, die in diesem kleinen Bändchen gesammelt vorliegen. Aufgrund des beschränkten Platzes eines Zeitungsartikel beschränkt Maughan sich auf die Bücher, die er für die allerbesten hält. Das ist ein bißchen enttäuschend, so ist seine Auswahl doch sehr konventionell und dem Literaturkenner offenbaren sich keine Geheimtipps. Allenfalls der Wandel im Kanon seit den 40er Jahren, als seine Artikel zum ersten Mal erschien, hält einige Überraschungen bereit. So hebt Maugham beispielsweise Anthony Trollope und George Meredith hervor, die mittlerweile aufgrund ihrer viktorianischen Schwerfälligkeit selbst von Anglistik-Studenten nur noch ungerne in die Hand genommen werden. Allerdings kann Maugham über Bücher und über seine Leidenschaft für Bücher schreiben. Selbst in der Kürze seiner Autorenportraits habe ich einige interessante Gedanken gefunden (beispielsweise, dass Daniel Defoe übrehaupt keinen Humor hatte- er hat ja so recht und jetzt weiß ich auch, was mich an Robinson Crusoe immer so gestört hat). Auf jeden Fall macht er ungeheure Lust auf den einen oder anderen "Klassiker" und das ist ja nicht wenig!
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Original von bogart
ok, aber wie ändert das verbot von minaretten etwas an diesen verhältnissen? wird der gemeine schweizer bürger islamischen glaubens seine gepflogenheiten nun anpassen? fördert dieses verbot etwa das nachdenken darüber, sich vielleicht doch mehr an die westlichen werte zu orientieren - zumindest im zusammenleben mit den anderen?
mit einfachen worten: hilft diese entscheidung bei der integration muslimischer mitbürger?
Das finde ich, ist eine entscheidende Frage. Ich halte es nicht nur für unmoralisch, sondern vor allem für politisch falsch pauschal alle Muslime in einen Topf zu stecken. Unabhängig von den eventuellen dogmatischen Grundlagen des Islams - ich fühle mich nicht informiert genug, darüber zu urteilen - gibt es liberale Strömungen im Islam. Die gilt es zu stärken. Aber solche Urteile wie das Minarett-Urteil stoßen alle Muslime vor den Kopf und stärken innerhalb der Gemeinden die Kräfte, die eine Integration ablehnen (wenn die Mehrheitsgesellschaft einen sowieso grundsätzlich ablehnt, braucht man sich doch nicht zu bemühen.).