Meine Lieben,
ich habe mich jetzt durch die bislang 8 Seiten dieses Freds gelesen und musste dabei doch etwas grinsen. Nicht das ich nicht in meiner Jugend auch edle, hilfreiche und gute Ansichten über Kinder, Kriegsspielzeug und Kindererziehung gehabt hätte. Ich war der Auffassung, dass ich Kindern nur einmal erklären müsste, dass sie etwas tun oder unterlassen sollen und dann würden sie schon einsehen, dass ich recht habe... Außerdem habe ich damal bis in den Tod die Ansicht verteidigt, dass Mädchen und Jungs gleich sind und eventuelle Unterschiede nur Erziehungssache...
Naja, irgendwann hat mich die Realität dann eingeholt und ich musste feststellen, dass Kinder eher Forschern beim Experimentieren gleichen und dass sie wie jeder gute Wissenschaftler an eine Experimente häufig wiederholen, um festzustellen, ob auch jedesmal das gleiche Ergebnis herauskommt. Leider bin ich eines der Forschungsobjekte und meine Kinder testen sehr gerne und häufig, ob ich in meinem Verhalten auch konsequent bin.
Durch meine völlig unrepräsentativen Feldstudien bin ich zu der Auffassung gelangt, dass es durchaus Unterschiede im Spielverhalten von Jungs und Mädchen gibt und dass Jungs eine Neigung zu Wett"kämpfen" haben und gerne Stärke und Status mit gefährlichen Lebewesen (z.B. Dinosaurier, Raubtiere) und Gegenständen (z.B. schnelle Fahrzeuge aber auch Waffen) demonstrieren. Erziehung ist ein schwieriges und langwieriges Geschäft (s.o.) und es kostet viel Zeit und Kraft (und unzählige Wiederholungen) schon so ganz einfache Verhaltensweisen wie Zimmer aufräumen, Zähne putzen, Jacken aufhängen durchzusätzen. Es fällt mir sehr schwer, mir vorzustellen, dass dieses Interesse an Waffen durch Erziehung erzeugt oder völlig verhindert werden könnte.
Ich schlage den kinderlosen Theoretikern mal vor, eine Kinderfaschingsveranstaltung zu besuchen. So viele Prinzessinen auf einem Haufen habt ihr noch nie gesehen. Einige Mädchen sind vielleicht Hexe oder Pippi Langstrumpf und einige kleinere Kinder kommen als Marienkäfer oder Biene Maja. Clowns sind auch da. Aber die überwältigende Mehrheit der Jungs wird eine Verkleidung wie Pirat, Cowboy, Ritter, Ninjakämpfer oder Ähnliches gewählt haben, bei der die eine oder andere Waffe erforderlich ist.
Ich denke aber, dass es dabei nicht um Gewalt und Krieg geht, sondern wie oben schon gesagt eher um Stärke und Status, der in diesen Rollen verkörpert wird. Ich habe mich daher entschossen, in meinen Erziehungsbemühungen nicht von vornherein Waffen, Gewalt und Kriegsspielzeug komplett zu verbieten, sondern das etwas zu differenzieren.
Wir unterscheiden:
Waffen als Spielgeräte (z.B. Wasserpistolen oder Schaumstoffschwerter) die erlaubt sind und mit denen auch spielerische Kämpfe ausgefochten werden dürfen.
Waffen als Sportgeräte, mit denen mit großen Sicherheitsvorkehrungen auf Zielscheiben geschossen werden darf (z.B. Pfeil und Bogen aber auch Luftdruckgewehr).
Waffen, die zu einem Kostüm gehören. Ich hasse diese Knallpistolen, kaufe sie nicht und will nicht, dass sie in der Wohnung sind oder dass in meiner Gegenwart geschossen wird. Wenn die Kinder sie selbst bezahlen, dürfen sie an Fasching benutzt werden.
Kriegsspielzeug und Kriegsspiele, die bei uns verboten sind. Dazu gehört für mich jede Art von Tarnkleidung, Panzer und andere Kriegsgeräte der Neuzeit, Maschinenpistolen oder Ähnliches und ganz allgemein "Krieg spielen". Wir haben uns lange darüber unterhalten, dass es eben wirklich Krieg gibt auf der Welt und das echte Kinder von diesen Kriegen betroffen sind, als Kindersoldaten oder als Opfer und das das Ernst ist und kein Spiel. Ausnahmsweise haben die Kinder das eingesehen und es gibt damit keine Probleme.
Bezüglich des Umgangs mit Medien schaue ich bei Filmen und Spielen auf die Altersbeschränkung, entscheide da aber auch manchmal, dass der 9jährige auch schon einen Film ab 12 sehen darf. Eventuell nicht im Kino, sondern daheim als DVD. Verboten sind alle Arten von Ego-Shootern und alles ab 16 (meine Söhne sind 14, 11 und 9). Mir ist klar, dass ich diese Spiele auf Dauer nicht verhindern kann - und Verbotenes ist ja bekanntlich besonders interessant, aber ich will jedenfalls hier ganz eindeutig Stellung beziehen. Erlaubt sind Aufbau-Strategie Spiele wie z.B. Age of Empire.
Wie schon erwähnt, träumte ich von gewaltfreier Erziehung, die mit Vorbild, Bitten und Erklärungen auskommt. Bedauerlicherweise ist uns das so nicht gelungen, sondern wir mussten auf Drohung, Bestechung und Erpressung zurückgreifen und so unsere Vorstellung ganz eindeutig mit Gewalt durchsetzen. Zumindest bei uns läuft ohne Druck und Konsequenz die Erziehung nicht. Für mich ist Gewalt auch nicht nur körperliche Gewalt, und ich denke, dass es durchaus möglich ist, mit Worten mehr zu verletzen als mit Schlägen. Gerade in diesem Fred sind mir harte Worte von den "gewaltfreien" aufgefallen...
Grüße von
Relaxo