Hier einige Zahlen und Fakten zur Kinderfreundlichkeit in Deutschland (Artikel aus Geo Wissen):
TEXT VON Nieke van Olst
Ländervergleich: Schlechte Zeiten für Kinder
Das "Berlin-Institut für Weltbevölkerung und globale Entwicklung" hat für GEO WISSEN die Kinderfreundlichkeit ausgewählter europäischer Länder verglichen. Das Ergebnis: Deutschland ist Schlusslicht
Was ist Voraussetzung dafür, dass in einem Land viele Kinder geboren werden und unter guten Bedingungen aufwachsen können? Ein objektives und messbares Kriterium gibt es nicht. Es lassen sich jedoch Indikatoren für Kinderfreundlichkeit finden, etwa das Angebot an Krippen- und Kindergartenplätzen, die Familiengröße oder der Anteil der Frauen, die sich gegen ein Leben mit Kindern entscheiden.
Vergleicht man diese Indikatoren, so lässt sich ermessen, in welchen Ländern es jungen Familien vergleichsweise leicht gemacht wird, Berufstätigkeit, Kinderbetreuung und Partnerschaft miteinander zu vereinbaren. Dies gelingt offenbar am besten in Island und Schweden, am schlechtesten in Spanien und Deutschland. Die Auswertung von sieben verschiedenen Indikatoren zeigt deutliche Unterschiede zwischen den neun untersuchten Ländern.
Zahl der Kinder ist überall rückläufig
Zwar ist in all diesen Gesellschaften die Kinderzahl je Frau seit Beginn der 1970er Jahre deutlich gesunken, von Land zu Land jedoch sehr unterschiedlich: Isländerinnen haben heute die meisten Kinder, Italienerinnen die wenigsten.
Das erscheint auf den ersten Blick vielleicht erstaunlich; schließlich sind in Italien und Spanien nur etwa halb so viele Mütter berufstätig wie in Schweden und Island. Doch in den beiden nordischen Ländern scheint die Entscheidung für ein Kind leichter zu fallen; Familie und Arbeit lassen sich dort offenbar gut miteinander verbinden.
In Deutschland nur fünf Prozent Ganztagesschulen
Einfluss haben auch die Betreuungsmöglichkeiten für den Nachwuchs. Österreich, Spanien, Italien und die Niederlande haben kaum Krippenplätze für Kleinkinder. Die Angebote für größere Kinder sind generell besser. Ganz vorn liegen Frankreich, wo fast jedes Kind eine kostenlose Vorschule besucht, und die Niederlande, wo schon die meisten Vierjährigen zur Schule gehen. Außerdem sind, im Gegensatz zu Deutschland, in vielen anderen Ländern Ganztagsschulen die Regel; hierzulande hatten sie im Jahr 2001 nur einen Anteil von fünf Prozent an staatlichen Schulen - der in den kommenden Jahren allerdings gesteigert werden soll.
Zahl der kinderlosen Frauen wächst
Aber auch aus anderen Gründen ist Deutschland gemeinsam mit Spanien Schlusslicht dieses Vergleichs: Überproportional viele deutsche Frauen - fast ein Viertel des untersuchten Geburtsjahrgangs 1955 - entscheiden sich ganz gegen Kinder, der höchste Wert unter allen Ländern. Und die Gruppe derer, die kinderlos bleibt, wächst: Von den jungen Frauen wird sich den Prognosen zufolge sogar jede Dritte für ein Leben ohne Nachkommen entscheiden.
Kinderfreundliches Island
Ganz anders beim Spitzenreiter Island. Dort finden Frauen gute Betreuungseinrichtungen, hoch qualifizierte Jobs, und sie haben offenbar nicht nur Freude an den Kindern, sondern sind auch mit sich selbst zufrieden: Nach einer weltweiten Erhebung dürfen sich die Isländer als glücklichstes Volk der Erde bezeichnen. Was sich auch darin niederschlägt, dass Frauen dort mit durchschnittlich 25,5 Jahren, so früh wie in keinem anderen hier untersuchten Land, ihr erstes Kind zur Welt bringen.
Kaum miteinander zu vergleichen sind die finanziellen Bedingungen für Familien, weshalb sie in diesem Vergleich auch keine Rolle spielen. Zu unterschiedlich fallen etwa die Höhe des Kindergeldes, die Steuerentlastung für Familien und die Kosten für Kindergärten aus. In manchen Ländern gibt es Sonderzahlungen für Alleinerziehende, in anderen bekommen Familien in dünn besiedelten Regionen eine Zulage.
Emanzipation kommt Kindern zugute
Generell sind die Kinderzahlen dort hoch, wo Frauen in Gesellschaft und Beruf mit Männern gleichgestellt sind, wo sich auch Väter um Kleinkinder kümmern, wo Beziehungen ohne Trauschein und außereheliche Kinder nicht als Normverstoß gelten. So werden in Schweden inzwischen mehr als die Hälfte aller Kinder von unverheirateten Müttern geboren. In Italien, wo die öffentliche Moral ledige Mütter häufig noch gering achtet und die Männer oft nicht mit der Emanzipation der Frauen Schritt halten, kommen nur zehn Prozent der Kinder unehelich zur Welt.
Das Verbesserungspotenzial ist gewaltig
Auch Deutschland muss in diesem Vergleich nicht nur als wenig kinderfreundlich, sondern auch als gesellschaftlich rückständig bezeichnet werden. Es weist sowohl eine geringe Frauenerwerbsquote als auch eine steuerliche Bevorzugung von Ehen gegenüber allen anderen Formen von Familie auf. Nur mit viel gutem Willen lässt sich das Ergebnis auch positiv deuten: Nirgendwo ist das Potenzial größer, endlich mehr für junge Familien zu tun, als zwischen Rügen und dem Bodensee.
Wir haben uns für Kinder entschieden - ohne Blick auf "Vergünstigungen". Es ist einfach eine andere Lebensform mit Vor- und Nachteilen, die sich mit dem kinderlosen Dasein nicht vergleichen läßt. Es kosten Zeit, Kraft, Nerven (und Geld) und es ist eine große Verantwortung mit 24 Stunden Rufbereitschaft täglich über viele Jahre hinweg - und ich würde es jederzeit wieder tun :-)!
Grüße von
Relaxo