Beiträge von Kristin

    Gerbrand Bakker – Oben ist es still



    Verlag: Suhrkamp
    TB: 315 Seiten
    OT: Boven is het stil
    Übersetzer: Andreas Ecke



    Inhaltsangabe


    Helmer van Wonderen räumt auf. Er verfrachtet seinen Vater ins Obergeschoss des elterlichen Bauernhauses und richtet sein Leben unten neu ein. Doch die ländliche Ruhe währt nicht lang, denn eines Tages kommt ein Brief von Riet. Ihr pubertierender Sohn Henk soll bei Helmer das Arbeiten lernen ...


    Autor


    Gerbrand Bakker, 1962, in Wieringerwaard, Nord-Holland, geboren, studierte niederländische Sprach- und Literaturwissenschaft in Amsterdam, arbeitete als Übersetzer von Untertiteln und ist Diplomgärtner. Er ist Autor eines etymologischen Wörterbuches der niederländischen Sprache und der Romane Birnbäume blühen weiß und Juni.


    Meinung


    Ich habe Vater nach oben geschafft. Nachdem ich ihn auf einen Stuhl gesetzt hatte, habe ich das Bett zerlegt. Wie er auf dem Stuhl saß, erinnerte er an ein wenige Minuten altes Kalb, noch bevor es saubergeleckt ist; mit unkontrolliert wackelndem Kopf und einem Blick, der nichts festhält.


    Wie fühlt es sich an, ein Leben, das man nicht will, das man nicht selbst bestimmt, das geleitet wurde von anderen, denen man nichts entgegen zu setzen hatte? Wenn man bereut, vorgeschriebene Wege nicht verlassen zu haben?
    Oben ist es still ist ein komischer und ein tragischer Roman zugleich, der vorsichtig, von Seite zu Seite, das Leben von Helmer aufblättert. Das Leben, das er jetzt lebt, mit seinem alten, gebrechlichen Vater und mit dem pubertierenden Henk, der plötzlich auftaucht und für Unruhe sorgt.
    Durch gezielt gesetzte Rückblicke wird Helmers Beziehung zu seinen Eltern, im Besonderen zu seinem Vater, zu seinem Zwillingsbruder und zu Riet, durch die Helmer seinen Zwillingsbruder verlor, beleuchtet.
    Das Cover unterstreicht den Roman, der wie ein feingewobenes Flechtwerk wirkt und in seiner schlichten, zurückhaltenden Sprache auf eine wunderschöne und ergreifende Weise berührt.


    Fazit


    Bitte mehr davon!

    Anna Gavalda – Ich habe sie geliebt


    Verlag: Fischerverlage
    TB: 165 Seiten
    OT: Je l´aimais
    Übersetzerin: Ina Kronenberger


    Inhaltsangabe


    Zwei Generationen, zwei Schicksale, Mann und Frau.
    Die Frau: Chloé, sitzen gelassen von ihrem Ehemann.
    Der Mann: Pierre, ihr Schwiegervater.
    Und ausgerechnet dieser distanzierte, kühle Pierre nimmt Chloé mit in sein Landhaus und erzählt ihr von seinem lang gehüteten Geheimnis: von der großen Liebe seines Lebens, von heimlicher Untreue und von ungelebten Träumen.


    Autor


    Anna Gavalda, Jahrgang 1970, hat in Paris studiert und arbeitete als Französischlehrerin. Sie veröffentlichte ihr erstes Buch in einem kleinen Pariser Verlag und avancierte dann zum Star der französischen Literaturszene. Sie lebt mit ihren beiden Kindern in der Nähe von Paris, liebt Bücher und keinen Fernseher.


