Da eine Miteule darauf aufmerksam gemacht hat, daß zu diesem Buch so wenige Rezensionen existieren, will ich doch noch meine Meinung zu "Wohin die Krähen fliegen" niederschreiben, basierend auf den Notizen in meinem Lesetagebuch .
Es ist mit 1062 Seiten das bisher dickste Buch, das ich je gelesen habe, und auch ich fand, daß es sich stellenweise etwas arg zog, vor allem die Stellen, in denen um die Royal Canadian Airforce, den Kalten Krieg und Spionage ging. Andererseits erhält man als Leser durch diese Passagen auch tiefen Einblick in die damalige Zeit und erwirbt ein Vorwissen darüber, wie der Kalte Krieg in den Vereinigten Staaten bzw. Kanada erlebt wurde, das man gerade als junger Leser oftmals nicht hat und das im Laufe der Handlung auch wichtig wird.
Es gibt eine lange Zeit hindurch zwei Handlungsstränge. Zum einen ist da das Familienleben der McCarthys, ganz besonders das Erleben und die Geschehnisse der Kindheit von Madeleine, zum anderen nimmt die Arbeit des Vaters und die damit verbundenen Aufgaben im Kalten Krieg Platz ein. Nach der Ermordung von Madeleines Schulkameradin Claire vermischen sich diese beiden Handlungsstränge und bestimmen so maßgeblich das Schicksal des Nachbarjungen Rick Froehlich.
Ab Claires Tod nimmt der Roman immer mehr Züge eines Kriminalromans an, den ich kaum mehr aus der Hand legen konnte und dem mit der Entlarvung des Täters eine echte Überraschung gelingt. Zumindest ich habe es nicht vorausgesehen.
Die Veränderung der kleinen Madeleine durch all diese Ereignisse, die auch abrupt das Ende ihrer unschuldigen Kindheit einläuten, fand ich sehr realistisch und glaubhaft dargestellt.
Allerdings hat mir der letzte Teil des Romans nicht mehr ganz so gut gefallen, was aber wohl damit zusammenhängt, daß ich mich mit der erwachsenen Madeleine nicht mehr wirklich indentifizieren konnte. Ich fand sie zu radikal, zu übertrieben, aber das ist sicherlich Ansichtssache.
Fazit: Ein Roman, den ich sehr sehr gerne gelesen habe, der trotz mancher Längen ein echter Pageturner ist, was wohl auch an der wunderschön leichten bildhaften, aber nie überladenen Sprache lag.
Seite 1005: Wenn dein Vater oder deine Mutter stirbt, verschwindet ein Planet, und der Nachthimmel wird nie wieder so aussehen wie zuvor. Es spielt keine Rolle, wie erwachsen wir sind, wenn wir sie verlieren. Und wenn beide von uns gegangen sind, ist es, als fehlte uns fortan eine Art Dach über dem Kopf - ein unsichtbarer Schutz, die erste Verteidigungslinie zwischen uns und der Sterblichkeit, verschwunden.
9 Punkte