Mich wundert, dass dieses tolle Buch noch nicht hier vorgestellt wurde, darum möchte ich das gleich nachholen
Kurzbeschreibung
Zehn Traummänner treffen, zehn mal Herzklopfen haben, zehn reale (und teilweise sehr bekannte Männer) wurden von Anne Hansen auf die Probe gestellt.
Besprechung/Meinung
Aufmerksam wurde ich auf Fräulein Jensen durch eine Rezension eimer Buchbloggerin, der das Buch allerdings nicht authentisch genug und zu unreflektiert war. Da ich aber gerne Frauenromansche lese – und die diese Kategorie kann man das Buch getrost einordnen – habe ich mich mal daran versucht.
Ich gebe zu, ich bin relativ leicht zu amüsieren. Aber bei diesem Buch habe ich wirklich Tränen gelacht und bin absolut begeistert!
Die dem Buch zugrunde liegende Idee ist neu: Auf der Suche nach dem Traummann trifft sich die Protagonistin zum Interview mit 10 Kandidaten, und zwar real existierenden, mehr oder minder prominenten Männern. Die Angebotspalette reicht vom Musicaldarsteller über einen Synchronsprecher und einen Fernsehkoch bis hin zum EU-Politiker. Über die Auswahl hat man sich offensichtlich viele Gedanken gemacht, denn jeder der Männer hat etwas, was ihn zum potenziellen Traummann macht: Glamour, Stimme, Aussehen, Humor, Prestige usw.
Und damit entlarvt Anne Hansen auch die zT verbitterte und kurzsichtige Art der Partnersuche: Der „Traumpartner“, so es ihn denn gibt, ist eben nicht einfach nur humorvoll, knackig, intelligent – es ist die Summe vieler Eigenschaften, die den Menschen ausmacht. Der im Buch interviewte Synchronsprecher und Schauspieler Patrick Winczewski bringt es sehr schön auf den Punkt: Man läuft oft einem Traum nach, den es so gar nicht gibt.
Nach jedem Treffen ist Hannah Jensen völlig enttäuscht und desillusioniert, lässt sich aber nicht beirren bei ihrer Suche. Geschrieben ist im Präsens und in der Ich-Form, man ist als Leser quasi mittendrin statt nur dabei. Ich habe mich Hannah herzlich verbunden gefühlt, denn sie ist eindeutig eine von uns: Die Vorliebe für Schuhe, Seifenserien und Jogginganzüge teile ich mit ihr, und ich wette, ich bin nicht die einzige.
Zwischen den Interviews, die als solche betrachtet in der Romanhandlung beinahe Nebensache sind, erfährt man viel über Hannahs Leben und Ihre Denk- und Sichtweisen. Ihre selbstkritischen und absolut witzigen Reflexionen über sich selbst, die Liebe und die Männer fand ich so angenehm wie lustig zu lesen. Zum einen trifft ihr trockener Humor bei mir direkt ins Schwarze, zum anderen mag ich dieses weit abschweifende Geplapper einfach – es ist ein bisschen, als würde man einen Nachmittag mit einer guten Freundin verquatschen. Stilistisch gesehen erinnert es mich an die von mir sehr geschätzte Ildikó von Kürthy.
Bei den Interviews ging es klar erkennbar nicht so sehr um Authentizität. (Ich gehe außerdem davon aus, dass diese stark gekürzt wiedergegeben wurden, aber das ist Spekulation.) Dass die befragten Traummänner nicht wirklich als Partner in Betracht kamen, ergibt sich schon daraus, dass so gut wie alle im echten Leben längst vergeben sind (was im Buch allerdings nicht bei allen erwähnt wird). Es geht eher darum, die oben schon beschriebene stereotype Denkweise bei der Partnersuche zu entlarven und die vermeintlichen Traummänner zu demontieren. Auch wenn jeder für sich bestimmt tatsächlich ein toller Mann ist – Hannah schwärmt für jeden einzelnen von ihnen! – es passt eben in der Realität doch nicht, wie man sich das immer ausmalt.
Fräulein Jensen hat am Ende des Buches immer noch keinen Traummann, dafür aber jede Menge Erfahrungen gesammelt. Und Fräulein Hansen hat ein wirklich schönes, humorvolles, warmherziges und nachdenklich machendes Buch geschrieben – und hoffentlich nicht ihr letztes!
In meiner Wertung 5 von 5 Punkten.