    Meinung


    „Was hast du gesagt?“
    „Ich habe gesagt, dass ich mit ihnen rausfahre. Es wird ihnen gut tun, ein bisschen rauszukommen.“
    „Und wann?“, fragte meine Schwiegermutter.
    „Jetzt.“
    „Jetzt? Das meinst du nicht im Ernst.“
    „Und ob.“


    Wenn man betrogen und verlassen wird, ist das ein unbeschreiblicher Schmerz. Was fühlen aber die, die betrügen und verlassen? Und wie reagiert man als Betrogener auf die Lebensbeichte eines Betrügers?
    Ich habe sie geliebt ist ein leiser Roman mit wenig Handlung und einer klaren Sprache. Gavalda lässt Schwiegervater Pierre zu Wort kommen, lässt ihm seine Geschichte erzählen. Der Leser bleibt dabei auf gewisse Weise außen vor, er nimmt die Rolle des Zuhörers ein. Das mag langweilig klingen, ist es aber nicht. Gavalda gelingt es, allein durch messerscharfe Dialoge die Gefühle ihrer Protagonisten bis ins Detail zu beleuchten und die Geschichte, die Pierre offenbart, so für den Leser greifbar zu machen.


    Fazit


    Wer sich auf das schmale Büchlein einlässt, wird mit einem literarischen Genuss belohnt.

    Deon Meyer – Weisser Schatten



    Verlag: Aufbau
    TB: 420 Seiten
    OT: Onsigbaar
    Übersetzer: Ulrich Hoffmann


    Inhaltsangabe


    In den Fernsehnachrichten glaubt Emma le Roux, ihren vor zwanzig Jahren verschwundenen Bruder zu sehen. Im Kruger-Nationalpark soll er vier Wilderer getötet haben, die ein Reservat überfielen. Emma macht sich auf die Suche - an ihrer Seite nur Lemmer, ein schweigsamer Bodyguard, der bald den ersten Anschlag auf sie abwehren muss. Doch wer steckt dahinter? Korrupte Polizisten? Ökoterroristen oder gar der Geheimdienst? Emma und Lemmer erkennen, dass sie einer Verschwörung auf der Spur sind, die tief in die Vergangenheit ihres zerrissenen Landes führt.


    Autor


    Deon Meyer, Jahrgang 1958, Rugby-Fan und Mozart-Liebhaber, ist der erfolgreichste Krimiautor in Südafrika. Er begann als Journalist zu schreiben, veröffentlichte 1994 seinen ersten Roman. Er lebt mit seiner Frau und vier Kindern in Melkbosstrand.


    Meinung


    Ich schwang den Vorschlaghammer im langsamen Rhythmus. Es war Dienstag, der 25. Dezember, kurz nach Mittag. Die Mauer war dick und von einer ungeheuren, widerspenstigen Härte. Nach jedem dumpfen Schlag brachen Ziegel- und Zementsplitter heraus und schossen wie Schrapnells über den Dielenboden.


    Lemmer, Bodyguard und Einzelgänger mit Neigung zu Gewalt, erhält die Order, Emma, eine weiße Südafrikanerin, zu schützen. Er übernimmt den Auftrag, doch nimmt er weder ihre Bedenken noch ihre Angst ernst genug. Erst ein Anschlag auf Emma im Kruger-Nationalpark lässt ihn ahnen, dass sein neuer Job gefährlicher werden könnte, als angenommen.
    Mein zweiter Deon Meyer, der mich schon nach wenigen Seiten gepackt hat. Der coole Lemmer, der stets bereit zum Handeln und mit genauer Beobachtungsgabe ausgestattet ist, sowie dem Hang körperlich an seine Grenzen zu gehen, hat es mir angetan.
    Deon Meyer erzählt rasant und sehr spannend. Die actionreiche Handlung ist gespickt mit wissenswerten Details über Südafrika. Ein Hauch von Liebe rundet den Thriller zu einem gelungenen Lesevergnügen ab.


    Fazit


    Wer spannende Unterhaltung sucht, der findet in Deon Meyer seinen Erzähler.

    »Am 19. Februar 1979, kurz nach Sonnenaufgang, geriet unsere Cessna in einen Schneesturm und knallte in einen schroff abfallenden 2650 Meter hohen Berg. Mein Vater war 43, seine Freundin Sandra 30 und ich war 11 Jahre alt. Am Ende einer 9-Stündigen Feuerprobe war ich der einzige Überlebende.«
    Während andere Kinder Fahrradfahren und Ball spielen, fährt Norman halsbrecherische Skirennen und suft mörderische Wellen. Immer angehalten von seinem Vater, Big Norman, den er gleichzeitig hasst und anbetet. Als er den gefahrvollen Abstieg in Schnee und Eis alleine meistert, dankt er nicht Gott, sondern seinem Vater, der ihn den Umgang mit der Angst gelehrt hat.


    Norman Ollestad erzählt geradezu atemlos von seiner Kindheit im Malibu der 70er Jahre und von dem dramatischen Absturz in den Bergen. Vor allem aber erzählt er von der einzigartigen Beziehung zu dem Vater, der das Risiko anzog wie ein Magnet, dessen Willenskraft und unzähmbare Passion ihn immer wieder verzauberten. Eine mitreißende Hommage an das Leben, das immer mehr sein sollte, als nur zu überleben.

    Meine Meinung zu dem Roman ist zweigeteilt. Er hat mir gut gefallen, das vornweg, die gesamte Handlung war interessant, flüssig und doch auf eigene Weise geschrieben, und Pippa Lee eine Protagonistin, die man lieb gewinnt - aber die ich nicht immer verstanden habe.
    Ich denke, um noch besser mit Pippa Lee zurecht zu kommen und ihre Überlegungen und Gedanken ganz nachvollziehen zu können, hätte das Buch noch ein paar mehr Seiten benötigt. Für mich wirkte die Erzählung von Pippa Lees Leben wie ein Anschnitt oder wie dicht daran vorbeischrammen, mal kurz gucken, aber dann weiter müssen.
    Interessant fand ich die Einteilung, die die Autorin vorgenommen hat, den ersten und dritten Teil in der dritten Person, den Mittelteil in der Ich - Perspektive - das ist gelungen.


    Fazit: Alles in allem ein unterhaltsames Buch, von dem ich mir aber mehr Seiten gewünscht hätte.

    Mal wieder was von meiner Tochter :-]:


    Seit sich ihr Vater die Hüfte gebrochen hat, bleibt alle Arbeit auf der Farm an DJ hängen: 32 Kühe füttern, melken, Stall ausmisten... Doch dann taucht Brian auf der Farm auf, der Football-Star der Nachbarschule - und ein unausstehlicher Angeber. Dass er ihr vorwirft, sie führe das Leben einer Kuh, ist nicht gerade charmant und eine große Hilfe ist er auch nicht. Allerdings macht es Spaß, mit ihm Football zu spielen. Und mit ihm zu reden auch. Doch nie im Leben würde Brian mit einer Kuh ausgehen. Oder?

    Meinung


    „Wieso kommst du denn erst jetzt?“ Bernhard sieht mich an, als sei ich ihm eine Erklärung schuldig. „Erste Halbzeit ist schon vorbei.“
    In ihm schwelte es. Wie immer, wenn er bei seiner Mutter war. Ich könnte ihm sagen, dass er meine Verspätung nicht persönlich nehmen soll, aber Bernhard nimmt selbst schlechtes Wetter persönlich. Ich könnte ihm auch sagen, dass mich Fußball nicht interessiert, nie interessiert hat und nie interessieren wird – und nur gekommen bin, weil Marc meinte, ich solle mich nicht immer in meiner Tonne verkriechen. Und weil ich ihm etwas zu erzählen habe.


    Eher durch Zufall machen sich anfangs drei, später vier Freunde auf den Weg nach Südfrankreich, Freunde, wie sie unterschiedlicher nicht sein und empfinden können. Gerade aus ihrer Unterschiedlichkeit heraus erleben sie unterwegs die tollsten Dinge. Aber es geht nicht nur um eine Reise, es geht vor allem auch um Freundschaft, um Liebe und ums Abschied nehmen. Obwohl der Autor nicht überdeutlich das Innenleben der Figuren beschreibt, erhält man als Leser einen guten Einblick in jede Figur. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive: Felix, der unter seinem herrischen Vater leidet und ein Mathematikgenie ist. Anfangs etwas verklemmt taut er von Seite zu Seite auf und gibt, je länger die Reise dauert, immer mehr von sich preis. In Form von Erinnerungen erhält man Einblick in Felix Kindheit. Schöne, bildhafte Beschreibungen und teils ernste, teils witzige Dialoge und Szenen runden das Roadmovie zu einem gelungenen Sommerbuch ab. Und das Cover macht Lust auf mehr.

    Meinung



    Viele Jahre lang war Henry Kitteridge Apotheker in der nahegelegenen Stadt und fuhr die Strecke jeden Morgen, über verschneite Straßen oder regennasse Straßen oder sommerliche Straßen, deren Ränder bis zu den Ausläufern der Stadt zugewuchert waren von den neuen Trieben der wilden Himbeeren, ehe er in die breitere Straße zur Apotheke einbog. Jetzt, im Ruhestand, wachte er immer noch früh auf und erinnerte sich, wie lieb ihm diese Morgen waren, wenn die Welt sich anfühlte wie sein Geheimnis: Die Reifen schnurrten so sanft unter ihm, und das Licht brach durch den Frühnebel, und zu seiner Rechten blitzte kurz die Bucht auf, dann die Kiefern, hoch und schlank, und fast immer hatte er das Fenster einen Spalt offen, weil er den Kiefernduft liebte und die schwere Salzluft, und im Winter liebte er den Geruch der Kälte.


    Ein kleines Städtchen, seine Leute und deren Geschichten. Allen voran die Hauptfigur Olive Kitteridge (was für ein herrlich passender Name!), eine pensionierte Lehrerin, vor der früher die Kinder Angst hatten und die in alles ihre Nase steckt. In jeder Geschichte, die alle mit den Einwohner Crosbys zu tun haben, spielt Olive eine Rolle, wenn auch manchmal eine Nebenrolle. Nichts ist sicher vor Olive, sie weiß alles und sie hat auch zu allem eine recht bodenständige Meinung. Doch das macht sie keineswegs unsympathisch.
    Überhaupt hat die Autorin ein Händchen für sympathische Figuren, jeder einzelnen kommt man in seiner Geschichte näher, lernt sie kennen und liebt oder leidet mit ihr.
    Beeindruckt haben mich die bildhaften und zum Teil wunderschönen Beschreibungen der Gegend und der Stadt, die in mir Reiselust geweckt haben.

    Und das hier nehme ich als Zweitbuch zur Hand:


    Ein junger Mann auf der Jagd nach der großen Liebe in Saigon


    Job weg. Freundin weg. Wohnung weg. Das ist die bestürzende Bilanz, die Nick Roth eines Tages aus heiterem Himmel ziehen muss – und die dem überzeugten Junggesellen drei gute Gründe liefert, einen Neustart in einem völlig fremden Land zu wagen: Vietnam! Er heuert bei einem Freund in einer Werbeagentur an und stürzt sich in das quirlige Treiben von Saigon. Doch seine Reise führt ihn nicht nur in eine faszinierende Kultur, sondern auch an das Ziel, das er am wenigsten erwartet hätte: den Traualtar. Bevor seine Angebetete Lien ihn aber endlich erhört, muss er einige Prüfungen bestehen – und dabei spielen ein bissiger Hund und ein liebestoller Japaner keine unmaßgebliche Rolle ...


    Turbulent, exotisch, frech!